QSVQualitätssicherungsvereinbarung – Beispiele und Definition

Was ist eine Qualitätssicherungsvereinbarungen (QSV)? Welche Ziele verfolgt sie? Welche Inhalte gehören in die QSV? Wir geben einen Überblick über Vor- und Nachteile. Außerdem: Beispiele für Regelungen in der QSV. Die rechtliche Bedeutung und die Frage nach der juristischen Prüfung klären wir zum Schluss.

In der industriellen Fertigung ist es üblich, dass der Zulieferer große Teile der Qualitätssicherung übernimmt. Gründe dafür sind die abnehmende Fertigungstiefe, verkürzte Durchlaufzeiten und Fragen der Produkthaftung.

In der Qualitätssicherungsvereinbarung (QSV) wird zwischen dem Abnehmer und dem Zulieferer vertraglich geregelt, welche Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Zulieferer im Einzelnen durchführen muss.

Ziel der Qualitätssicherungsvereinbarung

Oft kommt es zwischen Lieferant und Abnehmer zu Unstimmigkeiten oder Streit, wenn gelieferte Teile fehlerhaft sind. Wer haftet? Welche Folgen hat das? Beide Seiten haben dann ganz unterschiedliche Vorstellungen davon, wie die Antworten auf diese Fragen lauten und wie der Konflikt beigelegt werden kann. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem teuren Rechtsstreit darüber, wer die Kosten im Schadensfall übernehmen muss.

Mit Qualitätssicherungsvereinbarungen will man dem zuvorkommen. Beide Seiten verpflichten sich zu sehr genauen und detaillierten Regeln, Rechten und Pflichten, damit Mängel erst gar nicht entstehen. Und falls doch, ist allen Beteiligten klar, welche Folgen dies hat und was zu tun ist. Das sorgt für Sicherheit und Verlässlichkeit. Probleme werden schneller und einvernehmlich gelöst – so zumindest die Absicht der Vertragspartner.

Stichwort

Qualitätssicherungsvereinbarung

Die Qualitätssicherungsvereinbarung (QSV) ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen einem Abnehmer und seinem Lieferanten. In der QSV ist detailliert festgehalten, was der Lieferant zur Qualitätssicherung leisten muss und an welche Vorgaben er sich zu halten hat. Diese Regelungen werden meist vom Einkauf des Abnehmers vorgegeben. Sie sind vergleichbar mit Einkaufsbedingungen oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Durch die QSV soll die überbetriebliche Arbeitsteilung verbessert werden. Lieferprozesse werden vereinfacht und beschleunigt, mehrfache Qualitätsprüfungen werden vermieden. Die Aufgaben zur Qualitätssicherung werden an den Partner in einer Liefer-Abnehmer-Kette übertragen, der diese am effizientesten übernehmen kann.

Nachteile für den Lieferanten

Qualitätssicherungsvereinbarungen sind eine wichtige Basis für die Zusammenarbeit zwischen dem Lieferanten und seinem Kunden. Oft gibt es eine Fülle von Absprachen, Vereinbarungen und Verträgen, die im Laufe der Zeit getroffen wurden.

Qualitätssicherungsvereinbarungen führen das zusammen und sind dann eine verlässliche und hilfreiche Grundlage, auf die sich jeder Partner mit seinen Rechten und Pflichten berufen kann.

Der Abnehmer kann mit Qualitätssicherungsvereinbarungen sicherstellen, dass der Lieferant vorgegebene Regeln einhält und die notwendigen Anstrengungen unternimmt, damit keine fehlerhaften Teile geliefert werden. Er kann mithilfe der Bestimmungen einer QSV vor der Zusammenarbeit im Rahmen der Lieferantenanalyse prüfen, inwieweit der Lieferant überhaupt in der Lage ist, die Vorgaben des Abnehmers zu erfüllen.

Aber: Viele Lieferanten fühlen sich durch rigide Vorgaben ihrer Kunden gegängelt und geknebelt. Sie sehen vor allem den riesigen Aufwand, die Pflichten umzusetzen und einzuhalten. Und sie fürchten die Kosten und die Folgen, die auf sie zukommen, wenn es dann doch zu Mängeln kommt.

Nur weil sie den Kunden gewinnen oder nicht verlieren wollen, beugen sie sich dem Diktat der Qualitätssicherungsvereinbarungen. Zumindest ist das häufig die Sicht der betroffenen Lieferanten.

Lieferanten profitieren von Verlässlichkeit

Dabei haben Qualitätssicherungsvereinbarungen auch positive Effekte für die Lieferanten. Sie schaffen Verlässlichkeit. Sie sind ein Rahmen, an dem man sich mit seinem Qualitätsmanagementsystem orientieren kann. Sie benennen die Schnittstellen, die genau beschreiben, wie weit der Verantwortungsbereich des Lieferanten reicht und wo der des Kunden beginnt.

Bei Unstimmigkeiten kann sich der Lieferant auf diese Vereinbarungen beziehen und ihre Gültigkeit einfordern. Er kann sich auch darauf beziehen, wenn die Produkthaftung oder Schadenshaftung ins Spiel kommt. So kann der Lieferant das eigene Risiko besser kalkulieren.

Zudem liefern die Vorgaben wertvolle Informationen darüber, was dem Kunden wichtig ist. Hieraus ergeben sich Chancen, sich von Wettbewerbern abzuheben und das eigene Qualitätsmanagementsystem zu verbessern. Sind die Vorgaben einmal umgesetzt, bilde sie die Basis für eine dauerhafte und erfolgreiche Zusammenarbeit.

Inhalte der Qualitätssicherungsvereinbarung

Es gibt keine verbindlichen Vorgaben dazu, was in Qualitätssicherungsvereinbarungen zu stehen hat. Das ist ein Aushandlungsprozess zwischen Abnehmer und Lieferant. Aber wie immer, wenn etwas verhandelt wird: Das konkrete Ergebnis trägt meist die Handschrift des Mächtigeren und Stärkeren. Je weniger ein Lieferant auf einen Kunden verzichten kann, je schwächer seine eigene Verhandlungsposition ist, desto mehr Regeln und Pflichten kann der Kunde ihm auferlegen.

In jedem Fall sollte eine Qualitätssicherungsvereinbarung folgende Aspekte und Inhalte umfassen:

Ziele der Zusammenarbeit

Eine Qualitätssicherungsvereinbarung sollte klare und messbare Ziele in Bezug auf die Qualitätssicherung enthalten.

Konsequenzen bei Fehlverhalten

Sie sollte genau beschreiben, welche Konsequenzen es hat, wenn diese Ziele nicht eingehalten werden. Ziele und Konsequenzen können als übergreifende Anforderungen in Form einer Präambel schriftlich fixiert sein.

Praktiziertes Qualitätsmanagementsystem

In der Regel erwartet der Abnehmer mit der Qualitätssicherungsvereinbarung, dass sein Lieferant ein etabliertes und anerkanntes Qualitätsmanagementsystem anwendet. Das sollte zumindest nach DIN EN ISO 9001 oder einer anderen, in der jeweiligen Branche gültigen Norm zertifiziert sein.

Informationspflichten

Zudem werden Informationspflichten formuliert – insbesondere für die Fälle, dass Qualitätsmängel auftauchen oder dass Vereinbarungen nicht eingehalten werden können. Dabei wird auch vorgeschrieben, dass der Lieferant eine Holschuld bezüglich fehlender Informationen hat. Wenn der Abnehmer bei einem Auftrag an seinen Lieferanten nicht alle notwendigen Informationen zur Verfügung stellt oder wenn diese missverständlich oder gar fehlerhaft sind, dann muss der Lieferant dies unverzüglich anzeigen und die Informationen anfordern beziehungsweise die offenen Punkte klären.

Herstellbarkeit sicherstellen

Dem Lieferanten wird zudem auferlegt zu prüfen, ob sich die Vorgaben des Kunden überhaupt umsetzen lassen; der Lieferant muss die Herstellbarkeit prüfen und bestätigen. Im Rahmen eines Bemusterungsprozesses zeigt der Lieferant, inwieweit er in der Lage ist, die Kundenanforderungen zu erfüllen.

Maßnahmen bei Qualitätsmängeln

In der Serienproduktion ist der Lieferant insbesondere dazu verpflichtet, bei Qualitätsmängeln den Kunden unverzüglich zu informieren und sofort Abhilfe zu schaffen. Dies wird im Allgemeinen mit einem sogenannten 4D- oder 8D-Report nachgewiesen.

Kontinuierliche Verbesserung

Es wird vereinbart, dass der Kunde während der Zusammenarbeit regelmäßig Audits von Prozessen und Produkten beim Lieferanten durchführen darf. Bei einem Audit wird geprüft, ob die Prozesse stabil und sicher sind und ob die Qualitätsanforderungen so auf Dauer erfüllt werden.

Außerdem verpflichtet sich der Lieferant, dass er seine Prozesse auch selbst regelmäßig überprüft im Hinblick auf: Wo lassen sich Kosten sparen? Wie können die Qualität und das Qualitätsmanagementsystem verbessert werden? Was kann optimiert werden?

Beispiele von Regelungen in der Qualitätssicherungsvereinbarung

Im Einzelnen finden sich in Qualitätssicherungsvereinbarungen folgende Aspekte mit entsprechend konkreten Regelungen:

  • Qualitätsmanagementsystem des Lieferanten
  • Festlegung qualitätsbezogener Verantwortlichkeiten
  • Definition von Schnittstellen zwischen Lieferant und Abnehmer
  • Festlegung der Kommunikation zwischen den Vertragspartnern
  • Berechtigung des Kunden, Audits beim Lieferanten durchführen zu dürfen
  • Berechtigung des Kunden zur Dokumenteneinsicht
  • Vorgaben für die Dokumentation von qualitätsrelevanten Daten (unter anderem Daten zur Rückverfolgung unter Einbeziehung der Unterlieferanten)
  • Festlegung von Archivierungsdauern
  • Festlegungen zum Berichtswesen (Reporting)
  • Herstellbarkeitsanalysen
  • Herstellung von Erstmustern und Anforderungen an den Erstmusterbericht
  • Festlegungen zur Freigabe für Produkt und Prozess (PPF) oder Production Part Approval Process (PPAP)
  • Vorgaben für Wareneingangsprüfungen
  • Anforderungen an Verpackung und Etikettierung der Produkte
  • Vorgehensweise bei Änderungen an Produkt und Prozess
  • Sonderfreigaben
  • Vorgehensweisen für Problemerkennung und Problemvermeidung
  • Anforderungen an Prüfmittel, Prüfmittelverfügbarkeit, Überwachung, Kalibrierung und Instandhaltung
  • Festlegung von Kennzahlen für Fehlerraten
  • Festlegung einer gemeinsamen Regelkommunikation
  • Festlegungen hinsichtlich des Reklamationsprozesses und bei Eskalation
  • Anforderungen an die Schulung der Mitarbeiter des Lieferanten
  • Anforderungen an Unterlieferanten
  • Anforderungen an Umweltschutz, Sicherheit und Recycling
  • Anforderungen bezüglich einer Notfallstrategie
  • Notwendige Versicherungen (zum Beispiel im Rahmen der Produkthaftung)
  • Geheimhaltungsvereinbarungen

Weiterführende Lieferantenvereinbarungen

Die Qualitätssicherungsvereinbarung kann auch in Verbindung mit weiteren vertraglichen Vereinbarungen zwischen Kunde und Lieferant eingesetzt werden. So haben manche Abnehmer spezielle Vorgaben bezüglich der Vorgehensweise bei Reklamationen, der Dokumentation von Qualitätsprüfungen, der Freigabe von Erstmustern oder Prototypen oder der Produktions- und Produktfreigabe (PPF oder PPAP). Mit solchen Vereinbarungen werden spezielle Details geregelt.

Während sich die Qualitätssicherungsvereinbarung auf Fragen zur Qualität von Produkten, Prozessen, Transport und Lieferung bezieht, können allgemeine Lieferantenvereinbarungen zahlreiche andere Aspekte regeln. Dazu gehören zum Beispiel: Lieferbedingungen, Zahlungsregelungen, Nutzungsrechte oder garantierte Abnahmemengen.

In einer einfachen Form können Lieferantenvereinbarungen auch Regeln zur Qualität beinhalten. Dann gibt es meist keine gesonderten Qualitätssicherungsvereinbarungen.

Ob alle getroffenen Vereinbarungen zwischen Abnehmer und Lieferant in einem Dokument wie der Qualitätssicherungsvereinbarung zusammengefasst werden oder ob es getrennte Vereinbarungen gibt, bleibt den Vertragspartnern überlassen.

Im Allgemeinen dürfte es zweckmäßig sein, wenn es eine Rahmenvereinbarung gibt, in der auf andere Regelungen wie die Qualitätssicherungsvereinbarung, Einkaufsbedingungen, anzuwendende Normen oder Einzelaufträge Bezug genommen wird. Denn dann lassen sich einzelne Regelungen einfacher ändern und an neue Gegebenheiten anpassen – ohne immer wieder ein umfangreiches Vertragswerk prüfen und verhandeln zu müssen.

Die rechtliche Bedeutung von Qualitätssicherungsvereinbarungen

Qualitätssicherungsvereinbarungen sind in der Regel Bestandteil eines Rahmen- oder Kaufvertrags und damit für beide Vertragspartner verbindlich – sofern sie keinen gesetzlichen Vorgaben widersprechen. Die gesetzliche Grundlage ist im Allgemeinen die Mängelhaftung des Lieferanten. Die Gewährleistung, Mängelhaftung oder Mängelbürgschaft sowie die Produkthaftung bestimmen Rechtsfolgen und Ansprüche, die dem Käufer im Rahmen eines Kaufvertrags zustehen, falls der Verkäufer eine mangelhafte Ware oder Sache geliefert hat. Der Käufer hat folgende Möglichkeiten: Nacherfüllung, Rücktrittsrecht, Minderung, Schadensersatz.

In Qualitätssicherungsvereinbarungen wird genau festgehalten, was das im Einzelnen im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen Lieferant und Abnehmer bedeutet. So kann geregelt sein, welchen Schadensersatz der Lieferant leisten muss, wenn beim Abnehmer aufgrund fehlerhafter Teile die Produktion stillsteht. Manche Abnehmer lassen sich auch die Hilfe bezahlen, die sie dem Lieferanten zukommen lassen, damit der seine Prozesse (wieder) in den Griff bekommt.

Qualitätssicherungsvereinbarungen haben eine ähnliche rechtliche Bedeutung wie Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Sie unterliegen deshalb einer inhaltlichen Kontrolle und dürfen den gesetzlichen Regelungen nicht widersprechen (zum Beispiel den Regelungen zur Gewährleistung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, BGB). Da Qualitätssicherungsvereinbarungen nur zwischen gewerblichen Partnern (Unternehmen) vereinbart werden, gelten teilweise andere Regelungen als zwischen einem Unternehmen und einem privaten Endverbraucher.

Abweichende Regelungen für kaufmännische Untersuchungs- und Rügepflichten

Im Handelsrecht gibt es eine kaufmännische Untersuchungs- und Rügepflicht. Sie findet sich in §377 des Handelsgesetzbuches (HGB). Danach gilt:

„(1) Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.“

Zeigt der Abnehmer keinen Mangel an und spricht er keine Rüge aus, dann gilt: Die gelieferte Ware wird grundsätzlich als ordnungsgemäße Vertragserfüllung akzeptiert. Eventuelle Mängelgewährleistungsansprüche sind zunächst ausgeschlossen. Die Kaufpreisforderung bleibt ungemindert bestehen.

Gerade dann, wenn Lieferbeziehungen auf Dauer angelegt sind und wenn die dabei relevanten Prozesse möglichst reibungslos und mit minimalem Aufwand gestaltet werden sollen, müssen sich die Partner auf die Einhaltung der Regeln verlassen können. Aus wirtschaftlichen Gründen kann es geboten sein, dass der Abnehmer auf bestimmte Prüfungen bei Warenlieferung verzichtet. Dann können Lieferant und Abnehmer die Bestimmungen der Untersuchungs- und Rügepflichten einzelvertraglich oder eben durch Qualitätssicherungsvereinbarungen ändern. Zum Beispiel kann die Untersuchungspflicht auf den Zulieferer verlagert und durch dessen Qualitätssicherung und Warenausgangskontrolle ersetzt werden.

Juristische Prüfung ist empfehlenswert

Bei der Erstellung einer Qualitätssicherungsvereinbarung wirken meist mehrere Experten mit:

  • Qualitätsmanager geben die inhaltlichen und technischen Aspekte vor, die behandelt werden sollen.
  • Kaufleute entwickeln die notwendigen organisatorischen Rahmenbedingungen und klären Aufwand und Kosten für alle Beteiligten.
  • Juristen bringen die Inhalte in eine rechtssichere Form.
  • Versicherungsexperten prüfen, welche Risiken durch Versicherungen abgesichert werden sollten.

Der Lieferant sollte die Qualitätssicherungsvereinbarungen immer von einem Juristen prüfen lassen, denn im Streitfall können erhebliche Kosten auf das Unternehmen zukommen.

Dazu im Management-Handbuch

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