Fragetechniken und FrageartenWie Sie Fragetechniken richtig einsetzen

Was müssen sich Sprechende bereits überlegen, bevor sie ihre Fragen formulieren? Wie erkennt man die wahre Funktion einer Frage? Und wie die Absicht, die hinter einer Frage steckt? Lernen Sie richtiges Fragen – mithilfe von Beispielen, Tipps und einem Praxisteil mit Vorlagen.

Vor dem richtigen Fragen die Gedanken ordnen

Fragen entwickeln sich beim Fragenden und haben sehr viel mit ihm selbst zu tun – seinen Einstellungen, seinen Werten, seinem Denken, seinen Verhaltensweisen, seinen Zielen und Interessen und seinen Bestrebungen, andere zu beeinflussen.

Wer Fragen stellt, muss sich also erst einmal Gedanken über sich selbst und seine Situation machen.

Wichtig ist: Eine Frage ist immer eine Aufforderung an einen Kommunikationspartner, in einer bestimmten Weise zu reagieren, insbesondere zu antworten. Tut er das nicht, ist das auch eine Reaktion.

Dabei haben Fragende und Antwortende immer ein eigenes Verständnis und ihre eigene Sicht auf eine Sache. Das Fragen ist manchmal schwierig – wie jede Form der Kommunikation.

Mögliche Probleme sind:

  • Drückt meine Frage genau das aus, was ich meine?
  • Kann der Empfänger meine Frage aufnehmen oder hören?
  • Kann der Antwortende die Frage verstehen?
  • Versteht der Empfänger es so, wie ich es meine?

Wie richtiges Fragen funktioniert

Ob eine Frage funktioniert, hängt von vielen Faktoren ab. Diese betreffen zum einen die beteiligten Personen, zum anderen die Situation und das Umfeld. Einflussfaktoren sind persönliche Merkmale der Gesprächspartner.

Das sind etwa das Temperament, das Unterbewusstsein, die Konstitution, die Werte sowie die Sprachkompetenz der Personen. Es gehören auch die jeweilige Situation und das Umfeld dazu.

Dazu gehören etwa die verfügbare Zeit, die umgebenden Geräusche sowie das Verhältnis der beiden Personen zueinander und ihre formale Beziehung. Die Belegschaft wird man anders befragen als Kolleginnen und Kollegen oder Personen aus dem Freundeskreis. Und die Fragen an die Geschäftsleitung sollten ebenfalls gut überlegt sein.

Der Inhalt einer Frage und die Frageart haben immer mit einem Anlass, der jeweiligen Situation und der Beziehung zwischen Fragesteller und Antwortgeber zu tun.

Daraus leiten sich der Zweck und die Ziele ab, die zunächst der Fragesteller hat und die der Antwortgeber aufgreift – oder denen er seine eigenen Ziele gegenüberstellt. Um dies in die richtige Gesprächsbahn zu bringen, sollte der Fragesteller für sich klären, welche Funktion und welche Erwartung er mit der Frage verbindet.

Fragen haben immer eine Funktion

Zunächst sollte sich der Fragende selbst Klarheit darüber verschaffen, was er mit der Frage erreichen will. Er muss die Funktion, das Ziel oder den Zweck der Frage bestimmen. Manche Fragen zielen eher darauf ab, einen Sachverhalt zu klären, andere zielen auf die persönliche Beziehung zweier Menschen.

Man unterscheidet folgende Funktionen der Frage:

  • Informationen bekommen
  • Sachverhalt strukturieren
  • Entscheidung herbeiführen
  • Sachverhalt reflektieren
  • Kontakt herstellen
  • Beziehung entwickeln oder klären
  • Meinungen erfahren
  • Werte, Interessen und Einstellungen erkennen
  • Emotionen und Befindlichkeiten kennen

Beispiele für Fragen und ihre Funktion

Der jeweilige Zweck hat einen großen Einfluss darauf, wie die Fragen gestellt werden sollten und wie das Gespräch verläuft. Dazu folgende Beispiele:

Beispiel 1: Dinge klären

Fragen sollen dem Gesprächspartner eine Antwort entlocken. Dabei geht der Fragende davon aus, dass der Antwortende seine Antwort im Prinzip weiß, diese nur in eine entsprechende Aussage überführen muss.

Hier kommt es vor allem darauf an, dass die Fragen präzise und verständlich gestellt werden, damit der Antwortende weiß, worum es geht und welche Informationen der Fragende nun erwartet. So werden Dinge durch Fragen geklärt.

„Wie viele Produkte mit der Artikelnummer 123 haben wir die letzten fünf Wochen verkauft?“

Beispiel 2: Zum Nachdenken anregen

Fragen können auch zum Nachdenken anregen. Das bedeutet, der Antwortende weiß die Antwort (zunächst) nicht, muss sich erst Gedanken machen, bevor er antworten kann. Er kommt vielleicht auf neue Ideen, entwickelt eine andere Sichtweise oder reflektiert seine Meinung oder Einstellung zu einem Thema.

Hier ist wichtig, dass die Fragen helfen, einen Sachverhalt aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten, verschiedene Aspekte ins Spiel zu bringen. Gleichzeitig sollen sie den Befragten zum Nachdenken motivieren.

„Wie könnten wir den Verkauf dieser Produkte in den nächsten Wochen steigern?“

Beispiel 3: Gesprächsfluss in Gang halten

Fragen fördern die Kommunikation. Denn: Wer fragt, der führt. Mit der Frage wird eine Antwort erwartet – also die Fortsetzung des Gesprächs. Wenn der Gesprächspartner darauf eingeht, kann eine lange Frage-Antwort-Kette oder eben ein längeres Gespräch entstehen.

In diesem Fall muss der Fragesteller Impulse auslösen, zum Antworten motivieren, indem der Befragte leicht etwas darauf antworten kann. Außerdem muss der die Antworten aufgreifen und daran seine nächste Frage knüpfen.

„Was haben wir in der Vergangenheit für den Verkauf der Produkte unternommen?“ … „Was davon hat sich bewährt?“ … „Was könnten wir in Zukunft wieder tun?“ … „Welche Ideen hast du, was wir in Zukunft außerdem tun könnten?“ … „Wie beurteilst du die Erfolgsaussichten?“

Beispiel 4: Persönliche Beziehung aufbauen

Fragen, die auf die persönliche Beziehung der Gesprächspartner ausgerichtet sind, zeigen, dass der Fragende ein Interesse an seinem Gegenüber hat. Wenn der Befragte darauf reagiert, lernen beide mehr über sich kennen. Sie können eine Beziehung aufbauen.

Der Fragende muss durch die Frageaspekte und Themen, die besprochen werden, sein Interesse an der anderen Person zeigen. Er muss Fragen zur Person stellen, die – je nach Beziehung und Situation – aber nicht zu persönlich sein dürfen.

„Was ist deine persönliche Meinung zu den Maßnahmen, die wir früher durchgeführt haben?“ … „Welche Erfahrungen hast du früher dazu machen können?“

Beispiel 5: Gesprächen eine Struktur und Tiefe geben

Wenn in einem Gespräch nur Aussage neben Aussage steht, bleibt es flach und wenig zielführend. Erst durch das Fragen gehen die Gesprächspartner einer Sache genauer nach und versuchen Gründe, Hintergründe und weitergehende Aspekte zu finden und zu vertiefen.

Dazu kann der Fragende an Details einhaken, vertiefende Fragen stellen („Was genau ist …?“), Dinge aus unterschiedlichen Blickwinkeln befragen. So gewinnen Gespräche Struktur, Tiefe und Zielrichtung.

„Wie kommst du zu dieser Einschätzung?“ … „Was genau wurde damals unternommen?“ … „Was hat man damals im Detail falsch gemacht?“

Merkmale von Fragen

Mit der Vielzahl von Beziehungen, Situationen und Zwecken des Fragens wird klar, dass es unendlich viele Möglichkeiten gibt, Fragen zu formulieren. Um diese Fülle der Fragen besser fassen zu können, lassen sich diese nach Merkmalen sortieren.

Die folgenden Merkmale sind entscheidend, wenn es darum geht, gute Fragen zu konstruieren und spezielle Fragen zu verstehen und zu bewerten:

Fragefunktion

Welche Absicht oder welches Ziel verfolgt der Fragende mit der Frage? Weshalb wird die Frage gestellt?

Frageinhalt

Worum geht es bei der Frage? Sind es berufliche, private oder allgemeine Themen? Geht es um sachliche oder persönliche Dinge?

Frageform

In welcher konkreten Form wird die Frage gestellt; zum Beispiel im Konjunktiv (höflich) oder Indikativ (fordernd), offen oder geschlossen?

Fragesituation

In welcher Situation wird die Frage gestellt? Was ging der Frage voraus? Wie sind die Rahmenbedingungen und der Kontext? In welcher Beziehung stehen Fragender und Antwortender?

Praxis

Welche wichtigen Gespräche stehen bei Ihnen an? Überlegen Sie, welche Fragen Sie stellen wollen? Welche Funktion haben die Fragen? Was wollen Sie damit alles erreichen – neben der Tatsache, dass Sie Informationen brauchen und entsprechende Antworten erwarten.

Bereiten Sie sich zum Beispiel auf Ihre nächste Teamsitzung oder Projektsitzung mit geeigneten Fragen vor. Überlegen Sie:

  • Was kennzeichnet die Situation?
  • Welche Fragen werden bei Ihren Teambesprechungen gestellt?
  • Worum geht es den Fragestellern?
  • Welche Fragearten nutzen die Fragesteller?
  • Welche Fragen nutzen Sie?
  • Wie formulieren Sie Ihre Fragen (Frageart)?
  • Welche Antworten bekommen Sie?
  • Wie entwickelt sich das Gespräch?
  • Wie entwickeln sich die persönlichen Beziehungen?

Nutzen Sie die folgenden Vorlagen, um sich auf Ihre nächste Teamsitzung oder auf das nächste wichtige Gespräch vorzubereiten.

Formulieren Sie anhand der Beispiele der folgenden Vorlage die wichtigsten Fragen, die Sie stellen wollen oder stellen müssen.

Dazu im Management-Handbuch

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