Welche Kennzahlen dienen dem Leistungsvergleich beim Benchmarking?

Aufgabe des Benchmarking-Teams ist es, die für das Benchmarking und den Leistungsvergleich relevanten Kennzahlen zu identifizieren und zu erheben. Sie sollten immer versuchen, mehrere Kennzahlen für das Benchmarking zu nutzen, um verschiedene Leistungsmerkmale zu vergleichen.

Dazu legen Sie fest, mit welchen Kennzahlen Sie die Leistungen Ihres Unternehmens mit den Leistungen des Benchmarking-Partners, dem Benchmark, am besten vergleichen können. Sie sollten dabei unterscheiden:

  • Kennzahlen zur Effektivität des Unternehmens und zum Erreichen von wichtigen Zielen. Die zentrale Frage lautet: „Tun wir die richtigen Dinge?“
  • Kennzahlen zur Effizienz von einzelnen Prozessen. Die zentrale Frage lautet: „Tun wir die Dinge richtig?“

Um zu erkennen, wie gut Sie Ihre Ziele erreichen und wie gut Ihre Prozesse ablaufen, vergleichen Sie beispielsweise:

  • Kennzahlen zur Zielerreichung: Kosten, Erlöse, Cashflow, Gewinn
  • Kennzahlen zum Ressourceneinsatz: Anzahl der Beschäftigten, Materialkosten, Anlagevermögen
  • Kennzahlen zur Prozessqualität: Fehlerraten, Umschlaghäufigkeit, Durchlaufzeiten
  • nicht (direkt) messbare Sachverhalte wie Kundenzufriedenheit, Know-how oder Motivation

Ausgangssituation und Ist-Analyse

Mit dem so auf Ihr Benchmarking-Objekt zugeschnittenen Kennzahlensystem müssen Sie zunächst eine Ist-Analyse Ihrer eigenen Leistungsfähigkeit durchführen. Danach ermitteln Sie die Leistungsfähigkeit Ihres Benchmarking-Partners. Dann vergleichen Sie die Ergebnisse und stellen fest, was beim Partner besser funktioniert und wo Sie von ihm lernen können.

Hinterlegen Sie dabei die gemessenen Kennzahlen mit qualitativen Erläuterungen. So können die Messergebnisse zu den Kennzahlen richtig interpretiert und im Benchmarking bewertet werden. Diese Maßnahme erhöht die Vergleichbarkeit der erhobenen Daten und schützen Sie vor Fehleinschätzungen und damit vor Fehlentscheidungen.

Besonders in dieser Phase des Kennzahlen- und Leistungsvergleichs müssen die unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Benchmarking-Partner beachtet werden.

Allgemein verfügbare Informationen für das Benchmarking nutzen

Bevor Sie Daten und Informationen Ihres Benchmarking-Partners im direkten Kontakt erheben, sollten Sie versuchen, Informationen über den Partner aus anderen Quellen zu gewinnen, die frei zugänglich sind. Folgende Quellen können Sie heranziehen:

  • Veröffentlichungen in Zeitschriften
  • Verbandsinformationen
  • veröffentlichte Bilanzen
  • Daten von Wirtschaftsinstituten
  • Veröffentlichungen über Auszeichnungen und Preise
  • Vorträge von Spezialisten
  • Fachkonferenzen und Tagungen
  • Know-how von ausgeschiedenen Fach- und Führungskräften

Berücksichtigen Sie, dass diese Daten und Informationen wahrscheinlich nicht vollständig sind. Ein Benchmarking allein auf dieser Basis und ohne Auswertung von Daten und Informationen direkt von Ihrem Partner ist daher nicht ratsam.

Datengewinnung und Informationsgewinnung beim Benchmarking-Partner

Genaue und aktuelle Vergleichsdaten bekommen Sie direkt vom Benchmarking-Partner. Sie sind die Grundlage, um die Benchmarking-Kennzahlen zu ermitteln oder zu berechnen. Erheben Sie die Daten mit den folgenden drei Methoden:

  • Schriftliche Datenerhebung anhand von Fragebögen und Kennzahlen-Formularen.
  • Datenerhebung durch persönliche Gespräche mit Beteiligten und Führungskräften vor Ort. Dies ist vor allem wichtig zur Einschätzung und Beurteilung der schriftlich erhobenen Kennzahlen.
  • Gemeinsame Workshops, die zum besseren Verständnis der Rahmenbedingung des Benchmarking-Partners und damit zur Interpretation der ermittelten Daten beitragen sollen. Hier können auch Aspekte zur Unternehmenskultur und zu den speziellen Rahmenbedingungen besprochen werden; damit machen Sie sich ein umfassendes Bild über Ihren Benchmarking-Partner.

Fehlerquellen bei der Datenerhebung

Jede Branche und jedes Unternehmen entwickelt im Laufe der Zeit seine eigene Sprache. Je branchenferner Ihr Benchmarking-Partner im Vergleich zu Ihnen ist, desto größer ist die Gefahr von Missverständnissen und Fehlern aufgrund unterschiedlich verwendeter Begriffe. Mögliche Fehlerquellen sind:

  • verschiedene Begriffsdefinitionen
  • verschiedene Datenquellen
  • verschiedene Berichtsperioden
  • verschiedene Verdichtungsebenen
  • verschiedene Zeitreihen
Merke

Ergebnisse auf Vergleichbarkeit hinterfragen

Das grundsätzliche Problem der Vergleichbarkeit zweier Unternehmen betrifft jedes Benchmarking-Projekt. Das sollten Sie immer beachten und nach möglichen Einschränkungen der Übertragbarkeit suchen. Nur so können falsche Schlussfolgerungen ausgeschlossen und die Empfehlungen zu Veränderungen in Ihrem Unternehmen später so fundiert wie möglich abgegeben werden.

Ablauf der Benchmarking-Studie

Der Ablauf für den direkten Leistungsvergleich im Rahmen des Benchmarking-Projekts kann folgendermaßen aussehen:

  1. Telefonische Kontaktaufnahme mit dem Benchmarking-Partner
  2. Erstellen eines Fragenkataloges für die schriftliche Befragung
  3. Auftaktbesuch zum gegenseitigen persönlichen Kennenlernen und zum Austausch der Fragebögen
  4. Gespräche mit Fachleuten und Führungskräften des Partnerunternehmens vor Ort
  5. Durchführen von gemeinsamen Workshops, Besichtigungen etc.
  6. Auswertung und Analyse der erhobenen Daten
  7. Feedback-Treffen mit dem Partner
  8. Erstellen der Benchmarking-Studie, in der Ergebnisse und Erkenntnisse schriftlich dokumentiert werden

Zeigen Sie Ihrem Benchmarking-Partner, dass Sie gewillt sind, das Projekt mit der nötigen Professionalität durchzuführen. Bereiten Sie deshalb jeden Schritt sorgfältig vor.

Kontaktaufnahme mit dem Benchmarking-Partner

Da der Austausch von internen Unternehmensdaten eine sehr sensible Angelegenheit ist, sollte der erste Kontakt immer von der Geschäftsleitung oder vom Top-Management hergestellt werden. Nur auf dieser Ebene kann entschieden werden, ob ein solches Projekt überhaupt durchgeführt werden kann oder darf.

Daher sollten Sie schon so früh wie möglich klären, ob der potenzielle Partner überhaupt gewillt ist, Ihnen die gewünschten Daten zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug müssen Sie klären, welche Daten und Informationen Sie dem Partner anbieten können; ohne die Aussicht auf Gegenseitigkeit sollten Sie erst gar nicht in Kontakt treten.

Fragenkatalog für die schriftliche Befragung erstellen

Im Rahmen einer schriftlichen Befragung stellen Sie zum einen offene Fragen zu Methoden, Werkzeugen, Abläufen, Besonderheiten, Erfahrungen, Know-how und Rahmenbedingungen. Zum anderen fragen Sie nach Kennzahlen, die ausgewählte Leistungen des Benchmarking-Partners sichtbar machen. Beispiele:

  • Worauf kommt es beim Prozess XY besonders an?
  • Welche Maschinen oder Hilfsmittel setzen Sie dabei ein?
  • Wie lange braucht ein Durchlauf des Prozesses?
  • Wie viele Mitarbeitende sind damit befasst?

Der Fragebogen sollte eine nachvollziehbare und verständliche Struktur haben. Es muss klar sein, was mit den Fragen gemeint ist und wie die Fragen zusammenhängen. Beschränken Sie sich dabei auf die wesentlichen Fragen, überfrachten Sie den Fragenkatalog nicht zu sehr.

Das Abfragen von unzähligen Daten führt dazu, dass man den Blick fürs Wesentliche verliert und sich zu stark mit Details beschäftigt. Zudem kann das zu einem hohen Aufwand für den Benchmarking-Partner führen, den dieser nicht leisten will. Wichtige Details können später im persönlichen Gespräch geklärt werden.

Gespräche und Workshops durchführen

Das Benchmarking-Team führt gezielte Interviews, Gespräche und gemeinsame Workshops mit Fachleuten und Führungskräften des Partnerunternehmens durch. Ziel dieser Gespräche ist es, die Methoden, das Führungsverhalten, die Unternehmenskultur, die Prozesse und die Einstellungen der Mitarbeitenden im Partnerunternehmen zu erfassen, die Einfluss auf das Benchmarking-Objekt haben könnten.

Das Benchmarking-Team versucht also herauszufinden, warum der Partner in manchen Bereichen besser ist als man selbst; das Team sucht nach Best Practices. Achten Sie bei diesen Gesprächen auf folgende Punkte:

  • Interviews oder Gespräche sollten Sie immer mit einem Diktiergerät aufnehmen (natürlich nur, wenn der Gesprächspartner dem vorher zustimmt).
  • Versuchen Sie die Personen zu einem Gespräch zu bewegen, die auch tatsächlich am besten auf Ihre jeweiligen Fragen antworten können.
  • Bereiten Sie sich gut auf das Gespräch und den Gesprächspartner vor. Sie sollten schon vorher genau wissen, welche Art von Informationen Sie sich von diesem Gespräch erwarten.

Daten auswerten und analysieren

Im letzten Schritt des Vergleichs analysieren Sie das vorhandene Datenmaterial und erstellen einen Abschlussbericht oder Report für das Top-Management Ihres Unternehmens. Sie können auch Feedbackgespräche oder Feedback-Workshops mit dem Benchmarking-Partner durchführen.

Damit finden Sie heraus, ob sich Ihre Darstellungen und Interpretationen mit denen des Benchmarking-Partners decken, ob es unterschiedliche Sichtweisen gibt und worin diese begründet sind. Inhaltlich soll die Analyse

  • die Leistungsunterschiede beschreiben,
  • mögliche Gründe für die Leistungsunterschiede nennen,
  • zukünftige Zielwerte für die erhobenen Leistungsbereiche definieren,
  • konkrete Maßnahmen vorschlagen, die anhand der Best Practices der Benchmarking-Partner beschreiben, wie und wann diese Ziele erreicht werden können.

Der letzte Schritt im Benchmarking-Projekt beinhaltet die Planung und Umsetzung von Maßnahmen, basierend auf der durchgeführten Analyse.

Hinweis

Nutzen eines Benchmarking-Projektes

Der Nutzen eines Benchmarking-Projektes muss nicht im einmaligen Austausch von Daten liegen. Wenn Sie den Kontakt über das Projekt hinaus aufrechterhalten, können Sie später andere gemeinsame Projekte oder sogar eine langfristige Geschäftsbeziehung eingehen. Die Tatsache, dass zwei Unternehmen überhaupt Kontakt miteinander aufgenommen haben, kann im Nachhinein wertvoller sein als der eigentliche Austausch von Informationen im Benchmarking-Projekt.

Praxis

Benchmarking-Kennzahlen festlegen und erheben

Mit dem auf Ihr Benchmarking-Objekt zugeschnittenen Kennzahlensystem müssen Sie eine Ist-Aufnahme Ihrer eigenen Leistungsfähigkeit durchführen. Erst danach messen Sie die Leistungsfähigkeit Ihres Benchmarking-Partners. Nehmen Sie dazu folgendes Formular zu Hilfe.

  • Erheben Sie die für Ihr Unternehmen relevanten Kennzahlen.
  • Sammeln Sie die notwendigen Daten und Zahlen beim Benchmarking-Partner.
  • Prüfen Sie die Vergleichbarkeit und Übertragbarkeit Ihrer erhobenen Kennzahlen und ergänzen Sie die Tabelle im Formular.

Informationen erheben mit einem Fragebogen

Beachten Sie folgende Aspekte, wenn Sie einen Fragebogen für Ihren Benchmarking-Partner erstellen:

  • Sind die Ziele des Fragenkataloges klar?
  • Sind die Begrifflichkeiten klar?
  • Spiegeln die Messkriterien und Fragen auch die kritischen Erfolgsfaktoren wider?
  • Zielen sie auf die zu vergleichenden Inhalte?
  • Sind die Messkriterien eindeutig definiert?
  • Sind alle Kennzahlen logisch, nachvollziehbar, vergleichbar und quantifiziert?
  • Wurde der Katalog auf überflüssige Fragen und Messgrößen hin untersucht?
  • Sind die Fragen verständlich?
  • Sind die Fragen eindeutig zu beantworten?
  • Verstehen die Partner unter den Fragen dasselbe wie Sie?
  • Haben die Partner auch die richtigen Ansprechpartner zur Beantwortung der Fragen?
  • Sind die Fragen mit vertretbarem Aufwand zu beantworten?

Benchmarking-Partner analysieren

Analysieren Sie die ausgewählten Prozesse, Produkte oder Services des Benchmarks-Partners mithilfe der folgenden Excel-Vorlagen.

Leistungsvergleich mit dem eigenen Unternehmen anstellen

Überprüfen Sie die Prozesse in Ihrem Unternehmen und identifizieren Sie die Verbesserungspotenziale. Nutzen Sie dazu die folgenden Vorlagen.

Hintergründe in Gesprächen und Workshops ermitteln

Planen Sie mit Ihrem Benchmarking-Partner Gespräche mit Experten und Workshops mit Mitarbeitenden aus den Fachbereichen, die für Ihr Benchmarking-Objekt relevant sind.

Besprechen Sie die Aspekte, die zeigen, wie und warum der Benchmarking-Partner seine guten Leistungen und Kennzahlen erreicht.

Folgende Vorlage hilft bei der Erhebung und anschließenden Analyse der Informationen.

Dazu im Management-Handbuch

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