Verfahren zur Bewerberauswahl

Wenn die Bewerbungsunterlagen vielversprechend sind, will sich das Unternehmen ein genaueres Bild machen und prüfen, ob und in welcher Weise ein aussichtsreicher Kandidat oder eine Kandidatin die Anforderungen erfüllt. Dafür gibt es mehrere Auswahlverfahren. Das sind:

  • Bewerbungsgespräch
  • Online- oder virtuelles Bewerbungsgespräch
  • Telefoninterview
  • Assessment-Center
  • Testverfahren
  • Probearbeit

Bewerbungsgespräch als wichtigstes Auswahlverfahren

Das Bewerbungsgespräch ist das wichtigste und am häufigsten genutzte Auswahlverfahren. So kann man einen persönlichen Eindruck von einer Bewerberin oder einem Bewerber gewinnen. Fragen, die mit den Bewerbungsunterlagen noch offen geblieben sind, werden geklärt.

Es kann geprüft werden, ob die versprochenen Kompetenzen und Leistungen auch vorhanden sind. Und man kann gegenseitig feststellen, ob man auf einer emotionalen Ebene zueinander passt – ob die Chemie stimmt.

Gleichzeitig kann sich auch die Bewerberin oder der Bewerber beim Bewerbungsgespräch ein Bild vom Unternehmen machen. Der Kandidat kann prüfen, ob er dort arbeiten will. Denn wer erst nach dem ersten Arbeitstag feststellt, dass er in diesem Unternehmen, mit seinen Führungskräften und der Unternehmenskultur fehl am Platz ist, wird sich schnell wieder etwas anderes suchen.

Bewerberinnen und Bewerber haben folgende Fragen, die im Bewerbungsgespräch geklärt werden sollten:

  • Wer ist der potenzielle Vorgesetzte?
  • Mit wem sollen sie zusammenarbeiten?
  • Was sind die konkreten Aufgaben?
  • Welche Anforderungen werden an sie gestellt?
  • Wie sieht der Arbeitsplatz aus?
  • Welche technische Ausstattung steht zur Verfügung?
  • Welche Entwicklungsmöglichkeiten gibt es?
  • Welche Erwartungen und Möglichkeiten gibt es in Bezug auf Reisetätigkeiten, flexible Arbeitszeiten, Homeoffice ...?
  • Welche Möglichkeiten gibt es, private Interessen, Verpflichtungen und Pläne mit den Anforderungen des Unternehmens zu vereinbaren? (Beispiele: Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen oder allgemein Work-Life-Balance)
  • Wie hoch ist das Gehalt?
  • Welche Leistungen bietet das Unternehmen außerdem an? (Beispiele: Geschäftswagen, Altersvorsorge etc.)
  • Was zeichnet das Unternehmen und seine Produkte aus?

Wenn eine positive Grundlage geschaffen ist, können beim Bewerbungsgespräch bereits Aspekte besprochen werden, die für die Gestaltung des Arbeitsvertrags oder für die Einarbeitung der neuen Mitarbeiterin oder des neuen Mitarbeiters wichtig sind.

Bewerbungsgespräch planen und durchführen – 6 Tipps

Das Unternehmen sollte sich allen Bewerberinnen und Bewerbern gegenüber beim Bewerbungsgespräch professionell zeigen. Die Personen, die beim Gespräch Ihr Unternehmen vertreten, sollten die Kandidaten nicht zu lange warten lassen, höflich sein, die Bewerbungsgespräche in ungestörter Atmosphäre und gleichberechtigt durchführen und alle relevanten Informationen zur Verfügung stellen.

Die richtige Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Bewerbungsgespräche sind deshalb essenziell. Dazu gehören:

 1. Bewerbungsgespräche organisatorisch planen

Zur organisatorischen Planung gehören: Einladungen aussprechen, Termine, Zeiten, Räumlichkeiten, Ablauf, Teilnehmende, Rollenverteilung bei mehreren Gesprächspartnern (aus dem Fachbereich und der Personalabteilung).

2. Bewerbungsgespräche inhaltlich vorbereiten

Wer das Gespräch führt oder daran teilnimmt, sollte sich inhaltlich vorbereiten. Dazu gehören:

  • Bewerbungsunterlagen lesen
  • Informationen daraus notieren
  • offene Punkte und Fragen formulieren
  • spezielle Fragen oder Übungen überlegen, um Fachwissen, Erfahrungen und persönliche Eigenschaften zu prüfen

3. Bewerbungsgespräche mit Interviewleitfaden führen

Ein Interviewleitfaden hilft, das Bewerbungsgespräch strukturiert durchzuführen und systematisch alle wichtigen Aspekte zu klären.

4. Bewerbungsgespräche in Gesprächsphasen unterteilen

Das Bewerbungsgespräch selbst sollte in mehrere Phasen unterteilt werden, sodass man sich kennenlernen und beschnuppern kann, der Kandidat sich vorstellen kann, er befragt wird, das Unternehmen vorgestellt wird und alle Fragen beider Seiten geklärt werden können.

5. Kommunikations- und Fragetechniken im Bewerbungsgespräch nutzen

Beim Bewerbungsgespräch selbst sollten Kommunikations- und Fragetechniken eingesetzt werden, die möglichst zuverlässig Auskunft über Stärken und Schwächen des Kandidaten geben. Es geht nicht nur darum, Informationen zu bekommen, sondern auch Belege für Fachwissen und Erfahrungen, Meinungen, Emotionen oder Charaktermerkmale. Dabei sollte auf Körpersignale geachtet werden.

6. Bewerbungsgespräche auswerten

Jedes Bewerbungsgespräch sollte sofort ausgewertet werden:

  • Inwiefern erfüllt der Kandidat die Anforderungen?
  • Was sind die Kompetenzen, Fach- und Erfahrungswissen, des Bewerbers?
  • Warum sollte Ihr Unternehmen diesen Kandidaten unbedingt einstellen?
  • Welche Defizite sind erkennbar?
  • Warum gibt es bei diesem Kandidaten noch Bedenken?
  • Welche Gehaltsforderungen hat der Bewerber?
  • Wann kann er starten?
  • Wie ist der Gesamteindruck und wie der Verbleib?

Vorstellungskosten bezahlen oder ausschließen?

Die Bewerbungs- oder Vorstellungskosten müssen vom Unternehmen übernommen werden, wenn dies nicht ausdrücklich und deutlich vor dem Vorstellungsgespräch ausgeschlossen wird (§ 670 BGB). Denn die Bewerberin oder der Bewerber handelt nach einer Einladung zum Vorstellungsgespräch im Auftrag des Unternehmens.

Betreffenden Personen können die Bahnfahrt 2. Klasse oder die übliche Kilometer-Pauschale für eine Autofahrt erstattet bekommen; im Einzelfall und wenn nicht vermeidbar auch weitere Reisekosten.

Den Ausschluss der Übernahme von Reisekosten sollten Sie schriftlich ausdrücken – zum Beispiel in der Terminbestätigung. Da die Suche nach Fach- und Führungskräften jedoch immer schwieriger und der Ausschluss der Kostenübernahme meist negativ wahrgenommen wird, sollten Sie zumindest einen Teil der Kosten übernehmen.

Auch das ist möglich, wenn Sie die Modalitäten der Abrechnung vor dem Vorstellungsgespräch schriftlich klären. Handelt es sich um höher dotierte Stellen, können Sie auch darüber nachdenken, die Übernachtung oder eine Bahnfahrt in der 1. Klasse zu sponsern.

Beispiele: Formulierungen zur Übernahme der Vorstellungskosten

Kompletter Ausschluss der Übernahme von Reisekosten:

„Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir keine Vorstellungskosten bei Bewerbungsgesprächen übernehmen.“

Teilweise Übernahme der Reisekosten:

„Gerne übernehmen wir die Reisekosten zwischen Ihrem Wohnort und unserem Unternehmen für die Hin- und Rückfahrt. Reisen Sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln an? Dann übernehmen wir die Kosten für das Ticket in der 2. Klasse. Bei der Anreise mit dem PKW erstatten wir Ihnen 30 Cent pro Kilometer.“

Ausschluss der Übernahme weiterer Reisekosten:

„Wir erstatten keine sonstigen Kosten, die eventuell durch das Vorstellungsgespräch entstehen, wie zum Beispiel Verpflegungs- oder Hotelkosten.“

Alternative Auswahlverfahren bei der Personalbeschaffung

Neben dem Bewerbungsgespräch gibt es weitere Auswahlverfahren, die ergänzend oder alternativ zum Bewerbungsgespräch eingesetzt werden können:

Online- oder virtuelles Bewerbungsgespräch sowie Telefoninterview

Das Bewerbungsgespräch kann auch online oder telefonisch geführt werden. Im Allgemeinen lassen sich so Zeit und Kosten sparen. Hier können Sie die sprachliche Ausdrucksfähigkeit, das Reaktionsvermögen, das situationsgerechte Verhalten, die Überzeugungsfähigkeit und die Wirkung ebenfalls recht gut überprüfen.

Auch bei diesen Formen des Bewerbungsgesprächs empfiehlt es sich, einen Leitfaden für ein 15- bis 30-minütiges Gespräch vorzubereiten. In der Online-Variante gewinnen Sie auch einen Eindruck von der Person und Sie können Informationen oder Dokumente leicht austauschen. Wichtig für diese Gespräche ist, dass die Technik reibungslos auf beiden Seiten funktioniert.

Viele Personalverantwortliche nutzen Online- und Telefongespräche, um eine Vorauswahl vor dem eigentlichen Einstellinterview zu treffen.

Assessment-Center

Assessment-Center sind sehr aufwendig und teuer. Sie dauern zwei bis drei Tage und beinhalten ein klar definiertes Programm mit Prüfungen, die die Bewerberinnen und Bewerber gemeinsam in einer Gruppe oder allein bestehen müssen.

Dabei werden sie von erfahrenen Firmenmitarbeitern oder externen Experten beobachtet und bewertet. Ziel dabei ist, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, den am besten passenden Kandidaten zu finden.

Gerade wenn Hochschulabsolventen ohne Berufserfahrung als Nachwuchsführungskräfte eingestellt werden sollen, lässt sich so deren Eignung einschätzen. Manche Personalexperten bezweifeln, ob die spezielle Situation eines Assessment-Centers wirklich geeignet ist, die Kompetenzen zu ermitteln.

Testverfahren

Mit Testverfahren kann das Unternehmen mehr über die Persönlichkeit, das Verhalten, Wissen, Fähigkeiten oder Werte eines Kandidaten erfahren. Dafür gibt es sehr unterschiedliche, aber standardisierte Testverfahren, die jeweils andere Merkmale der Bewerberinnen und Bewerber messen – mehr oder weniger verlässlich.

Am bekanntesten sind Intelligenztests. Daneben gibt es eine Reihe von Persönlichkeitstests, mit denen insbesondere Einstellungen und Verhalten überprüft werden. Dazu gehören je nach Test:

  • Robustheit
  • Sensibilität
  • Besonnenheit
  • Begeisterungsfähigkeit
  • Leistungsmotivation
  • Flexibilität
  • Kontaktfreude
  • Belastbarkeit
  • Emotionalität
  • Strukturiertheit

Probearbeitstag

Ob ein Kandidat ins Team passt, lässt sich nach einem Probearbeitstag recht gut einschätzen. Hier können sich Kandidat und seine möglicherweise neuen Kollegen kennenlernen.

Der Kandidat stellt fest, wie der zukünftige Arbeitsplatz aussieht, was die Aufgaben sind und wer die Kollegen sind. Die Kollegen und Vorgesetzten erleben den Kandidaten, wie er sich mit konkreten Aufgaben anstellt und was ihn auszeichnet.

Methoden zur Personalauswahl miteinander kombinieren

Diese Auswahlverfahren und Methoden der Personalbewertung schließen sich nicht grundsätzlich aus. Sie können im Assessment-Center Interviews oder Tests durchführen. Sie können nach einem Bewerbungsgespräch einen Probearbeitstag vereinbaren.

Manchmal wird der Auswahlprozess auch zwei- oder dreistufig angelegt: Im ersten Schritt werden die Kandidatinnen und Kandidaten in einem Telefoninterview ausgewählt. Dann folgt ein persönliches Gespräch.

Schließlich werden die Personen, die nach diesem Gespräch positiv bewertet werden, zu einem Assessment-Center eingeladen. Ein solches Verfahren ist allerdings sehr aufwendig. Prüfen Sie deshalb, inwiefern es für die zu besetzende Stelle angemessen ist.

Praxis

Bewerbungsgespräch planen, durchführen und bewerten

Das Bewerbungsgespräch oder Einstellinterview ist das wichtigste und am häufigsten genutzte Auswahlverfahren bei der Personalbeschaffung und der Besetzung einer offenen Stelle. 

Bereiten Sie sich mit den Checklisten und Fragen in der folgenden Vorlage zu Organisation und Inhalt des Einstellungsgesprächs gut vor. Sie finden darin unter anderem eine Checkliste zur Planung und Vorbereitung Ihrer Bewerbungsgespräche sowie einen Ablaufplan mit möglichen Themen und Fragen für das Bewerbungsgespräch.

Bewerten Sie anschließend mit dem folgenden Beurteilungsbogen das Bewerbungsgespräch und den Kandidaten.

Am Ende dieser Phase im Prozess der Personalbeschaffung sollten Sie sich für eine der Kandidatinnen oder Kandidaten entscheiden und die Stelle dieser Person anbieten. Falls sie doch absagt, sollten Sie einen oder zwei weitere Personen als Alternative in Aussicht haben.

Voraussetzung ist allerdings, dass alle diese Personen Ihre Anforderungen erfüllen und von Ihnen und den Entscheidern als „geeignet“ bewertet werden. Andernfalls müssen Sie im Zweifel mit dem Personalauswahlprozess erneut von vorn starten oder andere Wege der Personalgewinnung finden.

Zurück zum Artikel