Erfolgversprechende Kunden identifizieren

Nicht jeder Kunde verdient dieselbe Aufmerksamkeit, wenn es um Kundenpflege und Aktivierung geht. Je nach Stellung und Bedeutung des Kunden müssen Sie unterschiedliche Maßnahmen ergreifen, um den Kunden anzusprechen, ihm besondere Erlebnisse zu vermitteln und ihn letztlich zum Wiederkauf zu bewegen.

Kundengruppe nach Erfolgspotenzial

Um Kunden nach der Erfolgswahrscheinlichkeit und dem Erfolgspotenzial zu unterscheiden, können Sie diese zunächst in drei Gruppen unterteilen; oft werden diese als A-, B- und C-Kunden bezeichnet.

Maßgeblich für diese Einteilung in drei Kundengruppen ist der aktuelle und der potenzielle Kundenwert. Er wird am Umsatz oder Deckungsbeitrag gemessen. Außerdem wird die Wahrscheinlichkeit ermittelt, mit der aus dem aktuellen der potenzielle Kundenwert erreicht wird. Dann lassen sich die (potenziellen) Kunden aus Sicht der Hitrate-Optimierung folgendermaßen einteilen:

  • A-Kunde: Hohes Potenzial beim Kundenwert und hohe Wahrscheinlichkeit, dass dieses Potenzial erschlossen werden kann.
  • B-Kunde: Hohes Potenzial beim Kundenwert, aber weniger wahrscheinlich, dass diese Kunden (wieder) kaufen. Und: Mittleres Potenzial beim Kundenwert, aber auch hohe Wahrscheinlichkeit, dass es erschlossen werden kann.
  • C-Kunde: Wenig Umsatzpotenzial – unabhängig davon, wie wahrscheinlich diese Kunden (wieder) kaufen.

Ein Kunde, der einen hohen Kundenwert, hohen Umsatz und einen hohen Deckungsbeitrag verspricht und der sich nach Meinung des Vertriebs leicht zum Kauf bewegen lässt, ist demnach ein A-Kunde. Diese Kundengruppe, die regelmäßig kauft und mit der Sie bereits einen hohen Kundenwert erzielen, muss so betreut werden, dass sie nicht verloren geht. Hier muss die Position gesichert werden.

Wenn Kunden ein hohes Potenzial bei Umsatz und Deckungsbeitrag haben, aber die Wahrscheinlichkeit eines (Wieder-)Kaufs nicht so hoch ist, dann fallen Sie in die Kundengruppe B. Gleiches gilt für Kunden, die einen geringeren Kundenwert versprechen, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Kauf bewegen lassen. In beiden Fällen drückt sich dies in einem mittleren Aktivierungspotenzial aus, das sich aus der Multiplikation von potenziellem Kundenwert und Kaufwahrscheinlichkeit ergibt.

Kunden, die keinen oder geringen Bedarf und damit einen geringen Kundenwert haben, fallen in die Kundengruppe C. Das gilt unabhängig davon, wie wahrscheinlich sie kaufen oder nicht kaufen.

Kundengruppen nach Stand der Zusammenarbeit

Um die Hitrate zu optimieren und um dafür mögliche Maßnahmen zu erkennen, müssen die Kunden nach einem weiteren Aspekt gruppiert werden: die Dauer und Kontinuität der Zusammenarbeit und der Kundenbeziehung. Danach lassen sich Kunden folgendermaßen einteilen:

  • Stammkunde
  • Mehrfachkunde
  • Folgekunde
  • Erstkunde
  • Noch-nicht-Kunde kurz vor dem Kaufabschluss
  • Noch-nicht-Kunde, gerade im Verkaufsprozess
  • interessierter potenzieller Kunde

Mit den Kategorien zum Erfolgspotenzial und zum Stand der Zusammenarbeit lässt sich wie in Abbildung 1 eine Matrix mit unterschiedlichen Kundengruppen aufspannen. Sie ist Grundlage, um im nächsten Schritt Marketing- und Vertriebsaktionen zu identifizieren, die genau auf die jeweilige Kundengruppe ausgerichtet sind. Das sind die Stellhebel der Hitrate-Optimierung. Dazu sind einige Beispiele ebenfalls in Abbildung 1 benannt.

Abbildung 1: Matrix der Kundengruppen und mögliche Aktionen zur Kundenaktivierung

Aktionen und Maßnahmen zur Kundenaktivierung

Wenn die Kundengruppen identifiziert und die einzelnen Kunden und Interessenten (Noch-nicht-Kunden) den jeweiligen Gruppen der Matrix zugeordnet sind, können diese unterschiedlichen Kundengruppen bearbeitet werden. Dafür stehen die Methoden und Instrumente des Marketings und des Vertriebs zur Verfügung. In Abbildung 1 ist dargestellt, dass dabei folgende Schwerpunkte gebildet werden können (blaue Pfeile):

Stammkunden und Mehrfachkunden betreuen

Die Verkäufer des Unternehmens kümmern sich vor allem um bestehende Kunden, die schon oft oder regelmäßig beim Unternehmen kaufen. Wenn diese ein großes Umsatzpotenzial haben und gute Erfahrungen gemacht haben, muss das gesichert und ausgebaut werden.

Dazu können besondere Formen des Direktmarketings eingesetzt werden; möglich sind Kundenzeitschrift, Anwenderberichte und gelegentlich Promotionen. Diese Kunden können auch zu speziellen Firmenevents eingeladen werden.

Potenzial von Interessenten und Noch-nicht-Kunden einschätzen

Interessenten und Noch-nicht-Kunden werden in einer frühen Phase vom Vertrieb abgesprochen und betreut. Hier gilt es vor allem, das Potenzial des Kunden zu erkunden und die Wahrscheinlichkeit abzuschätzen, dass er zu einem wichtigen Kunden wird. Meist werden diese Kunden der Kundengruppe B zugeordnet.

Gerade beim Schritt vom Kaufinteressent zum Erstkunden können Events eine Rolle spielen; zum Beispiel die Einladung zum Messestand. Zudem kann durch gezielte Werbung und durch PR-Maßnahmen die Kaufentscheidung unterstützt werden.

Standardbetreuung für C-Kunden

Weniger erfolgversprechende Kunden mit geringem Potenzial werden von den Vertriebspartnern oder vom Innendienst (Call-Center) betreut. Hier geht es darum, mit geringem Aufwand die (kleinen) Umsatzpotenziale abzuschöpfen und mitzunehmen.

Geeignete Kommunikationsinstrumente einsetzen

Für jede Kundengruppe und für jede Phase des Vertriebsprozesses (Zeilen in der Abbildung 1) eignen sich jeweils andere Instrumente für die Ansprache und den Dialog mit dem Kunden. Beispiele sind:

  • Produktinformationen oder ein Produktkonfigurator im Internet als Entscheidungshilfe für potenzielle Kunden
  • aktuelle Zusatzinformationen wie Lieferzeit, Sonderangebote etc. für Mehrfach- und Stammkunden
  • Hilfsprogramme zur Unterstützung der Kaufentscheidung wie Finanzierungsberechnungen
  • ergänzende Informationen zum Gebrauch der angebotenen Produkte wie Betriebsanleitungen oder Anwenderberichte; zum Beispiel in einem Newsletter oder einer Kundenzeitschrift
  • telefonische oder persönliche Kundenberatung
  • Kundenforen und Newsgroups zur Information bestehender und potenzieller Kunden über neueste Entwicklungen und Trends
  • Foren zur Diskussion von speziellen Fragen bestehender und potenzieller Kunden untereinander sowie mit Experten des Unternehmens
  • Foren zur Vorstellung und Diskussion neuer oder in Entwicklung befindlicher Produkte und Produktideen mit bestehenden Kunden
  • Beschwerdemanagement per Telefon-Hotline, Kunden-Chat oder E-Mail

Wie Sie die Hitrate messen und berechnen

Welche Vertriebsform, Vertriebspartner, Kundenbearbeitung und Kommunikationsinstrumente jeweils wirksam sind, muss immer wieder getestet und ausgewertet werden. Dazu wird die Hitrate in folgender Weise gemessen:

Hitrate =
Anzahl der Kunden oder Noch-nicht-Kunden, der in die nächste Phase der Kundenbearbeitung aufsteigt

/ alle bearbeiteten Kunden in der jeweiligen Phase

Der Aufstieg aus einer Phase in die nächste Phase ist in Abbildung 1 mit grünen Pfeilen markiert. Beispiel: Der Vertrieb bearbeitet derzeit 50 potenzielle Neukunden, die am Kauf interessiert sind; sie haben alle ein Angebot erhalten. Im Laufe des Monats bestellen von diesen 50 potenziellen Neukunden 10. Die Hitrate beträgt dann 20 Prozent.

Beispiele für die Berechnung der Hitrate

Das Ziel der Kundenaktivierung ist, dass Sie die Kunden in die jeweils nächste Kaufphase bringen; also aus einem interessierten Kunden einen potenziellen Käufer machen oder aus einem Folgekunde einen Mehrfachkunde. Alle Aktivitäten zur Kundenaktivierung sollen dazu beitragen, die Hitrate zu erhöhen.

Je nach Phase können Sie die Hitrate unterschiedlich berechnen. Zum Beispiel in der Form:

  • Anzahl der Aufträge / abgegebene Angebote
  • Response von Interessenten / versendete Mailings (Direkt-Marketing)
  • Besucher auf dem Messestand / alle angeschriebenen Stammkunden

Setzen Sie sich jeweils angemessene Ziele für die Hitrate und prüfen Sie die Zielerreichung. Passen Sie die Aktivitäten an, wenn die Ziele nicht erreicht werden.

Praxis

Kunden klassifizieren

Bewerten Sie im Vertrieb regelmäßig alle Kunden und potenzielle Kunden im Hinblick auf deren Potenziale. Klären Sie dazu:

  • Wie hoch ist der Umsatz (pro Jahr) mit diesem Kunden?
  • Wie viel ungenutztes Umsatzpotenzial (maximales Einkaufspotenzial, Share of Wallet) steckt in dem Kunden?
  • Welcher Gewinn oder Deckungsbeitrag wird mit dem Kunden erzielt?
  • Für Noch-nicht-Kunden: Wie hoch kann das Umsatzpotenzial mit diesem Kunden im ersten Jahr sein?
  • Welche Umsätze können in den Folgejahren erzielt werden?
  • Welches Gewinnpotenzial steckt außerdem in dem Kunden?
  • Wie wahrscheinlich ist es, dass der Kunde (erstmalig) bei uns kauft?
  • Mit welcher Wahrscheinlichkeit lässt sich aus dem Erstkunden dann ein Mehrfachkunde oder Stammkunde machen?

Mit den Informationen und Antworten auf diese Fragen können Sie eine Kundenwertanalyse durchführen und den Kundenwert ermitteln. Nutzen Sie dafür die folgenden Vorlagen.

Kundenliste erstellen

Klären Sie dann, welche Kunden für Ihr Unternehmen bereits Stammkunden, Mehrfachkunden, Folgekunden oder Erstkunden sind. Werten Sie dazu Ihre Kundendatenbank und die jeweilige Bestellhistorie aus.

Ergänzen Sie alle Kunden, die sich gerade im Kaufprozess befinden oder zu denen Sie früher Kontakt hatten, die aber nie gekauft haben.

Nutzen Sie die folgende Vorlage und Übersicht, um alle Kunden und Noch-nicht-Kunden den jeweiligen Kundengruppen zuzuordnen. Erarbeiten Sie dafür ein geeignetes Klassifikationssystem.

Aktivitäten zur Kundenaktivierung

Überlegen Sie und halten Sie fest:

  • Wie häufig sprechen Sie oder die Vertriebsmitarbeiter Ihres Unternehmens mit Ihren Kunden, wenn diese nicht gerade etwas von Ihnen kaufen?
  • Welche Marketingaktionen führen Sie gezielt für diese Kunden durch?
  • Welche Aktionen führen Sie im Marketing durch, um die jeweiligen Kundengruppen anzusprechen?
  • Wie gehen Ihre Vertriebspartner vor?
  • Welche Formen der Kundenkommunikation und des Kundendialogs werden in Ihrem Unternehmen angewendet?

Erstellen Sie für Ihre Kunden mithilfe der folgenden Vorlage einen Maßnahmenplan für die Kundenbearbeitung und Kundenaktivierung. Prüfen Sie, welche Marketingmaßnahmen und Vertriebskanäle in Ihrem Fall geeignet sind, um die jeweiligen Kundengruppen gezielt anzusprechen.

Hitrate messen

Ermitteln Sie die Zahl der (potenziellen) Kunden in der jeweiligen Phase der Kundenbearbeitung, die Zahl der jeweils bearbeiteten Kunden sowie den Anteil der Kunden, der dadurch in die nächste Phase der Kundenbearbeitung übergeht.

Beispiel Angebotsverfolgung:

  • Nutzen Sie die folgende Excel-Vorlage und halten Sie darin fest: abgegebene Angebote (pro Monat oder Jahr) und die Zahl der erhaltenen Aufträge.
  • Ergänzen Sie das durchschnittliche Auftragsvolumen für den einzelnen Kunden.
  • Vergleichen Sie Ihre Ziele für das nächste Jahr (Plan) mit den erreichten Ist-Werten.

Entwickeln Sie bei Bedarf weitere Kennzahlen für die Hitrate. Ergänzen Sie diese in der Vorlage. Überlegen Sie, was Sie mit den Kennzahlen messen und wie Sie diese Größe beeinflussen können:

  • Welche Maßnahmen zur Kundenaktivierung wollen Sie überprüfen?
  • Welche Kennzahlen sind dafür geeignet?

Kundenaktivierung und Kundenbetreuung verbessern

Stellen Sie bezogen auf Ihre unterschiedlichen Kundengruppen, die Phasen der Kundenbearbeitung und die Ergebnisse der Hitrate-Messung einen Maßnahmenplan zusammen. Halten Sie darin fest:

  • Wodurch können Sie die einzelnen Kunden gezielter ansprechen?
  • Was können Sie ihnen Besonderes bieten?
  • Was müssen Sie dazu als Nächstes tun?

Halten Sie in der folgenden Vorlage fest, was Sie im Einzelnen vorhaben, um Kunden gezielter anzusprechen und zum (Wieder-)Kauf zu aktivieren.

Weitergehende Möglichkeiten zur Kundenaktivierung haben Sie, wenn der Kunde Ihr Unternehmen bereits kennt und wenn er erste Erfahrungen mit Ihren Produkten gemacht hat. Deshalb bietet der Kunde nach dem ersten Kauf besondere Potenziale, um aus dem Erstkäufer einen Stammkunden zu machen – wenn Sie ihn richtig betreuen.

Dazu im Management-Handbuch

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