Kapitel 035: Balanced Scorecard (BSC)Kennzahlen für die Prozessperspektive der Balanced Scorecard (BSC)

Die Kennzahlen der Prozessperspektive einer Balanced Scorecard machen sichtbar, wie gut ein Unternehmen seine Prozesse beherrscht. Das kann Fragen umfassen wie: Wie schnell erfinden wir neue Produkte? Wie kostengünstig stellen wir sie her? Wie schnell und einfach sind sie beim Kunden? Wie professionell ist unser Service?

Unterschiedliche Prozesstypen

Die Kennzahlen für die Geschäftsprozesse Ihres Unternehmens ermitteln Sie nach dem gleichen Schema wie für die Kennzahlen der Kundenperspektive. Sie beschreiben mit diesen Kennzahlen die Güte Ihrer wichtigen Prozesse zur Erstellung einer definierten Leistung. Nur wer diese Prozesse beherrscht, kann Leistungen schnell, in bester Qualität und zu akzeptablen Kosten erbringen.

Folgende Prozesse sind im Unternehmen von besonderer Bedeutung und sollten für die Balanced Scorecard unterschieden werden:

  • Identifikation und Analyse von Kundenwünschen und ihre Umsetzung in neue Produkte, Innovationsprozess und Marketingprozess
  • Betriebliche Leistungserstellung vom Einkauf über die Fertigung bis zum Absatz
  • Auswahl von Lieferanten und Beschaffungsprozesse
  • Kundendienstaktivitäten mit produktbegleitendem Service
  • Kommunikation nach innen und außen, Informations- und Kommunikationsprozesse
  • Informationsfluss innerhalb des Unternehmens
  • Prozesse zur Sicherstellung der Qualität von Produkten und Dienstleistungen Ihres Unternehmens
  • Erfolgreiche Durchführung von Projekten

Beispiele für Kennzahlen der Prozessperspektive der Balanced Scorecard

Nicht alle diese Prozesstypen müssen für jedes Unternehmen oder jede Balanced Scorecard relevant sein. Einige Kennzahlen für die Beschreibung der Geschäftsprozesse können sein:

  • Entwicklungszeit für neue Produkte
  • Anteil der Produkte, die weniger als ein Jahr alt sind
  • Durchlaufzeit, Bearbeitungszeiten, Rüstzeiten in Fertigung und Montage
  • Anteil korrekter Zeichnungen
  • Nacharbeitsquote
  • Herstellkosten
  • Beschaffungskosten
  • Kosten der Zeichnungserstellung
  • Anzahl neu identifizierter Kundenwünsche
  • Umsetzungsgrad identifizierter Kundenwünsche
  • Projekterfolgsrate
  • Ideenverwertungsrate
  • Zeitaufwand für gemeinsames Engineering mit dem Kunden
  • Umsatz je gemeinsamen Engineering-Tag
  • Time to Market (Dauer der Zeit von der Ideenfindung bis zur Auslieferung des ersten Produkts oder bis zur Marktreife)
  • Relation von Bearbeitungszeit zu Durchlaufzeit in der Produktion
  • Erfolgsraten im ersten Durchlauf
  • Anteil nachbetreuter Kunden
  • Reaktionszeiten bei Anfragen und Beschwerden
  • Dauer des Rechnungs- und Inkassozeitraums
  • Interne Verbreitung der Firmenzeitschrift
  • Anzahl Mitwirkende an der Firmenzeitschrift
  • Anzahl der in das Berichtswesen einbezogenen Kennzahlen
  • Anzahl der Hierarchieebenen je 100 Mitarbeiter
  • Anzahl der Tage, die ein Mitarbeiter in anderen Bereichen arbeitet
  • externe Verbreitung der Firmenzeitschrift

Wenn Sie die für Ihre Balanced Scorecard relevanten Kennzahlen der Prozessperspektive ermittelt und definiert haben, müssen Sie für Ihren Verantwortungsbereich (wie bei den Kennzahlen der Kundenperspektive) Soll-Vorgaben abstimmen und festlegen. Arbeiten Sie dabei mit Bandbreiten (Toleranzen).

Verantwortliche Person für die Prozessperspektive

Benennen Sie einen Verantwortlichen für die Kennzahlen der Prozessperspektive. Da die Geschäftsprozesse sehr unterschiedliche Bereiche Ihres Unternehmens betreffen, können mehrere Führungskräfte aus diesen Bereichen dafür infrage kommen. Maßgeblich für die Auswahl der verantwortlichen Person ist, welche Prozesse für Ihr Unternehmen strategisch besonders wichtig sind. Liegt der Schwerpunkt im Bereich Innovation und Produktentwicklung, wäre dies der Leiter Forschung und Entwicklung in Ihrem Unternehmen. Liegt der Schwerpunkt im Bereich Fertigung und Montage wäre dies der Werkleiter.

Praxis

Erfolgsfaktoren für Prozesse ermitteln

Wählen Sie zunächst die für Sie in Bezug auf Ihren Wettbewerb und Ihren Markt wichtigen Prozesse aus. Zeichnen Sie die wichtigsten Prozessschritte jeweils auf.

Schreiben Sie dann zu jedem Prozess die wichtigsten Erfolgsfaktoren auf. Sammeln Sie dazu zunächst alle Faktoren, die beschreiben, ob sie Ihre Prozesse gut oder schlecht im Griff haben könnten. Die Faktoren kommen häufig aus den Bereichen: Zeit/ Schnelligkeit, Qualität oder Kosten.

Schreiben Sie die Kennzahlen auf, die aus Ihrer Sicht am besten geeignet sind, den Faktor quantitativ zu beschreiben. Nutzen Sie dazu die folgenden Vorlagen.

Datenerhebung für die Kennzahlen der Prozessperspektive festlegen

Messverfahren festlegen

Wie kommen Sie zu der Kennzahl?

  • Schreiben Sie auf, inwieweit die Kennzahl bereits in Ihrem Unternehmen vorliegt.
  • Wer kann die relevanten Messwerte oder Daten beisteuern?
  • In welchem System sind die Daten abgelegt?
  • Entwickeln Sie einen Maßnahmenplan, wenn die Kennzahl neu erhoben werden soll: Wie werden die Daten zukünftig erhoben oder gemessen?

Ist-Werte erheben

  • Ermitteln Sie die aktuellen Ist-Werte für jede Kennzahl.

Soll-Werte abstimmen und festlegen

  • Ermitteln Sie die Soll-Vorgaben für jede Kennzahl.
  • Stimmen Sie sich dazu mit allen betroffenen Mitarbeitern und den Verantwortlichen für die Kennzahl ab.
  • Wann wird überprüft, ob die Soll-Vorgaben erreicht sind?
  • Wann und zu welchen Anlässen werden die Soll-Vorgaben geändert oder neu festgelegt?

Für die Kennzahlen verantwortliche Person bestimmen

  • Legen Sie den Verantwortlichen für die Kennzahl fest.
  • Welche Maßnahmen kann oder darf diese Person durchführen, damit die Soll-Vorgaben auch erreicht werden?
  • Wie schlägt sich die Kennzahl in der Vergütung oder Anerkennung des Verantwortlichen nieder?

Im nächsten Abschnitt dieses Handbuch-Kapitels lesen Sie, wie Sie die Kennzahlen für die Lern- und Entwicklungsperspektive der Balanced Scorecard festlegen und welche Beispiele es dafür gibt.

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