Was ist eine Prozesslandkarte?

Eine Prozesslandkarte ist eine grafische Übersicht über die Prozesse in einer Organisation. Sie soll die Prozesse strukturiert, einfach, übersichtlich und verständlich darstellen.

Dabei kann unterschieden werden zwischen Prozesslandkarten für die gesamte Organisation (zum Beispiel ein Unternehmen) und für einzelne Bereiche der Organisation (zum Beispiel für Produktentwicklung, Produktion oder Personalentwicklung). Dementsprechend kann es Prozesslandkarten in unterschiedlichen Auflösungen und Darstellungsformen geben.

Die Prozesslandkarte benennt die Prozesse und ausgewählte wichtige Merkmale wie Prozessziel, Ergebnisse, Leistungsindikator oder Funktionen sowie Schnittstellen und Wechselwirkungen.

Prozesslandkarten für das Prozessmanagement nach ISO 9001

Prozessorientierung ist ein Grundsatz des Qualitätsmanagements nach DIN EN ISO 9001. Dementsprechend wird in der Norm an vielen Stellen darauf hingewiesen und gefordert, dass ein Unternehmen seine Prozesse festlegen, planen und überwachen muss. Dies betrifft insbesondere alle Prozesse, die mit dem Qualitätsmanagement verbunden sind.

In Abschnitt 4.4 steht: „Die Organisation muss die Prozesse bestimmen, die für das Qualitätsmanagementsystem benötigt werden, sowie deren Anwendung innerhalb der Organisation festlegen.“ Im Einzelnen muss das Unternehmen für diese Prozesse bestimmen:

  • Eingaben oder Input
  • Ergebnisse oder Output
  • Abfolge und Wechselwirkungen
  • Leistungsindikatoren, Kriterien, Methoden und Messung der Wirksamkeit und für die Steuerung
  • notwendige Ressourcen und Gewähr der Verfügbarkeit
  • Verantwortung und Befugnisse (Process Owner)
  • Risiken und Chancen
  • Methoden zur Überwachung, Messung und Bewertung
  • Änderungen, falls notwendig, um geforderte Ergebnisse zu erreichen
  • Verbesserungsmöglichkeiten

Nicht sämtliche Prozesse in Ihrem Unternehmen müssen mit allen diesen Informationen bestimmt, also festgelegt, geplant, dokumentiert und überwacht werden. Sie müssen klären, welche Prozesse in Ihrem Fall besondere Bedeutung im Sinne des Qualitätsmanagements haben. Und Sie müssen klären, in welchem Detaillierungsgrad Sie diese Prozesse als Prozesslandkarte darstellen wollen.

Hilfreich ist, ein hierarchisches Vorgehen zu wählen. Dazu wird wie mit Landkarten eine Prozesslandschaft dargestellt. Einige Prozesse werden nur im Überblick beschrieben (grober Maßstab), andere im Detail (feiner Maßstab). So entstehen Darstellungen Ihrer Prozesse in unterschiedlichen Detaillierungsgraden – abhängig davon, wie wichtig oder kritisch diese für das Qualitätsmanagement sind.

Beispiele für Prozesse zum Qualitätsmanagement

In Abschnitt 8 der ISO 9001 sind einige wesentliche Prozesse für das Qualitätsmanagement benannt, und die jeweiligen Anforderungen werden in den Unterabschnitten erläutert. Für diese Prozesse kann zunächst eine übergeordnete Prozesslandkarte erstellt werden.

Die einzelnen Bereiche können durch detailliertere Prozesslandkarten ergänzt werden, die Unterprozesse, Teilprozesse oder einzelne Ablaufschritte abbilden und beschreiben. Im Folgenden finden Sie wichtige Prozesse und Anforderungen.

Anforderungen der Kunden ermitteln und Erfüllung überprüfen

Das Unternehmen muss erläutern, wie es die Bedürfnisse und Anforderungen der Kunden an seine Produkte und Dienstleistungen ermittelt und bewertet. Das kann in Form von Kundenbefragungen, Marktanalysen oder Marktbeobachtungen (Trendforschung) erfolgen. Es muss Prozesse definieren, mit denen Kundenanforderungen auf Machbarkeit überprüft und bewertet werden.

Das Unternehmen muss sicherstellen, dass gesetzliche und behördliche Anforderungen erfüllt werden. Dazu muss es Prozesse geben, die diese Anforderungen identifizieren, dokumentieren und in die Prozesse und Methoden des Unternehmens übertragen.

Darüber hinaus muss das Unternehmen Prozesse festlegen, um die Kundenmeinungen und Kundenzufriedenheit zu ermitteln. Das kann durch Kundenbefragungen oder Auswertung von Beschwerden und Serviceanfragen erfolgen.

Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen

Der Prozess zur Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen wird in der ISO 9001 ausführlich behandelt. Wesentliche Merkmale des Entwicklungsprozesses sind, dass das Unternehmen die Kunden einbeziehen und dass es sicherstellen muss, dass gesetzliche und behördliche Anforderungen eingehalten und im Produkt umgesetzt werden.

Während der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen muss das Unternehmen prüfen, ob das Produkt den zuvor definierten Anforderungen genügt (Verifizierung) und ob es damit vom Kunden auch genutzt und gebraucht werden kann (Validierung). Für diese Prüfung und Bewertung müssen Testprozesse bestimmt werden.

Der Entwicklungsprozess schließt damit ab, dass alle Informationen und Dokumente vorliegen, mit denen eine Vorserienproduktion (Muster) und anschließend die Serienproduktion durchgeführt werden kann.

Kontrolle von Produkten und Dienstleistungen von Lieferanten und externen Partnern

Alle Produkte und Dienstleistungen, die von Lieferanten oder anderen externen Partner beschafft werden, müssen geprüft werden. Dazu müssen Prozesse für die Wareneingangsprüfung bestimmt werden. Außerdem wird festgelegt, wie die Zusammenarbeit mit den Lieferanten abläuft und was bei Mängeln oder Beanstandungen durchgeführt wird.

Fertigung, Herstellung, Produktion und Montage von Produkten und Erbringung von Dienstleistungen

Die Herstellung von Produkten sowie die Erbringung von Dienstleistungen sind die Kernprozesse eines Unternehmens. Das Unternehmen muss zunächst dafür sorgen, dass alle Informationen vorliegen, damit die Herstellung der Produkte und die Erbringung der Dienstleistungen anforderungsgemäß und konform ablaufen können.

Außerdem müssen die Rahmenbedingungen wie Infrastruktur und Prozessbedingungen geeignet und förderlich sein. Das betrifft beispielsweise Lärm, Temperatur, Sauberkeit, Ergonomie oder Arbeitsschutz.

Entscheidend ist, dass Überwachungs- und Messtätigkeiten während des Herstellprozesses durchgeführt werden, um zu verifizieren, dass die Kriterien zur Lenkung von Prozessen und Prozessergebnissen sowie die Annahmekriterien für Produkte und Dienstleistungen erfüllt sind. Dafür braucht es Ressourcen wie beispielsweise Messgeräte und kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Steuerung von nichtkonformen Prozessergebnissen, Produkten und Dienstleistungen (Nachbearbeitung)

Während der Herstellprozesse muss sichergestellt sein, dass keine fehlerhaften Produkte an Kunden ausgeliefert werden. Deshalb müssen solche Produkte oder Dienstleistungen identifiziert und gekennzeichnet werden. Prozesse, die die erwarteten Ergebnisse nicht liefern, müssen ebenfalls „gekennzeichnet“ werden.

Um solche Mängel oder Fehler zu beheben, können Prozesse zur Nachbearbeitung oder zur Aussortierung bestimmt werden. Bei Bedarf müssen die Kunden darüber informiert werden, dass Produkte nicht geliefert werden können. Im Einzelfall können auch Produkte geliefert werden, die nicht den Anforderungen entsprechen; dafür braucht es eine Sonderfreigabe.

After-Sales-Service und Produktbeobachtung im Markt

Nach Inverkehrbringen eines Produkts muss das Unternehmen prüfen, wie es von Kunden genutzt wird. Dazu müssen Prozesse zur Produktbeobachtung im Markt, zur Bearbeitung von Kundenbeschwerden sowie zur Prüfung der gesetzlichen Anforderungen bestimmt werden.

Für spezielle Produkte können Maßnahmen zur Instandhaltung, Wartung, Instandsetzung oder zur Rücknahme und Entsorgung sowie weitere After-Sales-Services als Leistungsangebote für die Kunden vorgesehen sein. Auch dafür werden Prozesse festgelegt.

Dokumentation des Qualitätsmanagements und der Änderungen

Alle Prozesse müssen regelmäßig überwacht, geprüft und dokumentiert werden. Diese Dokumente müssen erstellt, weitergeleitet und archiviert werden. Das soll unter anderem die Rückverfolgbarkeit nach Abschnitt 8.5.2 der ISO 9001 sicherstellen, wenn später bei Gebrauch Mängel auftreten. Alle weitergehenden Anforderungen zur Dokumentation sind in Abschnitt 7.5 erläutert.

Damit diese Anforderungen erfüllt werden, müssen entsprechende Dokumentationsprozesse bestimmt werden. Das betrifft auch alle Änderungen oder Verbesserungen, die im Rahmen des Qualitätsmanagements an den Prozessen vorgenommen werden.

Prozesslandkarten entwickeln

Im Handbuch-Kapitel Prozessmanagement ist ausführlich erläutert, wie Sie Prozesse konzipieren, planen, gestalten und einrichten und diese in Form von Prozesslandkarten darstellen und dokumentieren. Sie können die Vorgehensweise, die Methoden und die Vorlagen in gleicher Weise für die Prozesse zum Qualitätsmanagement nach ISO 9001 nutzen.

Hier werden die wichtigen Prozesse zunächst im Überblick als Prozesslandkarten dargestellt. Dabei werden oft folgende Prozessarten unterschieden:

  • Kernprozesse zur unmittelbaren Erfüllung der Kundenanforderungen und zur Abwicklung von Aufträgen
  • Managementprozesse zur Planung und Steuerung der Kernprozesse sowie zur Bereitstellung von Ressourcen wie Budget, Information oder Kompetenzen
  • unterstützende Prozesse für den Betrieb des Unternehmens und die Durchführung der anderen Prozesse

Prozesslandkarten können für diese Prozessarten entwickelt werden und gleichzeitig für unterschiedliche Ebenen der Prozessbeschreibung im Unternehmen hilfreich sein. Abbildung 2 zeigt auf oberster Ebene des Unternehmens die Prozesse des Qualitätsmanagements, die als Kernprozesse und wesentliche Unterstützungsprozesse verstanden werden können (siehe Anforderungen nach ISO 9001, Abschnitt 8).

Für einen Kernprozess wie die Produktentwicklung können dann weitere Prozesslandkarten und Prozessbeschreibungen erstellt werden – bis zum Ablaufdiagramm und zur genauen Verfahrensanweisung für eine Stelle im Unternehmen. Im Praxisteil (unten) finden Sie dazu eine Vorlage für das Beispiel des Teilprozesses „Test“.

Abbildung 2: Prozesslandkarte der übergeordneten Kernprozesse und unterstützenden Prozesse

Auf einer untergeordneten Ebene kann die Prozesslandkarte für einen Teilprozess inklusive der Prozessbeschreibung nach ISO 9001 dann aussehen, wie in Abbildung 3 dargestellt. Dort sind die Merkmale eines Prozesses und die Elemente zur Prozessbeschreibung benannt, die nach ISO 9001, Abschnitt 4.4 notwendig sind. In Einzelfällen müssen Merkmale genauer erläutert werden.

Für Abfolgen und Wechselwirkungen kann es beispielsweise spezielle Verfahrensanweisungen, Arbeitspläne oder Ablaufdiagramme geben. Für die notwendigen Ressourcen können Checklisten oder Stücklisten hilfreich sein. Für die Messung können sogar spezielle und umfangreiche Prüfprozesse notwendig sein – die dann ebenfalls im Rahmen des Prozessmanagements bestimmt und dokumentiert sein müssen.

So entsteht ein Geflecht von vielen Teilprozessen, das in einer Prozesslandkarte abgebildet wird und damit verständlich wird.

Abbildung 3: Prozessbeschreibung „Test“ im Rahmen der Produktentwicklung
Praxis

Relevante Prozesse identifizieren

Klären Sie zunächst, welche Prozesse für das Qualitätsmanagement in Ihrem Unternehmen wichtig sind. Nach den Anforderungen der ISO 9001 sind das insbesondere:

  • Analyse der Kundenbedürfnisse und Kundenanforderungen
  • Analyse und Übertragung neuer gesetzlicher Regelungen und behördlicher Anforderungen
  • Ermittlung der Kundenzufriedenheit
  • Analyse der Kundenbeschwerden und Reklamationen
  • Konzeption von Produkten und Dienstleistungen
  • Spezifikation der Funktionen und Merkmale von Produkten und Dienstleistungen
  • Einbeziehung von Kunden in die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen
  • Durchführung von Produkttests und Markttests
  • Entwicklung der Produkte und Dienstleistungen für Produktion und Serienfertigung
  • Dokumentation der Produkt- und Dienstleistungsspezifikation
  • Zusammenarbeit mit Lieferanten
  • Wareneingangsprüfung
  • Vorbereitung und Schaffung der notwendigen Ressourcen und Rahmenbedingungen
  • Fertigung, Herstellung, Montage, Produktion, Transport, Lagerung von Produkten sowie Vorbereitung und Erbringung von Dienstleistungen
  • Prüfung und Messung der Qualität im Herstellprozess sowie bei der Erbringung von Dienstleistungen
  • Dokumentation des Herstellprozesses und der Qualitätsprüfungen
  • Bearbeitung von Fehlern, Mängeln und nichtkonformen Produkten und Dienstleistungen (Nachbearbeitung, Aussortierung, Sonderfreigabe)
  • Prüfung von Messverfahren, Messmitteln, Messeinrichtungen
  • Information, Schulung und Training für die Mitarbeiter
  • Wartung und Instandsetzung von Ressourcen (Maschinen, Anlagen, IT-Systeme, Gebäude, Einrichtungen)
  • Produktbeobachtungen nach Inverkehrbringen
  • After-Sales-Services für Kunden
  • Rücknahme, Entsorgung oder Recycling von Produkten
  • Dokumentation von Prozessen und qualitätsrelevanten Abläufen, Informationen und Sachverhalten
  • Bearbeitung von Änderungen oder Verbesserungen bei Prozessen

Nutzen Sie die folgende Vorlage, um die für Sie relevanten Prozesse zu identifizieren und festzulegen, wie Sie für diese Prozesse Prozesslandkarten erstellen und in welchem Detaillierungsgrad Sie diese Prozesse planen, gestalten, umsetzen und dokumentieren müssen.

Prozesslandkarten erstellen

Nutzen Sie die folgenden Vorlagen für die Konzeption, Planung, Gestaltung und Umsetzung der Prozesse rund um Ihr Qualitätsmanagement.

Ein Beispiel für eine Prozesslandkarte eines Beratungsunternehmens (Dienstleistung) finden Sie in der folgenden Vorlage.

Prozesse beschreiben und dokumentieren

Sofern im Rahmen des Qualitätsmanagements und der DIN EN ISO 9001 notwendig, müssen Sie die Prozesse im Einzelnen beschreiben und dokumentieren.

Sie können folgende Vorlage eines Prozess-Stammblatts nutzen, um Ihre Prozesse zu bestimmen und zu beschreiben. Diese Prozessbeschreibungen und Prozess-Stammblätter ergänzen Ihre Prozesslandkarten.

Dazu im Management-Handbuch

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