RisikoanalyseVorgehensweise bei der Risikoanalyse

Vor weitreichenden Entscheidungen sollten Sie einplanen, eine Risikoanalyse durchzuführen. Sie ermitteln passend zur Entscheidungssituation die maßgeblichen Kriterien und die Methoden, um die Folgen für Ihr Unternehmen zu berechnen. Mit unterschiedlichen Szenarien betrachten Sie: Was wäre, wenn …

Risikoanalyse ist Teil der Entscheidungsfindung

Die Risikoanalyse ist eine Aufgabe im Rahmen eines Entscheidungsprozesses. Sie ist vor allem dann notwendig, wenn es sich um weitreichende Entscheidungen handelt, die mit schwerwiegenden (negativen) Folgen für das Unternehmen verbunden sein können. Im Folgenden wird auf der Grundlage des Entscheidungsprozesses dargestellt, in welcher Form dort eine Risikoanalyse durchgeführt werden sollte.

Entscheidungssituation klären

Im ersten Schritt müssen Sie Ihre Entscheidungssituation klären, also möglichst genau beschreiben und abgrenzen: Worüber soll eine Entscheidung getroffen werden? Sie müssen sich überlegen oder mit dem Entscheidungsgremium abstimmen, was entschieden werden soll. Eine Entscheidungssituation ergibt sich oft aus konkreten Anlässen; das sind die Gründe, warum eine Entscheidung getroffen werden soll. Diese müssen Sie zunächst darstellen und erläutern.

Daraus leitet sich ab, worüber eine Entscheidung getroffen werden soll. Zudem sollten Sie klären, wer die Entscheidung treffen muss und welche Personen dabei einbezogen werden. Sie müssen für eine Risikoanalyse also eine Entscheidungsfrage formulieren – am besten schriftlich: Sie beinhaltet folgende Aspekte:

  • Was genau soll vom Entscheider entschieden werden?
  • Warum muss eine Entscheidung getroffen werden?

Risikoanalysen werden vor allem für solche Entscheidungen durchgeführt, die mit weitreichenden Folgen verknüpft sind. Das kann bedeuten, dass mit der Entscheidung:

  • hohe Investitionen notwendig sind
  • später hohe Kosten anfallen
  • weitreichende Potenziale erschlossen werden können (neue Kundengruppen, neue Märkte)
  • viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen sind
  • für viele bestehende und wichtige Kunden eine Änderung eingeführt wird
  • viele Prozesse verändert werden
  • Qualität und Schnelligkeit von wichtigen Prozessen oder Produkten beeinflusst wird

So kann es beispielsweise um die Einführung eines neuen Produkts gehen, um den Aufbau einer Vertriebsgesellschaft in Indien, um neue Formen der Zusammenarbeit und weitreichende Change-Projekte oder um die Anschaffung einer neuen Produktionsanlage, den unternehmensweiten Wechsel der IT-Infrastruktur oder auch um Projekte zur Digitalisierung im Unternehmen.

Handlungsoptionen und Alternativen aufzeigen

Sie können nur dann eine Entscheidung treffen, wenn Sie unterschiedliche Handlungsoptionen, Alternativen oder Lösungsmöglichkeiten haben. Diese müssen Sie herausarbeiten und – zum Beispiel in Form eines Konzepts – beschreiben und erläutern. Die Formen für mögliche Alternativen und damit Entscheidungen sind:

  • Sie können nichts tun und alles beim Alten belassen oder sich für eine neue, noch nicht vorhandene Lösung entscheiden. Sie haben damit zwei Handlungsoptionen.
  • Sie können sich für eine von zwei oder mehr Alternativen entscheiden, die bislang nicht vorhanden sind. Sie haben damit mehrere Handlungsoptionen, von denen Sie eine auswählen können.

In welcher Form Sie Ihre Handlungsoptionen und Alternativen ausarbeiten und darstellen, hängt von der Entscheidungssituation und der Entscheidungsfrage ab. Zudem sollten die Erläuterungen sichtbar machen, welche Folgen und welche Bewertungskriterien für die Risikoanalyse aus Ihrer Sicht wichtig sein könnten.

Beispiele für die Durchführung einer Risikoanalyse

Beispiele für unterschiedliche Handlungsoptionen sind:

Technologie zur Automatisierung von Prozessen einführen

Die Montage der Produkte in Ihrem Unternehmen erfolgt bislang weitgehend manuell. Nun besteht die Option, die Montage zu automatisieren und Montageroboter einzuführen. Dabei müssen Sie beurteilen, welche Kosten das im Vergleich zur bisherigen Lösung mit sich bringt, welche Folgen das auf Durchlaufzeit und Qualität hat und wie die Mitarbeiter davon betroffen sind.

Produkt-Portfolio erweitern

Sie wollen entscheiden, ob Sie das Produkt-Portfolio zu Ihrem Unternehmen ausbauen und erweitern. Dafür liegen mehrere Produktideen und Produktkonzepte vor. Die Ressourcen für die Entwicklung und Markteinführung sind allerdings beschränkt; Sie können nur eine der Produktideen realisieren. Nun wollen Sie entscheiden, welches Produkt Sie zukünftig herstellen und vertreiben wollen. Dabei stehen Erfolgschancen am Markt, Auswirkungen auf die Kundenbeziehung sowie die Produktrenditen im Blickfeld der Risikoanalyse.

Kriterien für die Risikoanalyse auswählen

Mit der Risikoanalyse wird sichtbar, welche Chancen und Risiken die Entscheidung für eine Handlungsoption mit sich bringen kann. Das kann wichtige Hinweise dafür geben, wie Sie Ihre Lösungen und Optionen verbessern können oder worauf Sie bei der Umsetzung besonders achten müssen, damit die Ziele erreicht werden. Das sind die Erfolgsfaktoren und die Kriterien für Ihre Risikoanalyse.

Dazu prüfen Sie, welche Kriterien maßgeblich dafür sind, wie die Entscheidung ausfallen wird. Woran machen die Entscheider fest, was eine gute und was eine schlechte Handlungsoption ist? Diese Kriterien lassen sich aus den Unternehmenszielen ableiten: Wenn es Ziel ist, den Gewinn für das Unternehmen zu steigern, dann wird die Handlungsoption gewählt, die den höchsten Gewinn verspricht. Wenn das Unternehmen wachsen soll, liegt die Präferenz bei den Handlungsoptionen, mit denen sich neue Kundensegmente erschließen lassen.

Konkret kann das für die Risikoanalyse bedeuten:

Risikoanalyse vor einer Preisanpassung für Produkte

Für ein neues Produkt müssen Sie den Preis festlegen. Darüber beeinflussen Sie, wie hoch der Gewinn später ausfallen kann. Je nachdem, wie Sie den Preis festlegen, besteht das Risiko, dass die Kunden den Preis nicht akzeptieren und dass der Absatz sinkt. Kriterium für die Risikoanalyse wäre demnach: In welchem Maße lässt sich ein Preis durchsetzen und welche Auswirkungen hat das auf Umsatz und Gewinn?

Risikoanalyse zur Auslastung einer Produktionsanlage

Für eine neue Produktionsanlage fallen hohe Investitionen an. Diese amortisieren sich nur dann, wenn die Anlage einen hohen Auslastungsgrad hat und nicht ausfällt. Das Risiko besteht darin, dass Sie zu wenig Aufträge erhalten oder dass die Anlage technische Probleme mit sich bringt. Das Kriterium für die Risikoanalyse ist: Wie hoch ist der Nutzungsgrad für die neue Anlage und welche Folgen hat es, wenn der Nutzungsgrad unterhalb eines Schwellenwerts liegt.

Einige Entscheidungskriterien oder Parameter sind fest vorgegeben und mehr oder weniger sicher. Für andere ist es sehr schwierig einzuschätzen, was in der Zukunft passieren kann. Deshalb werden diese „unsicheren Kriterien“ im Rahmen der Risikoanalyse variiert; es werden mehrere Szenarien durchgespielt.

Methoden zur betriebswirtschaftlichen Bewertung von Handlungsoptionen

Im nächsten Schritt legen Sie fest, welche Kriterien letztlich ausschlaggebend sind, ob Sie sich für Handlungsoption A oder B entscheiden. Oft sind das betriebswirtschaftliche Kennzahlen, die sich nach einem definierten Verfahren auf der Grundlage mehrerer Parameter berechnen lassen. Durch Variation der Parameter werden dann unterschiedliche Szenarien berechnet, um sichtbar zu machen, in welchem Rahmen ein Risiko besteht und wie hoch das Risiko sein kann.

Als Verfahren zur Bewertung von Handlungsoptionen werden bei einer Risikoanalyse oft eingesetzt:

  • Break-even-Analyse
  • Amortisationsrechnung
  • Gewinnvergleichsrechnung
  • Kapitalwertmethode
  • Nutzwert-Analyse
  • Kosten-Nutzen-Analyse

Probleme bei der Risikoanalyse berücksichtigen

Die betriebswirtschaftlichen Methoden und Verfahren zur Investitionsrechnung scheinen zunächst sehr exakt zu sein. Doch die Ergebnisse, die sie für die Risikoanalyse liefern, sind unsicher. Denn sie beziehen sich auf die Zukunft – und die ist nicht vorhersehbar. Die Parameter, die in die einzelnen Berechnungsverfahren eingehen, lassen sich nicht festlegen, sondern allenfalls abschätzen oder sogar nur annehmen.

Um hier verschiedene Szenarien zu betrachten, müssen die Parameter variiert werden. Dabei sollten die jeweiligen Annahmen, die dabei getroffen werden, diskutiert und im Team besprochen werden. Dazu sollten Sie einen Workshop mit Experten aus Ihrem Unternehmen durchführen. Hier diskutieren Sie mögliche Ausprägungen und die Wahrscheinlichkeiten für diese Ausprägungen für die einzelnen Parameter und Entscheidungskriterien.

Denn je besser Ihre Einschätzungen sind, desto besser ist das Ergebnis der Risikoanalyse. Wenn Ihre Einschätzungen beliebig sind, ist das Ergebnis auch beliebig. Umso mehr kommt es auf Diskussion und Reflexion der Annahmen und Einschätzungen im Team an. Der Diskussionsprozess macht zudem sichtbar, worauf es später bei der Umsetzung ankommt und was entscheidend ist, damit die Einschätzungen und Prognosen dann auch realisiert werden.

Ergebnisse der Risikoanalyse diskutieren

Im letzten Schritt werden die Ergebnisse der Risikoanalyse selbst analysiert und diskutiert. Es wird das Kriterium ermittelt, das für Ihre Entscheidung maßgeblich sein soll. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht kann das der Return on Investment (ROI) sein oder die Amortisationszeit.

Oft ergeben sich bei der Analyse aber Widersprüche: Die Handlungsoption mit der schnellen Amortisationszeit hat einen geringen ROI und umgekehrt. Dann kommt es darauf an, ob Sie eher risikoscheu oder risikoliebend sind bei Ihren Entscheidungen. Das sollten Sie sich im Rahmen Ihres Entscheidungsprozesses und mit Ihrem Team vor Augen führen und bewusstmachen. Halten Sie fest:

  • Welche Handlungsoption ist Ihr Favorit?
  • Was sind die Gründe, die für diese Handlungsoption sprechen?
  • Welche Bedingungen und Entwicklungen müssen erfüllt sein, damit die erwarteten Folgen der Handlungsoption tatsächlich eintreten?
  • Was passiert im besten und was im schlechtesten Fall?
  • Welche Entwicklungen können Sie beeinflussen oder gestalten?
  • Was müssen Sie dazu im Einzelnen tun?
  • Wann und unter welchen Bedingungen können Sie Ihre Entscheidung revidieren oder die Handlungsoption anpassen?

Wenn Sie in Ihrem Workshop und mit Ihrem Team und den Entscheidern diese Fragen ausführlich und ehrlich diskutieren und die Ergebnisse festhalten und dokumentieren, dann haben Sie alles beisammen, was Sie für eine fundierte Risikoanalyse brauchen.

Praxis

Entscheidungssituation klären

Beschreiben Sie zunächst Ihre Entscheidungssituation. Klären Sie mit den Entscheidern, worum es gehen soll und wie weitreichend die Entscheidung eingeschätzt wird, für die Sie eine Risikoanalyse mit unterschiedlichen Szenarien durchführen sollen.

Halten Sie fest:

  • Welche Alternativen oder Handlungsoptionen haben Sie?
  • Wodurch sind die Alternativen gekennzeichnet?

Beschreiben Sie Ihre Entscheidungssituation mithilfe der folgenden Vorlage.

Kriterien zur Bewertung festlegen

Ermitteln Sie dann, welche Ziele für die Entscheidung hauptsächlich wichtig sind und welche Entscheidungskriterien und Erfolgsfaktoren Sie daraus ableiten:

  • Was sind die wichtigsten Kriterien dafür, dass Sie sich für eine Alternative entscheiden?
  • Welche Parameter sind Grundlage für diese Kriterien?
  • Nach welcher Methode berechnen und ermitteln Sie mögliche Ausprägungen der Kriterien?

Klären Sie in Ihrem Team, was für Ihre Entscheidung wichtig ist und welche Parameter Sie bei einer Risikoanalyse und bei der Beschreibung unterschiedlicher Szenarien nutzen wollen. Planen Sie dafür ein Meeting oder einen Workshop mithilfe der folgenden Vorlage (Regieplan).

Szenarien für die Risikoanalyse durchspielen

Die folgenden beiden Excel-Vorlagen können Sie im Rahmen des Workshops nutzen; Sie berechnen damit die beste Alternative und Handlungsoption. Grundlage sind Wahrscheinlichkeiten dafür, dass Ihre Annahmen eintreten. Sie berechnen mit den Excel-Vorlagen Erwartungswerte. Gehen Sie dazu folgendermaßen vor:

  • Tragen Sie für Preise die möglichen Ausprägungen ein, die sich am Markt eventuell realisieren lassen.
  • Schätzen Sie die Wahrscheinlichkeiten ab, mit denen sich die Preise einstellen. Beides sollte Ergebnis des Workshops sein.
  • Gehen Sie so auch für die anderen Parameter: Verkaufsmenge, direkte Stückkosten, fixe Kosten und Investitionssumme vor.

Sie können die Vorlagen an Ihre Entscheidungssituation anpassen. Nennen Sie dazu zunächst die Alternativen und Ihre Handlungsoptionen. Wählen Sie dann die Kriterien, die für die Entscheidung maßgeblich sind. In den Vorlagen können Sie anschließend unterschiedliche Fälle berechnen lassen – je nachdem, wie Sie einzelne Parameter einstellen. So erkennen Sie, wodurch sich der Best Case und der Worst Case jeweils auszeichnen.

Entscheidungsbäume entwickeln

Bei einer Risikoanalyse helfen Entscheidungsbäume, um unterschiedliche Entwicklungen und Prognosen für die Zukunft darzustellen und die Folgen, die damit jeweils verbunden sind, sichtbar zu machen. Dabei schätzen Sie die Wahrscheinlichkeiten ein, mit denen einzelne Folgen und Wirkungen eintreten. Sie berechnen dann Erwartungswerte und Extremwerte für Ihre Handlungsoptionen und können so erkennen:

  • Welche Folgen hat es, wenn Sie sich für eine Alternative entscheiden?
  • Welche Folgen sind damit verbunden? Zum Beispiel auf betriebswirtschaftliche Kennzahlen?
  • Wie hoch sind die Erwartungswerte für die entsprechenden Kennzahlen?

Nutzen Sie die beiden folgenden Excel-Vorlagen, um Ihre Entscheidungsbäume zu entwickeln und um Erwartungswerte auf der Grundlage Ihrer Annahmen und Wahrscheinlichkeiten zu berechnen.

Maßnahmen aus der Risikoanalyse ableiten

Spielen Sie mit der Risikoanalyse mehrere Szenarien durch:

  • Welche Erkenntnisse gewinnen Sie daraus?
  • Welche Kombination wäre für Sie erstrebenswert?
  • Was müssen Sie bei der Umsetzung dann beachten?
  • Welche Ziele wollen Sie sich und Ihrem Team für die Umsetzung vorgeben?

In einem Maßnahmenplan halten Sie fest, worauf Sie bei der Umsetzung nach der Entscheidung achten müssen. So sorgen Sie dafür, dass Sie auch tatsächlich die Ergebnisse erreichen, die Sie Ihren Überlegungen als wahrscheinlich zugrunde gelegt haben.

Dazu im Management-Handbuch

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