Conjoint-Analyse durchführenWas ist eine Conjoint-Analyse – am Beispiel erklärt

Conjoint-Analysen gelten als wirkungsvollste Methoden, um Kundenpräferenzen zu messen und Kaufverhalten zu prognostizieren. Ein Beispiel zeigt, wie Conjoint-Analysen funktionieren und wie Sie dabei vorgehen können.

Ziel und Zweck einer Conjoint-Analyse

Die Conjoint-Analyse oder Conjoint Measurement ist eine im Rahmen der Marktforschung und Kundenanalyse häufig eingesetzte Methode, um Kundenwünsche genauer zu erfassen und Kaufverhalten zu prognostizieren. Insbesondere lassen sich damit einzelne Produktmerkmale mit einem quantitativen Nutzwert für den Kunden verknüpfen, es kann die Preis-Absatz-Funktion für ein Produkt ermittelt und die Zahlungsbereitschaft und Preiselastizität können bestimmt werden.

Kunden erhalten im Rahmen einer Befragung Produkte zur Auswahl, die sich in einzelnen Merkmalen und im Preis unterscheiden. Sie sollen diese Produkte vergleichen und sagen, welches sie kaufen würden. Dann wird durch eine statistische Auswertung der Teilnutzen der einzelnen Produktmerkmale und des Preises berechnet. Damit lassen sich weiterführende Analysen betreiben, die für das Marketing sehr hilfreich sind.

Stichwort

Conjoint-Analyse

Die Conjoint-Analyse ist eine multivariate Methode der Marktforschung, die sich seit den 1980er-Jahren im Marketing etabliert hat. Der Begriff ist aus „Considered Jointly“ abgeleitet. Denn bei dieser Methode soll ein Proband (Kunde) mehrere Produktmerkmale gleichzeitig miteinander vergleichen und dann eine Präferenz ausdrücken. Daraus werden mithilfe der multivariaten Statistik Teilnutzen der einzelnen Produktmerkmale und des Produktpreises sowie der Gesamtnutzen des Produkts berechnet.

Die Conjoint-Analyse wird auch als Conjoint Measurement oder Conjoint Methode bezeichnet. Es gibt mehrere Varianten der Conjoint-Analyse. Beispiele sind: Discrete Choice Modeling (DCM), Choise Based Conjoint (CBC), Constant Sum Conjoints (CSC), Adaptive Conjoint-Analyse (ACA) sowie Adaptives Choice-Based-Conjoint (ACBC).

Warum werden Conjoint-Analysen durchgeführt

Kunden können im Allgemeinen nicht in Zahlen ausdrücken, wie wichtig ein Produktmerkmal für sie ist oder welchen Preis sie für ein Produkt bezahlen würden. Denn sie können Produkte nur im Vergleich mit alternativen Produktangeboten und Preisen und als Ganzes beurteilen. Erst beim Kauf zeigt sich, welches Produkt sie tatsächlich auswählen. Dabei vergleichen Sie mehrere Produktmerkmale und den Preis der alternativen Produktangebote implizit und im Ganzen, nicht durch das bewusste Aufrechnen einzelner Teilnutzen. Die Bewertung von Produkten, Produktmerkmalen und Nutzen ist also immer relativ.

Weil die Bewertung für den Kunden so schwierig ist, ist eine direkte Kundenbefragung oft nicht möglich. Oder sie liefert Ergebnisse, die für Marketingentscheidungen nicht brauchbar sind. Deshalb werden Kunden indirekt befragt. Dazu werden möglichst reale Kaufsituationen entwickelt: Ein Kunde vergleicht zwei alternative Produkte, die er grundsätzlich kaufen würde, und entscheidet sich dann für eines der beiden. Das bildet die Conjoint-Analyse nach. Die Methode erlaubt dann bessere Antworten als die direkte Befragung auf Fragen wie:

  • Welches Produktmerkmal ist für den Kunden am wichtigsten?
  • Welche Bedeutung hat der Preis eines Produkts?
  • Welchen zusätzlichen Preis würde der Kunde bezahlen, wenn er dafür ein spezielles Produktmerkmal bekäme?

Mithilfe dieser Form der Kundenbefragung und der Conjoint-Analyse können weitere für das Marketing wichtige Parameter für ein einzelnes Produkt und für Märkte berechnet oder ermittelt werden. Das sind zum Beispiel:

  • Preiselastizität
  • Preis-Absatzfunktion
  • Marktanteil
  • Unique Selling Proposition (USP)

Mit solchen Parametern können bessere Entscheidungen für die Produktentwicklung, Produktdifferenzierung und Preisdifferenzierung getroffen werden. Die Ergebnisse der Conjoint-Analyse können so interpretiert werden, dass das Produktmanagement seine Produkte verbessern und für die Zielgruppe optimieren kann. Insbesondere für das Preismanagement liefert das Conjoint Measurement wichtige Erkenntnisse.

Beispiel für eine Conjoint-Analyse

Der Hersteller von Waschmaschinen möchte mit der Conjoint-Analyse ermitteln, welche Produktmerkmale für seine Zielgruppe (bestehende und potenzielle Kunden) besonders wichtig sind und welche Zahlungsbereitschaft diese Zielgruppe hat. Als Zielgruppe hat der Hersteller im Rahmen seiner Marketingstrategie die junge Familie mit vier Personen in einem Haushalt im Fokus. Dazu bittet er Probanden dieser Zielgruppe mehrere Waschmaschinen-Modelle zu vergleichen und anzugeben, welches Modell sie kaufen würden.

Die Produktmanagerin möchte insbesondere wissen, wie wichtig der Zielgruppe eine automatische Waschmittel-Dosierung ist und welchen zusätzlichen Preis sie dafür bezahlen würde. Sie weiß aufgrund von Kundenbefragungen und Gesprächen mit Verkäufern, dass die Produktmerkmale Fassungsvermögen und Energieeffizienz dieser Zielgruppe besonders wichtig sind. Sie entscheidet sich außerdem für die Variante der Choised Based Conjoint-Analyse, da diese Methode für ihre Fragestellungen ausreicht und für die Probanden eine kurze Befragungszeit bedeutet.

Die Produktmanagerin lässt folgende Produktmerkmale im Rahmen der Conjoint-Analyse vergleichen (siehe Tabelle 1):

Tabelle 1: Produktmerkmale und mögliche Ausprägungen einer Waschmaschine

Bei vier Variablen mit den jeweiligen Ausprägungen lassen sich 54 Waschmaschinen-Modelle vergleichen. Daraus wählt die Produktmanagerin 8 Möglichkeiten aus und legt diese ihren Probanden zum Vergleich vor. Die Probanden wurden zufällig aus der Zielgruppe ausgewählt. Es handelt sich um Männer und Frauen zwischen 30 und 40 Jahren, die sich in ihrem Familienhaushalt um die Wäsche kümmern und die zwei Kinder zwischen 0 und 15 Jahren haben.

Jeder Proband soll immer zwei Waschmaschinen-Modelle miteinander vergleichen und angeben, welches er kaufen würde. Die folgende Abbildung 1 zeigt zwei zur Auswahl vorgelegte Modelle.

Abbildung 1: Paarweiser Vergleich zweier Waschmaschinenmodelle

Nachdem alle Probanden aus der Zielgruppe ihre Entscheidungen getroffen und die Präferenzen angegeben haben, werden diese Ergebnisse statistisch ausgewertet. Dafür nutzt die Produktmanagerin eine spezielle Software, die für jeden einzelnen Probanden die Teilnutzenwerte der einzelnen Produktmerkmale und des Preises ermittelt. Indem die Teilnutzen für jeden Probanden einzeln ermittelt werden, kann die Produktmanagerin Unterschiede in der Zielgruppe erkennen. Das lässt sich später im Marketing für eine Produktdifferenzierung oder Preisdifferenzierung nutzen.

Das Ergebnis der statistischen Analyse für einen Proband zeigt die folgende Abbildung 2.

Abbildung 2: Teilnutzenwerte aus der Conjoint-Analyse für einen Probanden

Daraus lässt sich erkennen, dass das Waschmaschinen-Modell A mit einem Fassungsvermögen von 8kg, einer Funktion zur Waschmittel-Dosierung, einem Energieverbrauch von 140kWh/Jahr und einem Preis von 700 Euro für diesen Probanden den Gesamtnutzen von 19 Nutzwert-Einheiten erzeugt. Würde die Dosiermöglichkeit wegfallen, wäre sein Gesamtnutzen 15 Einheiten.

Das wichtigste Merkmal ist das Fassungsvermögen, da hier die Spannweite der Teilnutzenwerte am größten ist. Sie ist ein Maß für die Wichtigkeit, den ein Produktmerkmal am Gesamtnutzen hat. Der Preis hat für den Proband die Wichtigkeit 6 als Differenz des maximalen Nutzens (7) und des minimalen (1). Der relative Nutzenanteil lässt sich dann leicht ermitteln als Anteil der absoluten Wichtigkeit des Produktmerkmals an der Summe aller Spannweiten. In diesem Fall (Tabelle 2):

Tabelle 2: Wichtigkeit einzelner Produktmerkmale einer Waschmaschine für einen Teilnehmer der Conjoint-Analyse

Die Produktmanagerin kann erkennen, was eine Dosiereinheit diesem Probanden wert ist. Sie erkennt aus den Ergebnissen: 100 Euro Preisunterschied entsprechen 3 Nutzeneinheiten. Eine Dosiereinheit bringt diesem Probanden 4 Nutzeneinheiten. Das entspricht 133 Euro. Eine Waschmaschine mit 8 kg Fassungsvermögen ist dem Probanden im Vergleich zu einer mit 6 kg um 267 Euro wertvoller. Eine weitere Steigerung des Fassungsvermögens um 2 kg bringen aber nur noch 67 Euro Wertzuwachs.

Im Anschluss kann die Produktmanagerin aus diesen Ergebnissen weitere für das Marketing wichtige Stellhebel ermitteln. Sie kann beispielsweise eine Preis-Absatz-Funktion ableiten oder mögliche Marktanteile für ein bestimmtes Waschmaschinen-Modell zu einem festgelegten Preis abschätzen. Dazu mehr in den folgenden Abschnitten dieses Handbuch-Kapitels.

Vorgehensweise bei der Conjoint-Analyse

Das Beispiel sollte deutlich machen, wie beim Conjoint Measurement und der Conjoint-Analyse vorgegangen wird. Die einzelnen Schritte sind:

1. Produkt festlegen

Hierbei sollte es sich um ein Produkt handeln, das die Zielgruppe kennt oder das sie beurteilen kann. Völlig neue Produkte, mit denen die Zielgruppe keine Erfahrungen hat, können kaum mit der Methode beurteilt werden. Entsprechendes gilt auch für Dienstleistungen, wenn diese nicht standardisiert, sondern sehr individuell sind.

2. Produktmerkmale ermitteln

Im Rahmen der Choised Base (CBC) Conjoint-Analyse können meistens nur wenige Produktmerkmale untersucht werden. Denn die Probanden aus der Zielgruppe können nur eine beschränkte Anzahl von Merkmalen gleichzeitig betrachten und berücksichtigen. Zu viele Merkmale überfordern die Probanden. Ein Merkmal, das immer in die Betrachtung einbezogen wird, ist der Preis des Produkts. Welche Produktmerkmale ausgewählt werden, hängt davon ab, welche Marketingaufgabe damit verbunden ist.

3. Ausprägungen festlegen

Genauso sollte die Zahl der Ausprägungen je Produktmerkmal nicht zu groß sein. Ist das der Fall, kann ein Proband die einzelnen Alternativen nicht mehr richtig beurteilen; die Komplexität der Entscheidung ist für ihn zu hoch. Außerdem haben Studien gezeigt, dass Produktmerkmale mit vielen Ausprägungen anders bewertet werden, als solche mit wenigen Ausprägungen. Die Zahl der Ausprägungen sollte also bei allen Merkmalen in etwa gleich sein.

4. Fragebogen entwickeln

Die Probanden sollen für unterschiedliche Produkt-Varianten – bezüglich der Produktmerkmale und ihrer Ausprägungen – eine Präferenz ausdrücken. Dazu erhalten Sie alternative Stimuli, die in einem Fragebogen abgebildet sind. In diesem Schritt muss festgelegt werden, wie diese Stimuli den Probanden präsentiert werden. Außerdem können im Fragebogen persönliche Merkmale des Probanden abgefragt werden (Alter, Familienstand etc.). Daraus ergeben sich die Inhalte, Aufbau und Gestaltung des Fragebogens.

5. Befragung und Erhebung planen und durchführen

Im nächsten Schritt werden aus der Zielgruppe zufällig Probanden ausgewählt, die an der Befragung teilnehmen sollen. Zielgruppe sind meistens die Menschen, die als Kunden für das Produkt infrage kommen. Welche das sind, ist als strategische Marketingentscheidung vorab zu bestimmen. Meistens wird die Conjoint-Analyse mit einer Stichprobe aus dieser Grundgesamtheit durchgeführt. Hier muss darauf geachtet werden, dass Auswahl und Größe der Stichprobe später auch zu zuverlässigen Ergebnissen führen. Die Befragung der Probanden kann am Computer oder auf Papier sowie persönlich oder online durchgeführt werden.

6. Teilnutzenwerte und Präferenzfunktionen berechnen

Die ausgefüllten Fragebögen sind eine Sammlung von Präferenzentscheidungen. Diese werden statistisch ausgewertet. Grundlage sind Verfahren der multivariaten Statistik wie die Maximum-Likelihood-Methode oder Hierarchical Bayes Schätzalgorithmen. Je nachdem, wie der Fragebogen gestaltet und die Befragung durchgeführt wurde, und je nachdem, welches statistische Modell zur Schätzung verwendet wurde, lassen sich Teilnutzen eines Probanden, aggregierte Nutzen und Präferenzfunktionen angeben. Für diese Berechnungen wird spezielle Software eingesetzt.

7. Ergebnisse interpretieren und nutzen

Nachdem die Ergebnisse der statistischen Analyse mit entsprechenden Schätzwerten für Nutzwerte berechnet sind, lassen sich diese für einzelne Marketingfragestellungen verwenden. Dazu zählen beispielsweise: Was ist das wichtigste Produktmerkmal? Um welchen Wert (in Euro) übersteigt eine Ausprägung eines Produktmerkmals eine andere? Was ist also ein bestimmtes Produktmerkmal den Kunden wert? Wie sieht die Preis-Absatz-Funktion aus? Welche Marktanteile lassen sich mit einem bestimmten Produktpreis erzielen?

8. Marketingentscheidungen ableiten und umsetzen

Die Antworten auf diese Fragen, die die Conjoint-Analyse liefert, können dann für Marketingentscheidungen herangezogen werden. So kann der Preis eines Produkts festgelegt werden. Oder es kann entschieden werden, in welcher Ausprägung ein Produktmerkmal im Produkt realisiert und am Markt angeboten wird. Zudem können sich Möglichkeiten zur Produktdifferenzierung und zur Preisdifferenzierung zeigen. Die Zielgruppe wird dann in Teilzielgruppen aufgeteilt (Kundensegmentierung).

In den folgenden Abschnitten dieses Handbuch-Kapitels wird diese Vorgehensweise im Rahmen der Conjoint-Analyse im Einzelnen erläutert. Die folgende Abbildung 3 zeigt sie in der Übersicht.

Abbildung 3: Übersicht zur Vorgehensweise bei der Conjoint-Analyse
Praxis

Die Durchführung einer Conjoint-Analyse ist mit einigem Aufwand verbunden. Deshalb sollten Sie vorab klären: Welche Fragestellungen und Aufgaben im Marketing können in Ihrem Fall mit der Conjoint-Analyse bearbeitet werden? Beziehen Sie sich dabei auf ein konkretes Produkt und die Zielgruppe, für die dieses Produkt gedacht ist. Mögliche Fragen sind:

  • Soll ein Produktmerkmal, eine Funktion oder Eigenschaft, in das Produkt eingebaut und am Markt angeboten werden?
  • Welcher höhere Preis könnte damit von der Zielgruppe akzeptiert werden?
  • Welche Produkt-Varianten sollen am Markt angeboten werden?
  • Wodurch lassen sich Teilzielgruppen unterscheiden und individuell ansprechen?
Tipp

Wie Sie mehr über Ihre Kunden und Märkte erfahren

Grundlage für die Conjoint-Analyse sind Informationen über Ihre Kunden und zu den Märkten, auf denen Sie Ihr Produkt anbieten (wollen). Daraus können Sie wichtige Marketingfragen und Differenzierungsmerkmale für Ihre Produkte ableiten, die Sie mit der Conjoint-Analyse testen. In den Handbuch-Kapiteln zu Marktanalyse, Kundenanalyse und Kundensegmentierung erfahren Sie, wie Sie diese vorbereitenden Informationen ermitteln.

Erarbeiten Sie dann einen Plan, wie Sie im Rahmen der Conjoint-Analyse vorgehen wollen. Orientieren Sie sich dabei an den einzelnen Arbeitsschritten, wie sie in diesem Abschnitt vorgestellt wurden:

  1. Produkt festlegen, für das eine Conjoint-Analyse durchgeführt werden soll
  2. Produktmerkmale ermitteln, die untersucht werden sollen
  3. Ausprägungen festlegen für jedes einzelne Produktmerkmal
  4. Fragebogen entwickeln
  5. Befragung und Erhebung planen und durchführen
  6. Teilnutzenwerte und Präferenzfunktionen berechnen
  7. Ergebnisse interpretieren und nutzen für spezielle Marketingfragestellungen
  8. Marketingentscheidungen ableiten und umsetzen

Nutzen Sie für Ihre Planung die folgenden Vorlagen:

Entwickeln Sie einen Zeitplan (Balkenplan, Gantt-Diagramm), um Ihr Projekt zur Conjoint-Analyse durchzuführen.

In den folgenden Abschnitten dieses Handbuch-Kapitels sind die einzelnen Schritte und die Aufgaben zur Conjoint-Analyse im Detail erläutert. Dazu finden Sie Vorlagen und Berechnungs-Tools (Excel-Vorlagen), mit denen Sie Nutzwerte, Produktpreise und eine Preis-Absatz-Funktion berechnen können. Zunächst geht es darum, das zu testende Produkt festzulegen und die für das Produktmanagement und Marketing relevanten Fragen zu bestimmen.

Dazu im Management-Handbuch

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