Warum ist die Lieferantenauswahl wichtig?

Unternehmen brauchen Werkstoffe, Teile, Produkte und Dienstleistungen, um selbst Produkte herstellen und Dienstleistungen anbieten zu können. Sie beziehen diese Güter und Vorleistungen von Lieferanten oder Zulieferern.

Die Zusammenarbeit, die Partnerschaft und die gegenseitige Verlässlichkeit zwischen einem Lieferanten und seinem Abnehmer (Kunde) können im Wettbewerb entscheidend sein. Das zeigt sich vor allem dann, wenn eine Lieferung plötzlich ausbleibt und beim Kunden die Produktion stillsteht.

Wie werden Lieferanten nach Wichtigkeit unterschieden?

Dabei spielt nicht jeder Lieferant eine gleich wichtige Rolle. Manche liefern entscheidende Zutaten, Rohstoffe, Teile oder Baugruppen oder erbringen strategische Dienstleistungen. Andere liefern einfache Standardteile und sind leicht austauschbar.

Deshalb ist es eine wichtige Aufgabe der Lieferantenbewertung, alle Lieferanten nach ihrer Wichtigkeit zu bewerten und einer entsprechenden Kategorie zuzuordnen. Jede Kategorie wird dann im Rahmen des Lieferantenmanagements anders behandelt.

Beispiel: Lieferanten für die Gastronomie

Jeder Küchenchef ist darauf angewiesen, dass seine Lieferanten die Lebensmittel in der erwarteten Menge und Qualität und zum vereinbarten Termin und verhandelten Preis liefern. Stimmt die Qualität nicht, beschweren sich die Gäste und bleiben vielleicht sogar weg.

Für jeden Koch, der etwas auf die Qualität seiner Speisen hält, ist das eine Katastrophe. Der Küchenchef wird mit dem Fischhändler eine enge Beziehung pflegen, weil die Frische des Fisches für die Qualität seiner Küche entscheidend ist. Das Salz ist ein Standardprodukt. Aber: manchmal ist auch das Salz die entscheidende Zutat für ein perfektes Essen.

Definition: Lieferantenbewertung, Lieferantenauswahl, Lieferantenmanagement

Für welche Zutaten, Teile oder Komponenten seines Leistungsangebots ein Unternehmen auf Lieferanten setzt, welche Kompetenzen diese brauchen, wer die besten Partner sind, wie die Zusammenarbeit zwischen Lieferant und Abnehmer gestaltet wird – das sind die wichtigen Aspekte der Lieferantenpolitik. Lieferantenbewertung, Lieferantenauswahl und Lieferantenmanagement sind die zentralen Bausteine.

Mit der Lieferantenbewertung stellt der Abnehmer Kriterien zusammen, die für die erfolgreiche Zusammenarbeit wichtig sind. Mögliche Lieferanten oder Zulieferer werden anhand dieser Kriterien verglichen und bewertet.

Mit der Lieferantenauswahl wird die vertragliche Grundlage geschaffen für die zukünftige Zusammenarbeit zwischen ausgewählten Lieferanten und Abnehmer. Dabei kann der Abnehmer mit mehreren Lieferanten gleichzeitig eine Beziehung aufbauen, um Abhängigkeiten und Ausfallrisiko zu verringern.

Mit dem Lieferantenmanagement wird die Zusammenarbeit regelmäßig überprüft und Verbesserungen werden umgesetzt. Bei Bedarf werden Lieferanten auch ausgetauscht.

Prozess zur Lieferantenauswahl

Die Lieferantenauswahl ist ein wichtiger, in manchen Branchen sogar ein erfolgskritischer Prozess für den Abnehmer. Dieser Prozess muss definiert und immer wieder überprüft und angepasst werden. Die wichtigen Prozessschritte der Lieferantenauswahl sind:

  1. Bedarfe bestimmen: Was wird selbst hergestellt? Was können Lieferanten besser? Was soll von Lieferanten beschafft werden? (Eigenfertigung oder Fremdbezug)
  2. Erfolgsfaktoren festlegen: Welche Kriterien sind für die Auswahl des besten Lieferanten wichtig? Worauf kommt es bei der Zusammenarbeit an?
  3. Kandidaten identifizieren: Wer steht als möglicher Lieferant zur Verfügung? Was sind deren Stärken und Schwächen? Wer kann das Unternehmen am besten unterstützen?
  4. Lieferant bewerten: Wer erfüllt die Kriterien und Anforderungen am besten? Wie sieht das Leistungsprofil des Lieferanten aus?
  5. Lieferant auswählen: Mit welchen Lieferanten will man in Zukunft zusammenarbeiten? Braucht es für erfolgskritische Teile mehrere Lieferanten, die sich ersetzen können? Wie wird das Einkaufsbudget auf die ausgewählten Lieferanten aufgeteilt?
  6. Vertrag schließen: Welche Regelungen und Vertragsbedingungen sind relevant? Was wird im Einzelnen vereinbart, damit Menge, Qualität, Liefertermin und Preis auf Dauer stimmen?
  7. Zusammenarbeit gestalten: Wie funktioniert die Lieferung der Produkte oder Dienstleistungen und wie kann sie verbessert werden?

Kriterien für die Bewertung von Lieferanten

Die Lieferantenbewertung ist bei der Lieferantenauswahl ein wichtiger Teilprozess. Auf der Grundlage der verfügbaren Informationen müssen die betroffenen Fachabteilungen die Leistungsfähigkeit, die Stärken und die Schwächen der potenziellen Lieferanten einschätzen.

Deshalb arbeiten Entwicklung, Produktion, Materialwirtschaft, Produktmanagement und Produktionsplanung mit der Abteilung Einkauf bei der Lieferantenbewertung eng zusammen. Für die Lieferantenbewertung müssen insbesondere folgende Kriterien beachtet werden:

  • Qualität der gelieferten Produkte, Dienstleistungen und ergänzende Services
  • Lieferkompetenzen bezüglich Liefermenge, Liefertermin und Flexibilität
  • Preis der eingekauften Produkte und Dienstleistungen sowie die damit verbundenen Total Cost of Ownership
  • Risiko eines Lieferantenausfalls
  • Vertrauen und Verlässlichkeit bei der Zusammenarbeit
  • Abhängigkeit des Abnehmers vom Lieferanten

Begriffe rund um Einkauf und Beschaffung

Die Art der Zusammenarbeit mit Lieferanten ergibt sich insbesondere aus der Art des Produkts und der Dienstleistung, die ein Unternehmen von einem Lieferanten einkauft. Folgende Begriffe werden im Rahmen der Beschaffung und des Lieferantenmanagements verwendet:

  • Güter oder Vorleistungen: Sammelbegriff für alle materiellen Produkte (Sachgüter) und immateriellen Produkte (Dienstleistungen), die ein Unternehmen nicht selbst herstellt, sondern von Lieferanten kauft.
  • Rohstoffe: unbearbeitete Materialien oder Inhaltsstoffe, die in ein Produkt in einem definierten Mengenverhältnis eingehen.
  • Hilfsstoffe: bearbeitete oder unbearbeitete Materialien oder Inhaltsstoffe, die in ein Produkt in einem nicht definierten Mengenverhältnis eingehen.
  • Betriebsstoffe: Rohstoffe, Teile oder Hilfsstoffe, die bei der Herstellung benötigt werden, aber nicht in das Produkt eingehen.
  • Teile: bearbeitete oder vorgefertigte Materialien, Komponenten oder Baugruppen, die in ein Produkt in einem definierten Mengenverhältnis eingehen.
  • Investitionsgüter: langlebige Produkte, die für die Produktion, Lagerung, Verwaltung oder Planung in einem Unternehmen über mehrere Jahre hinweg genutzt werden (zum Beispiel Maschinen, Computer, Lagerregale).
  • Dienstleistungen: alle immateriellen Güter wie Informationen, Personen, Beratung, Lizenzen.
  • Waren oder Handelswaren: Produkte, die von einem Lieferanten gekauft und unverändert gemeinsam mit dem selbst hergestellten Produkt weiterverkauft werden (zum Beispiel Pflegemittel).

Ziele der Lieferantenauswahl und des Lieferantenmanagements

Wertschöpfungskette (Supply Chain) optimieren

In der Lieferkette und Wertschöpfungskette stecken wichtige Erfolgspotenziale für jedes Unternehmen. Hier werden Qualität, Lieferzeiten und Kosten für Produkte maßgeblich festgelegt.

Bei der Planung und Optimierung der sogenannten Supply Chain kommt es deshalb auf die Auswahl der besten Partner an. Reicht die Leistungsfähigkeit des Lieferanten nicht aus, nimmt die gesamte Wertschöpfungskette Schaden. Sie funktioniert nur, wenn der Lieferant die Anforderungen zuverlässig erfüllt und in den überbetrieblichen Materialflussprozess eingebunden werden kann.

Qualitätsmanagement verbessern

Im Rahmen des Qualitätsmanagements und der Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001 ist eine Lieferantenbewertung explizit gefordert. Dort heißt es in Kapitel 8.4:

„Die Organisation muss Kriterien für die Beurteilung, Auswahl, Leistungsüberwachung und Neubeurteilung externer Anbieter bestimmen und anwenden, die auf deren Fähigkeit beruhen, Prozesse oder Produkte und Dienstleistungen in Übereinstimmung mit den Anforderungen bereitzustellen.“

Damit sind Sie und Ihr Unternehmen in der Pflicht, Lieferanten aufgrund ihrer Leistungen zu bewerten und auszuwählen.

Kosten senken

Der Aufwand, den eine Lieferantenbewertung und der Prozess der Lieferantenauswahl mit sich bringen, lohnt sich. Er ist dadurch gerechtfertigt, dass Kosten für Lagerhaltung, Wareneingangsprüfungen, Nachbesserungen, Reklamationen oder gar Produktrückrufe erheblich reduziert oder sogar ausgeschlossen werden können.

Gute Lieferanten übernehmen wichtige Funktionen für ihre Kunden. Das kann so weit reichen, dass sie komplette Prozesse übernehmen (zum Beispiel Lagerhaltung, Vormontage). Im Idealfall arbeiten beide Partner eng zusammen, sodass die Kosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette reduziert werden können.

In der Lieferkette steckt oft großes Rationalisierungspotenzial, das mit der richtigen Lieferantenauswahl erschlossen werden kann.

Compliance und Image beachten

Schließlich spielen auch rechtliche Aspekte, Werte und das Image eines Unternehmens bei der Zusammenarbeit eine wichtige Rolle. Lieferanten, die geltende Normen oder Erwartungen der Verbraucher nicht erfüllen, schaden dem Image ihrer Kunden.

Schon manche Unternehmen sind ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, weil sie mit Lieferanten zusammenarbeiten, die beispielsweise auf Kinderarbeit setzen und für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine sozialen Standards oder faire Bezahlung haben. Bekannt für solche Probleme mit Lieferanten ist die Textilbranche.

Aufgaben und Fragestellungen zur Lieferantenbewertung und Lieferantenauswahl

Bei der Lieferantenbewertung, der Lieferantenauswahl und der Optimierung der Zusammenarbeit sind in jedem einzelnen Prozessschritt zahlreiche Aufgaben zu erfüllen. Im Einzelnen sollten Sie im Rahmen der Lieferantenbewertung und Lieferantenauswahl folgende Fragen klären:

  • Welche Rolle, Funktionen und Aufgaben sollen Ihre Lieferanten übernehmen?
  • Welche Anforderungen haben Sie deshalb an Ihre Lieferanten? Was sollen sie grundsätzlich leisten?
  • Wie kann der Prozess der Lieferantenbewertung und der Lieferantenauswahl für Ihr Unternehmen aussehen?
  • Welche Bewertungskriterien können dabei maßgeblich sein?
  • Welche Methoden helfen bei der Leistungsbeurteilung von Lieferanten?
  • Wie kann die Partnerschaft mit ausgewählten Lieferanten nachhaltig und dauerhaft gestaltet und verbessert werden?

Im ersten Schritt kann Ihr „Prozess der Lieferantenbewertung und Lieferantenauswahl“ im Rahmen eines Projekts entwickelt werden. Wenn der Prozess festgelegt ist und funktioniert, kann er als ein etablierter Standardprozess im Unternehmen verankert werden.

Praxis

Bestandsaufnahme: Wie wählen Sie Ihre Lieferanten aus?

Prüfen Sie die bisherige Praxis der Lieferantensuche, Lieferantenbewertung und Lieferantenauswahl in Ihrem Unternehmen:

  • Welche Arten von Lieferanten sind für Ihr Unternehmen wichtig?
  • Welche Kriterien sind für die Lieferantenauswahl maßgeblich?
  • Welche Lieferanten sind für Sie erfolgsentscheidend?
  • Wie gestalten Sie bislang die Zusammenarbeit mit den Lieferanten?
  • Wie ist die Zusammenarbeit mit den erfolgsentscheidenden Lieferanten?
  • Wo sehen Sie Verbesserungspotenzial?
  • Welche Aktivitäten im Rahmen der Lieferkette und des Supply-Chain-Managements sollte Ihr Unternehmen aus Ihrer Sicht unbedingt angehen?
  • Für welche Lieferanten sollten Sie eine Risikoanalyse durchführen im Sinne des Lieferkettengesetzes?

Legen Sie die Strategien fest, die für Ihre Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Lieferanten wichtig sind – je nach Bedeutung der bezogenen Produkte oder Dienstleistungen.

Sammeln Sie mit der folgenden Vorlage die dabei notwendigen Informationen und beschreiben Sie Ihre bisherige Strategie der Lieferantenpolitik mit Lieferantenbewertung, Lieferantenauswahl und Lieferantenmanagement.

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