Agiles FührenDrei Ansätze zur Verbesserung der Teamleistung
Wie rüsten sich Unternehmen für die Zukunft und wie überstehen sie Turbulenzen im Wirtschaftsgeschehen? Entscheidend dafür sind die geistige Beweglichkeit in den Führungsetagen und die Fähigkeit, sich neuen Herausforderungen anzupassen sowie sie im besten Fall vorwegzunehmen. Drei große Handlungsfelder kennzeichnen Führungshandeln:
Wie führt die Führungskraft ihr Team?
Wie geht sie mit Veränderungserfordernissen und Change-Prozessen im Unternehmen um?
Wie führt sie wichtige bilaterale Gespräche mit Mitarbeitern oder Stakeholdern?
Führung als Fachmann, Stratege oder Förderer
Entwicklungspsychologen entdeckten: Unabhängig von der Lebensphase verfeinern und erweitern Menschen ihre rationalen und emotionalen Fähigkeiten, um den wachsenden Anforderungen ihres Umfelds gerecht zu werden. Dies gilt auch für Führungskräfte. In umfangreichen Untersuchungen von Führungsverhalten hat der US-amerikanische Berater und Universitätsdozent Bill Joiner drei Ebenen herausgearbeitet, die für Organisationen relevant sind:
Fachmann („Expert“)
Glaubt an die Überzeugungskraft der besten Lösungen.
Leistungsorientierter Stratege („Achiever“)
Glaubt an die Motivationskraft herausfordernder Ziele und Projekte.
Entwickler, Förderer, Visionär („Catalyst“)
Sieht sich vorrangig als Entwickler und Förderer von Fähigkeiten seiner Mitarbeiter und der gesamten Organisation.

Vier Arten von Führungsagilität
Das Denken und Handeln der drei Führungstypen spiegelt sich in vier Arten der Führungsagilität, die beim Bespielen der drei oben genannten Handlungsfelder relevant sind:
- Richtungsweisendes und kontextbezogenes Führungshandeln
- Kreatives und lösungsorientiertes Führungshandeln
- Stakeholder-orientiertes Führungshandeln
- Fähigkeit zur Selbstführung und -entwicklung
Dabei sind wiederum drei Aspekte entscheidend:
- Keiner der Denk- und Verhaltensstile ist generell richtig oder falsch.
- Es geht nicht darum, ein Verhalten durch das andere zu ersetzen, sondern passend zur jeweiligen Situation zu agieren.
- Jeder Reifegrad des Führens integriert die Fähigkeiten des vorhergehenden und verbindet diese mit tiefer gehenden Erkenntnissen.
Je komplexer sich Wirtschaftsgefüge darstellen und je dynamischer die Entwicklung verläuft, desto stärker bedarf es jedoch Führungstyps des Entwicklers, Förderers und Visionärs.
Die Führungskraft als bester Sachbearbeiter im Team
Viele Stellenanzeigen enthalten den Hinweis auf die Teamfähigkeit des Bewerbers. Wie aber sieht es mit gezielten Anforderungen an die Teamleitung aus? Zwar ist eine fachliche Basis für die Aufgabe des Teamleiters wünschenswert und hilfreich, doch interpretiert ein Mitarbeiter, der für seine ausgeprägte Fachkompetenz mit einer Führungsaufgabe belohnt wird, dieses Signal meist falsch. Fachmänner beziehen ihr Selbstwertgefühl überwiegend aus ihrer Expertise und eine Beförderung verstärkt dieses Empfinden. So ist die Versuchung groß, sich die Sicherheit für die neue Rolle ebenfalls im Fachwissen zu holen. Eine solche Führungskraft wird dann zum besten Sachbearbeiter in ihrem Team.
Wie aber steht es um die weitergehenden Herausforderungen einer Führungskraft? Inspiriert der Teamleiter seine Leute? Gelingt es ihm, Mitarbeiter mit unterschiedlichen Hintergründen und Ideen für eine Sache zu begeistern? Die Art, wie eine Führungskraft ein Team führt und die Teamleistung verbessern möchte, verrät viel über den Menschen dahinter und seine innere Einstellung zu seinen Mitarbeitern, zur Funktion eines Teams und seinem Verständnis von Führung.
Der Fachmann delegiert und kontrolliert
Ein Fachmann denkt eher in funktionalen Silos, weniger in funktionsübergreifender Teamarbeit. Für diesen Führungstyp zählt in erster Linie, was in der jeweiligen Fachabteilung geleistet wird. Er verhält sich ähnlich einem Aufseher, der die korrekte fachbezogene Arbeit überwacht. Es geht ihm weniger um den Prozess der Teamarbeit an sich. Eine Vernetzung verschiedener Fachrichtungen, etwa der IT mit der Kommunikationsabteilung, hat ein Fachmann kaum im Fokus.
Fachmänner sind fachlich stark eingebunden in die Arbeit ihrer Mitarbeiter und treffen sich mit Teammitgliedern am liebsten unter vier Augen. Kommunikation findet zumeist bilateral statt. Gruppensituationen sowie das Geben und Nehmen von Feedback meiden sie eher. Meetings dienen für Fachmänner vor allem der Informationsweitergabe, das heißt wichtige Themen lösen sie in Einzelgesprächen. Für Fachmänner steht die Entwicklung ihres Teams nicht an erster Stelle. Die Folge: Es entsteht meist eine Gruppe von Individuen, aber kein Team.
Der Fachmann vertraut in erster Linie auf sein eigenes Fachwissen. Ein Glaubenssatz lautet: Führung wird aufgrund fachlicher Expertise per se respektiert und befolgt. Ein beobachtbares Verhalten ist hier zum Beispiel eine detaillierte Delegation durch Vorgabe und Kontrolle, das von einigen Mitarbeitern im Extremfall als fachliche Entmündigung erlebt wird. Hinter diesem Verhalten steckt die tief verwurzelte Überzeugung, dass er der Maßstab für richtiges Handeln ist. Der Impuls bei wichtigen Themen: „Ich mache es vielleicht doch besser selbst.“ Im Regelfall ist der Fachmann so in Fachprobleme eingebunden, dass ihm kaum Zeit bleibt, seine Rolle als Teamleiter strategisch anzugehen.
Der Stratege ordnet alles dem Ziel unter
Der Führungstyp „leistungsorientierter Stratege“ weiß, dass er das Team braucht, um seine Vorstellungen umzusetzen. In den Meetings werden wichtige Handlungsfelder besprochen und die Agenda im Dialog mit dem Team entwickelt. Strategen nutzen Meetings, um alle auf ihre Vorstellung von der Entwicklung des Unternehmens zu lenken. Strategen ist es im Vergleich zu Fachmännern weniger wichtig, wie Mitarbeiter ihre Arbeit erledigen. Für sie zählt das Ergebnis. Sie haben klare Vorstellungen, was ein gutes Ergebnis ist und kontrollieren dessen Qualität.
Strategen achten auch auf eine klare Zuordnung der Verantwortung für Ergebnisse. Sie formulieren strategische Ziele und stellen sicher, dass die richtigen Mitarbeiter die Themen treiben und die Prozesse der Erfüllung der definierten Ziele dienen. Dazu organisieren sie mit hoher Sozialkompetenz Einbeziehungsprozesse. Ziel dabei: Die Mitarbeiter für ihre jeweilige Aufgabe, die sie eigenverantwortlich lösen sollen, vorzubereiten. Das Bild, das Strategen von der Entwicklung des Unternehmens haben, bestimmt und begrenzt gegebenenfalls das Maß der Selbstentfaltung und Selbstorganisation seines Teams.
Ihre Sicherheit beziehen Strategen aus ihrer Leistungsstärke und Vorstellung von einem Thema oder einer Situation. Haben sie selbst keine Vorstellung, fällt es ihnen schwer, einen offenen Prozess zur Lösungsfindung zuzulassen. Gibt es definierte Ziele, ermuntern sie ihre Mitarbeiter für einen Wettstreit um die besten Ideen zur Zielerreichung. Ihr Glaubenssatz: Die Mitarbeit an der Zielerreichung motiviert ein Team.
Der Förderer holt das Beste aus dem Team heraus
Für den Förderer sind in erster Linie gegenseitiges Vertrauen, Zusammenarbeit, Kreativität und ehrliche Meinungsäußerung wichtig. Er unterstützt seine Mitarbeiter dabei, sich zu entwickeln und eigene Ideen zu kreieren. Der Förderer findet eine Balance zwischen Teamleitung und Moderation und erreicht so einen hohen Grad an Beteiligung und Einfluss im Team. Er vertraut darauf, dass sich während des Prozesses die Lösung ergeben wird.
Sein Ziel ist das partizipative Hochleistungsteam, in dem sich Fähigkeiten und Eigenschaften der Teammitglieder optimal ergänzen: Ein Teammitglied etwa organisiert besonders gern und packt die Dinge an. Ein zweites kontrolliert, ob auch alles richtig läuft. Ein drittes wiederum sprüht vor kreativen Ideen. Der Förderer arbeitet daran, solche Potenziale zu erkennen und im Interesse der gemeinsamen Sache einzusetzen.
Förderer suchen schwierige Themen und diskutieren darüber. Sie nutzen Teamentwicklung als Bestandteil von Führungskräfteentwicklung. Führungsteams in den oberen Bereichen der Organisation werden unter ihrer Leitung zum lebendigen Ideenlabor, das Werte vorlebt, um dieses Verständnis dann auch in die weniger hoch angesiedelten Bereiche und Teams zu transportieren. Förderer glauben, dass Führung eine inspirierende Vision vertreten sollte. Ihr Fokus liegt auf dem Zusammenzubringen der richtigen Mitarbeiter, um Visionen zu verwirklichen.