ArbeitsplatzAnspruch auf Hitzefrei?
Sommer, Sonne, Schwitzen – das Land stöhnt unter der Hitzewelle und in den Unternehmen laufen die Klimaanlagen heiß. Soweit denn welche vorhanden sind: Ansonsten kann die tägliche Arbeit, etwa im Büro oder in einem Produktionsbetrieb, zur Qual werden. Da stellt sich die Frage, ob es nicht so etwas wie hitzefrei für Arbeitnehmer gibt, analog zu den Regelungen für Schüler.
Nein, sagte jüngst ein Sprecher des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Arbeitsrechtlich gesehen gäbe es keine Regelung, die einen Arbeitsausfall wegen zu großer Hitze vorsieht. Christoph Schmitz-Scholemann, Sprecher des BAG in Erfurt gegenüber der Nachrichtenagentur dpa:
„Hitzefrei kommt in der gesamten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht vor.“
Anhaltspunkt Arbeitsstättenverordnung
Zudem fehlen eindeutige Vorschriften über zu hohe beziehungsweise auch zu niedrige Temperaturen an Arbeitsplätzen. Selbst im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) regelt § 618 lediglich die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitsplatz so einzurichten, dass für das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer keine Gefahr besteht. Konkreter wird da schon die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Sie regelt, dass in den Arbeitsräumen eine „gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur“ gewährleistet sein muss. Und die Arbeitsstättenrichtlinie nennt sogar eine Lufttemperatur in Arbeitsräumen von 26 Grad Celsius, die nicht überschritten werden soll. Nur in Ausnahmefällen – bei hoher Außentemperatur – darf die Lufttemperatur im Büro höher sein.
Für Probleme sorgt allerdings das Wörtchen „soll“. Rechtsexperten gehen davon aus, dass die Regelung dadurch unverbindlich bleibt. Für die „gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur“ müsse der Arbeitgeber nach Angaben des BAG allerdings Maßnahmen ergreifen, wie etwa das Anbringen von Rollos, das Bereitstellen von kühlen Getränken oder einen früheren Arbeitsbeginn.
Hinweis
Nach Angaben des BAG haben Arbeitsmediziner herausgefunden, dass die menschliche Arbeitsleistung mit jedem Grad höher als 22 Grad Celsius um fünf Prozent sinkt.
Unklare Rechtslage
Dass die Rechtslage im Falle von hohen Temperaturen am Arbeitsplatz alles andere als eindeutig ist, zeigt ein Fall, den das Oberlandesgericht Düsseldorf zu entscheiden hatte (Az. 24 U 194/96): Es gab einer Inhaberin eines Textilgeschäfts Recht, die ihren Mietvertrag fristlos kündigte, weil in den Räumen mehrfach die Marke von 26 Grad Celsius überschritten wurde.
Die Begründung der Inhaberin: Bei diesen Temperaturen könne sie ihre Pflichten als Arbeitgeberin nicht mehr gewährleisten. Das Gericht argumentierte, die Benutzung sei mit erheblichen Gefährdungen der Gesundheit verbunden. Die Raumtemperatur müsse mindestens sechs Grad unter der Außentemperatur liegen.
Neue Arbeitsstättenregeln
Immerhin: Am 23.06.2010 wurden durch das Arbeitsministerium unter anderem die neue ASR A3.5 Raumtemperatur veröffentlicht. Dadurch gilt ab sofort:
- Es gibt verbindliche Obergrenzen der tolerierbaren Raumtemperatur, die Mitarbeiter künftig einfordern können - unter Umständen muss der Arbeitgeber sogar Hitzefrei gewähren.
- Das Unternehmen muss Schutzmaßnahmen vor zu hohen Raumtemperaturen treffen, die sich aus der Gefährdungsbeurteilung heraus ableiten lassen und die ab sofort in Form organisatorischer, technischer oder baulicher Maßnahmen umgesetzt werden müssen.
- Zudem ist eine neue Methodik der Temperaturmessung verpflichtend.
Hier finden Sie die ASR A3.5 zum Herunterladen: http://www.baua.de/....pdf