ArbeitszeitWas man zu Überstunden wissen sollte

Die Anordnung oder auch die Vergütung von Überstunden sind ein heikles Thema. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sollten die wichtigen rechtlichen Regeln dazu kennen.

Ein zeitweise erhöhtes Auftragsvolumen, größerer Arbeitsanfall nach Produktionsstörungen oder saison- oder wetterbedingte Kundennachfrage: Überstunden stehen immer wieder im Fokus von Unternehmensentscheidungen. Dabei ist dieses Thema durchaus konfliktträchtig. Zum einen ist der Arbeitgeber daran interessiert, die erforderlichen Mehrleistungen möglichst problemfrei und kostengünstig auf die eigenen Mitarbeiter zu verteilen. Es sollen weder Kunden verärgert noch Zusatzkräfte aktiviert werden, die es oft auch gar nicht gibt. Zum anderen sind Arbeitnehmer in der Regel nicht zur Ableistung von Überstunden verpflichtet und auch nicht immer in der Lage, außerhalb ihrer festgelegten Arbeitszeit tätig zu werden. Trotzdem gibt es Mitarbeiter, die an Überstunden interessiert sind, weil sie damit mehr Geld verdienen können.

Stichwort

Überstunden

Unter Überstunden – auch Mehrarbeit oder Plusstunden genannt – versteht man die Überschreitung der vereinbarten Arbeitszeit. Diese kann sich aus dem Arbeitsvertrag, aus dem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder aus dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ergeben. Mehrarbeit bedeutet in der Regel der Anteil an Arbeitszeit, der die gesetzliche Regelarbeitszeit von acht Stunden am Tag beziehungsweise die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit überschreitet.

Überstunden dürfen vom Arbeitgeber nur bei betrieblicher Notwendigkeit gefordert und vom Arbeitnehmer nur in bestimmten Fällen abgelehnt werden, etwa aus familiären Gründen. Es macht also Sinn, dazu bereits im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung grundlegende Regelungen zu treffen. Allerdings sind Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien, die der Grundlinie des ArbZG entgegenstehen, unwirksam.

Grundlegendes zu Überstunden

Soweit keine tarifliche Sonderregelung besteht, können auch Teilzeitbeschäftigte grundsätzlich zu Überstunden verpflichtet werden. Allein der Umstand, dass ein Tarifvertrag die Bezahlung von Überstunden regelt, rechtfertigt nicht die einseitige Anordnung von Überstunden.

Bei einer tatsächlichen Ableistung von Überstunden hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Vergütung, wobei die Regelungen aus dem Arbeitsvertrag sowie die konkreten Umstände zu beachten sind. Wenn der Arbeitnehmer mehr als acht Stunden am Tag arbeitet, obliegen dem Arbeitgeber entsprechende Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten gemäß dem ArbZG.

Überstunden liegen nicht bereits dann vor, wenn sich der Arbeitnehmer außerhalb der für ihn geltenden regelmäßigen Arbeitszeit im Betrieb auffällt. Vielmehr müssen Überstunden „mit Wissen und Wollen des Arbeitgebers“ erbracht werden. Dieser muss deshalb die Anwesenheit des Arbeitnehmers anordnen oder in sonstiger Weise zum Ausdruck bringen, dass er die Überstunden gebilligt oder zumindest geduldet hat.

Mitbestimmung des Betriebsrats

Soweit ein Arbeitnehmer im Ausnahmefall nicht einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Zuweisung von Überstunden hat, liegt die Entscheidung darüber – vorbehaltlich der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats – beim Arbeitgeber. Wichtig: Bei der Verteilung von Überstunden auf einzelne Mitarbeiter muss der Arbeitgeber billiges Ermessen wahren. Das heißt, er muss unter anderem die privaten Aufgaben und Verpflichtungen des Arbeitnehmers berücksichtigen, die einer zusätzlichen Arbeitsbelastung entgegenstehen können. Beispiel: ehrenamtliches Engagement.

Der Betriebsrat hat bei der vorübergehenden Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) mitzubestimmen. Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf alle im Zusammenhang mit Überstunden anfallenden Fragen, das heißt ob, in welchem Umfang und wann von welchem Arbeitnehmer länger gearbeitet werden soll. Ohne Beteiligung des Betriebsrats darf der Arbeitgeber auch keine freiwillig geleisteten Überstunden entgegennehmen.

Vergütung von Überstunden und Freizeitausgleich

Überstunden werden vereinbarungsgemäß mit dem für die regelmäßige Arbeitsleistung anfallenden Stundenentgelt vergütet. Fehlt eine Vergütungsabrede, greifen die Grundsätze der sogenannten „fehlgeschlagenen Vergütungserwartung“. Danach müssen Überstunden vergütet werden, wenn sie den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind. Das ist in der Regel gegeben, wenn der Arbeitnehmer ein herausgehobenes Entgelt bezieht und Dienste höherer Art, etwa als IT-Experte, leistet. Gleiches gilt für Arbeitnehmer mit Führungsaufgaben, die nicht unter das ArbZG fallen, wie zum Beispiel leitende Angestellte.

Arbeitsvertragliche Vereinbarungen oder Tarifverträge enthalten oft Bestimmungen zur Gewährung von Freizeit für geleistete Überstunden. Das heißt, der Arbeitnehmer muss von seiner Arbeitspflicht durch die Reduzierung seiner Soll-Arbeitszeit freigestellt werden. Freizeitausgleich wird einerseits auf Wunsch des Arbeitnehmers gewährt, andererseits bleibt das oft dem Arbeitgeber überlassen. Da es viele Regelungsmöglichkeiten hierzu gibt, sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer konkrete Vereinbarungen dazu festlegen.

Abgeltung von Überstunden im Arbeitsvertrag

Häufig enthalten Arbeitsverträge Klauseln, nach denen anfallende Überstunden mit dem Arbeitsentgelt abgegolten sind. Solche Vertragsklauseln sind nur dann wirksam, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchen zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Deshalb müssen Arbeitnehmer bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrags erkennen können, was gegebenenfalls auf sie zukommt und wie viele Arbeitsstunden sie für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen müssen.

So wird zum Beispiel eine Vertragsklausel, nach der der Arbeitnehmer für die vereinbarte Vergütung bis zu 20 Überstunden monatlich ohne zusätzliche Vergütung leisten muss, von der Rechtsprechung nicht beanstandet. Demgegenüber hat die Rechtsprechung aber eine Klausel im Arbeitsvertrag wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam befunden, nach der „erforderliche Überstunden“ mit dem monatlichen Entgelt abgegolten seien. Die Unwirksamkeit dieser Klausel hatte zur Folge, dass Überstunden vergütet werden mussten.

Der Anspruch auf eine Vergütung von Überstunden verjährt innerhalb von drei Jahren. Danach verfällt er. Einschlägige Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag müssen aber berücksichtigt werden.

Vorgehen im Fall eines Arbeitsgerichtsprozesses

Arbeitnehmer müssen, sollte es zu einem Arbeitsgerichtsprozess kommen, genau darlegen, an welchen Tagen sie wie lange gearbeitet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten haben. Darauf muss der Arbeitgeber substantiiert erwidern. Ansonsten gelten die Arbeitszeiten, die vom Arbeitnehmer vorgetragen werden, als zugestanden. Zudem muss der Arbeitnehmer konkret vortragen, dass der Arbeitgeber die Ableistung von Überstunden veranlasst hat oder sie ihm zumindest zuzurechnen sind.

Diese Grundsätze lassen sich allerdings nicht schematisch anwenden. Stets müssen die betrieblichen Abläufe und die Art der Tätigkeit des Arbeitnehmers berücksichtigt werden. Inhaltlich genügt oft die Darlegung der Kenntnis des Arbeitgebers, dass sich der Arbeitnehmer außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit im Betrieb aufgehalten und während dieser Zeit gearbeitet hat.

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