BeschwerdemanagementMit Kunden bewusst umgehen
Tatsache ist: Beschwerden sind ein Ärgernis für jedes Unternehmen. Sie verursachen viel zusätzliche Arbeit und zeigen darüber hinaus die firmeninternen Unzulänglichkeiten auf. Aber Beschwerden sind nicht Teufelswerk, sondern im Alltag eines Unternehmens etwas ganz Normales. Entscheidend ist, wie man mit ihnen umgeht, um letztlich zu einer Reduzierung der Beschwerden und Beschwerdegründe zu kommen. So kann jede Beschwerde eine im wahrsten Sinne des Wortes einmalige Chance sein, die uns der Kunde gibt, ihn zu halten.
Das sollte sich eigentlich längst überall herumgesprochen haben. Doch wie oft sind wir selbst als Kunden mehr als verwirrt über die Art und Weise, wie unsere berechtigten Fragen beantwortet werden: Besetzte Telefonleitungen, Computerstimmen, Endlos-Warteschleifen, mehrmaliges Weiterverbinden und falsche Ansprechpartner gehören zum Alltag und vergeuden unsere wertvolle Zeit.
Ohne Service keine Kundentreue
Viele Firmen sind sich oft keiner Schuld bewusst, wenn sie die Zeit und die Nervenkraft ihrer Kunden vergeuden, Kundenbeziehungen ruinieren und Kundenwünsche ignorieren. Manchmal ist man geneigt, von „Kundenmobbing“ zu sprechen. Erstklassiger Kundenservice und gelebte Kundenorientierung könnten demgegenüber der Schlüssel für mehr Umsatz, Produktverbesserungen und Wettbewerbsvorteile sein. Das Call-Center innerhalb des Beschwerdemanagements ist die Visitenkarte des Unternehmens. Hier entsteht oft der Erstkontakt, hier werden die Weichen gestellt, hier schlägt die Stunde der Wahrheit: Herausforderung der Zukunft und Kundenkleber zugleich.
Die größten Überlebenschancen haben heute diejenigen Unternehmen, die angesichts immer ähnlicher werdender Produkte und Leistungen einen exzellenten Kundenservice aufgebaut haben oder in der Lage sind, ihn relativ rasch aufzubauen. Das Motto der Zukunft ist Service! Manche sehen im Beschwerdemanagement noch immer einen Kosten- statt einen Erfolgsfaktor. Dabei ist es die beste Marketingstrategie, Kunden langfristig zu binden. Nach und nach scheint dies bei den Unternehmen anzukommen.
Gleichzeitig ist die Frustrationstoleranz der Kunden gegenüber schlechtem Kundenservice relativ gering. Lieber würden fast 70 Prozent etwas Lästiges in Kauf nehmen wie zum Beispiel einen Zahnarztbesuch oder eine Autopanne, als mit schlechtem Service konfrontiert zu werden. Viele Kunden kaufen ihre Computer oder Digitalkameras mittlerweile nicht mehr in Großmärkten oder beim Discounter, weil diese das Serviceproblem nur unzureichend gelöst haben.
Ist der PC nämlich mal defekt, müssen sie selbst bei einem gut funktionierenden Abholservice einige Tage auf ihn verzichten. Deshalb kaufen sie technische Geräte dort, wo sie die bessere Beratung und den besseren Service geboten bekommen, selbst dann, wenn es dadurch ein wenig teurer wird.
Während der Service vielerorts durchaus besser wurde, stiegen zeitgleich auch die Erwartungen des Verbrauchers, der auf schlechten Service immer allergischer reagiert. Die Kundenbindung sinkt und das Umsatzpotenzial bestehender Kundenbeziehungen wird nur unzureichend ausgeschöpft. Die Motivation, in das Beschwerdemanagement zu investieren, liegt in der Steigerung der Kundenzufriedenheit.
Aufgrund von Beschwerden lassen sich zudem Produktionsfehler rechtzeitig erkennen und damit teure Rückrufaktionen und hohe Kosten aus der Produkthaftung vermeiden. Viel zu oft wird freilich über eine CRM-IT-Lösung und nicht genug über die Inhalte eines anspruchsvollen Kundenbeziehungsmanagements nachgedacht.
Beschwerdemanagement beginnt in den Köpfen
Nicht alle Kunden sind gleich und auch nicht alle Kunden sind gleich wichtig, dennoch ist jeder ein potenzieller Multiplikator. Unzufriedene Kunden erzählen sieben bis neunmal weiteren Personen von ihren negativen Erlebnissen, während die positiven Erlebnisse höchstens drei- bis viermal kommuniziert werden. Hand aufs Herz: Gibt es wirklich eine ernst zu nehmende Alternative zum professionellen Beschwerdemanagement?
Tatsache ist übrigens, dass die Mehrzahl derer, die Anlass zu Beschwerden hätten, sich nicht meldet, sondern stillschweigend den Anbieter wechselt . Man nennt dies oft „Abstimmung mit den Füßen“. Diejenigen, die sich beschweren, geben dem Unternehmen immerhin noch eine Chance, den Fehler wieder auszubügeln und somit den Kunden zu halten.
Der Faktor Kundenzufriedenheit kann gar nicht überschätzt werden: Die Korrelation zwischen Kundenzufriedenheit und Gewinn ist offensichtlich: Mit zunehmender Kundenzufriedenheit beziehungsweise -loyalität steigt auch der Gewinn. Die Akquisition neuer Kunden ist heute fünfmal teurer als die fortgesetzte Bindung vorhandener Kunden. Vor allem ein proaktives Beschwerdemanagement ist entscheidend für die Kundenzufriedenheit und -treue. Das Beschwerdemanagement sollte als eine unternehmensweite Aufgabe verstanden und angegangen werden.
Was will ein Kunde im Beschwerdefall?
1. Kunden wollen sich nicht beschweren, sie wollen sich erleichtern
Tun Sie alles für eine schnelle, unkomplizierte Lösung des Problems. Nehmen Sie dem Kunden die „Last“ ab, bürden Sie ihm keinen „Buchbinder-Wanniger-Effekt“ auf. Je öfter er sein Problem vortragen muss, desto mehr dreht er sich in der Frustspirale nach unten. Gemäß dem Motto „Simplify your life” vereinfachen Sie das Prozedere für Ihre Kunden durch Erhöhung Ihrer eigenen Entscheidungsbefugnisse und Fachkompetenz.
2. Kunden wollen emotional ernst genommen werden
Die meisten Kunden sind keine notorischen Nörgler, die einem das Leben schwer machen wollen, sondern sie sind – oft zu Recht – unzufrieden oder verärgert. Zudem verursacht diese Situation noch zusätzlichen Stress bei solchen Kunden, die eher harmoniebedürftig sind und die es daher bereits einige Überwindung kostet, den Ärger auch zu äußern. Schon Ihre erste Reaktion zeigt dem Kunden, ob er als lästig empfunden oder wirklich ernst genommen wird.
3. Kunden wollen wertgeschätzt und freundlich behandelt werden
Freundlichkeit kann man nicht verordnen, sie ist eine Einstellungsfrage. Im doppelten Sinne: Der Kundenbetreuer braucht eine zugewandte, aufmerksame Einstellung für den Kunden; und bei der Auswahl der Mitarbeiter im Beschwerdemanagement ist Freundlichkeit eines der wichtigsten Einstellungskriterien. Wer den Job mit der Grundüberzeugung antritt: „Ich bin doch nicht der Fußabtreter der Nation“ oder mit der Leidenshaltung: „Ich bin derjenige, an dem jeder seinen Frust ablassen kann“, wird unglücklich.
4. Kunden wollen eine schnelle und effektive Lösung
Wahres Können zeigen Sie, wenn Sie nach der Beschreibung des Problems so präzise Fragen stellen, dass eine schnelle Diagnose möglich ist. Staffeln Sie Fragen, Sortieren Sie Alternativen und bieten Sie Lösungen an!
5. Kunden freuen sich über ein „Trostpflaster“ für ihren Ärger
Es sind die kleinen Aufmerksamkeiten wie beispielsweise eine Tafel Schokolade mit der Austauschlieferung, eine kleine Gutschrift oder ein Rabatt bei der nächsten Bestellung, die den Kunden den Zeitverlust und Ärger vergessen lassen.
6. Kunden wollen wiederkommen
Das übergroße Angebot von Dienstleistungen führt zur Qual der Wahl. Wenn Kunden einen insgesamt guten Dienstleister gefunden haben und eine Beschwerde zufriedenstellend gelöst wurde, steigt ihre Bereitschaft wiederzukommen. Das ist auf die Macht der Gewohnheit, unsere Bequemlichkeit und das Vertrauen in den Dienstleister zurückzuführen. Binden Sie die in die Beschwerde investierte Zeit und Energie, so paradox das klingen mag. Deshalb freuen Sie sich über jeden nach einer Beschwerde zufriedengestellten Kunden und fragen Sie ihn nach seiner Meinung.
7. Kunden zahlen ihr Gehalt
Man kann es drehen und wenden wie man will: Letztendlich zahlt der Beschwerdeführer ihr Gehalt. Und wer will schon denjenigen verärgern, der für ihr regelmäßiges Gehalt verantwortlich ist?