ArbeitsrechtWann ist eine betriebsbedingte Kündigung möglich?

Betriebsbedingte Kündigungen können aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse ausgesprochen werden. Dabei wird zwischen innerbetrieblichen und außerbetrieblichen Kündigungsgründen unterschieden. Welche gesetzlichen Regelungen sind jeweils relevant? Und wie verhält es sich mit der sogenannten Sozialauswahl? Der Autor erläutert diese und weitere Aspekte, gibt Beispiele und nennt Ausnahmen.

Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?

Als betriebsbedingte Kündigung bezeichnet man eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung, mit der er die durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geschützten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (trotzdem) ordentlich kündigen kann.

Dabei müssen dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die einer Weiterbeschäftigung und einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses entgegenstehen.

Wann wird eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen?

Wenn der Umsatz zurückgeht oder ein Unternehmensstandort geschlossen werden soll, können Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen.

Beim Aussprechen einer betriebsbedingten Kündigung müssen Arbeitgeber jedoch einige Besonderheiten beachten. An erster Stelle steht dabei der Kündigungsgrund. Beim Kündigungsgrund unterscheidet man zwischen außerbetrieblichen und innerbetrieblichen Kündigungsgründen.

Was gilt bei außerbetrieblichen Kündigungsgründen?

Arbeitgeber können bei einer außerbetrieblichen Kündigung auf Gründe verweisen, die im Umfeld des Unternehmens oder in der Marktentwicklung liegen. Zum Beispiel kann ein starker und dauerhafter Rückgang bei den Aufträgen ein Grund für betriebsbedingte Kündigungen sein.

Lässt sich daraus rechnerisch konkret ableiten, dass der Arbeitskräftebedarf in der betroffenen Arbeitnehmergruppe auf längere Dauer zurückgegangen ist oder zurückgeht, wird dies von der Rechtsprechung im Grundsatz anerkannt.

Arbeitgeber müssen im Kündigungsschutzprozess darlegen, warum im Hinblick auf anderweitige Einsatzmöglichkeiten und auf die längerfristige Auftragsentwicklung ein Einsatz des zu Kündigenden in absehbarer Zeit nicht in Betracht kommt. Allein der pauschale Hinweis auf Umsatz- oder Gewinnrückgänge reicht nicht.

Was gilt bei innerbetrieblichen Kündigungsgründen?

Anlässe für eine relevante innerbetriebliche Kündigung können Veränderungen im Unternehmen oder in Teilen davon sein, mit denen Einsparungen angestrebt werden. Kündigungsgrund sind dabei die sich aus der Unternehmerentscheidung ergebenden dringenden betrieblichen Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung gerade des gekündigten Arbeitnehmers entgegenstehen.

Diese der Kündigung zugrunde liegende Entscheidung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) nur sehr eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Sie unterliegt daher auch nur einer Missbrauchskontrolle, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.

Die Auswirkungen auf den betreffenden Arbeitsplatz müssen allerdings im Rechtsstreit jeweils vom Arbeitgeber nachvollziehbar dargestellt und bewiesen werden. Unzureichend ist etwa die pauschale Aussage, einschneidende Rationalisierungsmaßnahmen machten eine Verringerung des Personalbestandes erforderlich.

Beispiele für innerbetriebliche Kündigungsgründe

Beispiele für unternehmerische Entscheidungen, die zu betriebsbedingten Kündigungen führen können, sind:

  • Schließung des Betriebs oder von Betriebsteilen
  • Streichung oder Änderung von Hierarchieebenen
  • Verlagerung von Arbeitsplätzen an externe Dienstleister (Outsourcing)
  • Durchführung von Rationalisierungsmaßnahmen
  • Anschaffung neuer Maschinen und dadurch wenig Bedarf an Bedienpersonal
  • Gestaltung oder Änderung des Anforderungsprofils für durch Umstrukturierung entstandene oder neu zugeschnittene Arbeitsplätze

Dabei können unternehmerische Entscheidungen zu verschiedenen Aspekten zusammentreffen.

Hinweis

Einsatz von Leiharbeitern ist kein tragfähiger Kündigungsgrund

Keine tragfähige unternehmerische Entscheidung stellt der Entschluss dar, die Zahl der eigenen Mitarbeitenden abzubauen und dafür Leiharbeitnehmer einzusetzen. Dies stuft die Rechtsprechung als unzulässige Austauschkündigung ein.

Arbeitgeber müssen die Entscheidung für eine Kündigung im Vollzug der unternehmerischen Entscheidung im Auge behalten. Es gilt der Grundsatz: Die Kündigungsfrist darf erst zu einem Zeitpunkt enden, „in dem nach realistischer Prognose im Zeitpunkt des Kündigungszugangs mit einiger Sicherheit damit zu rechnen ist, dass der Bedarf für die Arbeitsleistung des betreffenden Arbeitnehmers nicht mehr vorhanden ist“.

Das BAG spricht dabei von der Frage, ob betriebliche Umstände greifbare Formen angenommen haben. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Prüfung ist derjenige des Kündigungszugangs.

Wie muss die betriebsbedingte Kündigung vorbereitet werden?

Für Arbeitgeber empfiehlt es sich, bereits im Stadium der Vorüberlegungen und der Vorbereitung der Kündigung Folgendes festzuhalten:

  • Wann wurde welche Entscheidung getroffen?
  • Worauf wird die Prognose gestützt, dass zum Ende der Kündigungsfrist der entsprechende Arbeitskräftebedarf nicht mehr gegeben sein wird?

Die unternehmerische Entscheidung muss zum maßgeblichen Zeitpunkt der Kündigung bereits vorliegen. Das heißt: Zu diesem Zeitpunkt muss bereits feststehen, welche Umverteilungen der Arbeit stattfinden oder planungsgemäß bis zum Ende der Kündigungsfrist stattfinden werden.

Etwaige Beschlüsse der Geschäftsführung sollten daher zur späteren Verwendung im Kündigungsrechtsstreit dokumentiert werden.

Ist die Weiterbeschäftigung von Mitarbeitenden möglich?

Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur dann rechtlich zulässig, wenn der Arbeitgeber keine Möglichkeiten hat, den Arbeitnehmer anderweitig zu beschäftigen. Dafür darf definitiv kein freier, vergleichbarer (gleichwertiger) Arbeitsplatz oder ein freier Arbeitsplatz zu geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden sein.

„Frei“ sind solche Arbeitsplätze dann, wenn sie zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – gegebenenfalls auch alsbald danach – frei werden, und dies beim Zugang der Kündigung abzusehen ist.

Gibt es einen anderen freien Arbeitsplatz mit geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen, kann im Regelfall keine Beendigungskündigung ausgesprochen werden. Arbeitnehmer müssen auch dann vorrangig weiterbeschäftigt werden, wenn die Weiterbeschäftigung erst nach der Einarbeitung auf einer freien Stelle, gegebenenfalls erst nach einer dem Arbeitnehmer anzubietenden zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahme, möglich ist.

Die Erfahrung zeigt, dass gerade in Rechtsstreitigkeiten die Frage der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten eine bedeutende Rolle spielt.

Was gilt hinsichtlich der Sozialauswahl?

Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist die Kündigung trotz eines Vorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse unwirksam, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des gekündigten Arbeitnehmers bestimmte soziale Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt hat.

Wenn der Arbeitgeber zum Beispiel plant, zehn Arbeitsplätzen zu streichen, dann sind davon in der Regel nicht nur diejenigen Arbeitnehmer betroffen, die zum Zeitpunkt der Kündigung auf den wegfallenden Arbeitsplätzen arbeiten. Betroffen sind auch andere, die der Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts auf die zu streichenden Stellen umsetzen könnte.

Was versteht man unter Sozialauswahl?

Das Prinzip der Sozialauswahl besagt, dass nur denjenigen Arbeitnehmern gekündigt werden kann, die sozial am wenigsten schutzbedürftig sind. Der Arbeitgeber muss folglich bei der Ermittlung des Auswahlkreises neben den vergleichbaren Arbeitnehmern auch eine qualifikationsmäßige, hierarchische und arbeitsvertragliche Austauschbarkeit prüfen.

Ein Austausch ist erst auszuschließen, wenn die betriebliche Spezialisierung einen solchen Grad erreicht hat, dass ein Einsatz des zu kündigenden Arbeitnehmers auf dem Arbeitsplatz eines „Spezialisten“ auch nach einer angemessenen Einarbeitungsfrist nicht möglich ist.

In einer solchen Situation gibt es demzufolge mehr „Kündigungskandidaten“ als geplante Kündigungen. Arbeitgeber müssen dann unter den verschiedenen Kandidaten eine Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten vornehmen.

Bei der Sozialauswahl muss der gesamte Betrieb abteilungsübergreifend in Augenschein genommen werden. Bei einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen aber nur dieser gemeinsame Betrieb. Auf das Unternehmen insgesamt erstreckt sich also die Sozialauswahl nicht, auch nicht bei einer entsprechenden Versetzungsklausel.

Aus der betriebsbezogenen Sozialauswahl folgt, dass eine Sozialauswahl entbehrlich ist, wenn der gesamte Betrieb geschlossen wird.

Welche Ausnahmen gibt es bei der Sozialauswahl?

Sogenannte Leistungsträger im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG können von der Sozialauswahl ausgeklammert werden. Dazu muss deren Weiterbeschäftigung im berechtigten betrieblichen Interesse liegen, wegen ... ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder ... zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur.

Das BAG hebt allerdings hervor, dass die direkte Sozialauswahl der Regelfall sei. Hat der Arbeitgeber den Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ermittelt, erfolgt die eigentliche Sozialauswahl. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG muss er dabei die sozialen Gesichtspunkte der Dauer der Betriebszugehörigkeit, des Lebensalters, der Unterhaltspflichten und der Schwerbehinderung der Arbeitnehmer ausreichend berücksichtigen.

Welchen Wertungsspielraum bei den Kriterien für die Sozialauswahl gibt es?

Arbeitgebern steht bei der Gewichtung der Sozialkriterien ein Bewertungsspielraum zu, wobei keinem der im Gesetz genannten Kriterien eine Priorität gegenüber den anderen zukommt. Im Ergebnis ist eine Sozialauswahl nur dann nicht ausreichend, wenn der gekündigte Arbeitnehmer deutlich schutzwürdiger ist als der im Betrieb verbliebene.

Arbeitgeber können sich bei der Sozialauswahl auch sogenannter Punkteschemata bedienen. Das hat den Vorteil, dass sie sich bei einem Fehler in der Sozialauswahl mit Erfolg darauf berufen können, der Arbeitnehmer hätte nach der Punktetabelle auch bei Vorliegen des Auswahlfehlers zur Kündigung angestanden (kein Domino-Effekt mehr).

Warum ist die namentliche Bezeichnung von Arbeitnehmern im Interessenausgleich wichtig?

Sind bei einer Kündigung aufgrund einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) die zu kündigenden Arbeitnehmer in einem mit dem Betriebsrat geschlossenen Interessenausgleich namentlich bezeichnet, so gewährt § 1 Abs. 5 KSchG dem Arbeitgeber im Kündigungsrechtsstreit erhebliche Erleichterungen.

Es wird zunächst vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Außerdem kann die Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit geprüft werden. Es kann also für den Arbeitgeber sinnvoll sein, die Voraussetzungen für die Anwendung des § 1 Abs. 5 KSchG zu schaffen, auch wenn dies, wie die Erfahrung zeigt, oftmals nur mit einem erhöhten Sozialplanvolumen „erkauft“ werden kann.

Muss der Betriebsrat angehört werden?

Der Betriebsrat muss nach § 102 Abs. 1 BetrVG vor einer betriebsbedingten Kündigung angehört werden. Es gilt dabei der Grundsatz: Der Betriebsrat muss so informiert werden, dass er sich anhand der Angaben – Unterlagen brauchen grundsätzlich nicht vorgelegt zu werden – ein eigenes Bild machen kann, und zwar ohne zusätzliche Nachforschungen.

Dabei ist die Anhörung subjektiv determiniert, sie muss aber vollständig und wahrheitsgemäß sein. Auf bloße Schlagworte darf sie sich nicht beschränken. Zu empfehlen ist eine geschlossene Darstellung, die dem Betriebsrat unterbreitet wird – aus Gründen der Beweissicherung möglichst schriftlich.

Warum sollten Unternehmen dem Betriebsrat die Sozialdaten mitteilen?

Der Arbeitgeber ist gut beraten, wenn er dem Betriebsrat grundsätzlich die Sozialdaten des Arbeitnehmers mitteilt. Dazu gehören:

  • ein besonderer Kündigungsschutz
  • der Arbeitsplatz oder die bislang ausgeübte Tätigkeit
  • Vergütung oder Vergütungsgruppe
  • maßgebliche Kündigungsfrist

Angegeben werden müssen die dringenden betrieblichen Erfordernisse. Hinsichtlich einer anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit reicht ein pauschaler oder konkludenter Hinweis regelmäßig aus. Es sei denn, der Betriebsrat hat bereits zuvor auf eine aus seiner Sicht vorhandene Beschäftigungsmöglichkeit hingewiesen. Dann muss sich die Betriebsratsanhörung eingehend damit befassen.

Hinsichtlich der Sozialauswahl muss der Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer angegeben werden, die Kriterien der Sozialauswahl und deren Gewichtung – maßgebend ist auch hier das, was der Arbeitgeber für maßgeblich hält und was seiner Sichtweise entspricht.

Trifft der Arbeitgeber allerdings gar keine Sozialauswahl, braucht er auch keine Auswahlgesichtspunkte mitzuteilen. Er trägt dann allerdings auch das Risiko, dass die Kündigung mangels ordnungsgemäßer Sozialauswahl unwirksam ist.

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