BewerbungWann Brüche im Lebenslauf positiv sind
Was früher ein Tabu war, ist heute ein Qualitätsmerkmal: Brüche im Lebenslauf sind mittlerweile oft ein Pluspunkt – vorausgesetzt, sie werden mit einer nachvollziehbaren Story untermauert. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Unternehmen müssen heute agiler sein und sich rascher als bisher auf Kundenwünsche und neue Marktbedingungen einstellen. Damit hat sich auch der Arbeitsmarkt drastisch gewandelt. Die sogenannten „Schornstein-Karrieren“, bei denen ein Mitarbeiter in einem Unternehmen seinen Berufseinstieg macht und bis zu seiner Rente in der gleichen Firma bleibt, sind ein Relikt aus früheren Zeiten. Mittlerweile muss ein guter Arbeitnehmer genauso flexibel, agil und anpassungsfähig sein wie das Unternehmen. Nur wer Mitarbeiter mit diesen Kompetenzen im Team hat, wird auf Dauer am Markt bestehen. Damit verliert die alte Bewertung von Kontinuität im Karriereverlauf an Bedeutung.
Jeder berufliche Wechsel muss eine Fortentwicklung sein
Bewerber punkten bei Arbeitgebern, wenn sie flexibel sind und mit Veränderungen umzugehen wissen. Diese Kompetenz beweisen Jobsuchende in ihrem Lebenslauf auch dadurch, dass sie bereits in unterschiedlichen Positionen erfolgreich waren. Wichtig ist dabei, dass jeder Wechsel nachvollziehbar begründet werden kann und für den Kandidaten eine Fortentwicklung darstellt. Andernfalls können Brüche im Lebenslauf als Scheitern interpretiert werden.
Als Kandidat haben Sie aktiv eine neue Herausforderung gesucht, um Neues zu lernen und sich weiterzuentwickeln? Das ist ein überzeugender Grund für einen Jobwechsel. So lässt sich ein Wechsel in einen anderen Geschäftsbereich oder ein neues Themenfeld plausibel rechtfertigen. Ebenso verständlich ist, wenn Ihnen ein Angebot zur beruflichen Weiterentwicklung oder zur Erweiterung Ihres Verantwortungsbereichs unterbreitet wurde, das Sie einfach nicht ausschlagen konnten. Natürlich kann es auch vorkommen, dass Sie das Zepter nicht selbst in der Hand haben und wegen Restrukturierungen die Firma verlassen mussten.
Kündigung in der Probezeit nicht verheimlichen
Auch persönliche Umstände sind legitime Gründe für einen Wechsel. Sie wollen beispielsweise täglich eine Stunde weniger pendeln oder weniger beruflich reisen, um mehr Zeit mit Ihrem Partner oder Ihrer Familie verbringen zu können? Das ist gut nachvollziehbar. Wie gesagt: Solange ein Wechsel authentisch begründet wird, ist er in Ordnung. Das gilt auch für kurze berufliche Stationen. Es ist deshalb auch kein Beinbruch, wenn Sie in der Probezeit kündigen oder gekündigt werden. Auch in diesem Fall tun Sie gut daran, nichts zu verheimlichen oder die Position im Lebenslauf gar zu verschweigen, sondern das Geschehene mit dem entsprechenden Hintergrund zu erklären.
Nennen Sie in Ihrem Lebenslauf für jedes Engagement den konkreten Grund Ihres Wechsels. Ähnlich wie Sie Verantwortungsbereiche und Erfolge für jeden Karriereschritt im Lebenslauf beschreiben, können Sie auch den Wechselgrund kurz und schlüssig angeben. Das ist besonders aussagekräftig und erleichtert die Arbeit jedes Recruiters. Wichtig dabei ist, dass Sie immer sachlich und ohne Groll argumentieren, auch dann, wenn Sie beispielsweise das Opfer einer Restrukturierung oder eines cholerischen Chefs geworden sind.
Zwei bis drei Jahre auf der gleichen Position sind ideal
Allgemein sollten die beruflichen Stationen nicht zu kurz sein. Als Faustregel gilt: mindestens zwei bis drei Jahre eine Stelle innehaben. Nur so ist glaubhaft, dass Sie in jeder Position etwas gelernt und für sich mitgenommen haben. Außerdem beweisen Sie dadurch Ausdauer, und dass Sie die Fähigkeit besitzen, sich im Zweifelsfall auch einmal durchzubeißen.
Die ideale Länge variiert allerdings von Branche zu Branche. In klassischen Berufen dürfen es gerne auch mehr als zwei oder drei Jahre sein. In Branchen, die einem schnellen Wandel unterliegen, gilt das hingegen weniger. Zum Beispiel können zwei Jahre in einer Position in der schnelllebigen Werbebranche schon lang sein. Und um ein Startup aufzubauen und marktfähig zu machen, reichen oft bereits eineinhalb Jahre aus.
Sind viele Jahre auf der gleichen Stelle problematisch?
Doch was ist, wenn Sie viele Jahre in der gleichen Position geblieben sind? Zu lang ist man dann auf einem Posten, wenn sich nichts an den eigenen Aufgaben, Verantwortlichkeiten oder Umständen geändert hat. Das muss sich nicht einmal unbedingt im Titel widerspiegeln. Wichtig ist in den Fällen, in denen Sie jahrelang offiziell in der gleichen Position gearbeitet haben, dass Sie im Lebenslauf beschreiben, was sich in Ihren Aufgaben konkret verändert hat.
Ein Beispiel dafür ist ein Vertriebsleiter, der acht Jahre lang im gleichen Unternehmen für eine bestimmte Region verantwortlich war. Hat er in dieser Zeit immer wieder neue Kunden betreut, sein Team weiter aufgebaut und zusätzliche Aufgaben oder eine höhere Budgetverantwortung übernommen, wird das als deutliche Weiterentwickelung interpretiert. Diese Veränderungen sollten auch im Lebenslauf beschrieben werden. Es schadet auch nicht, die Daten (von … bis) für die einzelnen Etappen hinzuzufügen. Auf diese Weise erkennt der Personaler, dass sich der Bewerber um seine Entwicklung bemüht hat. Hat der Bewerber jedoch einfach acht Jahre lang die gleichen Kunden betreut und jeden Tag dieselben Aufgaben gelöst, war er definitiv zu lang in dieser Position.
Branchenwechsel belegen die Neugier von Bewerbern
Schlussendlich stellt sich die Frage, wie es von Personalverantwortlichen bewertet wird, wenn Sie als Bewerber sogar die Branche gewechselt oder sich völlig neuen Inhalten gewidmet haben. Alles in allem: Ein Branchenwechsel oder eine andere inhaltliche Herausforderung erweitern den Horizont. Mehr noch: Sie belegen, dass ein Kandidat mental in der Lage ist, sich ständig weiterzubilden und auch die entsprechende Neugier dafür hat. Diese Kompetenz ist in der dynamischen Berufswelt fundamental wichtig. Mitarbeiter müssen sich immer schneller anpassen und Neues lernen, weil sich die Anforderungen an die Arbeit rasch verändern.
Danach müssen sich auch HR-Abteilungen richten und bei der Personalsuche künftig andere Kriterien anwenden. Wo früher geradlinige Karrieren das Maß aller Dinge waren, sind heute auch ungewöhnliche Werdegänge interessant für den Personaler. Steht doch nun das Bedürfnis nach agilen, lernfähigen Mitarbeitern im Vordergrund. Flexibilität statt Kontinuität lautet deshalb in Zukunft das Credo bei der Suche nach qualifiziertem Personal.