BewerbungsgesprächDiese Fragen sind tabu
Ausgangsnorm für solche Tabufragen ist § 7 Abs. 1 des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG). Danach dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden.
Die Gründe im Einzelnen
Rasse/Ethnische Herkunft
Fragen nach Rasse oder ethnischer Herkunft stellen automatisch eine Diskriminierung dar und sind damit unzulässig. Hintergrund: Nach europäischem sowie deutschem Rechtsverständnis gibt es keine Menschenrassen im wörtlichen Sinn. Der Begriff „Ethnische Herkunft“ bezieht sich auf eine bestimmte Bevölkerungsgruppe, also zum Beispiel Serben oder Kroaten. Fragen hierzu sind in Ausnahmefällen erlaubt, etwa wenn die Tätigkeit bei einer Vereinigung einer bestimmten ethnischen Gruppe selbst erfolgen soll.
Hinweis
Mangelt es bei dem Bewerber an der Beherrschung der deutschen Sprache und ruht die Entscheidung des Arbeitgebers auf sachlichen und nicht auf ausländerfeindlichen Erwägungen, ist eine Benachteiligung aufgrund des Migrationshintergrundes nicht gegeben (Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 26.09.2007 – AZ: 14 Ca 10356/07).
Geschlecht und sexuelle Identität
Es gibt heute nur noch ganz wenige Jobs, bei denen das Geschlecht unabdingbare Voraussetzung für die Einstellung ist. Beispiele sind etwa eine Rolle im Theater oder Jobs im Modelbereich. Bei gleicher fachlicher Qualifikation darf das Geschlecht keine Rolle spielen. Dies muss der Arbeitgeber übrigens schon in der Ausschreibung der Stelle klar und neutral formulieren.
Der Rechtsbegriff der sexuellen Identität schützt sexuelle Veranlagung und die Selbstbestimmung im Bereich der Sexualität. Eine Frage nach dieser Veranlagung ist somit nach dem AGG unzulässig.
Religion und Weltanschauung
Fragen sind hier nur erlaubt, wenn es sich wie bei einer kirchlichen Einrichtung um einen sogenannten Tendenzbetrieb handelt. Allerdings muss die Tätigkeit des Bewerbers dafür im sogenannten „verkündungsnahen Bereich“ liegen, das heißt die Stelle verlangt von ihm, den christlichen Glauben beziehungsweise die christliche Botschaft auch zu verkünden. Allein der Hinweis auf eine Organisation, die auf christlichen Werten beruht, reicht für die Ablehnung nicht aus.
Unzulässig sind auch Fragen, ob der Bewerber den Wehr- oder den zivilen Ersatzdienst geleistet hat.
Behinderung
Das AGG stellt eine im Vergleich zur Schwerstbehinderung „normale“ Behinderung ausdrücklich und strenger unter Schutz. Fragen dazu sind im Gespräch nur erlaubt, wenn das Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes so ausgestaltet ist, dass es die Übernahme eines Behinderten per se ausschließt.
Alter
§ 10 AGG stellt klar, dass „eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig ist, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist“. In der Praxis ist das allerdings eine schwierige Frage, zumal der Bewerber ja sein Alter in der Regel schon von vorneherein im Lebenslauf mitteilt oder der Arbeitgeber das Alter im Bewerbungsgespräch abschätzen kann. Auch Rechtsexperten können hier keine eindeutige Antwort geben und es scheint, dass das AGG hier wohl eher zu Unklarheit beziehungsweise Unsicherheit beigetragen hat.
Lebensumstände
Oftmals versuchen Arbeitgeber, die Lebensumstände des Bewerbers durch scheinbar harmlose Fragestellungen herauszubekommen. Das ist nicht erlaubt. Somit spielt es keine Rolle, wie oft der Bewerber ins Kino geht, was seine Eltern beruflich machen, ob er Schulden hat oder wie es mit der Familienplanung aussieht.
Hinweis
Beispielhafte Sonderfälle, in denen Fragen nach den Lebensumständen wie Vermögensverhältnisse, Krankheiten, Vorstrafen oder Alkohol- und Drogenkonsum erlaubt sind:
- Tätigkeit bei einem Geldinstitut als Kassierer oder Geldbote
- Tätigkeit als Chauffeur
- Tätigkeit mit Sicherheitsaufgaben wie etwa Gerüstbauer, Kraftfahrer oder Pilot
- Tätigkeit etwa als Tänzer
- Tätigkeit in einem Heil- oder Pflegeberuf und Fragen zur HIV-Infektion
Schwangerschaft
Hier setzt der Gesetzgeber sehr strenge Maßstäbe an. Der Bewerber darf hierbei sogar bewusst die Unwahrheit sagen, weil schon eine Antwortverweigerung als Aussage gewertet werden kann.
Vorstrafen oder laufende Ermittlungsverfahren
Fragen nach Vorstrafen greifen erheblich in die Individualsphäre des Bewerbers ein und sind damit nicht erlaubt. Ausnahmen bestehen allerdings dann, wenn eine eventuell bestehende Vorstrafe Bedeutung für die Tätigkeit an sich erhält. Beispiel: Jemand bewirbt sich in einer Bank und wurde schon einmal rechtskräftig wegen Bankraub verurteilt. In einem solchen Fall hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Frage nach Vorstrafen. Hier stellt der Gesetzgeber auf die Art des Arbeitsplatzes ab. Gleiches gilt für Fragen nach laufenden Ermittlungsverfahren.
Schadensersatz bei erwiesener Benachteiligung
Kann der Bewerber beweisen, dass er im Vergleich zu einer anderen Person ungünstiger behandelt wurde beziehungsweise aufgrund einer unzulässigen Frage nicht eingestellt wurde, muss der Arbeitgeber aufgrund § 15 Abs. 1 AGG Schadensersatz leisten. Ersetzt werden muss der materielle Schaden, also der Vermögensschaden, der dem Bewerber durch die Ablehnung konkret entstanden ist. Der immaterielle Schaden darf im Fall einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen.
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