Change-Projekte und mittleres Management
Oft mangelt es in den Unternehmen an einer ausreichend offenen Feedbackkultur, so ein weiteres Ergebnis der Studie. Auffällig und gleichzeitig wenig überrascht zeigen sich die Autoren von der Tatsache, dass sich die Einschätzungen des oberen, mittleren und unteren Managements in wesentlichen Fragen deutlich unterscheiden. So widersprechen etwa die beiden oberen Managementebenen der Vermutung, dass eine unzureichende Kommunikation der Sinnhaftigkeit von Change-Maßnahmen zu den Ursachen einer unzureichenden Veränderungsdynamik gehört.
Die Befragten im unteren Management sind jedoch zu zwei Dritteln gegenteiliger Meinung und monieren, dass für die Akzeptanzbildung bei den Mitarbeitern zu wenig getan würde. „Wird in der Breite des Unternehmens eine geplante Veränderung nicht verstanden, dann darf man sich auch nicht darüber wundern, wenn die Ziele nicht erreicht werden“, sagt Michael Maicher, Geschäftsführer bei Ardour, in der entsprechenden Presseinformation.
Auch möglicherweise schlechte Erfahrungen mit früheren Change-Projekten lassen nur wenige im Top-Management als weiteren Erklärungsansatz für eine defensive Veränderungskultur gelten. Eine ähnliche Position nimmt die mittlere Hierarchieebene ein, die darin nicht einmal in jedem zweiten Fall ausreichende Gründe sieht. Ganz anders ist hingegen die Sichtweise der Team- und Gruppenleiter. Sie geben zu zwei Dritteln an, dass negative Change-Erfahrungen der Mitarbeiter zu Blockaden bei neuen Veränderungsmaßnahmen führten.
Mittleres Management gibt sich selbstkritisch
Bemerkenswert selbstkritisch gibt sich den Ergebnissen der Studie zufolge das mittlere Management, wenn es um die Reflexion von Change-Projekten geht. 57 Prozent sind der Meinung, dass beschlossene Veränderungen in ihren Reihen blockiert werden. Dies sind deutlich mehr als in den anderen beiden Befragungsgruppen. Auch Machtkämpfe zwischen den Verantwortlichen der Fachbereiche werden zu 55 Prozent als Ursache genannt. Dieses Problem sehen allerdings die Top-Manager und die Vertreter des unteren Managements noch deutlich ausgeprägter.
Dieser Umstand erkläre allein aber noch längst nicht, warum das Change Management in der Praxis häufig nicht zufriedenstellend funktioniert, so die Initiatoren der Studie weiter. Einen großen Anteil daran hat den Erkenntnissen der Erhebung zufolge eine teilweise große Diskrepanz zwischen den von den Unternehmen dargestellten Erfordernissen und dem tatsächlichen Status. Dazu gehört, dass nach Meinung von drei Vierteln der Befragten Veränderungsprojekte unbedingt klare Verantwortlichkeiten und Rollen benötigen. Tatsächlich aber können dies nur 37 Prozent von ihrem eigenen Unternehmen behaupten.
Auch transparente Prozesse mit gut funktionierendem Prozessmanagement und eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit bestünden nicht in der Weise, wie dies die Manager für erforderlich halten. Darüber hinaus weise die Effizienz des mittleren Managements große Defizite auf und es fehle meistens an informellen Netzwerken.
Change Manager sind nicht immer die beste Lösung
Noch deutlicher werden die Unterschiede zwischen den Erfordernissen und bestehenden Verhältnissen beim Thema Change Manager. Obwohl 68 Prozent professionelle und intern anerkannte Change Manager zur Pflicht bei Veränderungsprojekten machen, können nur 38 Prozent diese Anforderung erfüllen. Zumindest hätten sie bei bisherigen Change-Maßnahmen nach eigenem Bekenntnis der Befragten die Veränderungen nur selten positiv beeinflussen können. Auch der Einsatz externer Change Manager habe nur in Ausnahmefällen positive Effekte bewirkt.
„Dies zeigt letztlich, wie wenig das Change Management in den Unternehmen strukturell verankert ist“, interpretiert Maicher die Ergebnisse. „Denn wird darauf verzichtet, die Veränderungsmaßnahmen in die Hände spezieller Verantwortlicher zu geben, geht eine zentrale Steuerung des Vorhabens verloren. Stattdessen nehmen vielzählige individuelle Interessen Einfluss. Dies geht letztlich zulasten der ursprünglichen Zielsetzung.“
Keine große Diskrepanz zeigt sich hingegen zwischen den Sollanforderungen und dem Ist-Status bei der Feedback-Kultur. Allerdings werde auch ein vergleichsweise geringes Anspruchsniveau erwartet, was etwa offene Diskussionsverhältnisse in Change-Projekten betrifft, bei denen sich die Mitarbeiter aktiv mit ihrem Feedback einbringen können. Für Ardour-Consultant Michael Maicher verbirgt sich darin eine grundsätzliche Schwäche der Change-Strategien: „Die Mitarbeiter sollten unbedingt mitgenommen werden, weil sie wichtige Mitgestalter (Change Agents) von Veränderungen sind. Dafür bedarf es jedoch einer Kommunikations- und Führungskultur, in der sie sich mit ihren persönlichen Sichtweisen und Erfahrungen aktiv einbringen können Maicher.“
Erfolgsfaktoren für Change-Projekte
- Tiefgreifende Veränderungen schnellstmöglich durchführen, um die Phase der Unsicherheit bei den Betroffenen so kurz wie möglich zu halten.
- Bei bereichsübergreifenden Veränderungen die Entscheidungsfindungen in einem Steuerungsgremium mit entsprechend hoher Besetzung fokussieren (Schmelztiegel).
- Einschneidende Entscheidungen nicht delegieren oder sozialisieren.
- Eine ehrliche Stakeholder-Analyse durchführen; kritische beziehungsweise unbequeme, aber letztlich wichtige Stakeholder jedoch nicht ausgrenzen.
- Genügend Zeit, Ressourcen und Budget für die Kommunikation einplanen.
- Eine aktive Beteiligung des Vorhabens durch das Top-Management einfordern und sicherstellen, etwa mittels Vor-Ort-Kommunikation und Diskussion mit den Mitarbeitern und weiteren Führungskräften.
- Klare und überprüfbare (messbare) Ziele formulieren und abstimmen; dabei auf Zielkonflikte achten.
- Den Führungskräften verdeutlichen, dass sie Vorbilder für die Mitarbeiter sind und die Veränderungen vorleben sollten.
- Nicht zu viele Initiativen und Vorhaben gleichzeitig starten und damit die Mitarbeiter und Organisation überfordern.
- Auswirkungen der Veränderungen auf die Mitarbeiter genau analysieren und kommunizieren, also nichts im Unklaren belassen.
- Darauf achten, dass das Unternehmen nach tiefgreifenden Veränderungen immer wieder in eine stabile Phase gelangt.
- Keine Machtstrukturen tabuisieren.
- Toleranz gegenüber Widerständen entwickeln, aber professionell darauf reagieren und nachhaltige Boykott-Haltungen sanktionieren.
Quelle: Ardour Consulting