DauerbrennerWarum Wissensmanagement immer noch wichtig ist

Wissen ist der entscheidende Rohstoff in allen Unternehmen. Doch viele haben schlechte Erfahrungen mit dem Wissensmanagement gemacht. Komplexe Technologien wurden nicht angenommen. Wichtig sind dabei: Unternehmenskultur und Mitarbeiter.

„Wissen ist kein Selbstzweck. Mittelständlern geht es nicht um Wissen, sondern um ihr Geschäft.“

Das sagt Rainer Weichbrodt Geschäftsführer der brühne gruppe in Dortmund. Damit bringt er so manche Vorbehalte gegenüber diesem schwer greifbaren Konstrukt „Wissensmanagement“ auf den Punkt. Denn viele Experten des Wissensmanagements ließen in den letzten Jahrzehnten meistens den Eindruck aufkommen, dass es ein Selbstzweck sei. Sie stellten hohe Anforderungen an Mitarbeiter und Organisationen und entwickelten Lösungen, die kaum jemand beherrschte.

Wissensmanagement ist kein Selbstzweck

Gleichwohl ist unbestritten: Der überwiegende Teil der Wertschöpfung in hoch entwickelten Volkswirtschaften basiert auf dem Rohstoff „Wissen“. Experten schätzen, dass der Anteil bei über 60 Prozent liege. Das weiß auch Rainer Weichbrodt, der in seinem Unternehmen zahlreiche Aktivitäten initiiert, die den Wissenserwerb und den Austausch unter den Mitarbeiter fördert.

Stichwort

Wissensarbeit

Wissensarbeit ist eine menschliche Tätigkeit, die nicht auf der Anwendung fertigen Wissens, sondern auf der Revidierung und Erneuerung sowie die Kombination gegebener Informationen setzt. Diese Art der Wissensarbeit soll die Lösung von neuen Aufgaben oder Probleme ermöglichen.

Quelle: Christiane Zehrer: Wissen managen im Web 2.0, 2007

Wissen und Wissensmanagement sollen Zweck und Werkzeug sein, um die eigenen Ziele zu erreichen. Somit ist es eine Selbstverständlichkeit. Es geht gar nicht anders: Jede Organisation betreibt Wissensmanagement. Die Frage ist nur: Wie effektiv und effizient sie das tut.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat in mehreren Studien festgestellt, dass nur wenige Unternehmen zielgerichtetes Wissensmanagement betreiben. Gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen liege vieles im Argen, sagen die Macher der Studien. Anlass für den Minister, die Programme „WissensMedia“ und „Fit für den Wissenswettbewerb“ zu starten und innovative Lösungen zu fördern. Jetzt sind die Projekte beendet und Erfolgsbeispiele zeigen, wie unterschiedlich die Lösungen für modernes Wissensmanagement aussehen können.

Beispiel brühne gruppe: Gewinner des BestPractice-IT Award 2006 im Bereich Wissensmanagement

Die brühne gruppe begann sehr früh damit, verschiedene Wissensmanagement-Aktivitäten einzuführen. Bereits im Jahr 1990 wurde mit „brühne 2000“ ein Konzept verabschiedet, das die Verbesserung von Soft Skills beinhaltete. In der Folgezeit ging es vor allem um die:

  • Erneuerung der Informations- und Kommunikationstechnologie,
  • Einführung mehrerer Management-Systeme (EFQM, Balanced Scorecard, ISO),
  • Einführung des selbst entwickelten Management-Experten-Systems PAMELA (planen, agieren, messen, erklären, lernen, Annahmen treffen).

Die brühne gruppe setzte sich zum Ziel, eine lernende Organisation zu werden. Eines der Schlüsselelemente dafür ist heute die „Wissens-Community“. Zu ihrer technologischen Unterstützung setzt man ein kostenloses Content-Management-System ein. Als virtuelle Kommunikations- und Wissensplattform ermöglicht es den standortübergreifenden Informationsaustausch in Echtzeit.

Doch die Technologie ist nicht alles - man sieht sie als unterstützendes Element. Denn beim Wissensmanagement legt brühne vor allem Wert auf den Menschen und die Organisation.

[Quelle: BMWi, Wissensmanagement in kleinen und mittleren Unternehmen und öffentlicher Verwaltung, 2007]

Wissensmanagement ist vor allem eine Frage der Unternehmenskultur

Die meisten Unternehmen haben erkannt, dass Technik für Wissensmanagement eine untergeordnete Rolle spielt. Entscheidend ist die Unternehmenskultur. Die zentrale Frage lautet: Sind alle Mitarbeiter in ihrem Unternehmen bereit, ihr Wissen an Kollegen weiterzugeben? Und sind sie bereit, fremdes Wissen als wertvoll zu betrachten und aufzugreifen?

Wenn die grundsätzliche Bereitschaft, Wissen zu managen, vorhanden ist, können viele Instrumente eingesetzt werden. Zunächst gilt es, die organisatorischen Rahmenbedingungen zu gestalten:

  1. Wissen erwerben und weitergeben funktioniert nur, wenn die Personen miteinander sprechen. Sie müssen die Erlaubnis und die zeitlichen Ressourcen haben, um sich zu treffen und Informationen auszutauschen. Worauf es ankommt, ist die effiziente und effektive Gestaltung solcher Besprechungen und Treffen. Wenn diese schlecht gestaltet sind, haben alle das Gefühl, ihre Zeit verschwendet zu haben.
  2. Personen müssen Zugang haben und berechtigt sein, um auf alle Informationen zugreifen zu können. Dazu zählt der Zugriff auf firmeninterne Informationen in Datenbanken genauso wie der Internet-Zugriff oder ein Seminarbesuch.
  3. Es können spezifische Regeln für den Wissensaustausch entwickelt werden. Wer muss wen, wann, worüber und warum informieren? Einige Regeln können durch klar beschriebene Prozesse, Formulare oder gar durch Handbücher unterstützt werden.

Der persönliche Austausch von Wissen und das Einhalten der Regeln können durch technische Instrumente unterstützt und ergänzt werden. Wichtig ist, dass die Technik immer nur Daten und Informationen transportieren kann. Wissen ist, was der Nutzer daraus macht. Dies setzt eine Interpretationsleistung voraus. Um Daten und Informationen richtig interpretieren zu können, müssen die Nutzer kombinieren, Informationen verknüpfen, bewerten und sich mit anderen darüber austauschen. Sie müssen sich den Kontext erschließen. Das ist der Grund, weshalb Kommunikation (face-to-face, Telefon, E-Mail) so wichtig ist.

Beispiel Wissensgemeinschaften (Knowledge Communities) im Krankenhaus

Im Projekt know-IT wurde das Wissensmanagement im Krankenhaus neu organisiert. Ziel war es, vorhandene Wissenspotenziale in den Köpfen der Verwaltungsmitarbeiter, Ärzte und Pflegenden ebenso wie das Wissen in Akten und Datenbanken zu erschließen, zu strukturieren und den Informationen suchenden Anwendern problemorientiert zur Verfügung stellen. Erforderliches neues Wissen wurde durch Communities generiert.

In sogenannten Process Owner Communities wurden prozessbezogene Arbeitsgruppen gebildet, die je nach Aufgaben und Arbeitsschritte der jeweiligen Prozesse abteilungs- und hierarchieübergreifend zusammengesetzt waren aus Ärzten, Pflegenden oder Verwaltungsmitarbeitern, die informell miteinander verbunden waren.

Die Communities bilden das Funktionswissen wie Operationstechniken und das Prozesswissen wie die Beschreibung einzelner Arbeitstätigkeiten und deren Verknüpfung mit anderen Prozessen und Schnittsellen ab. Durch die Anerkennung eines Expertenstatus innerhalb einer Community konnte die Bereitschaft Wissen zur Verfügung zu stellen, erhöht werden.

Communities verbessern damit die Teamergebnisse und schaffen einen Raum, kontextgebundenes implizites Wissen (Erfahrungswissen) auszutauschen.

[Quelle: BMWi, Wissensmanagement in kleinen und mittleren Unternehmen und öffentlicher Verwaltung, 2007]

Wer Wissensmanagement einführen will, muss einige Hürden überwinden. Die Mitarbeiter – auf die kommt es an – machen nur mit, wenn sie persönlich einen Vorteil darin erkennen: Bessere Leistungen, einfachere Abläufe sowie Lob und Anerkennung können einen Beitrag dazu leisten.

Probleme der Wissensbeschaffung

Wissensbeschaffung ist teuer. Sie kostet immer Zeit und Geld. Darüber hinaus gibt es auch spezifische Problematiken:

  • Neues Wissen kommt sehr oft mit neuen Mitarbeitern ins Unternehmen. Diese haben durch ihre Ausbildung, ihr Studium oder ihre bisherige berufliche Tätigkeiten Wissen und Erfahrungen sammeln können, die sie nun mitbringen. Hier müssen die Unternehmen Rahmenbedingungen schaffen, dass dieses Wissen auch eingesetzt wird.
  • Eigene Mitarbeiter eines Unternehmens können auf Seminare geschickt werden, oder es können externe Berater beauftragt werden. In großen Unternehmen gibt es zentrale Abteilungen für die Informationsbeschaffung. Meistens machen sich die Mitarbeiter selbst auf die Suche, wenn sie neues Wissen brauchen. In der Praxis ist all das aber wenig aufeinander abgestimmt.
  • Großes Hemmnis für alle: Im Arbeitsalltag fehlt die Zeit, sich neues Wissen zu beschaffen. Man bleibt beim Bisherigen, fragt den Kollegen oder wurstelt sich durch.

Probleme der Wissensaneignung

Wissen ist dann von Wert, wenn es in Aktion umgesetzt wird, wenn es handlungsrelevant wird. Alle Mitarbeiter in einem Unternehmen sollten das vorhandene Wissen auch nutzen. Voraussetzung ist, dass sie es zu ihrem eigenen machen. Dies bedarf der Motivation, der Kompetenz und der Zeit.

  • Wissen muss so aufbereitet werden, dass es die Motivation der Mitarbeiter nicht mindert, sich dieses anzueignen und anzuwenden. Wissensaneignung muss einen echten Nutzwert haben und im Idealfall sogar Spaß machen.
  • Wissen muss für die Mitarbeiter zu verstehen sein. Sie müssen die kognitiven Kompetenzen mitbringen, oder die Wissensvermittlung (als Teil der Wissensaneignung) muss sich an den vorhandenen Kompetenzen orientieren.
  • Wissensaneignung findet in den Unternehmen meistens unter Zeitdruck statt. Mitarbeiter haben schnell und zuverlässig eine Aufgabe zu erfüllen. Wie umfangreich und nachhaltig können sie sich dabei das notwendige Wissen aneignen?

Technik als Hilfe zur Überwindung der Hürden

Oft ist sind die organisatorischen Regelungen zu restriktiv und die Technik zu komplex. Das schreckt viele Mitarbeiter ab, sich am Wissensmanagement zu beteiligen. Wenn die Akzeptanz fehlt, ist das gesamte System zum scheitern verurteilt.

Das ist einer der Gründe, weshalb gerade einfache Techniken zur Wiederbelebung des Wissensmanagements in den letzten Jahren beigetragen haben. Das Internet hat vieles möglich gemacht und zahlreiche Anstöße geliefert. Doch auch hier hat sich mit Content Management Systemen, Workflow Systemen, Dokumenten Management oder E-Learning einige Ernüchterung breit gemacht.

Viele große Unternehmen setzen solche Systeme ein und haben dabei ganz unterschiedliche Erfahrungen mit der Akzeptanz durch die Mitarbeiter gemacht. Sehr oft sind sie enttäuschend. Kleine Unternehmen setzen immer noch auf die klassischen Formen des Wissensmanagements: Kollegen fragen, E-Mail versenden, zum Telefonhörer greifen, Dokumente im Datei-Manager ablegen. Dazwischen ist die technologische Barriere.

Technische Lösungen im Wissensmanagement

Ein Kernelement aller Systeme ist die Suche (Retrieval): Was einmal im System abgelegt wurde, soll auch wieder gefunden werden. Logik und Denkweise der Mitarbeiter unterscheiden sich dabei sehr, sodass ohne eine ausgereifte Suchtechnologie und unterstützende Systeme sehr schnell viel Wissen verloren geht. Zwar nutzen heutzutage fast alle Google oder andere Internet-Suchmaschinen, doch auch diese Rechercheform will gelernt sein. Wieder suchen die Technikexperten nach Lösungen: Dazu gehören die Entwicklungen rund um das semantische Web.

Systeme des Wissensmanagements: Web 2.0

Neuerdings setzen die Wissensmanager große Hoffnungen in das sogenannte Web 2.0: Wikis, Blogs, Feed-Funktionen, Tagging und andere interaktive Anwendungen sollen neue Impulse verleihen. Was sie auszeichnet: Sie sind sehr einfach zu nutzen. Doch auch hier stellt sich die Frage: Werden sie von den Mitarbeitern in den Unternehmen wirklich genutzt? Oder doch nur ein neuer Hype?

„Herkömmliche Wissensmanagement-Software war an ihrer eigenen Komplexität gescheitert.“

Davon ist Johannes Kleske überzeugt, der für das Fraunhofer NOC in Karlsruhe ein Wissensmanagement-System entwickelte, das vor allem eines sein sollte: einfach und nutzerorientiert. Seine Lösung:

  • Feeds: Sie helfen dabei, sich schnell über interne und externe Informationsquellen zu informieren;
  • gruppeninternes Weblog: Wenige Kategorien werden für den Wissensaustausch vorgegeben, die Anwender können ihre Beiträge mit eigenen Schlagworten versehen (Tagging);
  • Wiki: Hier können die Nutzer ihr Wissen flexibel dokumentieren.

Für die Umsetzung legte Kleske besonderen Wert auf die Schulung der Anwender. Bei der Einführung brachten diese ihre eigenen Beispiele mit und bauten so gleich das Wissensmanagement-System mit auf. Das baut Einstiegshürden ab und macht schnelle erste Erfolge sichtbar.

Wissensmanagement ist also keine einmalige Lösung, sondern ein permanenter Prozess im Unternehmen. Er basiert auf zwei Elementen:

  1. Zugriff auf Informationen, die andere zur Verfügung stellen.
  2. Vermittlung von Kompetenzen, um zu wissen, welche Informationen wichtig sind, wie sie zu beurteilen sind und wie sie in konkrete Aktivitäten umgesetzt werden können.

Wer sie beherrscht, bekommt auf seine Investition eine ausreichende Verzinsung und kann erfolgreich Geschäfte machen.

Die grundlegenden Prozesse im Wissensmanagement

Links und weiterführende Informationen

Ein Leitfaden Wissensmanagement in kleinen und mittleren Unternehmen und öffentlicher Verwaltung zum kostenlosen Download:

http://www.bmwi.de/BMWi/...

Zahlreiche Beispiellösungen für Wissensmanagement finden Sie unter:

http://www.wissenmanagen.net/...

Ein Beispiel, wie Wissensmanagement mit den Technologien des Web 2.0 funktionieren kann, finden Sie hier:

http://www.sciencegarden.de/berichte/...

http://tautoko.info/diplomarbeit

Plattformen zum Wissensmanagement:

http://www.wissensmanagement.net

http://www.wissenmanagen.net

http://knowledgemanagement.ittoolbox.com

[jf]

Dazu im Management-Handbuch

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