DefizitIdeenmanagement ist ein vernachlässigter Wettbewerbsfaktor
Nur ein gutes Viertel der 500 umsatzstärksten Konzerne in Deutschland haben eigenem Bekunden nach bereits ein modernes Ideenmanagement etabliert. Der Großteil der restlichen Unternehmen geht das Thema nicht ernsthaft an. 20 Prozent geben sogar offen zu, Mitarbeiterideen gar nicht zu erfassen. Zu diesem Schluss kommt die aktuelle Studie „Ideenmanagement 2007“ des Marktforschers EuPD Research.
Erstaunlich, denn ein professionell geführtes Ideenmanagement zählt oft zu den profitabelsten Abteilungen eines Unternehmens. Im Schnitt, so ermittelt die Studie, erwirtschaften diese Abteilungen für die Unternehmen einen Return-of-Investment (ROI) von 1:10. Oliver-Timo Henssler, leitender Projektmanager bei EuPD Research erklärt:
„Dabei unterscheidet sich das moderne Ideenmanagement heute teils deutlich von früheren Ansätzen, wie dem betrieblichen Vorschlagswesen. Nahmen die Unternehmen früher eher sporadische Verbesserungsvorschläge der Belegschaft an, so investieren einige Konzerne heute erfolgreich in Abteilungen, die sich ausschließlich mit dem Ideenmanagement beschäftigen.“
Wie sich bei den Untersuchungen gezeigt hat, existieren in der Praxis allerdings immer noch sehr unterschiedliche Ansätze und Konzepte zur Förderung innerbetrieblicher Ideen. Diese Besonderheiten wurden im Rahmen der Studie „Ideenmanagement 2007“ in Tiefeninterviews ermittelt und um Modellprojekte, Best-Practice-Ansätze und individuelle Erfahrungen aus der Praxis der führenden deutschen Ideenmanager ergänzt.
Die wissenschaftliche Bewertung der erhobenen Ergebnisse erfolgte durch Deutschlands führende Ideenmanagement-Experten Prof. Dr. Friedrich Kerka, vom Bochumer Institut für angewandte Innovationsforschung, und Christiane Kersting, Expertin am Deutschen Institut für Betriebswirtschaft (dib) mit Sitz in Frankfurt am Main. Zu den Unternehmen mit dem innovativsten Ideenmanagement im Bereich Produktion zählen in diesem Jahr
- Autobauer Audi,
- Siemens und
- der Energie- und AutomationstechnikkonzernABB.
Bei den Dienstleistern liegen auf den Spitzenplätzen:
- die Deutsche Post und
- Druckhaus Spandau der Axel Springer AG
In der Praxis meist zu bürokratisch
Die größten Hemmnisse im Ideenmanagement verursachen die mangelnde Einbindungund fehlende Sensibilisierung der Führungskräfte, die auf die Expertise dereigenen Mitarbeiter zu wenig Wert legen. Ohne Unterstützung der Geschäftsführung ist aber der Aufbau eines nachhaltigen Ideenmanagements nur schwer möglich. In der Praxis sind zudem die oft lange und bürokratische Bearbeitung eingereichter Ideen zu bemängeln, sowie die ungenügende Kommunikation mit den Ideengebern, so die Studie weiter.
Im Gegensatz zum althergebrachten betrieblichen Vorschlagswesen soll das Ideenmanagement auch die Kreativität der Mitarbeiter aktiv steuern – allerdings tun dies bislang noch wenige Konzerne. Dazu Friedrich Kerka:
„Viele Ideen zu produzieren, ist weniger das Problem. Weit anspruchsvoller ist es, das kreative Engagement der Mitarbeiter gezielt zu aktivieren und für die Unternehmensentwicklung zu erschließen. Das ist die eigentliche Herausforderung des Ideenmanagements.“
Befragung mittels quantitativ-qualitativer Tiefeninterviews
Dies sind einige Ergebnisse der Studie „Ideenmanagement 2007“, die EuPD Research unter den 500 umsatzstärksten Konzernen in Deutschland durchgeführt hat. Mit den leitenden Ideenmanagern von 98 Unternehmen konnten dazu detaillierte Tiefeninterviews geführt werden. Die Basis der Befragung bildete ein standardisierter Fragebogen zu den Themen:
- Etablierung und Organisation
- Belohnung und Prämierung
- Einsatz von Software und Datenbanken
- Motivation von Mitarbeitern und Führungskräften
- Kennzahlen und Erfolge
Indikator für die Führungsqualität
„Ideenmanagement, soviel ist deutlich geworden, ist ein guter Indikator für die Führungsqualität des Managements. Nur gut geführte Unternehmen mit zufriedenen Mitarbeitern sind auch auf Dauer innovativ.“
Das zumindest meint Oliver-Timo Henssler. Die gefühlte Wertschätzung ist denn
auch ein wesentlicher Antrieb, Ideen gegenüber den Vorgesetzten vorzubringen. In den Unternehmen der Stichprobe haben im Jahr 2006 durchschnittlich 25 Prozent der Mitarbeiter Ideen eingereicht. (2005: 23 Prozent). Oliver-Timo Henssler:
„Wie so oft gilt auch hier: der erste Vorschlag ist der schwierigste und kostet die Mitarbeiter in der Regel auch die meiste Überwindung. Hier müssen die Unternehmen ihre Mitarbeiter unterstützen und immer wieder aufs Neue motivieren.“
Dabei können unterschiedliche Ansätze helfen. Die Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) etwa belohnen neue Ideengeber mit Prämien. Der Automobilzulieferer ZF Passau schreibt zum Jahresende alle Mitarbeiter gezielt an, die noch keine Ideen eingebracht haben und fordert aktiv zur Ideeneinreichung auf.
Bonuszahlungen und „Club der Denker“ sollen motivieren
Die Motivation der Mitarbeiter erfolgt in fast allen Unternehmen in monetärer
Form. Knapp 80 Prozent bieten zudem Sachprämien an. Immerhin 45 Prozent
haben interne Wettbewerbe beziehungsweise Auszeichnungen etabliert – so belohnt die Daimler-Tochter Evobus jährlich drei Führungskräfte, die sich am stärksten engagiert haben, die Deutsche Post hat einen Club der Denker für besonders innovative Mitarbeiter etabliert, und Beiersdorf lässt jährlich die schnellsten und besten Gutachter auszeichnen.
Zu den wesentlichen Erfolgsfaktoren zählt auch die Nähe zu den Mitarbeitern. So setzt die König & Bauer AG auf ein Ideenmobil, das gezielt auf Tour in die Produktionsbetriebe geht und den Mitarbeitern in 10-stündigen Workshops das Ideenmanagement näher bringt. Der Technikkonzern Voith AG verlagert sogar das gesamt Ideenmanagement-Büro im 14-Tage-Turnus in die Produktionsabteilungen.
Ideenmanagement ermöglicht Einsparungen in Millionenhöhe
Die Ideenmanager haben einiges vorzuweisen – immerhin jeder zehnte Konzern konnten so allein in 2006 rechenbare Einsparungen von mehr als 10 Millionen Euro erzielen. Führend sind hier die Deutsche Post mit 271 Millionen Euro, VW mit 168 Millionen Euro und die Siemens AG mit 158 Millionen Euro.
Gerade im Angesicht dieser Zahlen ist es kaum verständlich, dass die Mehrzahl der deutschen Unternehmen das Thema nach wie vor vernachlässigen. Christiane Kersting vom dib versichert:
„Ideenmanagement hat keinen Haken. Es gibt kein Argument, das dagegen spricht, aber viele dafür. Wir brauchen eine stärkere Wahrnehmung in der Managementlehre."
Hinweis
Hier finden Sie weitere Informationen und können Sie die Studie bestellen: www.eupd-research.com
[jf; Quelle: EuPD Research]