EinkaufEs gibt immer etwas zu optimieren

Bei Rohstoffen müssen Einkäufer große Preisschwankungen beachten. Die richtige Vorgehensweise hilft, hier Einsparpotenziale zu heben.

Die Wirtschaftsmagazine sind voll von Meldungen die steigende Preise für Rohstoffe verkünden. Einige Wochen später jedoch ist meist alles wieder Makulatur, wenn die Preise für die gleichen Rohstoffe wieder fallen. Nahezu alle Preise für Rohstoffe und -materialien sind starken Schwankungen unterworfen. Dasselbe gilt für die Marktbedingungen. Wird der Markt heute zum Beispiel von Stahl oder Zellulose, Mais oder Baumwolle überschwemmt, sind diese oft wenige Monate später nur noch schwer zu bekommen, das heißt beispielsweise nur mit langen Lieferfristen und zu einem exorbitant hohen Preis.

Einkaufsprozess „sauber“ definieren

Aufgrund dieses starken Schwankens der Marktpreise und -bedingungen gibt es beim Einkauf von Rohstoffen und -materialien eigentlich immer etwas zu optimieren. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren verschärfen, da der Rohstoffhunger von Ländern wie beispielsweise China immer größer wird. Ein entsprechend scharfes Auge sollten Einkäufer gerade bei den Rohstoffen und -materialien darauf haben, ob die Einkaufsstrategie und der Einkaufsprozess noch der Marktsituation gerecht werden. Sonst drohen Versorgungsengpässe, oder das Unternehmen kann seinen Bedarf nur noch zu einem Preis stillen, der seine Wettbewerbsfähigkeit und das Erreichen seiner Ertragsziele gefährdet. 

Um solche Fehlentwicklungen zu vermeiden, müssen Einkäufer von Rohstoffen den strategischen Einkaufsprozess für die benötigten Materialien sehr sauber definieren – und zwar in allen sechs Stufen:

  • Bedarfsanalyse
  • Einkaufsmarktanalyse
  • Ableiten der Einkaufsstrategien
  • Auswahl des Implementierungspfads
  • Lieferantenanalyse und -auswahl
  • Vertragsabschluss und Implementierung

Im Folgenden finden Einkäufer Tipps, was sie beim Definieren und Optimieren des strategischen Einkaufsprozesses für Rohstoffe und -materialien beachten sollten.

Den Markt in Ruhe sondieren

Nehmen Sie den gesamten strategischen Einkaufsprozess rigoros ins Visier, selbst wenn die Einkaufsentscheidung und die Lieferantenauswahl dann etwas länger dauern. Denn Sorgfalt zahlt sich mittelfristig aus. Dass Sie nicht unmittelbar in die Verhandlungen mit (potenziellen) Lieferanten eintreten, macht Sie nicht zur „lahmen Ente“. Vielmehr bewahrt es Sie davor, wenig informiert Entscheidungen zu treffen. Markt- und Wettbewerbskenntnis sind die entscheidenden Stellgrößen, nicht die Geschwindigkeit Ihrer Entscheidung.

Externe und interne Partner im Blick haben

Behalten Sie dabei im Blick, wer Ihre wirklich wichtigen Partner sind – unabhängig davon, ob es sich um externe Partner wie Lieferanten, Informanten und Kunden oder interne Partner, also Kollegen aus den Fachbereichen, handelt. Fragen Sie deren Bedarf und Prioritäten im Detail ab, denn Sie müssen wissen, was etwa in der Produktion wirklich gebraucht wird. Außerdem brauchen Sie Verbündete, um die Einkaufsstrategie im Unternehmen durch- und umzusetzen.

Einkaufsbedarfe den Materialgruppen zuordnen

Die Bedarfsabfrage liefert Ihnen eine komplexe Menge an Daten und Informationen, die es zu entwirren, zu ordnen und zu bewerten gilt. Ordnen Sie hierfür die von Ihren Partnern skizzierten Bedarfe und Volumina wohlsortiert definierten Materialgruppen zu, um sich einen Überblick zu verschaffen. Danach können Sie eine Zuordnung der Spezifikationen und bestehenden Verträge vornehmen sowie der Informationen über die bisherigen Optimierungsmaßnahmen, die im Gedächtnis Ihrer Organisation gespeichert sind. Nur so gewinnen Sie den erforderlichen Überblick, der Ihnen ein realistisches Abschätzen des Bedarfs sowie der Einsparpotenziale und ein Bewerten der möglichen Einkaufsstrategien erlaubt.

Überprüfung der Wertschöpfungskette

Zapfen Sie bei der Einkaufsmarktanalyse möglichst alle relevanten Quellen an, um Antworten auf Ihre Fragen zu finden. Verbände, Suchmaschinen, Datenbanken und Fachzeitschriften bieten Ihnen ausreichend Material. Ermitteln Sie:

  • Wie tickt der (Einkaufs-)Markt für bestimmte Rohstoffe?
  • Welche Marktkräfte wirken in ihm?
  • Wer sind die namhaften Player?
  • Nach welchen Regeln werden die Preise gemacht?
  • Wie lauten die Prognosen für die Preisentwicklung?

Schauen Sie sich vor allem auch die typische Wertschöpfungskette an: von der Gewinnung des Rohstoffs über dessen Weiterverarbeitungsstufen bis hin zur Auslieferung. Gegebenenfalls können Sie bestimmte Weiterverarbeitungsstufen getrennt voneinander einkaufen oder sogar ausschalten und so Geld sparen. So können Sie zum Beispiel beim Stahleinkauf Muttercoil und Spaltvorgang getrennt einkaufen, sofern Sie bestimmte Mengen benötigen.

Kosten-Nutzen-Relation verbessern

Ihre Aufgabe lautet in der Regel nicht möglichst billig, sondern möglichst preiswert einzukaufen – also eine möglichst gute Kosten-Nutzen-Relation zu erzielen. Diese Relation können Sie als Einkäufer über mehrere Wege verbessern. Beispiele dafür:

  • Reduktion des Einkaufspreises über ein Preis-Benchmarking
  • Verringern der benötigten Menge
  • Optimierung der Spezifikationen
  • Optimieren der Supply Chain

Seien Sie kreativ und kombinieren Sie die richtigen Hebel miteinander. Halten Sie nicht stoisch an der einmal gewählten Strategie fest und gehen Sie die strategische Ausrichtung Ihres Einkaufs clever an, ohne den Überblick zu verlieren. Erst wenn Sie alle denkbaren Strategien überprüft haben, können Sie entscheiden, welches Strategiebündel angewendet werden sollte. 

Doch Vorsicht! Nicht jede (Einkaufs-)Strategie eignet sich für jede Warengruppe. Die Wahl der Strategie ist individuell auf die Warengruppen abzustimmen – auch weil diese eine unterschiedliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit Ihres Unternehmens haben. In der Regel besteht die Herausforderung darin, mehrere Einsparhebel zu einem Einkaufsstrategiebündel zu kombinieren.

Marktwissen in Verhandlungen einsetzen

Mit der richtigen Einkaufsstrategie können Sie in die Ausschreibungen einsteigen, um den geeigneten Lieferanten zu identifizieren. Setzen Sie dabei Ihre Marktkenntnisse ein, um den Wettbewerb anzufachen. Zum Beispiel Ihr Wissen darüber, wie der Markt für bestimmte Rohstoffe strukturiert ist und wie er sich voraussichtlich entwickeln wird. Oder Ihr Wissen, wer die schärfsten Wettbewerber der potenziellen Lieferanten sind. Führen Sie, nachdem Sie die Ausschreibung ausgewertet haben, mit den Lieferanten der engeren Wahl die erforderlichen Verhandlungen, bis die Entscheidung für einen oder mehrere Anbieter fällt. Auch für die Verhandlungen gilt: Je mehr Sie über den Markt und die potenziellen Lieferanten wissen, um so bessere Ergebnisse können Sie erzielen.

Ausgehandelte Bedingungen absichern

Achten Sie beim Vertragsabschluss darauf, dass der Vertrag die Besonderheiten des Marktes für Rohstoffe und -materialien berücksichtigt, zum Beispiel das starke Schwanken der Marktpreise sowie das rasche Verändern der Marktbedingungen. Fügen Sie abhängig von Ihren Einkaufs- oder Unternehmenszielen entsprechende Klauseln in die Verträge ein, die Ihnen zum Beispiel die gewünschte Preisstabilität oder -flexibilität garantieren.

Falls Ihr Unternehmen mit den vereinbarten Konditionen „gut leben kann“, sollten Sie überlegen, die Preise durch langfristige Verträge oder durch ein Hedging abzusichern. Spekulieren Sie besser nicht auf fallende Preise, solange die aktuellen Einkaufskonditionen eine gute Kalkulationsgrundlage für Ihr Unternehmen bilden – getreu der alten Börsenweisheit: „An realisierten Gewinnen ist noch niemand verarmt.“

Einsparungen messen

Messen Sie nach Vertragsabschluss während der anschließenden Implementierung die erzielten Einsparungen sowie Kostenvermeidungen und behalten Sie deren Relevanz für die Gewinn-und-Verlust-Rechnung kontinuierlich im Auge. Suchen Sie einen passenden Rohstoffindex, um den Nachweis zu führen, wie sich Ihre vereinbarten Konditionen im Vergleich zu einem Index entwickeln. Hierbei ist wichtig, dass die Finanz- und Controllingabteilung mit der Einsparmessmethode einverstanden ist.

Eigene Einkaufsstrategie immer wieder überprüfen

Stellen Sie Ihre einmal getroffenen Einkaufsstrategie-Entscheidungen regelmäßig – nicht nur anlassbezogen – auf den Prüfstand. Denn wie bereits gesagt: Bei den Rohstoffen und -materialien schwanken die Marktpreise und -bedingungen stark. Deshalb gibt es immer etwas zu optimieren – selbst wenn Sie sich zum Beispiel durch langfristige Lieferverträge gegen die größten Risiken abgesichert haben. Denn auch dann hindert Sie niemand daran – wenn die Preise gerade einmal wieder im Keller sind – mit Ihrem Lieferanten in eine Nachverhandlung einzutreten. Seien Sie sicher: Er hat für Ihre Bedürfnisse ein offenes Ohr. Zumindest dann, wenn Sie ein guter Kunde von ihm sind und er sie langfristig an sich binden möchte.

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