Einkauf und Bestellmenge

Kosten beim Einkauf lassen sich nicht allein über den Preis einsparen. Auch die Bestellmenge ist ein passender Hebel.

Den meisten Einkäufern fällt als Antwort auf die Frage, welche Faktoren die Höhe der Kosten für direkte und indirekte Materialien, Dienstleistungen und Investitionsgüter beeinflussen, spon­tan der Preis ein. Daneben möglicherweise noch die Folgekosten, die zum Beispiel aus dem Lagern und Warten der Beschaffungsobjekte ent­stehen können. 

Doch nicht nur der Preis, auch die Bestellmenge bestimmt die Beschaffungs­kosten – eine Tatsache, die häufig unbeachtet bleibt. In den meisten Einkaufsabteilungen herrscht nämlich die Meinung vor, dass der Einkauf bei der Gleichung der Einkaufskosten (Preis beziehungsweise Prozesskosten mal Menge) nur die Preisseite angehen kann und die Mengenseite gar nicht zur Disposition steht. Durch die einseitige Fokussierung auf die Preisoptimierung bleiben aber erhebliche Sparpotenziale ungenutzt.

Im Folgenden wird erläutert, welche Hebel dem Einkauf zur Verfügung stehen, um die Einkaufskosten mit einem konse­quenten Mengenmanagement zu optimieren.

Hebel zur Mengenoptimierung

Um den Verbrauch von Materialien oder Dienstleistungen zu beeinflussen, stehen dem Beschaffungsmanagement mehrere Hebel mit unterschiedlicher Durchschlagskraft zur Verfügung. Am Beispiel der Materialgruppe „IT-Hardware“ lässt sich die Wirkungsweise der vier Mengenhebel leicht veranschaulichen. 

Ein Mittel, um die Einkaufsmenge zu reduzieren, ist das Schaffen oder Intensivieren des Kosten­bewusstseins im Unternehmen. Dieser Hebel zählt zu den schwächeren, weil sein Einsatz fast ausschließlich auf die Koopera­tionsbereitschaft der Mitarbeiter setzt. So können zum Beispiel in den einzelnen Unterneh­mensbereichen die Kosten für Hardware und Instandhaltung transparent gemacht und an die Mitarbeiter kommuniziert werden – in der Hoffnung, dass sie vorsichtiger mit neuen Bestellungen umgehen und so zur Reduktion der Einkaufsmengen beitragen.

Ein stärkeres Mittel ist das Verschärfen der Bedarfskontrolle, bei der höherrangigere Vorgesetzte als zuvor (zum Beispiel Hauptabteilungs­leiter statt Abteilungsleiter) die Bestellungen für IT-Hardware genehmigen. Eben­falls bewährt hat sich in vielen Unternehmen das Reduzieren der Kaufhäufigkeit von IT-Hard­ware durch ein Verlängern der Anschaffungs­zyklen von zum Beispiel drei auf vier Jahre.

Einkaufs­mengenoptimierungen lassen sich vor allem über ein Reduzieren der eingekauften Menge bis hin zur kompletten Eliminierung von Bedarf erzielen. Wenn zum Beispiel Serverkapazitäten an verschiedenen Unternehmensstandorten getrennt voneinander genutzt werden, bleiben in der Regel Restkapazitäten ungenutzt. Eine Konsolidierung des Serverbestands schafft hier Abhilfe. Ein komplettes Eliminieren oder zumindest drastisches Reduzieren des Bedarfs bei IT-Hardware ist unter anderem möglich, indem Kopiergeräte anschafft werden, die auch Druckfunktionen erfüllen. Dann sind weniger oder gar keine separaten Drucker mehr nötig.

Prozess des Mengenmanagements

Um ein effektives Mengenmanagement zu etablieren, empfiehlt sich eine Vorgehensweise in zwei Phasen: 

Phase 1: Potenzialanalyse

Im ersten Schritt geht es um das Beantworten der klassischen sieben „W’s“ des Einkaufs:

Wer kauft was bei wem zu welchem Preis in welcher Menge wie häufig über welchen Bestellweg ein?

Ziel dieser Datenerhebung ist es, ein Verständnis dafür zu bekommen, wofür genau das Unternehmen sein Einkaufsvolumen verwendet. Es ist nicht hinreichend, bei der Datenerhebung pauschal das Einkaufsvolumen für IT-Hardware pro Lie­ferant zu erheben, sondern es müssen konsequent alle sieben „W‘s“ abgearbeitet werden, um Anhalts­punkte für eine Mengenoptimierung zu identi­fizieren. Am besten gelingt dies, indem das Einkaufsvolumen in Materialgruppen, Lieferan­ten und Unternehmenssparten (Business Units) unterteilt wird.

Dieser Ansatz ist aufwändig, lohnt sich aber, denn so kann zum Beispiel ermittelt werden, dass die eine Unternehmenssparte besonders viele Laptops im Verhältnis zu Desktop-PCs einkauft, während eine andere unverhältnis­mäßig viele Peripheriegeräte anschafft. Nur mit Hilfe solch detaillier­ter Erkenntnisse lassen sich für die einzelnen Unternehmenssparten die jeweils geeigneten Hebel ermitteln, um die Einkaufsmengen zu reduzieren und die gewünschten Einsparungen zu erzielen.

Im zweiten Schritt gilt es, die durch das Mengenmanagement zu erreichenden Einspar­potenziale abzuschätzen. Dazu müssen die Einkaufspraktiken und -vorschriften sowie Kontroll­maßnahmen im Unternehmen durch Interviews mit internen Bedarfsträgern aus verschie­denen Hierarchieebenen und Unternehmens­sparten recherchiert und verglichen werden. Oft zeigen sich dabei große Unterschiede im Einkaufsverhalten zwischen den unterschiedli­chen Abteilungen und Sparten – zum Beispiel aufgrund unterschiedlicher Richtlinien für die Beschaffung von Hard- und Software. Hieraus lassen sich wiederum kon­krete Anhaltspunkte für Einsparpotenziale ableiten.

Ihren Abschluss findet die Analyse des Einspar­potenzials in der Priorisierung der Material­gruppen nach Höhe des möglichen Ein­sparvolumens und nach dem Schwierig­keitsgrad der entsprechenden Kostensen­kungsinitiative. Wichtig ist in diesem Zusammenhang das Festlegen einer Messlatte, an der die Höhe der jeweiligen Einsparungen abgelesen werden kann. Nur auf diese Weise kann der Einkauf eindeutig nachweisen, dass durch seine Initiative tatsächlich Einkaufsmengen reduziert wurden. Bei der Überprüfung helfen Indikatoren, die konkrete Ergebnisse vorschrei­ben – zum Beispiel die prozentualen Anteile der Mitarbeiter, die nach der Kostensenkungs­initiative einen Desktop-PC oder einen Laptop besitzen sollten. Das Entwickeln systemati­scher und sinnvoller Indikatoren bedarf einiger Denkarbeit. Diese zahlt sich aber aus, weil die Ergebnisse der Kostensenkungsinitiative damit greifbar und überprüfbar gemacht werden.

Phase 2: Realisierung des Einsparpotenzials

Damit eine fundierte Auswahl von Hebeln für die Mengenoptimierung erfolgen kann, ist es wichtig ein Verständnis dafür zu entwickeln, was die Treiber, also die Ursachen und Gründe für die Bestellmengen sind. Beispielsweise ist im Fall des PC-Einkaufs der Mengentreiber häufig die turnusgemäße Erneuerungsrate, die irgendwann einmal von der IT-Abteilung fest­gelegt und nicht mehr überprüft wurde. Zudem wird es für jede Materialgruppe höchstwahr­scheinlich jeweils mehrere Mengentreiber ge­ben, die es zu verstehen gilt. Das Identifizieren der Mengentreiber erfordert deshalb viel investigative Detailarbeit.

Wurden die Mengentreiber erfasst, geht es im nächsten Schritt an die Auswahl der Hebel für die Mengenreduzierung. Dabei ist es wichtig, dass alle sechs Hebel für jede Materialgruppe beziehungsweise Untergruppe systematisch auf ihre Anwendbarkeit hin abgeklopft werden. In der Regel greift zumindest einer der sechs Hebel in jeder Materialgruppe. Um die Anwendbarkeit der Hebel zu überprüfen, sollte das Unternehmen sowohl interne Benchmarks – durch einen Vergleich von Unternehmens­sparten beziehungsweise Standorten – als auch externe Benchmarks durch einen Vergleich zu anderen Unternehmen hinzuziehen. Sie liefern wichtige Anhaltspunkte für die Auswahl der geeigneten Mengenhebel.

Wurden die Mengenhebel für jede Materialgruppe ausgewählt, kann die Umsetzung beginnen. Hierfür ist ein rigoroses „Tracking“ erforderlich, das die Einhaltung (Compliance) der verein­barten Kostensenkungen konsequent über­wacht und überprüft, ob die Einkaufsbudgets auch um die erzielten Einsparungen gekürzt werden. Ohne ein solches „Tracking“ laufen Mengenoptimierungen erfahrungsgemäß Gefahr, nach einer enthusiastischen Planungs­phase in der Umsetzung sang- und klanglos im Sande zu verlaufen.

Ein kritischer Faktor für den Erfolg der Mengen­optimierung besteht im Mitnehmen beziehungsweise der Beteiligung der Mitarbeiter über alle Ebenen des Unterneh­mens hinweg. Auch die Unterstützung des Vor­stands beziehungsweise der Geschäftsleitung ist von gro­ßer Bedeutung. Die Unternehmensleitung soll­te ihre Führungsaufgabe konsequent wahrneh­men und die Maßnahmen der Mengenopti­mierung kommunizieren, regelmäßig kontrol­lieren und bei Nichteinhaltung der verabschie­deten Maßnahmen entsprechende Sanktionen aussprechen. Nach Möglichkeit sollten zudem alle Hierarchieebenen im Unternehmen glei­chermaßen an den Einsparungsmaßnahmen teilnehmen. Wenn die oberen Ebenen im Unternehmen mit gu­tem Beispiel vorangehen, erleichtert dies die Akzeptanz der anderen Ebenen bezüglich der Mengenoptimierung.

Um die nötigen beziehungsweise gewünschten Ein­sparungen zu erzielen, sollte sich der Einkauf von seinem tradierten Denken, Kosten lassen sich alleine durch Preisoptimierungen einsparen, lösen und das Optimieren und Reduzieren der Einkaufsmengen als gleichberechtigte Lösung in seine Einsparüberlegungen einbeziehen. Der Einkauf der Zukunft dreht nämlich nicht mehr nur an der Preisschraube, er reduziert auch auf intelligente Art die Beschaffungsmenge.

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