Erfolgreich verkaufen, Akquise und Kunden gewinnen
Im ersten Teil seiner Artikelserie verrät Vertriebsexperte Thomas Burzler unter anderem, welche Einstellungen Verkäufer mitbringen müssen, um Rabattschlachten mit potenziellen Kunden zu umgehen.
Die richtige Einstellung
Die Neukundengewinnung scheitert häufig nicht an den Einwänden potenzieller Kunden oder den vielen Mitbewerbern, sondern an der Einstellung der Verkäufer. Produkt, Leistung und Mehrwert können noch so gut sein – wenn die Einstellung des Verkäufers nicht stimmt, kommt der Benefit beim Kunden nicht an. Stattdessen werden Zweifel an Qualität und Kompetenz gezüchtet und der Kunde wird – sofern er es überhaupt tut – nicht ohne hohe Rabattforderungen kaufen. Die richtige Einstellung ist die Basis jedes Vertriebserfolgs.
Doch genau daran, am Glauben ans eigene Tun, hapert es bei vielen Verkäufern. Viele Verkäufer haben Angst vor einem Nein und gehen mit einer falschen Einstellung in ein Kundengespräch. Ein Beispiel: Wenn der Kunde sagt „Das ist mir zu teuer“ und der Verkäufer denkt „Ich würde es für das Geld auch nicht kaufen“, stehen die Chancen für einen Verkaufsabschluss zu fairen Preisen schlecht. Negative Gedankenmuster können zum Glück auch verändert werden. Es bedarf zwar einiger Übung, aber es lohnt sich. Ein Blick auf die Spitzenverkäufer zeigt: Es sind immer wieder die gleichen Eigenschaften, die diese von „normalen“ Verkäufern unterscheiden: Optimismus, Menschlichkeit und Strategie.
Ein Top-Verkäufer kennt seine eigenen Leistungen und Produkte besser als jeder andere. Er agiert proaktiv und wartet nicht darauf, was ihm sein Unternehmen an Informationen und Werkzeugen zur Verfügung stellt, sondern holt sie sich eigenverantwortlich ein. Er findet alle Pluspunkte, die das Produkt für eine bestimmte Zielgruppe hat und setzt sie gewinnbringend ein. Dieser Spitzenverkäufer vergisst nie, dass sein Gegenüber in erster Linie ein Mensch ist, der sich über Aufmerksamkeit freut. Er kann und will sich in den Kunden hineindenken. So gelingt es ihm, zwischen den Wünschen seines Gegenübers und seinem Angebot die größtmögliche Schnittmenge herzustellen. Auf diese Weise kommt die Überzeugung „Ich bin der beste Partner für Dich“ auch beim Kunden an.
Es gibt eine Reihe einfacher Methoden, mit der Sie als Vertriebsmitarbeiter Ihre Einstellung optimieren können. Erstellen Sie eine Liste mit der Überschrift: „Zehn Punkte, warum meine Preise völlig ok sind“. Überlegen Sie sich dabei genau:
- Was macht Ihr Produkt, Ihre Leistung einzigartig?
- Was können Sie besser als die Anderen?
- Was unterscheidet Sie vom Wettbewerber?
In guten Verkaufstrainings wird nicht nur auf der Verhaltensebene, sondern vor allem auf der Einstellungsebene gearbeitet. Die Teilnehmer erhalten Tools, um das erworbene Wissen jeden Tag im Verkauf umzusetzen. Rhetorische Fähigkeiten sind ein wirkungsvolles Instrument, das aber nur mit der richtigen Einstellung seine ganze Schlagkraft entfalten kann.
Welche Kunden passen zu uns?
Wahlloses Akquirieren führt in den seltensten Fällen zum Erfolg. Am Anfang der erfolgreichen Neukundengewinnung sollte deshalb die Frage stehen: Welche Kunden passen überhaupt zu unserem Unternehmen? Um dies herauszufinden, muss Ihnen zunächst klar sein, wo Ihre Stärken liegen. Die Beantwortung dieser Frage hilft ihnen dabei, Ihr Profil zu schärfen. Seien Sie lieber polarisierend als nichtssagend, lieber spezifisch als zu allgemein. Und bleiben Sie dabei vor allem authentisch!
Im nächsten Schritt sollten Sie sich fragen, wer Ihre Stärken brauchen kann und bereit ist, diese zu honorieren. Bei den Teilnehmern meiner Verkaufstrainings stelle ich immer wieder fest, dass häufig viel zu viel Zeit in „falsche“ Kunden investiert wird. Wenn das Anforderungsprofil und Ihr Angebot nicht zusammenpassen, ist ein Abschluss mehr als unwahrscheinlich. Dann sollten Sie keine sinnlosen Mühen in ein aufwendiges Angebot stecken. Wenn ein potenzieller Kunde bei Ihnen anfragt und Sie wissen, dass es nicht passt, kann es ein Türöffner sein, wenn Sie dies dem Kunden offen sagen und begründen. Meist wird diese Ehrlichkeit sehr geschätzt und es ergibt sich möglicherweise eine andere Zusammenarbeit, die für beide Seiten ein Gewinn ist.
Viel Zeit und Energie sollten Sie dagegen den richtigen Kunden widmen, denn hier wird sich die Investition lohnen. Akquirieren Sie aktiv bei Unternehmen, die von dem Wert, den Sie kreieren, profitieren können. Machen Sie sich vorab im Detail mit der Zielbranche vertraut und werden Sie zum Spezialisten für die Probleme und Wünsche Ihrer potenziellen Kunden. Je mehr Sie im Vorfeld wissen, desto individueller können Sie auf sie eingehen. Ihr Gegenüber wird sich über die Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wird, freuen. Wertschätzung ist ein großer Motivator für die Auftragsvergabe.
Vergessen Sie neben der Kaltakquise nicht die Kunden, bei denen schon Kontakte bestehen. Kunden, die schon einmal bei Ihnen gekauft haben, sollten Sie regelmäßig kontaktieren und versuchen zu reaktivieren. Wenn Sie einem Unternehmen bislang nur ein Produkt liefern, können Sie ihm Paketpreise anbieten für weitere Leistungen, die er aktuell bei Ihrem Mitbewerber bezieht. Auch hier ist Information alles. Nutzen Sie alle verfügbaren Quellen – auch jene im eigenen Unternehmen, etwa über Servicemitarbeiter – um herauszufinden, was den Kunden bewegt und wie Sie seine Lebensqualität verbessern können.
Trotz SEO und SEM: Verkäufer sind nicht überflüssig
Brauchen Unternehmen zukünftig überhaupt noch Verkäufer? Können nicht mit klugem Webmarketing und einer suchmaschinenoptimierten Homepage automatisch neue Kunden gewonnen werden? Natürlich ist das Internet heute ein entscheidendes Instrument der Neukundengewinnung. Es sollte aber nur eines von vielen sein. Ein Blick auf den Kaufprozess zeigt, warum dies so ist. Der Kaufprozess gliedert sich klar in fünf Phasen:
Phase 1: Der Kunde braucht nichts
Phase 2: Er denkt darüber nach, etwas zu verändern
Phase 3: Er holt Angebote ein und sucht Lieferanten
Phase 4: Er will Sicherheit darüber, ob seine Entscheidung richtig war
Phase 5: Wie Phase 1, das Spiel beginnt von vorn
Die Hauptaufgabe eines Verkäufers ist es, den Kunden von Phase 1 zu Phase 2 zu motivieren und ihm dann ein auf seine Bedürfnisse maßgeschneidertes Angebot zu unterbreiten. Das Internetmarketing beginnt dagegen erst in Phase 3, wenn der Kunde bereits weiß, was er will und daher im Internet nach geeigneten Anbietern sucht. Natürlich ist bei diesen potenziellen Kunden der zu erwartende Wettbewerbs- und damit auch Preisdruck viel höher als bei der proaktiven Akquise durch den Verkäufer. Der Interessent wird alle Homepages der potenziellen Lieferanten (auf der ersten Seite der Suchergebnisse) besuchen und zunächst eingehend vergleichen. Die Konkurrenz ist schließlich immer nur einen Mausklick entfernt.
Ein guter Verkäufer, der es versteht, beim Kunden ein Bedürfnis überhaupt erst zu wecken, hat demgegenüber einen entscheidenden Vorteil: Er kann sich gezielt auf den Kunden vorbereiten, er kann ihm zeigen, was er mit dem Produkt oder der Leistung gewinnt und er hat dabei erst einmal keine Mitbewerber. Der Verkäufer ist so von vorneherein in der aktiven Position – auch in Bezug auf etwaige Preisverhandlungen.
Webmarketing kann die Arbeit eines proaktiv agierenden Verkäufers also nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Beide Methoden der Neukundenakquise setzen an unterschiedlichen Phasen des Kaufprozesses an. Eine Ausnahme ist der Verkauf an Endverbraucher (B2C). Das heißt: Der reine Verkauf von Produkten, die Viele in der gleichen Form und Qualität anbieten. Hier setzen sich in der Tat mehr und mehr die „Digital Sales Forces“ durch. Folglich zählt hierbei nur noch der Preis.
Der individuelle Mehrwert
Sie möchten neue Kunden gewinnen ohne grundsätzliche Konzessionen an Ihren Preis zu machen? Dieser Ansatz ist zunächst sehr vielversprechend und weist Sie als Top-Verkäufer aus. Im zweiten Schritt sollten Sie sich nun überlegen, was an Ihrem Produkt und Ihrer Leistung den möglicherweise höheren Preis gegenüber Ihrem Wettbewerber rechtfertigt. Bieten Sie mehr als die anderen! Der Trend im Vertrieb geht eindeutig dahin, sich auf jeden einzelnen Kunden viel besser einzustellen. Nur ein gutes Produkt zu haben reicht heute nicht mehr aus. Dies gilt übrigens fürs B2B-Geschäft genauso wie für B2C.
Entscheidend für den Erfolg der auf die Vermittlung des individuellen Mehrwerts ausgerichteten Vertriebsstrategie ist eine sehr genaue Kenntnis der Zielgruppe sowie gutes Einfühlungsvermögen für die Bedürfnisse des Kunden. Es muss sich um einen echten Gewinn für den Kunden handeln und nicht um einen am eigenen Unternehmen ausgerichteten Mehrwert. Die Kernfrage, die Sie sich stellen sollten, lautet:
Wie können wir die Lebensqualität unserer Kunden verbessern?
Etwa, indem Arbeitsprozesse optimiert werden, der Einkauf angenehmer gestaltet wird oder ganze Pakete angeboten werden? Beispiel: Ein findiger, erfolgreicher Schraubenhändler liefert gleich noch Ordnungssysteme dazu und der Verkäufer sorgt für die rechtzeitige Nachfüllung.
Unternehmen brauchen Verkäufer, die die richtigen Fragetechniken beherrschen, psychologisches Gespür mitbringen und den Kunden individuellen Mehrwert vermitteln können. Spitzenvertriebler sprechen mit dem Entscheider nicht über das, was sie interessiert und als besonders gelungen an ihrem Produkt erachten. Sie richten ihr Angebot vielmehr auf Themen aus, von denen dieser profitiert und die ihm helfen, mehr Umsatz zu generieren: Finanzen, Wachstum, Innovation und Strategien. Ihr Mehrwert sollte Ihren Zielkunden in einem oder mehreren dieser Bereiche unterstützen! Im Gegensatz zum reinen Preismarketing entstehen so langfristige und tragfähige Kundenbeziehungen.
Bessere Preise beginnen mit der richtigen Einstellung. Wir gehen immer davon aus, dass der Kunde das billigste Angebot wählt. Dabei haben Pricing-Experten in Experimenten herausgefunden, dass überhöhte Preise sich sogar positiv auf das Kaufverhalten auswirken können, denn sie lenken die Aufmerksamkeit des Kunden auf die Produktmerkmale. Wenn Sie aber Ihren Kunden als Hauptverkaufsargument den niedrigen Preis nennen, dann werden diese konsequenterweise den billigsten Anbieter wählen. Sie zwingen die Kunden geradezu dazu, indem Sie Ihr Produkt oder Ihre Leistung austauschbar machen.