ErfolgsfaktorManager sollten ihr Unternehmen in Augenschein nehmen

Berichte lesen und in Meetings sitzen – das prägt das Alltagsleben vieler Manager. Doch dort erfahren sie selten, was ihr Geschäft wirklich ausmacht, was die Mitarbeiter bewegt oder die Kunden wünschen. Was sie statt dessen tun sollten? Raus’ gehen und selbst nachschauen.

„Management by walking around“ – das war für manchen Unternehmer ein zentrales Erfolgsgeheimnis. In den 1950er Jahren entdeckte so Sam Walton, Gründer des WalMart-Imperiums, dass eine zentrale Kasse in einem Laden erhebliche Vorteile mit sich brachte. Taiichi Ohno, der das Toyota Produktionssystem erfunden hat, erwartete von seinen Managern, dass sie stundenlang in der Fertigung die Prozesse beobachteten, um zu erkennen, wo es Verbesserungspotenziale gibt.

Heute glauben viele, dass sie allein mit den Zahlen, die sich auf Knopfdruck am Computer abrufen lassen, oder durch unzählige Besprechungen wüssten, wie ihr Unternehmen funktioniert. Doch die besten Manager gehen raus: Zu den Mitarbeitern, zu Wettbewerbern, zu Kunden und zu Lieferanten, um sich ein persönliches Bild zu machen. Das schreiben Tim und Larry Laseter, Professor an der University of Virginia und Unternehmensberater, in Strategy + Business.

Insbesondere für die Produktplanung oder für das Qualitätsmanagement spielen persönliche Erfahrungen aus der Praxis eine große Rolle. Wenn es darum geht, was den Kunden besonders am Herzen liegt oder wo Mängel auftreten, gibt es eine einfache Regel: Geh’ raus und schau’ selbst nach! Doch das allein reicht nicht aus. Das „Management vor Ort“ setzt weitere persönliche Kompetenzen voraus.

Bereit sein zu lernen

Nur wer offen ist und bereit ist zu lernen, wird in dem, was er sieht, das erkennen, was ihm wichtig ist. Dazu muss man sich einlassen auf das Thema, sehr genau hinschauen, hinterfragen, analysieren und vergleichen mit Bekanntem. Systematisch erfolgt das beispielsweise im Rahmen eines Benchmarkings.

Viele erfolgreiche Unternehmen lernen von ihren Konkurrenten. Japanische Unternehmensvertreter sind mit Kamera und Tonbändern durch zahlreiche amerikanische Fabriken gezogen, um im Detail zu lernen, wie Prozesse funktionieren und was ihre Benchmarking-Partner richtig oder falsch machen.

Probleme erkennen

Bei der Analyse kommt es besonders darauf an, die eigentlichen Probleme zu erkennen. Was bewegt die Menschen als Mitarbeiter oder Kunden? Gerade in den vermeintlich kleinen Dingen liegt oft enormes Verbesserungspotenzial. Wer eine Mutter dabei beobachtet, wie sie einen schweren Kinderwagen in den Kofferraum ihres Autos wuchtet, kann erkennen, was ihr eine tiefer gelegte Ladeluke in dieser Situation bringen kann. Hondas Erfolg in den USA basiert zu einem großen Anteil auf solchen Innovationen.

Suche nach den Ursachen

Nicht alle Probleme lassen sich auf den ersten Blick erkennen – und schon gar nicht deren Ursachen, die doch eigentlich beseitigt oder geändert werden sollen. Dafür muss der Blick genau geschult werden. Und spezifische Fragetechniken helfen, den Ursachen auf die Spur zu kommen. Ein einfaches Beispiel: Fünf Mal „Warum?“ fragen. Ist ein unerwünschtes Phänomen sichtbar, dann können damit die Ursachen dafür systematisch gefunden werden.

Das Beobachten und Lernen muss trainiert werden

Erfolgreiche Manager gehen nicht nur selbst in die Geschäfte oder Fabriken, um sich Mitarbeiter, ihr Verhalten, Prozesse, Kunden und vieles mehr anzusehen. Sie halten auch ihre Mitarbeiter an, einen offenen Blick für den eigenen Verantwortungsbereich zu haben. Sie trainieren sie darin, vor Ort Probleme zu erkennen, nach den Ursachen zu forschen und Lösungen zu entwickeln.

So werden die Manager auch zu anerkannten Führungskräften. Die Mitarbeiter erkennen, dass ihre Vorgesetzten etwas vom Geschäft verstehen. Wer das persönliche Beobachten und Begutachten zum allgemeinen Management-Stil erhebt und in der Unternehmenskultur verankert, erntet die Anerkennung seiner Mitarbeiter genauso wie den langfristigen Erfolg seines Unternehmens.

Stichwort

genchi genbutsu

Toyota bezeichnet dieses Prinzip des „Management vor Ort“ mit dem Begriff „genchi genbutsu“: Geh an die Quelle, um die Informationen für die richtige Entscheidung zu finden, bilde Konsens und erreiche die Ziele mit bestmöglicher Geschwindigkeit.

Tipps für das Management vor Ort

„Management by walking around“ wurde durch die Management Bestseller von Tom Peters und Robert Waterman bekannt. Sie beschreiben damit, wie wichtig das regelmäßige persönliche Vieraugengespräch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter ist. Einige Grundregeln dieses Management-Prinzips lassen sich auch auf das „Management vor Ort“ übertragen.

  • Besuchen Sie möglichst viele Geschäfte und Fabriken, um sich ein ausgewogenes Bild zu machen.
  • Seien Sie so oft wie möglich draußen vor Ort bei Ihren Mitarbeitern und Kunden.
  • Delegieren Sie diese Aufgabe nicht: Mitarbeiter könnten eine Ersatzperson als „Aufpasser“ sehen und Sie bekommen wieder nur gefilterte Informationen.
  • Stellen Sie viele Fragen, beobachten Sie genau und hören Sie den Menschen zu. Sie wollen lernen – und nicht zeigen, dass Sie es schon besser wissen. Wenn möglich: Machen Sie für eine Weile bei der Arbeit der Mitarbeiter mit.
  • Machen Sie in den Gesprächen vor Ort deutlich, was Ihnen besonders wichtig ist. Vermitteln Sie die Vision und das zentrale Ziel des Unternehmens bzw. des Bereichs, den Sie gerade besuchen. Die Mitarbeiter lernen, worum es im Kern geht.
  • Es geht nicht darum, persönliche Fehler oder Fehlverhalten aufzuspüren und anzuprangern. Es sollen Probleme, ihre Ursachen und Lösungsmöglichkeiten entdeckt werden. Am besten ist, wenn alle von guten Beispielen lernen können.

[jf; Quelle: Strategy + Business, 29.11.2007; Bild: Business-Illustrationen]

Dazu im Management-Handbuch

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