ErfolgsrezeptDer Weg von Karrieremärchen zu Märchenkarrieren

Alle wollen Märchenkarrieren machen, aber der Weg dorthin ist mit Karrieremärchen gepflastert. Bestsellerlisten sind voll davon und die Ratgebervielfalt ist verwirrend. Es geht auch etwas einfacher. Es gibt sieben Zutaten, die sich in fast allen Erfolgsrezepten finden lassen.

Wer heute in den Beruf startet hat noch eine Spanne bis zum 67. Lebensjahr vor sich, also noch Jahrzehnte. Diese lange Zeit lässt sich nur hoch motiviert durchstehen. Die meisten Menschen lieben anspruchvolle Tätigkeiten mit einem großen Freiheitsgrad und guter Bezahlung. Je höher die Positionen, desto weniger gibt es aber davon und desto unerbittlicher wird  der Wettbewerb. 

Karriere kommt aus dem Französischen (carriere) und lässt sich mit  Rennbahn übersetzen. Die Frage, wie schaffe ich es auf die Überholspur und wie auf Managerposten und Chefsessel zu kommen, stellen sich tausende Menschen nicht nur am Startpunkt des Berufslebens.

Herausgefunden haben wir, dass es eine Art Grundrezept für Karrieremärchen gibt. Die Zutaten der uralten Rezepturen finden sich auch in modernen  Märchenkarrieren wieder. Es sind sieben an der Zahl.

Zutat Nr. 1: Die Zahl sieben

Die sieben hat etwas, Menschen lieben und beachten sie mehr als andere Zahlen. Wir wissen um die sieben Weltwunder und dass die Woche sieben Tage hat. Als Kinder haben wir uns von sieben Raben und sieben Schwaben, sieben Geißlein, sieben Zwergen hinter sieben Bergen faszinieren lassen. Für den Berufsweg besitzt die Sieben die Magie einer Wünschformel. Sieben-Punkte-Programme verheißen Erfolg und sieben Regeln sagen uns wie Karriereträume wahr werden.

Die Sieben gehört jedoch nicht zu den Schnellsten wie die Eins, Zwei und Drei: Vor dem Erfolg steht bei der Sieben eine Art Ochsentour mit Blut, Schweiß und Tränen. Heißt es nicht über sieben Brücken musst du gehen, sieben dunkle Jahre überstehen und folgten nicht erst nach sieben mageren Jahren die fetten? 

Nur - geht es nicht auch etwas schneller?

Menschen haben sich immer  Karrierebeschleuniger ausgedacht, das war schon in uralten Zeiten so.  Aus jener Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat, stammt das

Karrieremärchen vom ersten PR-Profi. Es handelt von einem Kleingewerbler, dessen Redekunst legendär ist. In allen Kinderherzen residiert er als das Tapfere Schneiderlein. Auch Erwachsene erinnern sich gern seines PR-Tricks. Der Schneider hatte sieben auf einen Streich erledigt. Dass es Fliegen und keine Feinde waren, das entging dem erstaunten Publikum und er band es ihm nicht auf die Nase. Die Zuhörer bewunderten den Vortragskünstler und mit seinem Image aus Tapferkeit und Ruhm wuchs der Schneider über sich selbst hinaus – so vollbrachte er tatsächlich Ruhmestaten und  schrieb fortan Erfolgsgeschichte. Wenn es nicht so gewesen wäre, könnten wir heute nicht davon erzählen.

Wenn schon in uralten Märchen PR-Tricks fruchteten, dann wird eine Prise Selbst-PR auch in modernen Zeiten einen Turbo-Kick zur Märchenkarriere geben können. Dennoch werden die tapferen Schneiderlein von heute, die High Professionals, zwischen der langsamen Ochsentour und der „Sieben-auf-einen-Streich“, der High-Speed Version, tunlichst abzuwägen haben, um goldrichtig zu liegen. Gold ist nun das Stichwort für die zweite Zutat.

Zutat Nr. 2: Die Farbe Gold

Aus uralten Zeiten stammt ein Karrieremärchen, in dem eine einzige Person sich eine goldene Nase verdiente, goldrichtig lag, einen goldenen Handschlag erhielt und eine goldene Zukunft gewann.

Die Geschichte ereignete sich in der Firma Holle. Frau Holle hatte es als tüchtige Geschäftsfrau mit einer unschlagbaren  Idee in der Wetterbranche zu großem Wohlstand gebracht. Worum es aber geht, ist ihre erste Auszubildende, die Marie.

Marie, ein Ausbund an Tugend, war fleißig, treu und ordentlich und der Liebling von Frau Holle. Bei ihrem Abschied belohnte Frau Holle Marie mit dem goldenen Handschlag in Form eines  lebenslangen Goldsegens. Wir kennen Marie auch unter dem Namen Goldmarie.

Erfolg zieht stets Neider und Nachahmer an und so kommt  Marie II  auf den Plan. Diese war faul wie die Sünde und kreativ wie ein Kopierautomat. Im unerbittlichen Ratschluss der Märchenerzähler wird Faulheit mit lebenslangen Pechsträhnen bestraft.

Riechen Fleiß, Treue und Ordnungsliebe nicht nach Untertanenmentalität. Führte nicht eher Nichtstun, gepaart mit hoher Intelligenz stets zu großen Erfindungen? Lag nicht Archimedes in der Badewanne als ihm sein Prinzip einfiel?

Goldmarie und Pechmarie – Fleiß und Faulheit: Wie liegt man nun goldrichtig?

Eine Mischung aus  gemäßigter, aber kreativer Eifrigkeit scheint uns Erfolg versprechender als blinde Überanpassung. Aufwand (an Fleiß) und Ertrag (an Anerkennung) müssen stimmen. 

Zutat Nr. 3: Das Erfolgsprinzip

Was haben Eva, Mäuse, Kakerlaken mit Karriere zu tun? Wenig – bis wir das Bindestrich-Wort „Prinzip“ hinzufügen: ein Patentrezept scheint gefunden.

Zutaten eines Rezeptes kann man nicht einfach zusammenmischen – es fehlt ein Faktor, der  dem Ganzen eine tiefere Logik gibt. So etwas vermag  ein Prinzip.

Aus jenen Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat, stammt das Karriere- Märchen der Bremer Stadtmusikanten. In ihm wird ein Loblied auf Eigeninitiative und Unternehmergeist gesungen. Es ist nicht schwer, darin ein Prinzip für Erfolg zu erkennen. Es handelt sich bei den Bremer Stadtmusikanten um das erste uns bekannte Seniorenorchester.

Die Idee stammt von einem älteren Arbeitnehmer, dem sein Dienstherr gekündigt hatte.  Statt auf einer Parkbank sein Los zu bejammern, entwickelte der Entlassene die  Vision einer Teamgründung: Er traf Gleichgesinnte und erkannte deren Musiktalente. So  entstand eine Rentnerband aus vier  Herren: Esel, Hahn, Hund, und Kater. Die Band spielte einerseits das musikalische Fach eines Salonorchesters, besaß aber ein weiteres berühmtes Standbein: Das Panik- Fach. Damit versetzte die Band Menschen in Angst und Schrecken und trieb Verbrecher wie Ratten aus den Häusern.

Nichts liegt angesichts dieser Talente näher als eine Existenzgründung im Sicherheitsgewerbe und Objektschutz – und diese  brachte Ruhm und Reichtum. Wenn es nicht so gewesen wäre, könnten wir nicht davon berichten. 

Heute würden wir  Erfinder dieser Art  als echte Innovatoren bezeichnen  - Erfindungsgeist und Initiative  machen aus scheinbaren Verlierern Gewinner.  Aber eines müssen wir einräumen,  man kann es nicht ohne Partner: Allein ist klein.

Zutaten Nr. 4 und 5: Ein Plan mit List und guten Geistern

Widerstände, Herausforderungen und gefährliche Situationen lösen sich in Märchen bekanntlich durch Wünschen, Hexen, Listen, Zaubern, mit Hilfe von Feen Mondwiesen und guten Geistern auf.

Aus jenen Tagen, als das Wünschen noch geholfen hat, sind zwei wirksame Strategien überliefert: Die List und das Anrufen guter Geister

Die List im Hase und Igel Spiel: Hase und Igel wollten sich in einem Wettkampf messen. Der moppelige Igel erschien aufgrund seiner Handicaps als der geborene Verlierer. Aber er besaß Köpfchen und erfand einen listigen Plan.

Clever bediente er sich einer Partnerin und brachte den Karriere bewussten stromlinienförmigen Hasen um den Sieg. Wo ein Handicap, da sind auch Stärken als Ausgleich nicht weit. Man kann nicht alles können – es reicht  zuweilen aus, diejenigen zu kennen, die  etwas können.

Wer eine  Märchenkarriere anstrebt, braucht Partner mit komplementären Talenten und Fähigkeiten. Im Zeitalter der Vernetzung brauchen wir Netzwerke und  diese müssen wir frühzeitig aufbauen, nur so lassen sich auch in modernen Zeiten gute Geister anrufen.

Zutat Nr. 6: Der Prominenten-Faktor

Welche Person entspricht Ihrem Ideal? 

Madonna mit ihrem Designer-Outfit oder Tante Paula in ihrer Kittelschürze? Das eine ist wie Sachertorte und Champagner – das andere wie Streuselkuchen und Kamillentee.

Ratgeber lieben Berühmtheiten, diese sind der Beweis für Erfolg. Das Leben von Stars verläuft im XXL Format. Gewinner erhalten Aufmerksamkeit und Achtung - und das wollen wir auch. Aber einmal ehrlich – wollen wir ein Leben im Hamsterrad, in dem wir uns täglich neu erfinden müssen? Aus jenen Tagen, als das Wünschen noch geholfen hat, stammt  ein Karrieremärchen von mangelndem Selbstbewusstsein und vom Tiefstapeln.

Eine Entenmutter brütet sechs gesunde putzige Entlein aus. Das siebente Ei jedoch ist größer und es dauert länger, bis ein hässlich-graues Küken ausschlüpft, das sofort von den Artgenossen verspottet wird. Aus Scham versteckt sich das hässliche Entlein im Schilf und beobachtet von dort die schönen weißen Schwäne, wie sie elegant über das klare Wasser gleiten. Der Winter kommt und als es im nächsten Frühling auf den See hinausschwimmt, da sieht es sich im Spiegelbild des Wassers und kann es kaum glauben: Es ist selbst zu einem weißen Schwan herangewachsen.

Wie im Karrieremärchen neigen wir zuweilen dazu, mit viel Aufwand die eigenen Diamanten zu trüben und fremde Kieselsteine zu polieren.

„Eigenlob stimmt“ betonen einige  Karriereratgeber. Wer sich selbst als unverwechselbare Marke sehen will, der braucht Selbstbewusstsein und ein gutes Gespür für sein Potenzial. Für Märchenkarrieren gibt  es zwischen Tiefstapeln und Hochstapeln einen schmalen Grat, den es zu balancieren gilt.

Zutat Nr. 7: Eine Prise Neuigkeiten-Gewürz

Neu-Gier stachelt unseren Entdeckergeist an und Wissen macht uns high.

Die Gier aber kann zur Droge werden – und blind machen. Wer Angst hat etwas zu verpassen, handelt sich die Tyrannei der Moden, Trends und Sensationen ein.

Das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern von Hans Christian Anderson führt uns die suggestive Kraft der Meinungsmacher vor Augen. Hier laufen die Massen dem Popanz des Neuen blind hinterher und das Neue kommt personifiziert als majestätische Albernheit in Unterhosen daher. Gesunden Menschenverstand besitzt nur ein kleines Mädchen aus dem Volk. Sein unbedarfter Ruf: „Der hat ja gar nichts an!“  verändert schlagartig den Blickwinkel der Akteure.

Das Neue will zuweilen kritisch hinterfragt werden – manches erledigt sich als Wortbombast und Luftblase. Kraft liegt im kreativen Neuen und in den wirklichen Innovationen, die bekanntlich rar sind.

Ausblick

Uralte  Märchenweisheiten sind wie Erz im Gestein: Sie geben nur etwas her, wenn wir schürfen und graben können.

[Bild: Fotolia.com]

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