FinanzierungFactoring bei Insolvenz und Restrukturierung

Factoring ist ein Mittel zur Liquiditätssicherung. Vor allem bei drohender oder eingetretener Insolvenz eines Unternehmens lässt sich mit Factoring die Zahlungsfähigkeit schnell wieder herstellen. Worauf sollten betroffene Unternehmen beim Factoring achten?
Von Claudia Grützmann

Wann eignet sich Factoring zur Finanzierung?

Factoring eignet sich als flexibler Baustein zur Finanzierung immer dann, wenn eine Firma die benötigte Liquidität nicht durch Bankkredite erreichen kann. Factoring ist in allen Phasen des Unternehmenszyklus möglich: Start-up, Wachstum, Krise, Sanierung und Insolvenz.

Insbesondere in Krisensituationen und bei drohendem, vorläufigen und eröffneten Insolvenzverfahren kann Factoring dafür sorgen, dass die Fortführung des Betriebs möglich ist.

Wie funktioniert Factoring?

Ein Unternehmen liefert seine Waren oder erbringt Dienstleistungen für seine Kunden. Das Unternehmen fakturiert dabei seine Leistungen direkt an den Kunden und sendet eine Rechnungskopie an den Factor. Dieser zahlt dem Unternehmen, dem Factoring-Kunden, einen Vorschuss zur Rechnung auf sein Konto. Der Vorschuss beträgt dabei bis zu 90 Prozent der Bruttorechnungssumme.

Die Rechnung begleicht der Kunde des Unternehmens direkt beim Factor. Hat der Kunde bezahlt, erhält das Unternehmen vom Factor den restlichen Rechnungsbetrag (Bruttorechnungssumme abzüglich des bereits ausbezahlten Vorschusses). Das Unternehmen muss also nicht warten, bis der Kunde irgendwann die Rechnung bezahlt, sondern bekommt einen großen Teil schnell vom Factor. Das bietet zusätzliche Liquidität.

Wie profitiert ein Unternehmen in der Insolvenz von Factoring?

Ein Unternehmen, das sich für das offene Full-Service-Factoring entscheidet, hat drei Vorteile: Liquidität durch Vorfinanzierung, Schutz vor Forderungsausfällen und ein professionelles Debitorenmanagement.

Liquidität durch Vorfinanzierung von Forderungen

Sämtliche Forderungen aus dem Geschäftsbetrieb des Unternehmens werden vom Factor gekauft und binnen ein bis zwei Tagen bezahlt – bis zu 90 Prozent der Bruttorechnungssumme.

Auf diese Weise verfügt das Unternehmen unmittelbar nach Faktura über liquide Mittel, was die Betriebsfortführung finanziell sichern kann. Der entscheidende Vorteil ist, dass Factoring ohne zusätzliche Sicherheiten auskommt, auch in der Phase einer Insolvenz.

Voller Schutz vor Forderungsausfällen

Für die durch den Factor angekauften Forderungen besteht ein umfassender Ausfallschutz. Besonders einem Unternehmen in der Insolvenz bringt dies Sicherheit, da alle neu entstehenden Forderungen von Debitoren gegen einen Ausfall gesichert sind.

Professionelles Debitorenmanagement durch den Factor

Beim offenen Full-Service-Factoring übernimmt der Factor das Debitorenmanagement, wobei dies stets in enger Abstimmung mit dem Kunden geschieht. Dazu zählen das Mahnwesen und die Beitreibung, falls diese notwendig wird. Somit verschafft sich ein Unternehmen freie Ressourcen und es kann sich in vollem Umfang auf sein Kerngeschäft konzentrieren.

Wie ist der Ablauf von der Factoring-Anfrage bis zum Start des Vertrages?

Zunächst wird geprüft, ob die Lieferungen beziehungsweise die Leistungen und das vorliegende Geschäftsmodell für das Factoring geeignet sind.

Liegt eine Insolvenz vor, setzt sich der Factor dafür mit dem Sanierungsberater, dem vorläufigen Sachverwalter oder dem vorläufigen Insolvenzverwalter in Verbindung. Liegen alle Unterlagen vollständig vor, beginnt der Prozess der Prüfung.

Zu den erforderlichen Unterlagen der Factoring-Prüfung zählen unter anderem:

  • Jahresabschlüsse
  • aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) inklusive Summen- und Saldenlisten
  • aktuelle Liste offener Posten der Kreditoren und Debitoren
  • Auszug aus dem Handelsregister oder Gewerbeanmeldung
  • je nach Stand des Verfahrens: Sanierungsgutachten, Beschluss über die Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens oder Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts

Ist der Prüfprozess erfolgreich abgeschlossen, erhält das anfragende Unternehmen ein verbindliches Vertragsangebot für einen Factoring-Vertrag. Ist dieses von beiden Parteien unterzeichnet und hat ein Audit vor Ort stattgefunden, erfolgt der Start des Vertrags.

Dabei erhält der Factoring-Kunde eine ausführliche Einweisung in die Abläufe des Verfahrens. Im Regelfall und wenn alle Unterlagen vollständig sind, ist ein Vertragsstart binnen zwei bis drei Wochen nach der ersten Anfrage möglich.

Welche Kosten kommen beim Factoring auf ein Unternehmen zu?

Durch die aktuelle Niedrigzinsphase haben sich auch die Konditionen für Factoring entsprechend angepasst. Der Kunde zahlt eine Gebühr, deren Höhe individuell festgelegt wird. Diese ist abhängig von folgenden Faktoren:

  • Jahresumsatz
  • Anzahl der Rechnungen
  • Debitorenstruktur
  • Branche
  • Zahlungsziel der Kunden

Die Factoring-Gebühr liegt im Bereich, wie er auch für ein Skonto üblich ist. Die Factoring-Gebühr verursacht damit in der Regel keine Zusatzkosten für ein Unternehmen, da die gewonnene Liquidität genutzt werden kann, um Einkaufsvorteile zu nutzen und die Zahlungsfähigkeit sicherzustellen. Für die durch den Factor vorfinanzierte Rechnung erfolgt die Zinsabrechnung tagesgenau, wobei der Zinssatz bei marktüblichen Konditionen für Kontokorrentkredite liegt.

Fazit

Nicht zuletzt durch die Flexibilität von Factoring und seine geringen Kosten verzeichnete diese Form der Zusatzfinanzierung in den vergangenen Jahren starke Zuwächse. Je nach Situation des Unternehmens können die erzielten Kosteneinsparungen deutlich über den Kosten für Factoring liegen. Aus diesen Gründen eignet sich Factoring nicht nur in der Anfangs- oder Wachstumsphase eines Unternehmens, sondern gerade auch bei Insolvenz und Restrukturierung.

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