FinanzkennzahlenComeback der Financial Covenants
Financial Covenants (Finanzkennzahlen des kreditnehmenden Unternehmens bei Bankdarlehen) helfen den Banken, drohende Ausfälle früh zu erkennen und gegenzusteuern und werden aufs jeweilige Unternehmen zugeschnitten. Besonders wichtig sind dabei Klauseln, die sich auf Ertrags- und Cashflow-Kennzahlen beziehen. Diese werden vierteljährlich kontrolliert. Werden die Verpflichtungen verletzt, führt das oft zu höheren Kreditzinsen und der Einbindung externer Berater.
So lauten die Ergebnisse der Studie "Bedeutung und Management von Financial Covenants" von Roland Berger Strategy Consultants. Dazu haben die Berater 100 Führungskräfte von mehr als 20 deutschen Kreditinstituten befragt, darunter die vier deutschen Großbanken sowie die größten öffentlich-rechtlichen und genossenschaftlichen Kreditinstitute. Bis vor kurzem verzichteten viele Kreditinstitute ganz auf vertragliche Gläubigerschutzmechanismen oder formulierten diese sehr lax (Covenant Lite). So machten Covenant-Lite-Kredite im Jahr 2007 noch 35 Prozent aller Kredite in den USA aus. Im Zuge der Finanzkrise seit Herbst 2007 sind die Banken wieder zu strengeren Konditionen zurückgekehrt.
Financial Covenants - Frühwarn- und Kontrollmechanismus
Financial Covenants stellen die bedeutendste Untergruppe von Gläubigerschutzklauseln bei der Unternehmensfinanzierung dar und lassen sich auch als Kapitalstrukturauflagen beschreiben. Sie beziehen sich auf die finanzielle Situation des Kreditnehmers und verpflichten diesen, während der Kreditlaufzeit bestimmte Kennzahlen zum Eigenkapital, zur Verschuldung, zum Ertrag oder zur Liquidität einzuhalten. Die bedeutendsten Financial Covenants beziehen sich auf Ertrags- und Cashflow-Kennzahlen (zum Beispiel EBITDA Interest Cover oder Debt Service Cover Ratio).
Der Einsatz dieser Gläubigerschutzklauseln hängt von der Ausfallwahrscheinlichkeit der Kredite ab: 42 Prozent der Befragten gaben an, solche Klauseln bei mehr als drei Viertel ihrer Finanzierungen mit nachrangigem Fremdkapital anzuwenden, 65 Prozent bei Mezzanine-Finanzierungen. Zwei Drittel der Kreditinstitute schneidern die Klauseln individuell auf die kreditnehmenden Unternehmen zu. Über Art und Ausprägung entscheiden dabei meist das zugrunde liegende Finanzierungsinstrument, Geschäftsmodell und Branche des Kreditnehmers. Standardisierte Covenants halten nur 34 Prozent der Befragten für sinnvoll.
Fünf Stufen zum Erfolg: Financial Covenants optimal festsetzen
Roland Berger Strategy Consultants empfiehlt ein fünfstufiges Vorgehen, um Financial Covenants optimal auf das kreditnehmende Unternehmen anzupassen:
Branche und Markt analysieren: Wichtige Faktoren sind etwa unternehmens- und branchenspezifische Saisonschwankungen oder Lebenszyklusphasen
Businessplan prüfen: Wichtig ist ein Blick auf die Geschäftsprognosen des Unternehmens und mögliche Risiken bei abweichenden Entwicklungsszenarien
Tilgungsplan aufstellen: Die Schuldendienstfähigkeit des Kreditnehmers sollte bereits vor dem Ernstfall geklärt sein
"Downside Case" ermitteln: Auch bei ungünstigster Entwicklung sollte der Kreditnehmer noch Zins und Tilgung bedienen können
Einzelne Covenants festlegen: Erst nach den beschriebenen Schritten sollten die endgültigen Covenants festgelegt werden
Geringeres Wachstum durch restriktive Kreditvergabe
38 Prozent der Befragten meinen, dass Financial Covenants den strategischen Handlungsspielraum des Schuldnerunternehmens nur zu einem geringen Grad einschränken, 44 Prozent zu einem moderaten, 18 Prozent zu einem geringen Grad. Jedoch kann eine striktere Kreditvergabe das wirtschaftliche Wachstum in Deutschland bremsen. Roland-Berger-Berater Matthias Holzamer sagt:
"Bankkredite sind hierzulande nach wie vor die Hauptfinanzierungsquelle, vor allem für mittelständische Unternehmen. Sollten sich die Vergabekonditionen für Kredite weiter verschärfen, wird besonders der deutsche Mittelstand darunter leiden müssen."
[dw; Quelle: Roland Berger; Bild: fotolia]