Flexibilität am Arbeitsplatz für mehr Produktivität und Mitarbeiterbindung
Mitarbeiter sind von ihrem Job begeistert, arbeiten selbstbestimmter und können ihre Arbeit optimal mit ihrem Privatleben in Einklang bringen. Ihre Arbeitgeber wiederum freuen sich über bessere Wirtschaftlichkeit, mehr Effizienz und Engagement sowie über geringere Fehl- und Fluktuationsraten. Und die Kunden erleben eine nie für möglich gehaltene Betreuung. Liest sich das nicht wie eine Utopie? Nein. Alle Beteiligten sind Gewinner, wenn ein Unternehmen seiner Belegschaft mehr Vertrauen entgegenbringt und mehr Gestaltungsfreiheiten einräumt.
Noch erscheint das, was in den USA bereits verbreitet ist, hierzulande eher ungewöhnlich: Mehr Freiheit bedeutet mehr Leistung. Wie soll das in einem Land, in dem Kontrolle und Controlling hoch angesehen sind, funktionieren? Tut es, denn die Arbeitswelt ändert sich gravierend. Die Ansprüche der Mitarbeiter sind gestiegen, insbesondere die der Nachwuchskräfte. Bei ihnen funktioniert der Tausch Zeit gegen Geld immer seltener, denn sie erhoffen sich in ihrem Job Selbstbestimmungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten, ein gutes Arbeitsklima, Flexibilität, persönliche Sinnstiftung und eine Balance zwischen Arbeit und Privatleben. Und auch der demografische Wandel, der für einen Fachkräftemangel und überalternde Belegschaften sorgt, nötigt Unternehmen zu mehr Flexibilität und innovativen Konzepten.
Was zählt, sind Ergebnisse
„Results-Only Work Environment“ (ROWE) ist ein solches Konzept, denn es rückt die strikte Ergebnisorientierung in den Mittelpunkt. Die pünktliche Erledigung der Aufgaben ist hierbei wichtiger als die Anwesenheitszeit. Wann, wo und wie die Mitarbeiter ihren Job erledigen, bestimmen sie selbst. Außerdem bekommen sie mehr Entscheidungsfreiheiten und können Geschäftsprozesse mitgestalten. Das mag für viele revolutionär klingen, denn ROWE erfordert ein grundsätzliches Umdenken. Damit sich das Konzept der strikten Aufgaben- und Ergebnisorientierung auszahlt, bedarf es struktureller Anpassungsprozesse sowie einer neuen Unternehmens- und Führungskultur. Die Mitarbeiter müssen ebenfalls umdenken und sich neue Kompetenzen aneignen, etwa wie sie sich selbst und die eigene Arbeit richtig organisieren. Schließlich gibt es keine Anwesenheitspflicht mehr. Entscheidend ist vielmehr, dass die Arbeit getan wird. Wann, ist egal. Im Ergebnis wird also nicht weniger gearbeitet, sondern Arbeit nur anders verteilt. Kundenfragen müssen daher auch einmal am Abend oder am Wochenende bearbeitet werden. Das ist der Preis für die neue Freiheit.
Auch die Nerven raubenden Besprechungsmarathons gehören mit ROWE der Vergangenheit an, denn das Konzept impliziert Zeitsouveränität für die Mitarbeiter. Sie entscheiden selbst mit, welche Arbeitstreffen zum Erreichen ihrer Ziele wichtig sind und welche nicht, ob sie sich persönlich oder virtuell treffen und wo und wann sie ihre Arbeit erledigen. Der Fokus liegt eben auf der Aufgabenerledigung und den Resultaten mit der Folge, dass sich das Ausmaß an unnötiger Arbeit und nicht zielorientierten Aufgaben verringert.
Zur Einführung von ROWE werden zunächst Vorgespräche mit Geschäftsführung, Personalleitung, Führungskräften und dem Betriebsrat geführt. Dann wird ein Pilotbereich festgelegt. Den Beteiligten werden die Ziele, der Nutzen und die Umsetzung des ROWE-Konzepts erläutert. Anschließend werden die Umsetzungsmaßnahmen und Instrumente entwickelt und festgelegt. Dazu können Workshops und Trainings gehören, in denen die Führungskräfte zum Beispiel lernen, wie sie Zielvereinbarungsgespräche erfolgreich durchführen und Mitarbeiter wirksam coachen. In entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen werden den Mitarbeitern Selbstmanagement- und Planungskompetenzen vermittelt, die sie benötigen, um Arbeitsbelastungen optimal regulieren zu können und sich nicht selbst zu überfordern.
Controlling der Ergebnisse des Veränderungsprozesses
Da es Zeit braucht, bis die erforderlichen strukturellen Anpassungen erfolgt sind und die Abteilungen und deren Mitarbeiter sich auf die neue Arbeitsweise eingestellt haben, sollte ein Controlling eingeplant werden, um die Resultate des Veränderungsprozesses nach vorab definierten Kriterien zu evaluieren und zu dokumentieren. Dadurch wird es möglich, den Implementierungsprozess zu analysieren und für weitere Projekte zu optimieren. Die im Pilotprojekt gemachten Erfahrungen sollten in Reflexionsworkshops mit Führungskräften und Mitarbeitern besprochen werden. Erst dann kann das ROWE-Konzept auf weitere Unternehmensbereiche übertragen werden.
Im nächsten Schritt werden sinnvolle Teilstücke des gesamten Kundenprozesses beleuchtet: von der Kundenanfrage über die Beratung und den Verkauf bis hin zur Bereitstellung, etwa des Technikereinsatzes. Die Mitarbeiter kümmern sich um Vertragsänderungen, Zahlungsverkehr bis hin zum Beschwerdemanagement und einer eventuellen Kündigung. Der Vorteil: Der Kunde muss sein Anliegen nicht ständig wiederholen, sondern die Verantwortlichen kümmern sich schnell und wirksam um die Lösung des Problems. Die Mitarbeiter übernehmen die Verantwortung, gestalten und entscheiden frei.
Grundsätzlich erleichtert wird die Etablierung des ROWE-Konzepts, wenn Ergebnisvereinbarungen im Unternehmen üblich sind. Positiv wirkt sich auch aus, wenn die Mitarbeiter über Selbstmanagementkompetenzen verfügen und sich die Führungskräfte als Coach und Förderer ihrer Mitarbeiter verstehen. Mehr Flexibilität in Unternehmen empfiehlt auch John Regus. Der Autor der Studie „Arbeitsplatz der Zukunft“ belegt: 68 Prozent der Führungskräfte sind davon überzeugt, dass sich eine Investition in vertrauensbasierte Arbeitsplätze positiv auf den Unternehmenserfolg auswirkt.
Vorteile strikter Ergebnisorientierung
Die Erfahrungen von Unternehmen, die das ROWE-Konzept bereits nutzen, belegen, was es zur Folge haben kann, wenn Flexibilität, Freiheitsgrade und Selbstbestimmungsmöglichkeiten im Job erhöht werden:
- Die Produktivität steigt um bis zu 40 Prozent
- Die Arbeitszufriedenheit steigt um bis zu 85 Prozent
- Fluktuations- und Fehlzeitenquote sinken signifikant
- Die Bindungsbereitschaft der Mitarbeiter ans Unternehmen wächst
- Mitarbeiter können private und berufliche Belange besser miteinander vereinbaren
- Neben Unternehmen und Belegschaft profitieren auch die Kunden
Diese Vorteile resultieren aus der Schaffung beziehungsweise der Existenz vertrauensbasierter Arbeitsplätze, die folgende Merkmale aufweisen:
- Die Mitarbeiter können ihre Arbeitszeiten und Pausen frei gestalten – nur das Ergebnis zählt.
- Die Mitarbeiter entscheiden, wo sie arbeiten. Sie müssen jedoch in der Lage sein die Unternehmensnetze zu nutzen und verfügbar sein, wenn es darauf ankommt.
- Der Spielraum für eigene Entscheidungen wird erhöht. Dadurch können zum Beispiel Abläufe drastisch beschleunigt, Kundenprobleme gelöst und Märkte konsequenter bearbeitet werden.
- Entscheidungen der Geschäftsführung zur Strategie des Unternehmens und zu den damit verbundenen Maßnahmen werden transparent und nachvollziehbar kommuniziert.
- Unterschiedliche Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Entwicklungswünsche der Einzelnen werden respektiert.
- Die Mitarbeiter bearbeiten möglichst die gesamte Prozesskette und sind, wenn möglich, für einen festen Kundenstamm zuständig und unterstützen sich wechselseitig.
- Ablauf-Feedback: Alle erhalten Feedback über die eigene Tätigkeit und die Richtigkeit der getroffenen Aussagen.
- Resultat-Feedback: Alle können das Ergebnis des Handelns selbst kontrollieren.
- Innovation: Die Erfahrungen der Mitarbeiter werden bei Problemlösungen für Kunden und bei neuen Produkten berücksichtigt.
- Die Führungskräfte leben ihre eigentliche Führungsrolle.