FührungskompetenzWer das Sagen hat, sollte reden können

Nicht richtig zuhören, Monologe führen, dumme Sprüche – das meinen viele Mitarbeiter über die Kommunikation ihrer Chefs. Im Gespräch mit Mitarbeitern, aber auch beim Umgang mit Kommunikationsmedien wie E-Mail zeigen Führungskräfte viele Defizite. Die Folge: Missverständnisse und Demotivation. Dabei ist das Gespräch enorm wichtig, um Mitarbeiter zu überzeugen und für Ziele zu gewinnen.

Führungskräfte sind häufig im Dauerstress. Wenn via Blackberry, Laptop und Handy die Dauererreichbarkeit auch nach Feierabend nicht aufhört, sind Manager gezwungen, ständig und meist unter Zeitdruck zu kommunizieren. Kommunikationsliebling ist dabei die E-Mail. Doch je knapper die Zeit, um so kürzer werden die Sätze. Für Anrede und Grußformel reicht es erst recht nicht mehr. Doch der Befehlston, der so leicht entsteht, hat fatale Folgen.

Maria M. kann sich noch gut an den Moment erinnern, als sie die E-Mail öffnete. „Ok“ waren die einzigen zwei Buchstaben, die ihr Chef als Antwort geschickt hatte. Für mehrere Monate Projektarbeit, für Überstunden und gute Ergebnisse gab es also lediglich ein „OK“, ohne Anrede, ohne alles.

Solch demotivierende Erlebnisse sind keine Seltenheit. Auch wenn Kommunikation für Manager immer wichtiger wird, viele Führungskräfte haben vor allem ein Problem damit, Feedback zu geben. Das aktive Zuhören ist dabei eine der wichtigsten Kommunikationskompetenzen, die vielen Managern aber fehlt. Außerdem verlieren sie bei ihrer Kommunikation häufig das Ziel aus den Augen.

Studie zeigt Stärken und Schwächen im Kommunikationsverhalten

Daniel F. Pinnow von der Akademie für Führungskräfte hat in einer Studie untersucht, wie deutsche Manager kommunizieren. Während viele Chefs schlechte Zuhörer sind, liegt ihre Stärke woanders. Durchweg gute Noten bekamen sie in der Studie in Disziplinen, die eher mit Informationsaufnahme und Verarbeitung als mit zwischenmenschlichen Gesprächen und Dialogführung zu tun haben: Schnell lesen, kurz und bündig formulieren, komplizierte Sachverhalte verständlich darzustellen – das können die Manager. Es sind nicht Sachverhalte und Informationen, die Führungskräften das Leben schwer machen, sondern eher Gefühle und die Reaktionen ihrer Zuhörer und Gesprächspartner. Für Daniel Pinnow kein unerwartetes Ergebnis:

„Deutsche Führungskräfte haben den größten Teil ihrer Lehrjahre, die sie auf ihre Aufgaben als Führungskraft vorbereiten sollen, an deutschen Universitäten genossen. An der Uni lernt man hervorragend, Informationen zu finden, zu verarbeiten und zu speichern. Führungskräfte müssen aber mehr können: Aktiv zuhören, Vermitteln, Begeistern.“

Führungskräfte seien schließlich keine Informationsverarbeitungsmaschinen, sondern Menschen, die Menschen anleiten und motivieren. „Einige werden distanzierter, wenn sie aufsteigen“, beobachtet Coachin Anke Brandt. Besonders jüngere Führungskräfte wechseln dann auch schon einmal von der Anrede „Du“ zum „Sie“ zurück. Oft müssten sie ihre Rolle noch finden, aber, so Brandt, es sei wichtig diesen Schritt bewusst zu gehen und den Betroffenen zu sagen, warum man ihn gehe.

Doch vielen Managern geht im Laufe des Berufslebens die Sensibilität für kommunikative Fragen verloren. „Man muss sich darüber bewusst sein, dass Veränderungsprozesse ablaufen und sich damit die Sprache ändert“, so die Trainerin Marlen Theiß. „Top-Führungskräfte bewegen sich in abgeschotteten Zirkeln“, beobachtet sie immer wieder. Dazu gehöre auch, die entsprechende Sprache zu sprechen, um dazuzugehören.

Das Ergebnis ist oft eine mit Anglizismen angereicherte Sprache. Da ist von „Benchmarking“, „Cashflow“ und „Satisficing“ die Rede.  Der Managementvordenker Peter Drucker fasste es einmal so zusammen:

„In den vergangenen 40 Jahren hat sich ein ziemlich abwegiger Glaube beharrlich gehalten: Wenn sich jemand verständlich ausdrückt, ist er ungebildet.“

Dabei sorgt unklare Sprache häufig für Missverständnisse. Führungskräfte müssen sich daher die Fähigkeit bewahren, je nach Gesprächspartner ihren Sprachstil anzupassen, rät Anke Brandt. „Führungskräfte sprechen häufig durch die Blume“, so die Trainerin. Dadurch kommen Botschaften nicht klar an. Man müsse Dinge konkret benennen und einen Mittelweg finden. Denn häufig werde entweder zu hart oder zu weich gesprochen.

Und ein weiteres Problem: „Führungskräfte sprechen wenig zielorientiert“, so Brandt. Dazu müsse sich die Person erst darüber klar werden, was das Ziel ist. Häufig würden auch nur die Schritte zum Erreichen des Ziels genannt, was sehr direktiv wirke. Um das zu vermeiden, sollten Entscheidungen begründet werden. Denn schließlich offenbart der Kommunikations- und Sprachstil auch viel über den Menschen. „So wie meine Einstellung ist, kommuniziere ich auch“, sagt Anke Brandt. Und schließlich färbt der Sprachstil, der von Führungskräften genutzt wird, auch auf die Kommunikationskultur im gesamten Unternehmen ab.

Für gute Kommunikation ist vor allem Zeit nötig. Vier von zehn Managern verwenden heute die Hälfte und mehr ihrer Zeit für Kommunikationsaufgaben, so die Umfrage der Akademie für Führungskräfte. Dabei ist die Gefahr eines „Informations-Overkills“ groß. Mailfreie Tage können beispielsweise helfen, um wieder zum direkten Gespräch zu kommen.

Mangelhafte Kommunikation hat gravierende Folgen für die Organisation und ihre Mitglieder auf allen Ebenen. Es entstehen daraus vor allem Informationslücken, Missverständnisse, Gerüchte, Fehlleistungen, Konflikte und Missstimmungen.

Die folgenden ebenso einfachen wie wirkungsvollen Regeln helfen, Missverständnisse und Störungen in der täglichen Kommunikation mit Mitarbeitern (und Kollegen) zu vermeiden:

  1. Kein „man“, kein „es“, kein „wir“: Mitarbeiter sollten namentlich und direkt angesprochen werden.
  2. Kein „müsste“, kein „sollte“, kein „könnte“: Anweisungen werden nicht im Konjunktiv gegeben, das macht ihre Umsetzung vage.
  3. Kein „vielleicht“, kein „eventuell“, kein „eigentlich“: Anweisungen müssen auf konkrete Wirkungen abzielen und mobilisieren.
  4. Jeder Mensch hat – von seinem Standpunkt aus – Recht: Statt andere missionieren zu wollen und auf dem eigenen Standpunkt zu beharren, müssen Führungskräfte andere Standpunkte klären und verstehen.
  5. Absolute Loyalität erkennen lassen: Vorgesetzte müssen immer und unbedingt hinter ihren Aussagen und Handlungen stehen.
  6. Konkrete Fragen stellen: Auf unklare Fragen gibt es auch unklare Antworten.
  7. Nie mehrere Fragen auf einmal stellen: Sie verwirren nur und kosten Zeit.
  8. Keine Fragen mit „Wieso?“, „Weshalb?“, „Warum?“ beginnen: Führungskräfte sollten Aussagen machen statt Rechtfertigungen fordern. Ausnahme: das Mitarbeitergespräch, in dem auch Hintergründe aufgehellt werden sollen.
  9. Nicht die eigenen Fragen selbst beantworten: Der Standpunkt des anderen wird sonst nicht bekannt.
  10. „Ja, aber …“-Antworten vermeiden: Aussagen der anderen besser ergänzen statt verneinen oder einschränken.
  11. Aktiv zuhören: Erst in Ruhe zuhören, dann nachdenken, dann antworten.
  12. Termine konkret vereinbaren: Missverständnissen durch klare Prioritäten vorbeugen.

Wer nicht kommunizieren kann, kann auch nicht führen. Der Kommunikationsstil des obersten Chefs färbt mehr auf die Kommunikationskultur eines gesamten Unternehmens ab, als er sich vielleicht bewusst sein mag. Er prägt als „Vorbild“ den Kommunikationsstil der Mitarbeiter. Ein Chef, der seine Mitarbeitergespräche unkonzentriert, unkoordiniert oder einfach gar nicht führt, muss sich nicht wundern, wenn sich dieser Kommunikationsschlendrian nach unten fortsetzt. Dann wird aus einem Kommunikationsdefizit sehr schnell ein Wertschätzungsdefizit. Folge: Produktivitätsverlust, fehlende Innovationskraft und das Nachsehen im Kampf um die besten Köpfe.

Was sind die häufigsten Fehler, die Managern in Ihrer Kommunikation unterlaufen? Wie entstehen diese Fehler? Und was kann man dagegen tun?

Daniel F. Pinow: Einer der häufigsten Fehler, den Führungskräfte begehen, ist leider auch der schwer wiegendste: der Fehler, die Bedeutung der Kommunikation zu unterschätzen. Viele Vorgesetzte meinen, Kommunikation passiere „nebenbei“ und von selbst. Dabei ist Kommunikation die Kerndisziplin der Führung und des Managements. Kommunikation heißt im Wortsinne ja „Verbindung” und „Zusammenhang”. Genau das würde wohl jede Führungskraft ohne zu zögern als Kernaufgabe ansehen: Menschen zusammenbringen, einen, gemeinsam zum Erfolg führen …

Um so erstaunlicher, wie wenig Aufmerksamkeit viele Führungskräfte ihrer Kommunikationskompetenz widmen: der Art und Weise, wie sie Botschaften übermitteln, wie sie Signale deuten, wie sie ihren Mitarbeitern zuhören und mit ihnen in Dialog, in ein wirkliches Gespräch treten. Diejenigen, die die Bedeutung erkannt haben, wissen, dass nur ganz wenige als „Kommunikator“ geboren werden, und arbeiten an sich selbst: im Training, im Coaching und vor allem durch ständige Rückmeldung über ihr Verhalten, die sie sich selbst von ihren Mitarbeitern holen.

Was ist bei den unterschiedlichen Kommunikationswegen, beispielsweise bei E-Mails, zu beachten?

Daniel F. Pinow: Ich möchte hier nur ein Beispiel herausgreifen und auf die Unsitte, zu viele Personen auf den E-Mail-Verteiler zu setzen, eingehen. Diese berühmt-berüchtigte „CC-Kultur“ kann mehrere Ursachen haben. Entweder sind die Mitarbeiter nicht bereit oder nicht fähig, selbst zu entscheiden, und versuchen sich bei jedem Vorgang von möglichst vielen Personen absichern zu lassen. Oder die Mitarbeiter erwarten gar nicht, dass der eigentliche Adressat adäquat reagiert, und versuchen ihr Ziel zu erreichen, indem sie möglichst viele informieren – und auf diese Weise viele Personen beschäftigen, im schlimmsten Fall von anderen Aufgaben abhalten.

So oder so: Eine ausgeprägte „CC-Manie“ ist immer Symptom einer ungesunden Kommunikationskultur. Das ist keine Lappalie, wenn man bedenkt, wie viel Arbeitskraft auf diese Weise unsinnig gebunden wird.

Wie ändern sich die Kommunikationsgewohnheiten im Laufe eines Berufslebens?

Daniel F. Pinow: Mit jedem Karriereschritt nimmt die Bedeutung der Kommunikationskompetenz zu. Im Idealfall eignet sich eine Führungskraft Schritt für Schritt neue Fähigkeiten an und arbeitet parallel an der Persönlichkeitsentwicklung.

Techniken für Gesprächsführung und aktives Zuhören benötigt man schon früh im Managementleben, sukzessive kommt der Bedarf an vertieften Kenntnissen zum Beispiel in Präsentationstechniken, Verhandlungstechniken, Umgang mit den Medien hinzu.

Kommunizieren Führungskräfte anders als normale Angestellte?

Daniel F. Pinow: Auf alle Fälle tragen sie mehr Verantwortung. Deshalb haben sie mehr zu sagen – und sollten dies auch tun.

Daniel F. Pinnow ist Geschäftsführer der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft GmbH in Überlingen und Bad Harzburg.

Antworten auf die Frage: Wenn Sie eine Kommunikationssünde Ihres Chefs abstellen könnten, welche wäre das?

  • Dumme Sprüche
  • Ungeduld – Abwürgen von Themen
  • In Meetings Monologe halten und die Meinung der Mitarbeiter nur alibimäßig abfragen
  • Ausschweifen bei Gesprächen
  • Nicht zuhören
  • Zu persönliche, zu ausdauernde, immer wieder von vorn aufgerollte Gespräche
  • Maßlose Übertreibungen
  • Nachts E-Mails schreiben und morgens Feedback erwarten
  • Unbedingt besseres Schriftbild erforderlich
  • Immer der Wortführer (bei Gesprächen in Gruppen) sein zu müssen
  • Unsachlicher Umgangston, respektlose Kommentare
  • „Ich hab’ da noch was – reden wir beim nächsten Mal drüber.“ Und dann beim nächsten Treffen nicht mehr wissen, was er sagen wollte …“
  • E-Mails wahllos weiterleiten
  • Dazwischenreden und Unterbrechen
  • Schönreden von negativen Abläufen in der Organisation
  • Endlos monologisieren am Telefon ohne Pause für Zwischenfragen
  • Schwafelnde Monologe
  • Zu beschäftigt zu sein, um sich die entscheidenden fünf Minuten „Small Talk“ zu nehmen
  • Die Worte im Mund herumzudrehen
  • Verwendung englischer Begriffe, für die es durchaus auch deutsche Wörter gibt

Quelle: Studie „Führung beim Wort nehmen. Wie kommunizieren deutsche Manager?“ Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft 2008.

[C. Gregor Landwehr]

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