FührungskräfteentwicklungDas Umfeld befragen und besser werden
Wahrscheinlich geht es Ihnen wie den meisten Führungskräften: Neben den eigentlichen Führungs- und Leitungsaufgaben sind Sie auch aufgefordert zu reflektieren und sich persönlich weiterzuentwickeln. Sie haben vielleicht auch schon Maßnahmen ergriffen, Seminare besucht und die Erfahrung gemacht, wie schwierig sich der Transfer manchmal gestalten kann.
Das Problem der Umsetzung von Impulsen aus einem Führungsseminar ist hinlänglich bekannt. Erstens verblassen die Erkenntnisse relativ schnell in der Routine des Tagesgeschäfts. Zweitens sind die Merksätze nur lose anschlussfähig im relevanten Organisationsumfeld. Drittens gibt es keinen Follow-up. Mit dem hier thematisierten Ansatz wird vorgeschlagen, das relevante Umfeld direkt danach zu befragen, was man selbst verändern kann, damit Führung und Zusammenarbeit noch besser klappen. Nachfolgend werden die einzelnen Schritte beschrieben und Empfehlungen gegeben, wie Sie diesen Prozess in Ihren Führungsalltag einbetten können.
Schritte auf dem Weg zu einer besseren Führungskraft
Überlegen Sie sich zunächst allein: Was möchte ich noch besser können? Vielleicht wollen Sie ein besserer Zuhörer werden, vielleicht weniger autoritär wahrgenommen werden? Vielleicht wollen Sie aber auch direktiver entscheiden oder besser Nein sagen können, und zwar auf charmante Art und Weise? Oder Sie wollen lernen, Mitarbeitern die ganze Wahrheit bezüglich ihrer Performance mitzuteilen. Halten Sie sich dabei an folgende Schritte:
1. Entwicklungsziel formulieren
Formulieren Sie eine zu lernende Führungsverhaltensweise und fokussieren Sie sich auf einen möglichst spezifischen Aspekt. Schreiben Sie diesen in einem Satz auf, etwa so: „Ich möchte lernen, weniger diktatorisch zu wirken.“
2. Personen aus dem Umfeld fragen
Fragen Sie Personen aus Ihrem Umfeld wie Mitarbeiter, Vorgesetzte, Freunde oder Kunden, was Sie konkret tun können, um das Entwicklungsziel zu erreichen. Setzen Sie diesen Schritt informell um, am besten im Rahmen von Gesprächen, die sowieso stattfinden. Sagen Sie zum Beispiel: „Ich arbeite daran, nicht mehr so diktatorisch zu erscheinen. Könntest Du mir zwei bis drei konkrete Ideen dazu geben?“
3. Regelmässig und systematisch fragen
Führen Sie solche Befragungen einen Monat lang durch und richten Sie mindestens ein solches Gespräch pro Tag ein. Erstellen Sie eine Liste aller Vorschläge und Ideen und entscheiden Sie am Ende dieser Periode, welche konkreten Vorschläge Sie in Ihren Alltag einbauen wollen.
4. Entscheidung und systematische Umsetzung
Entscheiden Sie sich für ein bis zwei konkrete Punkte, die Sie über einen Zeitraum von drei Monaten systematisch umsetzen. Sie bestimmen, welche Ideen Sie umsetzen wollen. Fokussieren Sie sich dabei auf eine bis zwei Verhaltensweisen.
5. Follow-up durchführen
Führen Sie nach drei Monaten ein Follow-up durch. Dabei fragen Sie fünf wichtige Personen aus Ihrem Umfeld, die von der Verhaltensänderung unmittelbar profitieren: Welche Veränderungen habt ihr bemerkt? Sie können das informell oder in Form eines schriftlichen Mini-Surveys tun.
Probleme bei der Befragung vermeiden
Das hier dargelegte Verfahren unterscheidet sich von traditionellen Feedback-Sitzungen. Es geht nicht um eine generelle Beurteilung einer Person, sondern um die Nachfrage nach konkreten Verhaltensweisen in der Zukunft, damit das selbst gesetzte Ziel erreicht werden kann. Beachten Sie deshalb das genaue Wording Ihrer Frage!
Wie bei jedem Kommunikationsprozess kann es zu Schwierigkeiten kommen. Diese lassen sich jedoch vermeiden:
Informeller Rahmen
Führen Sie diese Gespräche im informellen Rahmen durch. Nutzen Sie Gesprächssituationen, die sowieso stattfinden.
Offen für Vorschläge sein
Zeigen Sie sich als Lernender und offen für Vorschläge und Ideen. Warten Sie nicht spezifische Termine ab, sondern nutzen Sie Gelegenheiten im Alltag.
Keine Wertungen von Ideen
Vermeiden Sie die inhaltliche Diskussion oder eine Wertung der Vorschläge und Ideen, die Sie erhalten. Bedanken Sie sich dafür und nehmen Sie diese als Geschenk. Sie haben das Recht, das umzusetzen, was Sie für richtig erachten.
Austausch fokussiert halten
Halten Sie den Austausch fokussiert auf Ihre konkrete Ausgangsfrage respektive das Entwicklungsziel. Sobald Sie drei Ideen erhalten haben, bedanken Sie sich. Dieser Austausch dauert im Normalfall nicht mehr als drei bis fünf Minuten.
Vorgehen testen
Zu Beginn fühlt sich dieses Vorgehen mitunter noch etwas ungewohnt an. Testen Sie es zunächst mit einer Person, die Ihnen wohlgesonnen ist und mit der Sie ohne Gesichtsverlust üben können.
Follow-up durchführen
Führen sie nach drei Monaten ein Follow-up zu Ihrem Entwicklungsfortschritt durch, bei dem Sie sich nach der Wahrnehmung von Veränderungen in Ihrem Umfeld erkundigen.
Der geschilderte Prozess ist einfach, direkt und mit wenig Aufwand verbunden. Sie verbessern damit auch die Qualität der Kommunikation im Unternehmen und werden zum positiven Rollenmodell einer modernen Führungskraft, die sich gleichzeitig als Experte und Lernender betrachtet.