FührungskräfteentwicklungManager besser machen
Die Zeiten von „Training on the job“ und „Learning by doing“ sind längst vorbei. Immer mehr Unternehmen setzen auf langfristig angelegte und durchgeplante Weiterbildungsprogramme. Für sie macht dies aus zweierlei Gründen Sinn: Zum einen ist die Wirtschaft auf gut ausgebildete Fach- und Führungskräfte angewiesen, die mit einem sich immer schneller verändernden und komplexer werdenden Arbeitsumfeld umgehen können. Zum anderen sind Weiterbildungsprogramme und damit oft verbundene Aufstiegsmöglichkeiten zu einem Argument geworden, mit dem sich Unternehmen im Kampf um hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte gegen Konkurrenten durchsetzen können.
Hier stellt sich die Frage, wo im Unternehmen ein Curriculum für die Entwicklung von Führungskräften ansetzen sollte. Anders als einzelne Seminare muss ein Programm zur Mitarbeiterentwicklung Teil der Unternehmensstrategie sein. Personalentwickler und das Management sollten ein Programm erstellen, das der Unternehmensphilosophie entspricht und sich in die zu beschreitenden Karriereschritte eingliedert. Es ist Aufgabe der Unternehmensentwicklung geworden, sich auch Gedanken über die „Leadership Pipeline“, der Kluft zwischen aktuell vorhandenem Führungsnachwuchs und zukünftig erforderlichem Potenzial zu machen.
Angebote hängen von der Unternehmenskultur ab
Doch wie lässt sich ein durchdachtes Programm konzipieren, das den individuellen Anforderungen des Unternehmens, der Branche und jedes einzelnen Mitarbeiters gerecht wird? Bevor konkrete Schritte eingeleitet werden können, sollte Klarheit über die Zielsetzung des Programms bestehen. Dabei geht es um folgende Fragen:
- Soll der Nachwuchs gefördert und motiviert werden?
- Sollen die Lern- und Feedbackkultur gefördert werden?
- Muss es dabei zwangsläufig auch um „Elitedenken“ gehen?
- Bedeutet das Fortschreiten des Programms auch zwangsläufig, dass die Karriere in ähnlichem Maße voranschreitet?
Die Beantwortung dieser Fragen hängt stark mit der jeweiligen Unternehmenskultur zusammen. Der erste und wichtigste Schritt: das Thema Weiterbildung, Weiterentwicklung und der proaktive Umgang mit diesem Thema im Unternehmen ansprechen und thematisieren. Nicht jede Unternehmenskultur ist gleichermaßen offen für Schulungen und Neuerungen im Managementsystem. Dennoch öffnen sich mittlerweile sogar konservativ geführte Unternehmen den Möglichkeiten der Managementweiterbildung – auch, weil sich heutzutage ein attraktiver Arbeitgeber durch ein durchdachtes Entwicklungsprogramm auszeichnen kann. Unter Absolventen gehört dieses Thema neben der Bezahlung und den Aufstiegschancen zu den wesentlichen Motivatoren und Entscheidungskriterien für oder gegen ein Unternehmen.
Es gibt Unternehmen, die mit der Personalentwicklung beim Auszubildenden anfangen und diese bis zum Top-Management fortsetzen. Häufiger kommt es jedoch vor, dass ein Führungskräftecurriculum erst ab einer gewissen Hierarchiestufe angeboten wird. Es stellen sich also folgende Fragen:
- Soll es ein Angebot sein, das freiwillig angenommen werden kann?
- Soll es eine Maßnahme sein, die für Arbeitnehmer ab einer gewissen Hierarchiestufe verpflichtend ist?
- Soll es ein Angebot sein, für das sich die Mitarbeiter sogar bewerben müssen, um zum Beispiel ihre Chancen auf eine Beförderung zu verbessern?
Hier kommt es darauf an, was zur eigenen Unternehmenskultur passt.
Kritische Fragestellungen bei Weiterbildungsprogrammen
Bei der Weiterbildung geht es nicht in erster Linie um Berufsbezeichnungen und Titel, sondern um ganz konkrete Eigenschaften, die eine Führungspersönlichkeit auf einer bestimmten Karrierestufe verkörpern sollte. Daher sollten das Programm und das Schulungskonzept auf ein bestimmtes Ziel, bestimmte Fähigkeiten, Eigenschaften, Führungsprofile oder auch Eigenverantwortlichkeiten hinarbeiten, die zunächst in Form von Anforderungsprofilen formuliert werden müssen. Im Konfliktfeld zwischen Firmenphilosophie, Unternehmenskultur, Vorbildung und der eigenen Persönlichkeit sollte ein Rahmen gefunden werden, innerhalb dessen geschult wird.
Die richtigen Themen für das richtige hierarchische Level zu finden, verlangt ein gewisses Feingefühl. Es sollten Themen vorgestellt und im Rahmen von Diskussionen mit den entsprechenden Zielpersonen erörtert werden. Die Frage dabei: Was ist zu welchem Zeitpunkt relevant? Da es auch sein kann, dass unterschiedliche Themen als unterschiedlich relevant betrachtet werden, macht es Sinn, dass die Teilnehmer das Programm mitgestalten. In der Erstellung und Zusammensetzung der Themen ist es weiterhin sinnvoll, Mitarbeiter der relevanten Ebenen zu involvieren und die Themenvorschläge und Inhalte zu diskutieren. Schließlich sind sie es, die die Akzeptanz des Programms im Unternehmen positiv untermauern können.
Gerade auf solche Multiplikatoren kommt es häufig an. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass nicht alle Mitarbeiter im Unternehmen das Weiterbildungsprogramm per se als sinnvoll betrachten werden. Es gibt durchaus Hürden, die bei der Implementierung eines Führungskräftecurriculums überwunden werden wollen. Dazu gehören etwa:
- Themenspezifische Widerstände
Gerade in Unternehmen mit wenig oder gar keiner Erfahrung in Personalentwicklung kann es Diskussionen über Prioritäten von Themen für die Lehrmodule geben. - Skepsis
Kritische Einschätzung von Zeitaufwand und Opportunitätskosten - Kostenaufwand
Qualität hat ihren Preis und die Kosten sind nicht unerheblich - Bildungscontrolling
Frage der Kontrolle von Erfolgen - Lerntransfer
Praxisnähe und Umsetzbarkeit der Inhalte - Nachhaltigkeit des Lernerfolgs
Gelerntes muss sich auch in einer Änderung des Verhaltens niederschlagen. - Flexibilität des Programms
Unternehmensprozesse ändern sich, und damit auch die Anforderungen an die Führungskräfte und die Inhalte des Führungskräftecurriculums. Eine ständige Anpassung und Überarbeitung sind daher notwendig.
Die Wahl des richtigen Bildungsanbieters
Die Frage, ob und in welcher Form das Thema Weiterbildung überhaupt angegangen werden soll, muss zunächst vom Unternehmen selbst beantwortet werden. Danach können bei der Auswahl eines geeigneten Partners verschiedene Ansätze verfolgt werden. Zum einen gibt es Firmen, die im Idealfall alles aus einer Hand anbieten – von der ersten Beratung über die Analyse-Phase hin zur Durchführung der Seminare und Coachings. Doch es gibt auch die Möglichkeit, die „Diagnose“ und „Behandlung“ voneinander zu trennen und mit unterschiedlichen Trainern unter dem Dach eines Unternehmens zusammenzuarbeiten.
Ein Austausch mit entsprechenden Beratern macht schon deshalb Sinn, da es viele Neuentwicklungen und aktuelle Strömungen in der Weiterbildungsbranche gibt, über die nur Experten einen Überblick haben. Die Frage, wie diese Anbieter und deren Ansätze und Programme möglichst objektiv getestet werden können, ist daher eine sehr wichtige.
Zunächst sollte der Anbieter natürlich über entsprechende Referenzen, Erfahrungen und Ressourcen verfügen, die notwendig sind, um ein weitreichendes Programm konzeptionell aufzusetzen und langfristig durchzuführen. Es muss gewährleistet werden, dass Veranstaltungen auch im Krankheitsfall eines Referenten stattfinden können. Außerdem ist es empfehlenswert, sich die Referenzen eines Anbieters genauer anzuschauen und vergleichbare Unternehmen zu recherchieren, bei denen der Anbieter bereits ein Programm durchgeführt hat. Die Kontaktaufnahme mit vergleichbaren Unternehmen, die nicht unbedingt aus derselben Branche kommen müssen, aber dennoch dieselben Problemstellungen als Ausgangspunkt haben, kann hilfreich sein.
Seminare zunächst testen
Eine empfehlenswerte Vorgehensweise für die Vorauswahl kann auch darin bestehen, Seminare – entweder mit oder ohne Beratung eines Experten zusammengestellt – zu testen. Folgende Kriterien spielen dabei eine Rolle:
- Abstimmung der Inhalte auf die Zielsetzung des Programms
- Umsetzbarkeit und Praxisrelevanz der vermittelten Inhalte
- Realitätsnähe der Übungen
- Zur Unternehmensphilosophie passende Methodik
- Didaktische Fähigkeiten und Hintergrund der Referenten
- Angemessener Zeitrahmen
- Transferleistung der Übungen in den Berufsalltag
Idealerweise sollte danach ein Kriterienkatalog aufgestellt werden, anhand dessen die unterschiedlichen Seminare getestet werden. Sobald das Projektteam ein Seminar oder eine Seminarreihe nach den aufgestellten Kriterien als gut befunden hat, sollten potenzielle Teilnehmer das Seminar, den Trainer und die Inhalte bewerten. Danach empfiehlt sich ein weiteres Testseminar, bevor es endgültig in das Führungskräftecurriculum mit aufgenommen wird. Ideal wäre, wenn diese Teilnehmergruppe repräsentativ für die zu schulenden Führungskräfte anhand der Kriterien von Teilnehmer-Konstellation (Erfahrung, männlich beziehungsweise weiblich, Anspruch, Kommunikationsverhalten) steht. Am Ende des Tages sollte auch eine fortlaufende Erfolgskontrolle der Teilnehmer stattfinden und ihnen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Erfahrungen und Eindrücke aus dem Seminar an die für das Führungskräftecurriculum zuständige Abteilung oder Person weiterzugeben.
Möglichkeiten der Erfolgskontrolle
Dabei gibt es verschiedene Arten der Erfolgskontrolle und unterschiedliche Zeitpunkte, zu denen sich es lohnt, mögliche Verhaltensänderungen zu beobachten. Der initiale Zeitpunkt ist direkt nach dem Seminar. Eine Teilnehmerbefragung im Anschluss an die Veranstaltung bietet die Möglichkeit, einen frischen und direkten Eindruck der vermittelten Inhalte, der Praxisnähe und auch der Stimmung, die durch den Trainer geschaffen wurde, zu bekommen.
Darüber hinaus macht es Sinn, zirka einen Monat nach der Veranstaltung ein so genanntes Entwicklungsgespräch mit dem Vorgesetzen der Führungskraft, der Führungskraft selbst sowie einem Mitarbeiter der Personalentwicklung zu führen. In einem solchen Gespräch könnten die im Seminarprogramm besprochenen Inhalte, vereinbarten Ziele und entsprechenden Konsequenzen besprochen und protokolliert werden. Darüber hinaus kann auch ein nachträgliches Feedback zur Umsetzbarkeit der vereinbarten Maßnahmen eingeholt werden, das sich wiederum auf die Bearbeitung der Inhalte zukünftiger Seminarveranstaltungen auswirken kann.
Zur Erfolgskontrolle gehört auch die Einrichtung so genannter Transfertage, an denen die Teilnehmer die Möglichkeit haben, ihre Fragen und Erfahrungen bei der Umsetzung mit dem Trainer auszutauschen. Zusätzlich sollte der Trainer auch zu bestimmten Zeiten für Anfragen zur Verfügung stehen. Dies kann per E-Mail, Telefon, oder auch zu festgelegten Zeiten im Unternehmen geschehen. Das alles lässt sich nicht von heute auf morgen bewerkstelligen. Ein langfristig und gezielt angelegtes Führungskräfteweiterbildungsprogramm verlangt von den Verantwortlichen Engagement, Zeit und ist auch nicht ganz umsonst zu haben. Doch die Mühe lohnt sich, denn das Unternehmen wird interessant für die besten Köpfe und ist in der Lage, das Potenzial der eigenen Mitarbeiter langfristig voll auszuschöpfen. Auf diese Weise kann es im internationalen Wettbewerb bestehen.