Führungskraft muss Personal zur Exzellenz verhelfen
Spitzenleistungen lassen sich nicht einfordern, sondern nur ermöglichen. Sie haben immer zwei Komponenten: Können und Wollen. Dabei erbringen Mitarbeiter, genauso wie Spitzensportler, nur unter optimalen Bedingungen Bestleistungen. Hauptaufgabe einer Führungskraft ist es also, inspirierende Arbeitsplatzbedingungen und ansprechende Leistungsmöglichkeiten zu schaffen, damit sich die Mitarbeiter voll entfalten können. Dabei sollten die jeweils individuellen Arbeitsmotive und Talente ermittelt sowie die zwischenmenschlichen und organisatorischen Motivationshemmer erkannt und beiseite geräumt werden.
Der Vorgesetzte von heute ist demnach vor allem ein „Enabler“, also ein Möglichmacher. Er fördert die Selbstorganisation seiner Mitarbeiter und schafft Freiräume für Kundenbelange. Er brennt seine Leute nicht aus und hält sie auch nicht klein, sondern macht sie stark, damit sie dem Unternehmen und schließlich den Kunden ihre ganze Kraft geben können. Verheizte Mitarbeiter geben nun einmal keine Wärme ab. Eine typische Frage der Führungskraft sollte deshalb lauten: „Welche Unterstützung brauchen Sie von mir?“
Entbürokratisierung und Mitarbeiter-Empowerment
Mit Blick auf den Kunden haben die Mitarbeiter eine ganze Reihe tragender Funktionen. Mitarbeiter sind:
- Könner (Fachkraft, Experte)
- Woller (mit der richtigen Einstellung)
- Menschenversteher
- Emotionsmanager
- Träume-Erfüller
- Kundenbegeisterer
- Kundenloyalisierer
- Botschafter ihres Unternehmens
Damit Mitarbeiter diese Funktionen auch ausüben können, brauchen sie Möglichkeitsräume, in denen sie sich selbständig und verantwortungsvoll um das Beste für den Kunden kümmern können. Doch in vielen Unternehmen ist das nicht selbstverständlich. Hier sagen oft rigide Richtlinien, Vorschriften und Standards, was zu tun und zu lassen ist. Trägheit, Initiativlosigkeit und Konformität sind die Folge. Schlimmer noch: Die Autorität solcher Normen ist höher als jeder gesunde Menschenverstand.
Die Sicherung einer Basisqualität ist bestimmt richtig und in manchen Fällen sogar lebensnotwendig, doch die Zwangsjacke starrer Service-Normen macht Mitarbeiter zu Robotern, die sich selbst den sinnlosesten Anweisungen willenlos beugen und den Kunden ihre öden Standards aufoktroyieren nach dem Motto: „Das ist bei uns Vorschrift!“ Wie Aufziehpuppen gebärden sie sich dann am Telefon oder an der Theke im Schnellrestaurant. Für beide Seiten eine entwürdigende Situation!
Die Verantwortung dafür, den Kunden glücklich zu machen, sollte nicht länger auf dicken Wälzern ruhen. Sie muss vielmehr direkt bei den kundennahen Mitarbeitern liegen. Dafür sollten Unrternehmen in einem ersten Schritt entbürokratisieren, damit sich die Mitarbeiter auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können. „Kill a stupid rule“ heißt das auf amerikanisch. Einer Untersuchung der Beratungsgesellschaft Proudfood zufolge verlieren Unternehmen 24 Prozent ihrer Produktivität durch Bürokratie und Regulierungswut.
Auf jeder Meeting-Agenda sollte also die Frage nach den Möglichkeiten, sich von unnötigen Regeln oder administrativen Hemmnissen zu trennen, ein fester Tagesordnungspunkt sein. Dabei geht es um zwei Schlüsselfragen:
Was will das Unternehmen?
Daraus ergeben sich die Basisstandards und die nicht verhandelbaren Normen, die als Leitplanken (Guidelines) fungieren. Denn Mitarbeiter und Kunden brauchen absolute Klarheit darüber, was tolerabel ist und was nicht. Dies markiert die Null-Linie der Kundenzufriedenheit.
Was will der Kunde?
Daraus ergeben sich Möglichkeitsräume fürs Kundenbegeistern, die von den Mitarbeitern situativ ausgeschöpft werden können. Natürlich braucht es dazu Spielregeln und Grenzlinien, doch das Spielfeld sollte möglichst groß sein. Denn erst oberhalb der Null-Linie, dort wo sich Flexibilität, Individualisierung und Improvisationstalent zeigen, setzt Begeisterung ein.
Ohne Fehler keine Evolution und Innovation
Sie fragen sich, was sich oberhalb der Null-Linie alles machen lässt? Fragen Sie die Kunden, und vor allem die kundennahen Mitarbeiter! Sie sind am nächsten dran und haben oft die besten Ideen, denn das wertvollste Wissen befindet sich oft an den Rändern einer Organisation. Allerdings geben Mitarbeiter ihre Gedanken nur dann preis, wenn sie glauben, dass diese auch Wertschätzung erfahren. Und wenn sie wissen, dass Fehler kein Beinbruch sind. Wer Neues ausprobiert, muss auch scheitern dürfen.
Zum Arbeiten in Möglichkeitsräumen gehört also immer auch eine entsprechende Fehlerlernkultur. Ein Besprechungspunkt in Meetings könnte zum Beispiel heißen: „Welche negativen Erfahrungen ich gemacht habe und wie alle anderen sie sich ersparen können.“ Die einzigen Fehler, die nicht toleriert werden können, sind Absicht, Nachlässigkeit und Schlamperei. Ansonsten ist ein Fehler erst dann ein Fehler, wenn er zum zweiten Mal passiert. Fehler sind der Preis für Evolution und Innovation.
Leider gibt es immer noch Führungskräfte, die glauben, dass es an der Peripherie kein intelligentes Leben gibt. Sie meinen, sie müssten alles selber wissen und alles selber können. Mitarbeiter, die gute Ideen haben, stellen für solche Führungskräfte anscheinend eine ständige Bedrohung dar. Dabei sind es genau diese Mitarbeiter, die Unternehmen in die Zukunft führen: Querdenker, Kreative, Visionäre. Doch das Selbstbild vieler Vorgesetzter verbietet es, die Zügel aus der Hand zu geben. Sie können sich schlecht auf Sichtweisen Anderer einlassen und akzeptieren deren Vorschläge nur widerwillig als die bessere Lösung. In Wahrheit jedoch sorgen sie sich um Anerkennungs- und Machtverlust oder haben Angst, Schwäche zu zeigen. Dann wird angewiesen statt involviert und delegiert.
Druck erzeugt Allerweltslösungen
Das „Machtwort“ des Chefs lässt oft wertvolle Initiativen und dringend benötigte Kreativität versanden. Um heutzutage Kundentreue zu sichern, wird jede Idee, die zu diesem Ziel beitragen kann, dringend gebraucht. Wer mitunternehmerisch handelnde Mitarbeiter will, muss diese an unternehmerisches Denken und Handeln heranführen. Dort, wo Mitarbeiter intensiv in die Strategiearbeit involviert und an den Erfolgen finanziell beteiligt werden, werden sie alles tun, damit ihr „Baby“ wächst.
Der Wandel vom „müssen“ zum „wollen“ im Arbeitsleben ist unumgänglich. Nur in kreativen Freiräumen können Spitzenleistungen entstehen. Denn Kreativität – die Schlüsselressource der Zukunft – braucht Weite. Und die kann sich, plakativ gesagt, nur in heiteren Hirnen entfalten. So ergaben Studien der Erlanger Soziologin Andrea Abele, dass komplexe Fragestellungen in guter Stimmung besser bewältigt werden, dass die Denkleistung steigt und neue Sichtweisen entstehen. Kontrolle macht langsam, faul und dumm. Vertrauen hingegen macht schnell, pfiffig und fit. Deshalb müssen die Kontrollsysteme heruntergefahren werden.
Kommandieren und Kontrollieren erzeugt keine Exzellenz. Unter Druck werden höchstens Allerweltslösungen erzeugt. Und Angst ist der größte Erfolgskiller. Angst kann zwar eine kurzfristige körperliche Leistungssteigerung hervorrufen, aber niemals eine geistige. Nur wo Lachen ist, verschwindet Angst. Deshalb bieten „lachende“ Unternehmen die besten Voraussetzungen, um Spitzenleistungen zu erzielen – und am Ende die Loyalitätsführerschaft zu erreichen.