Game-based-LearningDigitale Kompetenzen für die neue Arbeitswelt

Game-based-Learning eignet sich besonders dafür, digitale Kompetenzen bei Mitarbeitenden auszubauen und zu stärken. Dafür gibt es viele Beispiele. Messungen zeigen, wie die Angebote genutzt werden und was sie für mehr Digitalkompetenz und Engagement bringen.
Von Roman Rüdiger

Viele Unternehmen und Betriebe haben auf mobiles Arbeiten umgestellt und neue Kommunikationskanäle eingerichtet – sehen sich aber auch mit digitalen Stolperfallen des neuen Arbeitens konfrontiert. Kaum ein Arbeitstag kommt mehr ohne digitale Kommunikation aus, Mitarbeitende müssen eine Vielzahl von digitalen Inhalten erstellen oder digitale Lösungen entwickeln. Unternehmen und Personalentwickler wollen wissen, wie es um die digitale Kompetenz des eigenen Teams steht und welche Möglichkeiten es gibt, diese auszubauen. Hier können spielerische Ansätze helfen.

Mit Gamification und Serious Games lernen

Wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Lern-Psychologie und Neurobiologie bestätigen: Spielen ist die beste Voraussetzung für nachhaltiges Lernen. Was für Kinder selbstverständlich ist, birgt auch in der betrieblichen Weiterbildung Vorteile. Aber es ist nicht leicht in gewachsene Strukturen der Personalentwicklung neue, ungewöhnliche Lösungen einzuführen. Denn ohne die Mitarbeitenden, die diese Lösungen nutzen sollen, bringt das beste Tool keine Verbesserung in den Abläufen.

Unsicherheiten, Vorurteile und manchmal sogar Ängste müssen beseitigt und ins Positive geleitet werden. Es ist daher besonders wichtig, dass die Personalentwickler passende Lösungen finden und alle Nutzer und Nutzerinnen mitnehmen. Aber wie gelingt das?

Beispiele für Gamification und Serious Games

Das Reiseunternehmen TripAdvisor vergibt sogenannte Badges für Nutzer und Nutzerinnen, die regelmäßig Beiträge und Bewertungen verfassen. Das bindet sie an die Plattform und befeuert den Content.

Auch das IT-Unternehmen SAP nutzt diesen Ansatz. Für die Mitarbeitenden wurde beispielsweise ein digitales Golfspiel entwickelt, in dem über virtuelle Golfschläge zwischen den Abteilungen Aufträge hin und her gespielt werden. Die Mitglieder beantworten Fragen von anderen Nutzerinnen und Nutzern und erhalten dadurch Auszeichnungen und Punkte.

Bei Cisco nutzt das Global-Social-Media-Team Gamification seit einigen Jahren innerhalb eines Social-Media-Trainingsprogramms, welches drei Stufen der Zertifizierung umfasst: Spezialist, Stratege und Master. Jedes Zertifizierungslevel fordert von den Teilnehmenden zunehmende Kompetenz in den sozialen Medien. Diese Spezialisierungen sind nützlich für Personen in bestimmten Job-Funktionen, um Social-Media-Fähigkeiten zu erlernen, die direkt auf ihre Arbeit anwendbar sind. Der Einsatz von Gamification im Social-Media-Schulungsprogramm hat das Engagement deutlich verbessert. Laut Cisco trägt es erheblich dazu bei, wenn Mitarbeitende Fähigkeiten selbst erkunden, dabei Fortschritte machen und Ziele gemeinsam im Team erreichen.

Hintergrund

Gamification und Serious Games

Gamification bedeutet vereinfacht gesagt die „Spielifizierung“ von spielfremden Kontexten. Die Grundidee: Typische Elemente aus klassischen Spielen tauchen in Bereichen auf, wo Kunden oder Mitarbeitende es nicht erwarten. Im Prinzip keine neue Idee, gelten doch Bonusmeilen bei Vielfliegern oder Treuepunkte im Einzelhandel bereits als Gamification.

Durch die wachsende Zahl an Software-Anwendungen, Cloud-Techniken, aber auch durch Cyberbedrohungen in unserem All- und Arbeitstag sind die Anwendungsfelder breiter geworden und das Potenzial stetig gewachsen. Gamification ergänzt alltägliche Routinen und bricht aus einem festen Rahmen aus.

Der Begriff Serious Games wird oft im selben Zusammenhang wie Gamification verwendet. Serious Games sind aber übergreifend zu sehen. Sie schließen ganz allgemein die Lücke zwischen Bildung und praktischer Anwendung von Wissen. Ein Beispiel dafür ist ein Flugsimulator, an dem Pilotinnen und Piloten Starts und Landungen trainieren.

Vorteile von Gamification

Mitarbeitende können mit Game-based-Learning in einem geschützten Umfeld digitale Tools und Technologien ausprobieren, sich diesen nähern und ihr Wissen ausbauen. Durch die Vergabe von Engagement-Punkten werden sie unabhängig von bereits vorhandenem Wissen motiviert und der Lernerfolg nachhaltig.

Eine Erkenntnis aus bestehenden Game-based-Learning-Anwendungen ist, dass sie meist erfahrungsbasiert und explorativ sind. Daher sind die Lernansätze ebenso erfahrungsbasiert, problemorientiert oder explorativ. Das heißt: Gamification wird gezielt auf bereits bekannte Problemstellungen angewandt, sodass diese punktgenau gelöst werden können.

Gamification kann den Lernerfolg auf verschiedenen Lernebenen fördern: 

  • Kognitive Ebene: Aufbau von Wissen über Fakten, Konzepte oder Verfahrensweisen
  • Motivationale Ebene: Förderung von Interesse, positiven Haltungen, Präferenzen
  • Verhaltensbezogene Ebene: Ist auf motorische oder psychomotorische Fähigkeiten und Fertigkeiten orientiert

Studien zeigen: Gerade auf der kognitiven und verhaltensbezogenen Ebene konnten durch Game-based-Learning deutliche Verbesserungen festgestellt werden. Es trägt zu einer Verbesserung des konzeptuellen Wissens und zu einer Erhöhung des Erinnerungsvermögens bei. Zudem stärkt es das Selbstvertrauen der Lernenden und die Fähigkeit, sich praktisches Wissen anzueignen.

Außerdem lassen sich mit Game-based-Learning erheblich mehr Aufgaben bewältigen. Und einige Unternehmen nutzen Gamification, um das Engagement der Beschäftigten zu steigern.

Voraussetzungen für Gamification

Zu beachten ist, dass Engagement nicht mit Erfolg und Fortschritt zusammenhängen sollte. Wenn Spielende in einem Serious Game zur Digitalisierung noch wenig Hintergrundwissen und weniger gute Ergebnisse in den Tests haben, aber dennoch sehr engagiert sind, erhalten sie Motivation durch Engagement-Punkte und Abzeichen (Badges).

Außerdem ermutigt die Angabe des Engagements anstelle des reinen Fortschritts zur Gründlichkeit; die Nutzerinnen und Nutzer nehmen sich dann beispielsweise mehr Zeit, um das Material durchzuarbeiten. So kann das Prinzip Learning-by-Gaming auch erfolgreich bei noch wenig geschulten Mitarbeitenden eingesetzt werden.

Digitale Kompetenzen und Engagement im Spiel messen

Die Vorgehensweise und Ergebnisse der Spielenden geben Aufschluss über ihre digitalen Fähigkeiten. Um Erkenntnisse zu gewinnen, wie es um Kompetenz und Engagement steht und was Gamification dazu beiträgt, müssen Messungen durchgeführt werden. Zwei kritische Faktoren lassen sich quantitativ analysieren und sichtbar machen:

Kompetenz

Kompetenz steht dafür, wie gut Mitarbeitende die verschiedenen Aspekte der Digitalisierung verstehen. Kompetenz wird durch handlungsorientierte Tests gemessen. Sie kann durch Training und Praxiserfahrung gesteigert werden. Sie nimmt ab durch mangelnde praktische Anwendung auf der einen Seite und durch die Einführung neuer Technologien, die einige vorhandene Kompetenzen obsolet machen.

Idealerweise werden fünf Kernbereiche mit der Messung abgedeckt: die Informations- und Datenkompetenz, Kommunikation und Kollaboration, Erstellung digitaler Inhalte, Schutz und Sicherheit sowie digitale Problemlösungskompetenz.

Engagement

Engagement spiegelt das Buy-in für diese Form der Personalentwicklung wider. Das Engagement wird durch den Umfang und die Regelmäßigkeit der Aktivitäten innerhalb des Serious Game gemessen. Es steigt und sinkt vor allem durch externe Faktoren wie Motivation, Anwendbarkeit auf den Job und günstiges Arbeitsumfeld.

Auswertungen für die Personalentwicklung

Die aus den Messungen zur Kompetenz und zum Engagement gewonnen Daten können auf Abteilungen oder Altersgruppen heruntergebrochen werden. Die Kompetenz kann in verschiedene Kompetenzbereiche und Unterkompetenzen aufgeschlüsselt werden. Das Engagement kann beispielsweise in die Kategorien Fortschritt, Zeitaufwand, Regelmäßigkeit oder Anzahl der Besuche differenziert werden.

Diese tiefere Analyse wird genutzt, um Empfehlungen für Unternehmensleitung, Personalentwicklung und Organisation abzuleiten. Die anonymen Daten der eigenen Mitarbeitenden sollten dazu der Geschäftsführung oder Personalabteilung in einem Management-Cockpit zur Verfügung gestellt werden. Das Cockpit gibt Aufschluss über den Digitalisierungsgrad des Unternehmens und zeigt zugleich auf, wo Verbesserungs- oder Entwicklungspotenziale liegen.

Die Ergebnisse liefern wertvolle Hinweise für die Unternehmensstrategie und können Anlass sein, digital (oder digitaler) zu werden, up to date zu bleiben oder auch die Digitalisierung aktiv mitzugestalten – im Sinne verbesserter Arbeitsabläufe, Kundenbeziehungen und neuer Geschäftsmodelle. Zum Schutz der Einzelpersonen sollten sich die Daten diesen nicht direkt zuordnen lassen und die Unternehmen sicher sein, alle Bedingungen der Datenschutzverordnung (auch im Sinne der Betriebsräte) zu berücksichtigen.

© Roman Rüdiger – www.business-wissen.de
Beispiel für ein Management-Cockpit zu den digitalen Kompetenzen im Unternehmen (talent::digital)

Dazu im Management-Handbuch

Ähnliche Artikel

Excel-Tipps

Zurück zum Artikel