GehaltsverhandlungWie Mitarbeiter überzeugend argumentieren
Jeder gute Kaufmann denkt in Bilanzen: Was muss ich geben (Soll) und was erhalte (Haben) ich dafür? In Bezug auf Gehaltsverhandlungen heißt das:
- Ist die Bilanz für Ihr Unternehmen beziehungsweise für Ihren Personalchef nach einer Gehaltserhöhung positiv oder negativ?
- Welche Nebenaspekte verderben diese Bilanz?
- Folgen aus einer Gehaltserhöhung bei Ihnen automatisch weitere in Ihrem Bereich oder gar der gesamten Firma?
Problem der Bewertung vergangener Leistungen
Bereits in diesem einfachen T-Konto-Denken liegt der Hund begraben: Eine Erfolgsbilanz für die Vergangenheit aufzustellen ist nur mittels subjektiver Einschätzungen möglich. Weder Mitarbeiter noch Personaler oder Führungskraft verfügen in der Rückschau über alle Informationen. Oder sie halten nachteilige Informationen beziehungsweise Fakten zurück. Schon hier beginnt die bewusste oder unbewusste Manipulation. Hinzu kommt: Haben Sie als Mitarbeiter überhaupt genügend Zeit, alle relevanten Leistungsdaten und erreichten Arbeitsergebnisse ins rechte Licht zu rücken?
Eine Rückschau auf die Vergangenheit im Gehaltsgespräch ist nicht einfach, denn komprimierte Ergebnisse aus jährlichen Mitarbeitergesprächen sind nur die eine Seite der Medaille. Denn: Wie sieht es mit der Zukunft aus? Eine Gehaltserhöhung erfolgt nicht nur für herausragende Leistungen der vergangenen Zeit, sondern ist auch ein Vorschuss auf das mögliche Potenzial und die denkbare zukünftige Leistungsbereitschaft. Doch wie soll diese Einschätzung mit Fakten abgesichert werden? Dies ist – außer bei einer Gehaltserhöhung auf Probe, bei der jeden Monat überprüft wird, ob die angenommenen Erwartungen erfüllt wurden – nicht möglich.
Fazit: Der Blick in die Zukunft, sprich die Leistungserwartungen und Potenzialeinschätzungen, sind immer subjektive Schätzungen anhand irgendwelcher Erfahrungswerte. Erwartete Arbeitsleistungen lassen sich deshalb in Gesprächen leicht aufblähen oder einengen und sind daher ständig einer Beeinflussung ausgesetzt. Positive Erwartungen sind aber auch ein Vertrauensvorschuss.
Die Bilanz aus Sicht des Unternehmens
Ihre Aufgabe bei einer überzeugenden Gehaltsverhandlung ist es daher, zwei Bilanzen für Ihren Gesprächspartner aufzustellen:
Leistungsbilanz mit Fakten
Sie bezieht sich auf die abgelaufene Periode. Dafür benötigen Sie das komprimierte Leistungs- und Erfolgstagebuch, dokumentierte Ergebnisse aus Mitarbeitergesprächen oder quantitative interne Vertriebs- oder Produktionsergebnisse.
Planbilanz für Ihr Leistungspotenzial
Sie bezieht sich auf die künftige Periode, wobei Sie hier auf Prognosen und erwartbare Soll-Arbeitsergebnisse angewiesen sind. Ob und in welchem Maße diese Leistungen eintreten werden, basiert auf subjektiven Einschätzungen.
Bei einer Gehaltsverhandlung wird immer beides durch die Gehaltserhöhung honoriert. Das bedeutet: Sie können für die Vergangenheit mit realen Arbeitsleistungen punkten. Hier stehen keine subjektiven Erwartungen und Eintrittswahrscheinlichkeiten, sondern konkrete, bereits erbrachte Arbeitsleistungen zu Buche. Ihre bisherigen Arbeitsergebnisse können durch Fakten belegt oder durch Referenzpersonen bestätigt werden.
Eine Gehaltserhöhung ist auch ein Vertrauensvorschuss
Gleichzeitig wollen Sie aber auch Ihre Bereitschaft vermitteln, in Zukunft herausragende Arbeitsergebnisse zu leisten. An dieser Stelle müssen Sie überzeugen und durch Ihre positiven Einstellungen zum Unternehmen helfen, künftige positive Erwartungen der Unternehmensseite zu festigen.
Nur wenn Sie systematisch argumentieren, dass aus einer Gehaltserhöhung sehr wahrscheinlich ein viel größerer Nutzen für Ihr Unternehmen resultiert, wirken Sie mit Ihrer Forderung überzeugend. Deshalb sind Gehaltsanpassungen mit Potenzialerwartungen letztlich immer ein klarer Vertrauensvorschuss des Unternehmens.
Argumente für die Gehaltsverhandlung visualisieren
Für die Gehaltsverhandlung können Sie Ihre Überlegungen und Wertungen auf einem Blatt Papier in Form eines T-Kontos visualisieren: Soll und Haben für die abgelaufene Arbeitsperiode und die Soll- und Haben-Einschätzung für die künftige Arbeitsperiode.
Soll | Haben |
---|---|
x % Gehaltserhöhung | Bindung eines leistungsfähigen Mitarbeiters |
Mobilitätszusage | Weniger Wechselkosten |
Weiterbildung zu Führungsverhalten | Keine Einarbeitungskosten |
Gehaltsumwandlung durch Direktversicherung | Engagement und neue Ideen |
Positives Betriebsklima | |
Wenig Leerlauf, beschleunigte interne Abläufe | |
Überdurchschnittliche Arbeitsergebnisse durch interne Erfahrungen |
Wie die Einschätzung künftig zu erwartender Arbeitsleistungen funktioniert, hat die kognitive Motivationspsychologie an einem einfachen Denkmodell herausgearbeitet. Dabei geht es darum, Ihren Gesprächspartner zu überzeugen, dass auch Ihre künftigen Leistungserwartungen positiv sein werden.
Der Hintergrund: Menschen wägen vor Entscheidungen ab, ob ihr Handeln einen Nutzen für sie hat – oder auch spiegelbildlich gesehen für das Unternehmen oder die Abteilung. Dabei wägen sie subjektive Erwartungen zukünftiger Arbeitsleistungen und äußere Einflüsse ab und schätzen ein, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein positives oder negatives Leistungsergebnis eintreten wird. Diese Bewertung verknüpfen sie mit ihren persönlichen Zielen und Interessen. Das heißt: Erst wenn wir überzeugt sind, dass dieser Zusammenhang positiv ist, sind wir bereit zu investieren – erst dann erscheint eine Gehaltserhöhung angemessen.
Argumentationssäulen für die Gehaltserhöhung
Da Personalchefs beziehungsweise Vorgesetzte wissen, wie motivierende Leistungsprozesse ablaufen, müssen auch Sie sich die grundlegenden vier Säulen der Mitarbeitermotivation vor Augen führen. Denn: Auf die gleiche Weise funktioniert die Motivation Ihres Vorgesetzten, Ihnen mehr Gehalt zu bezahlen. Sein Ziel ist es, seine und die Unternehmensinteressen zu vertreten und einzuschätzen, inwieweit es sich lohnt in etwas zu investieren.

Die Entscheidungsfrage dabei lautet: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die angestrebten Leistungsprognosen beziehungsweise Ziele auch wirklich erreicht werden? An dieser Stelle können Sie punkten und die Erwartungen Ihres Vorgesetzten überzeugend beeinflussen. Hilfreich dazu ist, gemäß des Vier-Säulen-Modells in folgender Reihenfolge zu argumentieren:
1. Folge
Sprechen Sie über die persönlichen Ziele und Interessen Ihres Personalchefs oder Vorgesetzten und über die des Unternehmens: Was kann wahrscheinlich noch mehr erreicht werden?
2. Ergebnis
Welche wahrscheinlichen überdurchschnittlichen Arbeitsergebnisse sind Sie bereit, dafür zu erbringen? Knüpfen Sie an die bisherigen gesicherten Arbeitsleistungen an. Zeigen Sie Verbesserungen und konkrete mögliche Zuwächse durch Ihre zusätzlichen Erfahrungen oder Weiterbildungen auf.
3. Handeln
Zeigen Sie erst jetzt auf, welche anerkennende Gehaltsanhebung notwendig ist, um diese Arbeitsleistungen zu erreichen. Stellen Sie Ihre konkreten Forderungen gemäß Ihrer persönlichen Machtanalyse.
4. Hindernisse und Unterstützung
Sprechen Sie auch mögliche hinderliche Rahmenbedingungen an und machen Sie Vorschläge, diese Hindernisse zur Entfaltung Ihres gesamten Potenzials zu beseitigen. Das können interne Ablaufverbesserungen sein, die Ausstattung mit besseren technischen Arbeitsmitteln oder Qualifizierungsmaßnahmen.
Überzeugend wirken Sie, wenn Sie mit den Zukunftsinteressen Ihres Unternehmens beginnen und erst danach die logische Forderung nach mehr Gehalt präsentieren. Wenn Sie nach diesen Schritten Ihrem Vorgesetzten oder Personalchef Ihre systematisch vorbereiteten Argumente darlegen, haben Sie selbst hohe Überzeugungschancen.
Argumente in der Gehaltsverhandlung absichern
Durchdenken Sie bereits während der Vorbereitung auf die Gehaltsverhandlung mögliche Gegenargumente und bereiten Sie dazu passende Lösungsideen vor. Beispiele:
Gegenargument | Vorschlag |
---|---|
Kein ausreichendes Budget | Stufenlösung mit mehreren kurzfristigen Gehaltsanpassungen |
Andere Mitarbeiter ziehen nach | Stillschweigen vereinbaren |
Kostensenkung statt Kostenerhöhung | Zusätzlicher Mehrwert für das Unternehmen und dadurch Kosteneinsparungen |
Sprengen des Gehaltsgefüges der Abteilung | Arbeitsleistung und hohe Leistungsbereitschaft sind wichtiger als formale Leitlinien |
Unzufriedenheit anderer Kollegen | Zusätzliche Eigenmotivation und eigene Leistungen machen Teamkollegen zufriedener |
Fazit
Wenn Sie Nutzenargumente für das Unternehmen, Ihre Abteilung sowie Ihren Personalchef oder Vorgesetzten in der Gehaltsverhandlung anbringen, haben Sie die besten Chancen zu überzeugen. Denken Sie deshalb daran, eine systematische Struktur Ihrer Argumente zu visualisieren. Wichtig ist: Verknüpfen Sie Ihre bisherige Leistungsbilanz mit der potenziellen Zukunftsbilanz möglicher Arbeitsergebnisse.