GerichtsprozesseEntschädigungsmöglichkeit für Unternehmen
Wie es aus dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) verlautet, habe jeder hat das Recht auf gerichtlichen Rechtsschutz in angemessener Zeit. Lücken im Rechtsschutz sollen durch einen Entschädigungsanspruch für überlange Prozesse geschlossen werden. Bundesjustizministerim Leutheusser-Schnarrenberger betonte in einer Presseinformation, die geplante Entschädigungsregelung komme auch Unternehmen zugute.
Hintergrund der Regelung
In Deutschland dauern Zivilrechtsprozesse vor dem Amtsgericht im Durchschnitt viereinhalb Monate. Diese relativ kurze Zeit wird aber immer wieder durch unangemessen lange Verfahren überschattet. Doch überlange Prozesse können Unternehmen in finanzieller und persönlicher Hinsicht stark belasten. Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern gibt es bisher im deutschen Recht bei überlangen Gerichtsverfahren keine speziellen Rechtsschutzmöglichkeiten.
Einzige Möglichkeit für Unternehmen: Der Versuch, sich mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Richter oder im äußersten Fall mit einer Verfassungsbeschwerde zu wehren. Für den Ausgleich von Nachteilen gibt es hierzulande lediglich den allgemeinen Amtshaftungsanspruch, der jedoch oft nicht weiterhilft. Grund: Er gilt nur für schuldhafte Verzögerungen, um die es in vielen Fällen nicht geht. Außerdem deckt die Amtshaftung keine immateriellen Nachteile ab, etwa seelische oder gesundheitliche Belastungen durch überlange Gerichtsverfahren.
Das Verfahren
Bevor Unternehmen die Entschädigung geltend machen können, müssen sie zunächst die Verzögerung gegenüber dem Gericht rügen. Diese Vorwarnung sozusagen bietet den Richtern Gelegenheit, bei berechtigter Kritik Abhilfe zu schaffen und schnell Maßnahmen zur Verfahrensförderung zu treffen. So können sie beispielsweise einen Termin für die mündliche Verhandlung ansetzen oder ein noch ausstehendes Gutachten einholen.
Hinweis
Sollten die Richter wider Erwarten darauf nicht reagieren, können Unternehmen nach drei Monaten Entschädigungsklage gegen den Staat erheben, auch wenn das verzögerte Ausgangsverfahren noch andauert. Zuständig für solche Entschädigungsklagen sollen nach jetzigem Verfahrensstand die Oberlandesgerichte sein.
Der Ersatz, den Unternehmen verlangen können, umfasst die durch die Verzögerung entstandenen materiellen Schäden. Ebenso verhält es sich für sogenannte immaterielle Nachteile, soweit diese im Einzelfall nicht auf andere Weise ausreichend wiedergutgemacht werden können. Von der Neuregelung erwartet sich das BMJ positive Effekte für die Justiz insgesamt. Bei berechtigten Klagen würden die Verantwortlichen über Verbesserungen bei der Ausstattung, der Geschäftsverteilung und der Organisation nachdenken.