GeschäftsbeziehungenÜber den Umgang mit kulturellen Differenzen
Seit Beginn des neuen Jahrtausends sind die internationalen Geschäftsbeziehungen deutscher Unternehmen rasant gewachsen. So werden nicht nur Produkte im Ausland verkauft, auch die Belegschaft vieler Unternehmen wird durch Zukäufe von ausländischen Firmen und die zunehmende Einwanderung von ausländischen Fachkräften immer internationaler. So weit so gut. Wäre da nicht die große Herausforderung der kulturellen Unterschiede.
Durch ihre Erziehung und auch religiösen Überzeugungen verhalten sich Menschen aus anderen Ländern teilweise komplett konträr zu dem, was wir als „normal“ ansehen. Dies bedeutet auf der Makroebene, dass beispielsweise Verhandlungen unterschiedlich ablaufen, ausländische Mitarbeiter auf andere Weise geführt werden wollen oder internationale Kunden ungewohnte Ansprüche an eine gute Betreuung oder ein perfektes Produkt stellen.
Viele internationale Geschäftsübernahmen scheitern
Aber auch auf der Mikroebene gibt es zahlreiche Unterschiede: So muss etwa in China Kritik ganz anders vermittelt werden als dies in Deutschland der Fall ist. Oder E-Mails und Telefonate müssen anders geführt werden, um etwa einen arabischen Geschäftspartner zu überzeugen. Ganz abgesehen von vielen religiösen Fettnäpfchen, in die unwissende ausländische Mitarbeiter oder Führungskräfte nur allzu gerne treten. Werden diese interkulturellen Unterschiede nicht beachtet, kommt es schnell zu Missverständnissen und Problemen bei der Zusammenarbeit. Nicht ohne Grund scheitern über 40 Prozent aller internationalen Geschäftsübernahmen aufgrund unüberbrückbarer Unterschiede bei der Zusammenarbeit.
Was bedeutet dies für Arbeitnehmer? Weil Unternehmen mittlerweile immer größere Anforderungen an die Internationalität ihrer Belegschaft stellen, müssen Mitarbeiter nicht nur damit rechnen, für das ein oder andere Projekt im Ausland zu arbeiten. Sie sollten auch wissen, welche „Knöpfe“ sie bei ihren ausländischen Kollegen, Geschäftspartnern und Kunden drücken müssen, um ihre beruflichen Ziele auch wirklich zu erreichen. Oder anders ausgedrückt: Sie sollten interkulturell kompetent sein!
Interkulturelle Kompetenz heißt auch anders führen
Interkulturelle Kompetenz besteht einerseits aus dem Wissen über kulturelle Unterschiede, beispielsweise über Hierarchien in Russland, und andererseits aus der korrekten Anwendung dieses Wissens. Letztlich ist die Anwendung, wie bei vielen anderen Themen auch, die Königsdisziplin. Da Mitarbeiter ihr eigenes Verhalten von klein auf gelernt haben, laufen sie schnell Gefahr, zu gewohnten Vorgehensweisen zurückzukehren.
Ein Beispiel: Es ist bekannt, dass Führungskräfte beim Umgang mit hierarchie-orientierten Mitarbeitern wesentlich autoritärer auftreten müssen, um ihre Ziele zu erreichen. Dies ist beispielsweise oft in Japan oder China der Fall: Das Verhalten von Führungskräften gegenüber unterstellten Mitarbeitern ist hier eher autoritär, wenn nicht sogar abwertend. Da deutsche Führungskräfte es jedoch anders gewohnt sind, verhalten sie sich unter Umständen zu kollegial und werden deshalb in Einzelfällen als Führungskraft nicht respektiert.
Die zweite große Hürde: Menschen eines Landes verhalten sich nie auf die gleiche Art und Weise. Ähnlich wie in Deutschland, wo man den ruhigen Ostfriesen niemals mit dem sparsamen und geschwätzigen Schwaben vergleichen würde, verhält sich auch ein Inder nicht wie der andere. Dementsprechend gehört zu interkultureller Kompetenz vor allem ein Gespür für den Menschen, der mir gegenüber steht. So einfach diese Aufgabe auch klingen mag, so schwierig ist sie.
Genau beobachten, worauf der Gegenüber Wert legt
Mitarbeiter, die mit ausländischen Gesprächspartnern in Kontakt stehen, müssen vor allem eine gute Beobachtungsgabe sowie ein gutes Zuhörverhalten an den Tag legen. Nur so erfahren Sie, worauf beispielsweise ihr US-amerikanischer Kunde Wert legt. Haben sie diese Hürde genommen, gilt es, das eigene Verhalten so anzupassen, dass die kulturellen Unterschiede zum Gegenüber nicht allzu groß sind. Denn nur so entsteht das für fruchtbare Arbeitsbeziehungen so wichtige Vertrauen.
Interkulturelle Kommunikation ist ein breites Thema und die kulturellen Unterschiede sind weltweit sehr groß und vielfältig. Mitarbeiter und Führungskräfte sollten sich daher – zumindest oberflächlich, besser jedoch ausführlich – über die kulturellen Stolpersteine im jeweiligen Zielland informieren, bevor sie eine Auslandsreise oder ein internationales Projekt angehen. Nur weil der ausländische Geschäftspartner sich nicht anmerken lässt, dass sein Gegenüber von einem Fettnapf in den nächsten tritt, heißt das noch lange nicht, dass dieser alles richtig macht. Denn – und das ist ein weiterer kultureller Unterschied zu Deutschland – viele Angehörige anderer Kulturen sind schlichtweg zu höflich, um die Fehler von Fremden offen anzusprechen.