GeschäftsstrategieStimmige Planung statt Übermut
Dass viele Unternehmen scheitern, ist nichts Spektakuläres, es liegt sogar in der Natur der Sache. Niemand kann in die Zukunft blicken und erkennen, was erfolgreich sein wird und was nicht. Und doch verhalten sich viele Strategen und Manager so, als könnten sie die Zukunft im Voraus berechnen und planen. Später wundern sie sich, wenn es schief geht. Wenn mit dem Kauf eines Unternehmens, dem Einstieg in einen neuen Markt oder der Entwicklung eines neuen Produkts viel Geld in den Sand gesetzt wird.
Annahmen zur Planung immer hinterfragen
Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass die Planer ihre eigenen Annahmen nicht hinterfragen; sie tun so, als würden sich Produkte von alleine verkaufen, als gäbe es keinen Wettbewerb. Zu dieser Ansicht gelangen Rita Gunther McGrath und Ian C. MacMillan, Professoren der Columbia Business School in New York und der Wharton School in Philadelphia.
Mit dieser drastischen Einschätzung wollen sie darauf hinweisen, wie wichtig es ist, die Annahmen und impliziten Hypothesen der Planung deutlich zu machen und zu hinterfragen. Sie müssen getestet und gegebenenfalls angepasst werden, wenn die Planung halbwegs etwas mit der Realität zu tun haben will. McGrath und MacMillan plädieren dafür, bei allen Planungen zu strategischen Entscheidungen auf die folgenden Aspekte zu achten:
Planung mit der Rentabilität beginnen
Die meisten Geschäftspläne gehen von prognostizierten Absatz- und Umsatzzahlen aus: So viel soll verkauft werden. Ob das realistisch ist und ob das Geschäft damit profitabel ist, bleibt offen. Die Planung sollte vielmehr bei der Rentabilität beginnen: Welcher Profit soll mit dem neuen Geschäft insgesamt erzielt werden?
Aus dieser Zahl leiten sich dann die anderen finanziellen Größen ab, insbesondere der benötigte Umsatz und die dafür anfallenden Investitionen und laufenden Kosten. So lässt sich schnell erkennen, ob die Planung realistisch ist und welche Größenordnungen der Umsatz erreichen muss, damit das angestrebte Renditeziel erreicht wird. Es lässt sich einschätzen, ob die Absatzzahlen möglich sind.
Zulässige Kosten kalkulieren
Die Kosten für ein Vorhaben lassen sich in den meisten Fällen recht gut abschätzen. Dabei sollten alle relevanten Kosten in die Gesamtkostenrechnung einfließen. Im Idealfall kann der geplante Prozess, um Produkte herzustellen oder Dienstleistungen zu erbringen, genau beschrieben werden. Dann lassen sich mithilfe der Prozesskostenrechnung die Kosten ermitteln.
Sie machen sichtbar, ob die angestrebte Rendite erreicht werden kann. Gemeinsam mit den Absatzzahlen lässt sich so auch der Marktpreis pro Produkteinheit bestimmen – und mit dem Wettbewerb vergleichen. Wenn Zweifel auftauchen und sich aus den zulässigen Kosten und der angestrebten Rendite ein notwendiger Umsatz ergibt, der nur mit vielen Fragezeichen erreicht werden kann, sollten Strategen lieber davon Abstand nehmen.
Alle Annahmen sichtbar machen
In jedem Plan sollten alle Annahmen, die ihm zugrunde liegen, sichtbar gemacht werden. Oft sind sie den Planern gar nicht bewusst oder sie werden verdrängt. Gerade deshalb sollten sie mit anderen erfahrenen Mitarbeitern im Unternehmen sprechen:
- Was halten diese von dem Plan?
- Welche Annahmen entdecken sie?
- Wo gibt es Meinungsunterschiede und worin liegen diese begründet?
- Welche Annahmen sind unrealistisch?
Wenn die Planung beispielsweise vorsieht, 100.000 Stück eines bestimmten Produkts zu verkaufen, dann sollte beispielsweise überprüft werden, wie viele Akquisitionsgespräche es dafür braucht, wie viele Mitarbeiter dazu notwendig sind und was diese kosten werden? So wird sichtbar, ob die Rechnung aufgehen kann. Es empfiehlt sich, möglichst viele solcher Rechnungen anzustellen und damit Transparenz zu schaffen.
Stimmigkeit und Plausibilität hinterfragen
Mit den Renditezielen, den zulässigen Kosten und transparenten Annahmen lassen sich die Stimmigkeit und die Plausibilität hinterfragen – und das Geschäft beurteilen. Nur wenn alles zueinander passt und aufgeht, ist die Chance hinreichend groß, dass eine erfolgreiche Unternehmung daraus wird. Jetzt kann die Umsetzung beginnen.
Meilensteine definieren und Anpassungen einplanen
Wenn ein halbwegs realistischer und stimmiger Plan vorliegt, muss dieser im Projektverlauf immer wieder überprüft werden. Es werden Meilensteine definiert – sei es nach einer bestimmten Zeitdauer oder wenn konkrete Zwischenergebnisse vorliegen. Dann wird geprüft:
- Haben sich Rahmenbedingungen verändert?
- Wurden einzelne Faktoren falsch eingeschätzt?
- Haben sich die Annahmen verändert?
- Wurden falsche Berechnungen angestellt?
Wer dann auch über klare Abbruchkriterien verfügt, kann entscheiden, ob sich eine Fortführung lohnt oder nicht. Manchmal ist ein Ende mit Schrecken besser als ein Schrecken ohne Ende.
Gefährliche Annahmen bei der Geschäftsplanung
- Die Kunden werden das Produkt kaufen, weil wir überzeugt sind, dass es ein gutes Produkt ist.
- Die Kunden kaufen das Produkt, weil es allen anderen technisch überlegen ist.
- Die Kunden stimmen mit unserer Einschätzung überein, dass das Produkt einfach großartig ist.
- Die Kunden gehen keinerlei Risiko ein, wenn sie in Zukunft unser Produkt kaufen, statt wie bisher bei ihrem früheren Lieferanten.
- Das Produkt verkauft sich von selbst.
- Die Händler und Vertriebsorganisationen freuen sich schon darauf, das Produkt auf Lager zu legen und den Kundenservice zu übernehmen.
- Wir entwickeln das Produkt nach Zeitplan und innerhalb der Budgetvorgaben.
- Es gibt keine Probleme, die notwendigen Mitarbeiter zu finden und einzustellen.
- Die Wettbewerber werden rational reagieren.
- Wir können das Produkt vom Wettbewerb abschirmen.
- Wir können den Verkaufspreis niedrig halten und gleichzeitig die Gewinne steigern.
- Alle im Unternehmen unterstützen uns gerne und bieten uns ihre Hilfe an, wenn wir sie brauchen.