GmbHIn diesen 5 Fallgruppen haften Geschäftsführer
Im unternehmerischen Alltag einer GmbH gibt es viele folgenreiche Entscheidungen, die ein Geschäftsführer treffen muss. Das gilt insbesondere für Haftungsbereiche, die mit der Gründung oder der Kapitalerhaltung der GmbH in Zusammenhang stehen. Also zum Beispiel Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögenssicherung der Gesellschaft laut § 43 GmbH-Gesetz (GmbHG).
Das kann selbst langfristig kritisch werden, noch dazu mit existenzgefährdendem Risiko, wie ein Praxisbeispiel zeigt: Ein Geschäftsführer hatte den Kaufpreis für einen verkauften Betriebsteil auf ein Konto der Gesellschaft überweisen lassen, welches auch für Verbindlichkeiten der Muttergesellschaft haftete. Diese geriet später in Insolvenz. Gegen ihn war dann – allerdings erfolglos – über einen Betrag von 1,7 Millionen Euro wegen behauptetem Verstoß gegen das GmbHG Klage erhoben worden.
Ebenso gibt es oft auch Vorgänge, bei denen der Geschäftsführer glaubt, sie ordentlich an Dritte delegiert oder mit Expertenrat abgesichert zu haben. Nach Fallgruppen geordnet lassen sich die wesentlichen Bereiche, in denen GmbH-Geschäftsführer Haftungsrisiken ausgesetzt sind, wie folgt zusammenfassen:
Haftung bei Gründung und für Kapitalerhalt
§ 43 Abs. 3 GmbHG bestimmt, dass der Geschäftsführer zum Schadenersatz verpflichtet ist, wenn er den Kapitalerhaltungsvorschriften zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft macht. Damit wird das Kriterium der Kapitalerhaltung zu einer der zentralen Pflichten des GmbH-Geschäftsführers erhoben.
Seine Entsprechung findet dies bei der Gründung der Gesellschaft in § 9 a GmbHG, wonach die Geschäftsführer, die bei der Errichtung der Gesellschaft falsche Angaben gemacht haben, für fehlende Einzahlungen einstands- und schadenersatzpflichtig sind. Dies ist bei weitem keine theoretische Gefahr und keine, die, wie man vermuten könnte, tatsächlich bei der Gründung der Gesellschaft eine Rolle spielt. Es ist vielmehr eine sehr konkrete Gefahr, die sich erst bei der Beendigung der Gesellschaft materialisiert! Grund: Insolvenzverwalter überprüfen als eine der ersten Amtshandlungen, ob das Stammkapital der Gesellschaft bei Gründung und Kapitalerhöhungen korrekt eingezahlt und gesetzesgemäß erhalten wurde. Ihr Ziel: zusätzliche Zahlungen in die Insolvenzmasse generieren.
Wichtig in diesem Zusammenhang: Es droht nicht nur die zivilrechtliche Haftung. Falsche Angaben, insbesondere über die vollständige Einzahlung des Stammkapitals, sind strafbewehrt mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
Weiterhin praxisrelevant bei der Gründung ist die so genannte „Haftung der Handelnden“ gemäß § 11 Abs. 2 GmbHG. Diese trifft zwar nicht nur die Geschäftsführer, sondern auch sämtliche im Zeitraum zwischen Gründung und Eintragung der Gesellschaft für diese handelnde Personen; insbesondere aber die bestellten Geschäftsführer, da diese in der Praxis Aufwendungen tätigen und Verpflichtungen im Hinblick auf den späteren Betrieb der GmbH eingehen. Für diese Verpflichtungen, auch wenn sie völlig zurecht und wohlüberlegt eingegangen wurden, haften die Geschäftsführer persönlich und solidarisch mit ihrem gesamten privaten Vermögen.
Haftung im laufenden Geschäftsverkehr
Jede einzelne Entscheidungen kann den GmbH-Geschäftsführer in die Gefahr persönlicher Haftung bringen: beim Abschluss von Verträgen, bei der Abgabe von Willenserklärungen, und zwar auf jedem denkbaren Gebiet hinsichtlich Arbeitnehmern, Versicherungen, Banken und Vertragspartnern. Die dem Geschäftsführer dabei obliegende Sorgfaltspflicht nach § 43 GmbHG wird konkretisiert durch analoge Anwendung der so genannten „Business Judgement Rule“, die gemäß § 93 AktG für Vorstände von Aktengesellschaften gilt.
Unterschieden wird grundsätzlich zwischen gebundenen und unternehmerischen Entscheidungen. Gebundene Entscheidungen sind solche, bei denen der Geschäftsführer nur eine richtige Entscheidung treffen kann, beispielsweise die Versicherung hoher Risiken. Hier hat er keine Wahl: Versichert er zum Beispiel ein Gebäude nicht ausreichend gegen Brandschäden, führt dies unweigerlich zur Schadensersatzpflicht.
Bei unternehmerischen Entscheidungen hingegen steht dem Geschäftsführer ein Entscheidungsspielraum zu. Er haftet dann nicht für Schäden, die wegen seiner Entscheidung entstehen, wenn folgende Fälle gegeben sind:
- Er hat die Entscheidung zum Wohle der Gesellschaft getroffen.
- Er hat die Entscheidung frei von Interessenkonflikten getroffen.
- Er hat die Entscheidung auf Basis angemessener Informationen getroffen.
- Die Entscheidung stellt kein übergroßes Risiko dar.
Mit anderen Worten: Werden diese Grundsätze eingehalten, handelt der Geschäftsführer sorgfältig im Sinne des § 43 GmbHG. Werden die Grundsätze nicht eingehalten, haftet er persönlich für daraus resultierende Schäden.
Haftung für Rechtsverstöße (Compliance)
Eine der maßgeblichen Pflichten ist die so genannte Legalitätspflicht: Der Geschäftsführer muss dafür sorgen, dass das Unternehmen ohne auftretende Gesetztesverletzungen organisiert und beaufsichtigt wird. Wichtig: Zur persönlichen Haftung für sich aus Gesetzesverstößen ergebende Schäden tritt § 130 des Ordnungswidrigkeitsgesetzes (OwiG). Danach handelt derjenige Geschäftsleiter ordnungswidrig, der die Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen.
Schadensersatzpflicht tritt dann ein, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Achtung: Es drohen Geldbußen bis zur 1 Million Euro. Daraus abgeleitet wird inzwischen auch die Verpflichtung zur Etablierung und Überwachung einer so genannten Compliance-Organisation, und zwar einschließlich der Verpflichtung zur Bestellung, sorgfältiger Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonal.
Die wohl aufsehenerregendste Entscheidung hierfür ist das so genannte „Neubürger-Urteil“ des Landgerichts München I aus dem Jahre 2013, in dem einer der damaligen Vorstände der Siemens AG in einem Korruptionsfall zu einer Schadensersatzzahlung von 15 Millionen Euro verurteilt wurde, weil er genau dieser Pflicht nicht nachgekommen war. Abgemildert wird diese Rechtslage nur dadurch, dass die Erforderlichkeit einer solchen institutionalisierten Compliance-Struktur sich grundsätzlich nach dem konkreten Gefahren- beziehungsweise Risikopotenzial des Unternehmens richtet.
Haftung bei Steuern und Sozialversicherung
Ein GmbH-Geschäftsführer ist auch für die Beachtung der steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Pflichten der Gesellschaft verantwortlich. Er ist der GmbH gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet, wenn aus der Nichtbeachtung solcher Verpflichtungen Schäden entstehen. Dies gilt sowohl für die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Buchführung und Bilanzierung (§§ 41, 42 GmbHG) als auch für die korrekte Erstellung des Jahresabschlusses (§§ 242, 264 HGB i.V.m. § 13 Abs. 3 GmbHG).
Der Geschäftsführer ist nach § 34 der Abgabenordnung (AO) für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Gesellschaft verantwortlich und haftet nach § 69 AO für Steuern oder Nachteile wegen grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Nichterklärung oder Nichtabführung von Steuern. Dies betrifft alle Steuerarten, insbesondere die Umsatzsteuer und die Lohnsteuer für Mitarbeiter. Wichtig: Im Zusammenhang mit Steuern ist der Geschäftsführer auch stets in Gefahr, sich strafbar zu machen. Straftatbestände sind:
- Steuerhinterziehung (§ 370 AO)
- Steuerverkürzung (§ 378 AO)
- Steuergefährdung (§ 379 AO)
- Gefährdung von Abzugssteuern (§ 380 AO)
Entsprechendes gilt im Sozialversicherungsrecht: Es ist die Pflicht der Gesellschaft als Arbeitgeber und damit die Pflicht des Geschäftsführers als deren gesetzlicher Vertreter, alle Sozialversicherungsbeiträge pünktlich und vollständig abzuführen. Der Geschäftsführer haftet im Falle der Pflichtverletzung auf etwa entstehenden Schaden. Dies gilt sowohl für die Arbeitgeberbeiträge als auch insbesondere für die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung, die zudem durch einen eigens hierfür bestehenden Straftatbestand gesichert sind: Das Vorenthalten oder Veruntreuen von Arbeitsentgelt kann nach § 266 a StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe bestraft werden.
Haftung für Verhalten in der Krise der GmbH
Eine wesentliche Geschäftsführerpflicht, die nicht an Andere delegiert oder durch Geschäftsverteilung vermieden werden kann, ist die Pflicht, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung unverzüglich einen Insolvenzantrag zu stellen. „Unverzüglich“ bedeutet sofort, und zwar immer dann, wenn keine Möglichkeit mehr gesehen wird, Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu beseitigen.
Werden noch Möglichkeiten zur Beseitigung der Insolvenzsituation in die Wege geleitet, muss der Insolvenzantrag dennoch spätestens nach Ablauf von drei Wochen erfolgen, wenn bis dahin die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung nicht beseitigt werden kann.
Wichtigste Haftungsrisiken in diesen Fällen sind die Haftung des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft für alle Zahlungen ohne Gegenleistung (in der Praxis am häufigsten Zahlungen an Gesellschafter) gem. § 64 GmbHG und die Haftung für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die der Geschäftsführer im Zeitraum zwischen Insolvenzreife und Insolvenzanmeldung neu eingeht. Gerade in diesem Zeitraum ist besondere Vorsicht geboten. Auch hier droht wieder das Strafrecht: Der Verstoß gegen die Insolvenzantragspflichten wird nach § 84 GmbHG wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.