GmbH-RechtChancen und Risiken der GmbH-Reform
Das GmbH-Recht wurde seit 1892 nun erstmals grundlegend reformiert und den heutigen Bedingungen angepasst. Mit dem „Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)“, das im Oktober oder November 2008 in Kraft tritt, sollen Neugründungen erleichtert und beschleunigt werden.
Das MoMiG ermöglicht es, eine Einstiegsvariante der GmbH zu gründen: Die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (UG).
UG
Die UG ist keine neue Rechtsform, sondern eine GmbH, die ohne bestimmtes Mindeststammkapital gegründet werden kann. Die UG darf ihre Gewinne nicht voll, sondern nur zu höchstens drei Vierteln ausschütten, damit das Mindeststammkapital der normalen GmbH nach und nach angespart werden kann. Ist das Stammkapital von 25.000 Euro erreicht, kann eine Umwandlung in eine GmbH erfolgen – muss aber nicht. Der Firmenzusatz lautet UG oder Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt).
Unternehmen mit einem Euro gründen
Personen, die ein Unternehmen in Deutschland möglichst zügig zu gründen wollen, aber über nicht genügend Stammkapital verfügen, sind bisher versucht in die britische Unternehmensform „Limited (Ltd.)“ zu flüchten. Die Nachteile:
- Der Unternehmenssitz muss in Großbritannien liegen, deshalb ist eine englische Postadresse notwendig.
- Misstrauen von Geschäftspartnern und Kunden, die sich fragen, warum keine GmbH gegründet wurde.
Das neue GmbH-Gesetz schafft nun Abhilfe. Um schneller ein Unternehmen zu gründen, wird die Kapitalaufbringung und die Übertragung von Geschäftsanteilen erleichtert. Das bedeutet konkret, dass die „Mini-GmbH“ ohne Mindeststammkapital gegründet werden kann und die Gesellschafter individuell über ihre Stammeinlage bestimmen können. Diese musste bisher 100 Euro betragen. In Zukunft soll jeder Geschäftsanteil nur noch auf einen Betrag von mindestens einem Euro lauten. Geschäftsanteile können also leichter aufgeteilt, zusammengelegt und übertragen werden.
Auch die „verdeckte Sacheinlage“ wird in dem neuen Gesetz geregelt, wodurch Rechtsunsicherheiten beseitigt werden. Eine verdeckte Sacheinlage liegt vor, wenn zwar formell eine Bareinlage vereinbart und geleistet wird, die Gesellschaft aber aufgrund wirtschaftlicher Betrachtung einen Sachwert erhalten soll. In dem neuen Gesetz wird der Wert der geleisteten Sache auf die Bareinlageverpflichtung des Gesellschafters angerechnet.
Die Gründung ist leichter und schneller
Einfache Standardgründungen von UG und GmbH sollen mithilfe eines Musterprotokolls ermöglicht werden. In diesem sind drei Dokumente zusammengefasst:
- Gesellschaftsvertrag,
- Geschäftsführerbestellung und
- Gesellschafterliste.
Gerade bei der Gründung einer UG mit geringem Stammkapital wird das Musterprotokoll zu einer echten Kosteneinsparung führen. Doch ohne Notar geht es auch weiterhin nicht.
Die Eintragungszeiten beim Handelsregister werden durch das MoMiG erheblich verkürzt: Zukünftig müssen GmbHs wie Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften keine Genehmigungsurkunden mehr beim Registergericht einreichen. So bekommen auch Handwerks- und Restaurantbetriebe oder Bauträger, die eine gewerberechtliche Erlaubnis brauchen, keine Steine mehr in den Weg gelegt, wenn sie schnell und unkompliziert einen Eintrag im Handelsregister vornehmen lassen wollen.
Erhöhung der Attraktivität der GmbH als Rechtsform
Die Attraktivität der deutschen GmbH soll erhöht und Nachteile im Wettbewerb der Rechtsformen ausgeglichen werden. Deshalb wird es deutschen Gesellschaften ermöglicht, einen Verwaltungssitz zu wählen, der nicht notwendig mit dem Satzungssitz übereinstimmt. Er kann auch im Ausland liegen. Deutsche Konzerne haben damit beispielsweise die Möglichkeit ihre Auslandstöchter in der vertrauten Rechtsform GmbH zu führen.
GmbH-Gesellschafter ist künftig nur noch der, der in der Gesellschafterliste eingetragen ist, so können Geschäftspartner der GmbH lückenlos und einfach nachvollziehen, wer hinter der Gesellschaft steht. Die transparentere Struktur der Anteilseigner lässt Missbrauch (zum Beispiel Geldwäsche) besser verhindern.
Wer einen Geschäftsanteil erwirbt, kann darauf vertrauen, dass die in der Gesellschafterliste verzeichnete Person auch wirklich Gesellschafter ist. Dies hat den Vorteil, dass mehr Rechtssicherheit geschaffen wird. Bislang geht der Erwerber eines Geschäftsanteils das Risiko ein, dass der Anteil einem anderen als dem Veräußerer gehört. Die Veräußerung älterer GmbHs wird dadurch erheblich erleichtert.
Ziel der GmbH-Reform ist es, das bei der Konzernfinanzierung internationale gebräuchliche Cash-Pooling rechtlich abzusichern. Cash-Pooling ist ein Instrument zum Liquiditätsausgleich zwischen den Unternehmensteilen in Konzernen. Grund ist die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: Es war eine Rechtsunsicherheit in der Praxis über die Zulässigkeit entstanden.
Weitere Änderungen:
- Es muss eine inländische Geschäftsanschrift ins Handelsregister eingetragen werden.
- Es wird keine Unterscheidung mehr zwischen „normalen“ und eigenkapitalersetzenden Gesellschaftsdarlehen geben.
- Wenn die GmbH keinen Geschäftsführer mehr hat, soll jeder Gesellschafter verpflichtet sein, einen Insolvenzantrag zu stellen.
- Die Gründe, warum jemand nicht (mehr) zum Geschäftsführer bestellt werden kann oder darf, wurden erweitert.
- Wird die GmbH, zum Beispiel über verdeckte Gewinnausschüttungen ausgeplündert, wird der Geschäftsführer hier stärker als bisher haftbar gemacht.
- Ein-Personen-GmbHs müssen keine Sicherheiten mehr für die nicht einbezahlten Stammeinlagen leisten.
Risiken durch die GmbH-Novelle
Es gibt auch einige mit Risiken verbundenen Neuerungen, die Unternehmer nach dem MoMiG beachten müssen.
- Wenn das Wort „haftungsbeschränkt“ bei der Angabe der Unternehmensform UG fehlt, kommt es zur unbeschränkten Haftung mit dem Privatvermögen.
- Wenn Zahlungsunfähigkeit droht, muss jeder, ob Geschäftsführer oder Gesellschafter, Insolvenz anmelden. Erfolgt dies nicht, kommt es auch hier zu einer Haftung mit dem Privatvermögen.
- Durch die Verwendung der angehängten Mustersatzung, kann es sein, dass die rechtliche Gründerberatung zu kurz kommt. Das kann zur Folge haben, dass im Gesellschaftsvertrag eine individuelle Absicherung fehlt.
- Im Gegensatz zur Limited, die nur geringe landestypische Unterschiede zur GmbH aufzeigt, ist die GmbH als Rechtsform im Ausland relativ unbekannt. Wer eine „Mini-GmbH“ gegründet hat, tut sich vielleicht schwer, seinen internationalen Geschäftspartnern zu erklären, was eine GmbH oder UG ist und welche Rechtsfolgen sich für den Geschäftspartner ergeben.
SPEziell für Europa
Die EU-Kommission hat Ende Juni 2008 eine europäische Verordnung vorgeschlagen, die eine Alternative zur deutschen GmbH oder der britischen Limited schafft: Die europäische Privatgesellschaft (Societas Privata Europaea, SPE). Die Firmen könnten damit ihre Tochtergesellschaften in der EU nach einheitlichem Muster gestalten und nach einheitlichen Grundsätzen führen. Wie auch bei der Limited und der Unternehmergesellschaft soll für die Gründung einer SPE eine symbolische Kapitaleinlage von einem Euro reichen.
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