Gold-Quelle 50plusÄltere Kunden sind wie Edelmetall

Unternehmen kümmern sich viel zu wenig um ältere Menschen. Dabei können sie im Personalbereich und auch im Marketing oder Vertrieb von der Demografie profitieren.

Die Bevölkerungsstruktur verändert sich radikal, die Gesellschaft bekommt ein völlig neues Gesicht: Wir werden älter. Wir werden weniger. Wir werden multikultureller. Die Menschen altern in einem unvorstellbaren Ausmaß. Seit 2003 schrumpft die deutsche Bevölkerung und die Zahl der Migranten wird absolut und relativ steigen (müssen), sollen die aufkommenden Bedrohungen halbwegs lösbar bleiben. Die künftigen Jahrzehnte werden für Unternehmen zu einer Bewährungsprobe, die in ihrer Bedeutung alles bisher Dagewesene übertreffen wird. Die Unternehmen, die das verstanden haben, sind bereits aktiv und sichern sich frühzeitig die lukrativsten Märkte der Zukunft.

Die Alten kommen

Die ältere Generation gewinnt die Oberhand. Sie wird Politik und Wirtschaft dominieren. An ihr kommt keiner mehr vorbei. Ihre wirtschaftliche Bedeutung ist enorm. Sie ist die Quelle für Umsatz- und Ertragszuwächse. Die Daten 50plus sprechen für sich:

  • Ein Nettovermögen von 3 Billionen Euro;
  • In jeder Dekade werden zwischen 2 und 3 Billionen Euro vererbt;
  • Eine Kaufkraft von 320 Milliarden Euro;
  • Viermal so viel Geld wie junge Familien;
  • Etwa 60 Prozent aller Konsumausgaben;
  • 80 Prozent der Kundeneinlagen bei Banken und Sparkassen und
  • 35 Milliarden Euro Auszahlungen von Lebensversicherungen jährlich.

Die demografischen Veränderungen haben nachhaltige Auswirkungen auf alle Unternehmensbereiche.

Personalstruktur und Personalbeschaffung

In vielen Unternehmen werden ältere Mitarbeiter immer noch vorzeitig in den Ruhestand geschickt, während die Konkurrenz Ältere gezielt zur Neukundengewinnung einstellt. Viele ältere Menschen möchten lieber von älteren Verkäufern angesprochen werden, da sie mit ihnen auf gleicher Alters- und Sozialebene kommunizieren können. Eine Sprach- und Verkaufskultur, die den älteren Menschen ernst nimmt, ihn respekt- und würdevoll behandelt, fällt unter Gleichaltrigen oft leichter.

In der Realität lässt sich das in den Betrieben nur selten darstellen. Die meisten Verkäufer sind jünger als die Kunden 50plus und mit ihren Denk- und Verhaltensweisen oft nur wenig vertraut. Ein 30-Jähriger, der es schafft, sich in die Gefühlslage eines 62-jährigen Kunden zu versetzen und mit ihm über Pflegerisiken zu reden ist wahrscheinlich eine ebenso große Ausnahme wie die 27-jährige Mitarbeiterin einer Drogerie, die mit einer 68-jährigen Dame über deren Hautprobleme sprechen kann. Der Belegschaftsstruktur ist unbedingt mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Hier ist Mut zum Alter gefragt. In wenigen Jahren wird es mehr Berufsaustritte als Berufseintritte geben, eine Situation, die das Personalmanagement heute schon berücksichtigen muss. Eine kreative Verlängerung der Beschäftigung – auch über den Rentenbeginn hinaus - und die Einstellung pensionierter Mitarbeiter werden dabei Optionen sein müssen.

Kommunikation und sensible Ansprache

Ausgehend von der Geschäftsführung und den Führungskräften muss sich die ältere Generation als neue Zielgruppe im Bewusstsein aller Beschäftigten verankern. Bisherige Verkaufstechniken, bislang gewählte Nutzenargumente, die Sprache, das „Wording“ der Verkaufsunterlagen und so weiter sind in Laien-Deutsch zu übersetzen und in eine neue Art der Ansprache zu überführen. Für die Sensibilisierung der Mitarbeiter, das Wissen „wie die Alten ticken“, deren Lebensinteressen, Erwartungen und Bedürfnisse und wie sie erfolgreich angesprochen werden, sind Sensibilisierungsprogramme und Schulungsmaßnahmen wichtig.

Marketing und Vertrieb

Nur selten haben Menschen so klare Vorstellungen wie die „Alten“. Sie sind anspruchsvoll, kritisch und qualitätsbewusst, meist umfassend informiert und wissen genau, was sie wollen. Sie sind gesünder, rüstiger, mobiler, gebildeter, wohlhabender, konsumorientierter, selbstbewusster, mündiger und „verrückter“ als jede Generation vor ihnen. Sie sind Konsumprofis.

Mit herkömmlichen Beratungs-, Betreuungs-, Marketing-, Vertriebs- und Kommunikationskonzepten sind ältere Menschen nicht mehr zu beeindrucken. Sie brauchen keine Seniorennachmittage, Seniorenversicherungen, Seniorenkonten, Seniorentickets oder Seniorenschalter. Sie wollen akzeptiert und respektiert, umworben und überzeugt, nicht überredet werden. Nur wer altersgerechte Grundtugenden und Umgangsformen beherrscht, ehrlich, fair und zuverlässig ist, hat eine Chance.

Produkte und Dienstleistungen

Unternehmen müssen die Rahmenbedingungen ihrer Produkte und Dienstleistungen überdenken. So sind Altersgrenzen für eine Konsumfinanzierung bei 60 oder 65 vor dem Hintergrund der gestiegenen Lebenserwartung realitätsfremd. Menschen, die im Durchschnitt älter als 80 Jahre werden, sind in der Lage, Kredite mit angemessenen Laufzeiten zu tilgen.

Auf lesbare Schriften und Beipackzettel ist genauso zu achten wie auf die Verpackung selbst. Eingeschweißte Produkte, die nur mit Schere oder Zange zu öffnen sind, stellen für ältere Menschen KO-Kriterien dar.

Bei den Filialen haben Nähe und Erreichbarkeit einen hohen Stellenwert. Parkplätze oder die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel sind zu berücksichtigen. Das Geschäft muss mobiler werden. Der Außendienst ist zu verstärken. Betreuung in Altenheimen oder ein Bringservice sind einzurichten. Für ältere Menschen, aber auch Behinderte, Schwangere etc. ist Barrierefreiheit in den Geschäftsräumen ein zentrales Thema. Rutschfeste Böden, klare Orientierungen, Toiletten im Erdgeschoss, breite Türen, blendfreie Beleuchtung, Aufzüge und Rolltreppen sind Beispiele. Bei Geld- oder Ticketautomaten und anderen SB-Einrichtungen ist auf einfachste Bedienung, Selbsterklärbarkeit und ein sicheres Umfeld zu achten. Auch im Internet-Banking sind die Regeln des barrierefreien und einfachen Zutritts sicherzustellen. Die Liste der notwendigen Anpassungen lässt sich beliebig verlängern.

Unternehmen müssen sich an die veränderten Bedingungen schnellstmöglich anpassen. Diejenigen, die jetzt die Weichen stellen, schaffen sich Wettbewerbsvorteile.

Von der Demografie profitieren

Viele Unternehmen versinken im Mittelmaß und in der Perspektivlosigkeit. Sie stecken mit ihren Produkten und Leistungen tief in der Austauschbarkeitsfalle und ruinösen Preiskämpfen, mit allen Konsequenzen für das Geschäftsergebnis. Die demografischen Veränderungen bieten den Unternehmen herausragende Chancen, sich aus dieser Negativspirale heraus zu entwickeln. Wer sich auf Problemlösungen und Leistungserlebnisse für die reichste und einzige wachsende Zielgruppe fokussiert, wird zu den Gewinnern der demografischen Revolution gehören.

[Bild: Peter Eggermann - Fotolia.com]

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