Haftung bei Content über Facebook und Social Media
Wie Fälle in der Praxis zeigen, passen zahlreiche rechtliche Grundsätze nicht (mehr) zu der Welt der Sozialen Medien beziehungsweise können einige Problemstellungen nicht wirklich interessengerecht lösen. Hinzu kommt, dass sehr vielen Nutzern von Plattformen wie Facebook, Google+ und Co. die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen gänzlich unbekannt sind und – nach wie vor – auch viele falsche Interpretationen kursieren.
Auch wenn hinsichtlich der Haftungsrisiken beim Thema „Weiterverbreiten von Inhalten“, dem sogenannten Sharing, rechtlich Einiges noch nicht abschließend geklärt ist, lassen sich mit der entsprechenden Sachkenntnis doch einige rechtliche Probleme vermeiden. Tatsächlich stellen sich im Hinblick auf das weit verbreitete Sharing von Inhalten einige urheberrechtliche Fragen, wenn Nutzer fremde Inhalte wie etwa Fotos auf Facebook ohne Zustimmung des Urhebers teilen. Problematisch kann auch das Weiterverbreiten von rechtsverletzenden Aussagen sein.
Der nachfolgende Beitrag soll deshalb darüber aufklären, inwieweit ein Nutzer für das Weiterverbreiten fremder Inhalte haftbar gemacht werden kann und wie entsprechende Risiken reduziert werden können.
Haftungsrisiken beim Sharing von Bildern und Videos
Plattformen wie Facebook oder Google+ zielen darauf ab, interessante Inhalte anderer Webseiten oder Blogs einfach und ohne weitergehende technologische Hürden an den begrenzten Kreis eigener Kontakte („Freunde“) oder öffentlich weiterzugeben. Oft genügt ein Klick, um fremde Texte, Bilder oder Videos zu teilen. Was bei dieser praktischen Sharing-Funktion allerdings oft nicht bedacht wird, ist die rechtliche Perspektive.
Ein zentraler Aspekt, der auf Grundlage der aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen zu Haftungsrisiken führen kann, ist die folgende urheberrechtliche Fragestellung: Darf der jeweilige Inhalt – problematisch vor allem bei Bildern oder Videos – überhaupt an anderer Stelle veröffentlicht werden? Dienste wie Facebook oder Google+ übernehmen bei Empfehlung einer interessanten Webseite in der Regel auch Bilder oder Videos, oft in Form von Miniaturansichten, so genannten Thumbnails. Dies ist auf Grundlage der herrschenden Rechtsprechung in Deutschland, jedenfalls bei Bildern und Videos, urheberrechtlich durchaus problematisch.
An dieser Stelle soll es nicht um das Auslösen einer unnötigen Verunsicherung gehen. Das Risiko, allein wegen des Sharings in Anspruch genommen zu werden, ist faktisch relativ gering, weil entsprechende Rechtsverletzungen, jedenfalls derzeit, oft nicht verfolgt werden. Dennoch kommen in der Praxis einzelne rechtliche Auseinandersetzungen immer wieder vor. Darüber hinaus zeigen die diskutierten Fragen, wie – gerade im urheberrechtlichen Bereich – die gesetzlichen Grundlagen und die Lebenswirklichkeit vieler Internetnutzer auseinanderfallen.
Ein Linkhinweis ist keine ausreichende Quellenangabe
Zahlreiche Inhalte im Internet sind urheberrechtlich geschützt. Während bei Texten erst das Vorliegen der notwendigen Schöpfungshöhe zu entsprechendem Schutz des Inhalts führt, sind Fotos per Gesetz immer urheberrechtlich geschützt. Auch bei Videos wird man in aller Regel von einem entsprechenden Schutz ausgehen können. Dies führt dazu, dass allein dem Urheber die wesentlichen Verwertungsrechte zustehen und dessen Inhalte auch grundsätzlich nur mit dessen Zustimmung im Internet veröffentlicht werden können.
Was also gilt, wenn durch das Teilen auf Facebook das Bild eines Fotografen ohne dessen Zustimmung auf der Plattform veröffentlicht wird? Während Facebook, Google+ und Co. beim Sharing von Texten nur kurze Auszüge übernehmen, denen jedenfalls im Regelfall für sich alleine keine Schutzfähigkeit mehr zukommen dürfte (Ausnahmen sind denkbar), stellen sich bei der Veröffentlichung fremder Bilder oder Videos, zum Beispiel in der eigenen „Timeline“ bei Facebook, durchaus urheberrechtliche Fragen.
Anknüpfend an den Beschluss des Landgerichts Berlin (Az. 15 O 103/11) ist davon auszugehen, dass der teilende Nutzer als „Herr des Angebots“ der eigenen Facebook-Seite angesehen wird und insoweit grundsätzlich für selbst eingestellte Inhalte unmittelbar verantwortlich gemacht werden kann. Das Landgericht hatte in einer vergleichbaren Konstellation geurteilt: Der Teilende würde sich das Bild, um das es in der Auseinandersetzung ging, „zu eigen machen“ und damit das Exklusivrecht des Urhebers auf öffentliche Zugänglichmachung verletzen. In diesem Zusammenhang haben die Richter auch festgestellt, dass etwaige Haftungsprivilegierungen aus dem Telemediengesetz (TMG) in entsprechenden Fällen nicht eingreifen.
Und tatsächlich: Eine legitimierende Zustimmung des Urhebers zum Teilen „seiner“ Inhalte auf Facebook und Co. kann nicht ohne Weiteres angenommen werden. Die reine Veröffentlichung im Internet führt wohl nicht dazu, dass deshalb jeder Nutzer einer Social-Media-Plattform geschützte Inhalte beliebig weiter veröffentlichen darf. Ob man die diskutable Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Bildersuche bei Google hier entsprechend anwenden kann, erscheint mehr als fraglich.
Die Tatsache, dass viele Facebook-Nutzer dieses Risiko nicht sehen, resultiert häufig aus dem Irrglauben, die Veröffentlichung sei ja nur eine Art Zitat. Teilweise wird auch einfach der US-amerikanische Rechtsgedanke des „Fair Use“ übertragen, der jedoch in Deutschland so nicht existiert. Leider wird die Einbindung entsprechender Texte, Bilder oder Videos nur in den seltensten Fällen den gesetzlichen Vorgaben eines Zitats nach deutschem Urheberrecht gerecht. Überdies dürfte der Linkhinweis bei Facebook, Google+ und Co. den Anforderungen an eine hinreichende Quellenangabe nicht genügen.
Zitat
Ein Zitat erfordert einen spezifischen Zitatzweck, zum Beispiel durch eine eigene geistige Auseinandersetzung mit dem übernommenen Inhalt.
Festzuhalten bleibt: Das Anzeigen fremder Bilder oder Videos, aber auch schutzfähiger Textteile im eigenen „Stream“ bei Facebook, Google+ und Co. hat durchaus urheberrechtliche Relevanz. In den allermeisten Fällen aber wird es bis dato kaum verfolgt und ist deshalb bei Einzelfragen gerichtlich noch relativ ungeklärt. In Zukunft wird von den Gerichten insbesondere zu klären sein, ob das übliche Sharing von Inhalten überhaupt eine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung ist, was kontrovers diskutiert wird und derzeit wohl von der individuellen technischen Gestaltung abhängig gemacht wird. Aufgrund der Tatsache, dass der Nutzer hierauf aber ohnehin keinen Einfluss hat und auch in Bezug auf entsprechende Gerichtsentscheidungen ist ein urheberrechtliches Risikopotenzial aber durchaus gegeben.
Praxistipps und Fazit
Mangels einer klaren rechtlichen Grundlage können die Risiken einer urheberrechtlichen Inanspruchnahme beim Teilen von entsprechend geschützten Inhalten – vor allem Bilder und Videos – nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Auch wenn die nachfolgenden Praxistipps die Bedienerfreundlichkeit und komfortable Nutzung der Sharing-Funktionalitäten einschränken, so lassen sich damit bestehende rechtliche Risiken doch substanziell reduzieren.
1. Einfacher Link statt unmittelbare Einbindung
Immer mehr Gerichte neigen zu der Auffassung, dass einfache Verlinkungen, also ohne (grafische) Einbindung eines Inhaltes, im Grundsatz keine urheberrechtliche Relevanz haben. Der Grund: Bei einfachen Links wird in der Regel kein Eingriff in das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung angenommen.
2. Hinzufügen eigener Anmerkungen
Wenn Unternehmen auf das unmittelbare Einbinden fremder Inhalte nicht verzichten wollen, eröffnet sich eine weitere Verteidigungslinie gegen etwaige urheberrechtliche Ansprüche: Sie können dem geteilten Inhalt eigene Ausführungen hinzufügen und die Quelle entsprechend angeben. Im Fall der Fälle können sie sich dann auf das Zitatrecht aus dem Urheberrechtsgesetzt (UrhG) berufen.
3. Posten von Webseiten mit Sharing-Button
Wer Inhalte von Webseiten einbindet, die zum Beispiel einen „Like-Button“ von Facbook vorhalten, wird folgendermaßen argumentieren können: Gerade durch das Anbieten der Funktionalität wird ja zum Ausdruck gebracht, dass das Sharing auf Facebook gewollt ist. Gleiches gilt natürlich auch für die Buttons von Google+, Twitter und Co.
Auch wenn gerade im Hinblick auf die (neuen) Möglichkeiten der Sozialen Medien urheberrechtlich Einiges im Argen liegt und – nach wie vor – rechtlich sehr umstritten ist, sollten teilende Nutzer mögliche Rechte an den geteilten Inhalten nicht aus dem Blick verlieren. Selbst wenn die oben stehenden Hinweise aufgrund der dargestellten Unwägbarkeiten keine absolute Rechtssicherheit bedeuten, können urheberrechtliche Risiken bei Beachtung der Grundsätze doch erheblich reduziert werden.