InnovationenWissensarbeit effektiv und effizient steuern

Thesen für ein strategisches Management der Wissensarbeiter in Unternehmen.

Entwickelte Industrieländer befinden sich im Übergang von der Industrie- in die Wissensgesellschaft. Während Routinetätigkeiten automatisiert oder in Niedriglohnländer verlagert werden, gewinnen wissensintensive Tätigkeiten immer mehr an Gewicht. Vor allem Fachbereiche mit einem hohen Anteil an Wissensarbeitern rücken in den Blickpunkt, wenn es darum geht, Innovationspotenziale zu heben und die Effizienz zu steigern.

Um Wissensarbeit effizient und effektiv zu steuern, müssen Unternehmen das „Management der Wissensarbeiter“ strategisch angehen und auf verschiedenen Ebenen handeln. Dabei haben sich folgende Thesen herauskristallisiert, die auch Spannungsfelder zwischen den Befürfnissen der Wissenssarbeiter auf der einen und der Unternehmen, die häufig noch nach industriellen Maßstäben organisiert sind, auf der anderen Seite aufzeigen:

Wissensarbeiter müssen als Individuen in den Fokus rücken

Das in Unternehmen vorhandene Wissen ist an Personen gebunden und steht im Kontext ihrer persönlichen Erfahrungen sowie ihres jeweiligen sozialen Umfelds. Diese Erkenntnis hat drastische Konsequenzen, führt sie doch den Begriff „Wissensmanagement“ ad absurdum. Denn Wissen lässt sich nicht managen, da es komplex und schnelllebig sowie untrennbar mit dem jeweiligen Individuum und dessen Lebenswelt verbunden ist.

Natürlich haben Datenbanken mit Fakten und Referenzliteratur immer noch ihre Berechtigung. Häufig dienen sie als Quelle zur Auffindung von Experten. Fakt ist jedoch: Wissen lässt sich nicht in Datenbanken abbilden, es verbleibt bei den einzelnen Mitarbeitern. Folglich scheitern in einer Wissensorganisation auch Managementmethoden, die davon ausgehen, dass Wissensarbeiter ähnlich wie Arbeit und Kapital in der Industriegesellschaft austauschbar sind. Denn Wissensarbeiter sind im Vergleich zu klassischen Industriearbeitern deutlich emanzipierter: Sie agieren weniger als Baustein innerhalb einer Prozesskette, sondern vielmehr als Unternehmer, dessen wesentliches Kapital sein Wissen ist.

Daher verhalten sie sich eher loyal gegenüber ihren Inhalten, die mit ihrem Wissen verknüpft sind, und weniger gegenüber ihren Unternehmen. Dies gilt es zu beachten, wenn Strategien zur Gewinnung und Bindung von Wissensarbeitern erarbeitet werden. Moderne Wissensmanagement-Ansätze tun dies.

Wissensarbeiter brauchen stabile Netzwerke

Nur wenn Wissen fließt, setzt es Unternehmen in Bewegung. Dazu müssen Wissensarbeit und Prozesse ineinandergreifen. Um dies zu gewährleisten, müssen sich Wissensarbeiter mit den Verantwortlichen in Produktion und Vertrieb intensiv austauschen. Hinzu kommt, dass Wissen meist nicht auf individuellen Erkenntnissen basiert, sondern über den Austausch mit anderen Wissensarbeitern entsteht. Angesichts der immer komplexeren Problemstellungen und der immer kürzeren Haltbarkeit des Wissens nimmt die Bedeutung des Austauschs weiter zu.

Die Konsequenz liegt auf der Hand: Wissensarbeiter müssen sich abteilungs- und unternehmensübergreifend vernetzen, um ihr Wissen zu erweitern. Das Bild vom Wissensarbeiter, der in seinem Elfenbeinturm sitzt und forscht, ist in einer globalen und vernetzten Wirtschaft nicht mehr zeitgemäß. Wissensarbeiter wissen um die Notwendigkeit der Vernetzung und wollen sie weiter intensivieren – auch mithilfe neuer Technologien.

Unternehmen sollten deshalb den Aufbau von Netzwerken unterstützen, indem sie erstens die notwendige räumliche und technische Infrastruktur bereitstellen sowie zweitens die aktive Partizipation der Mitarbeiter an Netzwerken fördern und fordern. So gelingt der Aufbau von Netzwerken nur, wenn Wissensarbeiter darin investieren – also zum Beispiel Blog-Beiträge verfassen oder Kollegen als Ansprechpartner dienen. Dazu benötigen die Wissensarbeiter Freiraum. Ein reines „Abschöpfen“ vorhandener Netzwerke bringt dauerhaft keinen Erfolg.

Gleichzeitig muss die Organisation den Rahmen schaffen für die Zusammenarbeit in internen oder unternehmensübergreifenden Netzwerken, indem sie Richtlinien, zum Beispiel für den Austausch in virtuellen Netzwerken, definiert und klar kommuniziert. Grenzenlose Freiheit funktioniert in Wissensorganisationen nicht. Wissensarbeiter benötigen einen Rahmen, an dem sie sich orientieren.

Wissensarbeiter brauchen Coaches und keine Kontrollfreaks

Das Steuern von Wissensarbeitern setzt ein anderes Verständnis von Führung voraus als das von Mitarbeitern in nichtwissensintensiven Bereichen.

Ergebnisorientierte Steuerung statt Mikromanagement

Mikromanagement, das einzelne Arbeitsschritte vorschreibt und kontrolliert, funktioniert hier nicht. Wissensarbeiter wissen selbst, mit welchen Methoden sie zum Ziel gelangen. Stattdessen werden Wissensarbeiter ergebnisorientiert gesteuert. Dieser Wandel erfordert allerdings nicht nur ein anderes Führungsbewusstsein bei den Managern, sondern auch eine größere betriebswirtschaftliche Flexibilität sowie eine stärkere Ausrichtung an langfristigen Zielen und Werten.

Führungskräfte als Dienstleister

Anstatt zu kontrollieren, ist der Manager als „Dienstleister“ für den Mitarbeiter tätig. Er gewährleistet ein optimales Arbeitsumfeld, räumt bürokratische Hürden aus dem Weg und steht Wissensarbeitern als Coach zur Seite. Der Manager ist dafür da, Wissensarbeitern das Leben zu erleichtern – nicht umgekehrt.

Abkehr von herkömmlichen Karrieremodellen

Klassische hierarchische Modelle, in denen der beste Wissensarbeiter zur Führungskraft aufsteigt, sind kontraproduktiv. Denn Wissensarbeiter sind nicht automatisch gute Manager. Im Gegenteil: Die Positionierung von Top-Wissensträgern als Manager hemmt oft den Wissensfluss. Es gilt daher, Wege zu finden, um Wissensarbeitern einen Aufstieg zu ermöglichen und ihnen Anerkennung zu verleihen.

Die Realisierung moderner Wissensmanagement-Konzepte scheitert jedoch oft am Widerstand des mittleren Managements. Schließlich geht die Optimierung der Wissensarbeit mit Macht- und Kontrollverlust für die Manager einher. Um vor diesem Hintergrund moderne Ansätze umzusetzen, bedarf es einer klaren und aktiven Unterstützung des Top-Managements. Gleichzeitig müssen Unternehmen entsprechende Angebote zum Kompetenzerwerb bieten, um den kulturellen Wandel zu unterstützen.

Wissensarbeiter sollten Zeiten und Orte selbst wählen können

Organisationen sollten es Wissensarbeitern ermöglichen, sowohl den Ort und die Zeit ihrer Tätigkeit als auch die benötigten Werkzeuge so weit wie möglich selbst zu wählen. Wissensarbeit ist im Gegensatz zur klassischen Produktion nicht an Ort und Zeit gebunden. Mit den neuen Kommunikationstechnologien löst sich die Ortsgebundenheit weiter auf. Es ist nicht notwendig, Ort und Zeit für Wissensarbeiter vorzuschreiben. Ganz im Gegenteil: Es ist sogar kontraproduktiv.

Wissensarbeit gelingt immer am besten, wenn Wissensarbeiter ihre Tätigkeit selbst planen und einteilen können. Dies ist leichter gesagt als getan. Bei der Einführung von Vertrauensarbeitszeiten und Home-Arbeitsplätzen genauso wie bei der Realisierung von „Bring-Your-Own-Device“-Strategien müssen bürokratische und rechtliche Hürden genommen sowie Sicherheitsrichtlinien angepasst werden.

Um produktiv zu sein, wollen sich Wissensarbeiter zu jeder Zeit und von jedem Ort aus vernetzen. Dafür benötigen sie moderne Arbeitsplätze, die nach außen IT-technisch offen sind. IT-Verantwortliche müssen sich daher von einer Politik, die auf Verboten und Restriktionen basiert, lösen. Sie sollten sich nicht fragen, welche Informationen für den Zugang bereitgestellt werden können, sondern welche es zu schützen gilt. Anstatt zu verbieten, sollten sie klare Regeln für den Austausch aufstellen und kommunizieren.

Denn Wissensarbeiter finden immer ihren Weg, sich effizient zu vernetzen. Bietet das Unternehmen hier keine Infrastruktur, findet die Vernetzung außerhalb des Unternehmens statt – ein GAU in Sachen Sicherheit. Wissensarbeiter arbeiten produktiver, wenn sie sich auf ihre Tätigkeit konzentrieren können – zumal gerade in der Wissensarbeit die Grenzen zwischen Freizeit und Beruf verschwimmen. Ihr wichtigstes Produktionsmittel ist ihr Kopf – und dieser sollte frei sein für berufliche Themen. So zahlt es sich aus, Mitarbeiter bei privaten Aufgaben (zum Beispiel Reinigung, Kinderbetreuung) durch entsprechende Services zu entlasten.

Wissensarbeiter brauchen weitere Schlüsselkompetenzen

Dass Wissensarbeiter vielfältig unterstützt werden, um ihr Wissen weiterzuentwickeln, ist selbstverständlich. Jenseits ihres „harten“ Wissens benötigen Wissensarbeiter weitere Schlüsselkompetenzen, insbesondere auf drei Feldern:

Medienkompetenz

Neue Medien zu Austausch und Vernetzung sind aus technischer Perspektive relativ einfach zu bedienen. Allerdings werden sie noch nicht immer sinnvoll und intelligent genutzt, um die Wissensarbeit produktiver zu gestalten.

Selbstmanagement

Wissensarbeiter entscheiden selbst, auf welche Art und Weise sie ihre Ziele erreichen. Dies setzt voraus, dass sie in der Lage sind, mit diesem Spielraum umzugehen. Zudem kann es notwendig sein, Wissensarbeiter dazu zu befähigen, ihre Ressourcen sinnvoll einzuteilen und Überlastungen zu vermeiden.

Selbstvermarktung

Wissensarbeiter sollten befähigt werden, ihr Thema in der Öffentlichkeit zu vertreten und sich als Experten in der Fachwelt zu positionieren. Dies steigert nicht nur ihre Beschäftigungsfähigkeit, sondern hilft auch dem Unternehmen, Vertrauen bei Kunden zu gewinnen.

Optimale Nutzung des Wissens ermöglichen

Wissensarbeit ist für flexible Formen, wie den Einsatz externer Spezialisten, prädestiniert. Denn Wissensarbeit ist projektorientiert. Viele Faktoren sprechen dafür, dass die Bedeutung flexibler Beschäftigungsmodelle zunimmt. So ist es für viele Unternehmen kaum möglich, für alle Inhalte eigene Experten intern aufzubauen. Schließlich kosten der Aufbau der Expertise und die Pflege entsprechender Netzwerke Zeit und Geld, während externe Wissensarbeiter die benötigten Inhalte meist sofort abdecken.

Organisationen nutzen daher verstärkt Freiberufler und hochqualifizierte Zeitarbeiter oder setzen auf andere Kooperationsformen und externe Partner. Um das Potenzial externer Wissensarbeiter in ihren Projekten zu heben, müssen die Unternehmen die optimale Nutzung des Wissens ermöglichen, durch eine effektive Abstimmung mit den Externen oder durch einen Zugriff auf die Infrastruktur, soweit dies für das jeweilige Projekt erforderlich ist.

Hier finden Sie weitere Analysen zum Thema, erstellt von PAC in Zusammenarbeit mit der Hays AG:

www.wissensarbeiter-studie.de

Dazu im Management-Handbuch

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