Interaktion und Kontakt zwischen Chef und Mitarbeiter

Um Mitarbeiter vom Unternehmen zu begeistern, braucht es optimale Kontaktpunkte zwischen Chefs und Mitarbeitern. Wie die Optimierung gelingt, zeigt dieser Beitrag.

Kollaboration ist im Kommen. In nahezu allen Branchen gibt es neben einer Kernbelegschaft in herkömmlichen Arbeitsverhältnissen immer mehr Mitarbeiter ohne klassischen Arbeitsvertrag. Das geht von Zeitarbeit über Freelancer bis hin zu Interim Managern. Zunehmend stehen Unternehmen im Zentrum ihres eigenen Netzwerks und werden von diesen „Kollaborateur-Satelliten“ umkreist. Ein Wandel, dem sich Unternehmen in Bezug auf den Kontakt zwischen Führungskräften und Mitarbeitern stellen müssen.

„Collaborator Touchpoint Management“

Unter „Collaborator Touchpoint Management“, zu Deutsch Mitarbeiterkontaktpunkt–Management, verstehe ich die Koordination aller Berührungspunkte zwischen Führungskraft und Mitarbeitern zu dem Zweck, die Kontaktqualität zu verbessern sowie inspirierende Arbeitsplatzbedingungen und ansprechende Leistungsmöglichkeiten zu schaffen. Dabei kann jede Interaktion als Chance genutzt werden, die Performance-Exzellenz der Mitarbeiter zu erhöhen, ihre emotionale Verbundenheit zum Unternehmen zu stärken, ihr Loyalitätspotenzial zu heben und positive Mundpropaganda nach innen und außen auszulösen. 

An jedem Touchpoint kann es positive und negative Erlebnisse geben, die eine Mitarbeiterbeziehung stärken oder zermürben beziehungsweise ihr Engagement kräftigen oder bröckeln lassen. Deshalb ist unter anderem auch das unterschiedliche männliche und weibliche Mitarbeiterverhalten zu beleuchten, um die jeweils individuellen Arbeitsmotive ermitteln und die spezifischen Talente besser fördern zu können. Hierdurch sollen zwischenmenschliche wie auch organisatorische Motivationshemmer erkannt und abgestellt werden, so dass sich alle Beschäftigten auf einem hohen Niveau voll entfalten können.

Ziel des insgesamt vierstufigen Prozesses ist das stete Optimieren der Performance an allen Interaktionspunkten. Die intensive Auseinandersetzung mit jedem einzelnen Touchpoint erhöht nicht nur den Output, sie legt auch interne Effizienzreserven frei, führt zu Zeit- sowie Kosteneinsparungen und damit letztlich zu höheren Erträgen.

1. Analyse

Im „Collaborator Touchpoint Management“ werden zunächst alle Interaktionspunkte gesichtet, die es zwischen einem Mitarbeiter im Rahmen der Zusammenarbeit mit einer Führungskraft gibt oder die er haben könnte – und zwar aus dem Blickwinkel des Mitarbeiters betrachtet. Unterschieden werden zwei Arten:

  1. Direkte Kontaktpunkte: zum Beispiel Mitarbeitergespräch, Gruß auf dem Flur oder Meeting
  2. Indirekte Kontaktpunkte: zum Beispiel E-Mail, schriftliche Anweisung oder Arbeitszeugnis

Sind diese detailliert aufgelistet, werden die Erlebnisse, die ein Mitarbeiter dort hat oder haben könnte, erarbeitet und den Kategorien „enttäuschend“, „OK“ und „begeisternd“ zugeordnet. Dabei geht es sowohl um die kritischen Ereignisse als auch um die positiven Geschehnisse, die ihm dort widerfahren – oder im schlimmsten Fall widerfahren könnten. Hilfreiche Fragen dabei:

  • Was läuft gut, wann stellt sich ein Moment großer Freude ein?
  • Wo gibt es heikle Situationen?
  • Was erwartet ein Mitarbeiter an diesem Touchpoint und was nicht?
  • Was könnte die Arbeitsleistung verbessern?
  • Was könnte die Motivation intensivieren?
  • Wo lauern Abwanderungsrisiken?
  • Welcher (akute) Handlungsbedarf ergibt sich aus Sicht der Mitarbeiter?
  • Was hat uns bislang daran gehindert, das Notwendige zu tun?

Auch wenn es eher unangenehm ist, muss über die letzte Frage unbedingt gesprochen werden. Denn erst, wenn die wahren Ursachen für Handlungsblockaden offen liegen, lässt sich etwas dagegen tun. Damit in der Folge die Vermeidung von Minderleistungen gezielt in Angriff genommen und als Herausforderung gesehen werden kann, macht es Sinn, diesem Prozess klingende Namen zu geben. Heike Bruch vom Lehrstuhl für Führung und Personalmanagement an der Universität St. Gallen schlägt dafür etwa „den Drachen besiegen“ oder „die Prinzessin vom Eis holen“ vor. Die Mitarbeiter können durch entsprechende Fragen in diese Analysephase auch aktiv eingebunden werden.

2. Soll-Strategie

Im zweiten Schritt geht es um das Definieren der angestrebten Ziel-Situation und das Sondieren passender Vorgehensweisen an den Interaktionspunkten, die für die anvisierten Mitarbeitergruppen optimiert werden sollen. Folgende Fragen lassen sich beispielhaft stellen:

  • Wie können wir über alle Leistungsbereiche hinweg ein gemeinsames Führungsverständnis für die wichtigsten Mitarbeiter-Touchpoints entwickeln?
  • Wie können wir veraltetes Führungsvorgehen schnellstmöglich auf einen zukunftsfähigen Stand bringen?
  • Wie können wir sämtliche Recruiting-Touchpoints an die Erfordernisse der Digital Natives anpassen?
  • Wie können wir uns von veralteten Strukturen, Standards und Prozessen lösen und Netzwerkstrukturen in unserem Unternehmen schaffen?
  • Wie können wir die Treue unserer Mitarbeiter fördern und uns so vor kostspieliger Mitarbeiterfluktuation schützen?
  • Wie können wir unsere Mitarbeiter zu aktiven, positiven Botschaftern der Firma machen und welche Touchpoints eignen sich besonders dazu?
  • Wie können wir unsere Mitarbeiter in operative wie auch strategische Entscheidungen zeitsparend und effizient einbeziehen?
  • Wie lässt sich der Ideenreichtum unserer Mitarbeiter weiterentwickeln, für passende Touchpoints nutzbar machen und adäquat speichern?
  • Wie können wir an den einzelnen Kontaktpunkten mit nichtmonetären Begeisterungsfaktoren arbeiten, um das Wollen zu fördern?
  • Wie können wir eine auf Dauer ausgerichtete Kundenfokussierung auf Web 2.0- beziehungsweise Web 3.0-Niveau bereichsübergreifend erreichen?
  • Wie können wir zügig mit dem Aufbau eines Touchpoint Managements in unserem Unternehmen beginnen?
  • Wie können wir schließlich die Summe der Touchpoints so optimieren, dass wir bei Arbeitgeber-Wettbewerben vordere Plätze belegen?

Auf Basis dieser und weiterer relevanter Fragen werden nun die spezifischen Mitarbeiter-Touchpoint-Ziele definiert. Hierbei geht es darum, was erwünscht und was unerwünscht ist.

3. Operative Umsetzung

In diesem Schritt geht es um die Planung und Umsetzung passender Maßnahmen, die von der analysierten Ist-Situation zur gewünschten Soll-Situation führen. Folgende Fragen sind dabei zu bearbeiten:

  • Wer macht was ab beziehungsweise bis wann mit welchem Budget?
  • Welche Ressourcen müssen bereitgestellt werden?
  • Welche Zeitlinien sind dabei sinnvoll und machbar?
  • Wie lassen sich die erzielten Ergebnisse messen?

Dabei gilt: Weniger ist mehr! Wählen Sie ein Thema, das sowieso schon allen auf den Nägeln brennt. Oder fangen Sie mit wenigen wichtigen Touchpoints an. Oder wählen Sie eine Maßnahme, die schnelle Resultate verspricht. Folgeeffekte stellen sich oft wie von selbst ein.

4. Monitoring und Optimierung

In diesem Schritt geht es um das Ermitteln der Ergebnisse an den einzelnen Mitarbeiter-Touchpoints zwecks Optimierung der Führungsarbeit. Folgende Fragen lassen sich stellen:

  • An welchen Kriterien wollen wir unsere verbesserte Touchpoint-Performance messen?
  • Welche Kennzahlen wollen wir dazu auf welche Weise wie oft und für wen erheben?
  • Wie wird das gewonnene Wissen dokumentiert und gemeinsam besprochen?
  • Welche Monitoring-Tools sind sinnvoll und können unkompliziert eingesetzt werden?
  • Wer leitet wann und wie die fortlaufend notwendigen Prozessverbesserungen ein?

Vor allem langfristig sollten Touchpoint-Maßnahmen positive Auswirkungen auf die mitarbeiterbezogenen Kennzahlen eines Unternehmens haben, wie etwa die durchschnittliche Verweildauer, die Fluktuationsrate, die Kranktage, die Burnout-Rate und die Mitarbeiterproduktivität.

Kurzfristig können Sie den Mitarbeitern folgende Fragen, am besten schriftlich, stellen. Diese können sie dann auf einer Skala von 0 bis 10 beantworten:

  • Würden Sie sich heute wieder für dieses Unternehmen entscheiden? Wenn ja, aus welchen Hauptgründen? Wenn nein, weshalb nicht?
  • Würden Sie unser Unternehmen an einen interessierten Arbeitssuchenden weiterempfehlen? Wenn ja, aus welchen Hauptgründen? Wenn nein, weshalb nicht?

Schon allein die Antworten auf diese beiden Fragen ergeben meist viele Ansatzpunkte, um weitere Verbesserungen in Angriff zu nehmen. Die aus den Skalen-Ergebnissen abgeleiteten Kennzahlen zählen zu den wichtigsten Leistungsindikatoren im Mitarbeiterbereich.

Durch eine kontinuierliche Arbeit an den Touchpoints werden sich alle Unternehmensbereiche stärker miteinander vernetzen. Es wird gemeinsam präzise gesucht und gefunden, was bei den Mitarbeitern Bleibefreude und eine hohe Leistungsbereitschaft weckt. Denn nur wer die Besten anzulocken versteht und wer die Touchpoints für alle Kollaborateure mitarbeiterfreundlich gestaltet, wird am Ende Exzellenz bewirken, auch im Sinne von treuen und loyalen Kunden, die das Unternehmen weiterempfehlen.

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