IT-SpezifikationSchlüssel für erfolgreiche IT-Projekte
Es gibt kaum ein IT-Projekt, von dem im Nachhinein alle Beteiligten begeistert waren. Viel häufiger ziehen sie am Ende des Projekts das Resümee, dass entweder die Kommunikation zwischen Fachbereich und IT schlecht war, die Ziele stets unklar waren oder das Top-Management die nötige Unterstützung hatte vermissen lassen. Diese Irritationen schlagen sich auch in den Projektergebnissen insgesamt nieder.
Probleme beginnen bereits bei der Kommunikation
Die Analyse der Ursachen zeigt dann oft, dass die Weichen für den unbefriedigenden Projektverlauf bereits bei der IT-Spezifikation gestellt wurden – beim gemeinsamen Versuch von Fachbereich und IT, sich auf Folgendes zu verständigen:
- Was soll das neue System können?
- Wie sollte es konzipiert sein, damit es die Anforderungen der künftigen Nutzer erfüllt, aber auch bezahlbar bleibt?
Wie dieser Kommunikationsprozess gestaltet wird, bestimmt oft den Verlauf und somit auch den Erfolg eines Projekts:
- Wie vertrauensvoll und kooperativ arbeiten Fachbereich und IT im Projekt zusammen?
- Wie flexibel und verständnisvoll reagiert die eine Seite bei Änderungswünschen auf die jeweils andere?
IT-Spezifikationen beinhalten oft abstrakte Problemlösungen
Um diesen Kommunikationsprozess zu gestalten, ist das Bewusstsein darüber entscheidend, vor welchen speziellen Herausforderungen die Beteiligten bei der IT-Spezifikation stehen. Denn diese sind immer wieder die Ursache von Konflikten. IT-Spezifikationen beschäftigen sich zumeist mit einem (zunächst) abstrakten, wenig greifbaren Gegenstand. Das heißt: Hier werden Problemlösungen skizziert, die im Betrieb noch nicht existieren und die gedanklich künftige Arbeitsprozesse oft vorwegnehmen. Entsprechend schwer ist es, eine Einigung über die Anforderungen an das künftige System (nicht nur zwischen Fachbereich und IT) zu erzielen. Selbst wenn diese Einigung scheinbar existiert, ist noch nicht sichergestellt, dass das gelieferte IT-System den Vorstellungen der Fachabteilung entspricht.
IT-Spezifikationen bilden in der Regel die subjektive Wahrnehmung der direkt beteiligten Personen ab. Das heißt, diese lassen sich beim Definieren der Anforderungen an das neue System weitgehend von ihrer Erfahrung, etwa hinsichtlich des betriebswirtschaftlich Sinnvollen, leiten. Diese persönlichen Einschätzungen decken sich meist nur teilweise. Deshalb gibt es bei fast jedem Projekt direkt oder indirekt Betroffene, die ihre Erfahrungen und Bedürfnisse in der IT-Spezifikation nicht ausreichend berücksichtigt sehen.
Interessen der Fachbereiche und der IT sind oft verschieden
Entsprechend schwierig ist es oft, sich projekt- sowie firmenintern auf eine IT-Spezifikation zu verständigen, zumal meist auch die Interessen von Fachbereich und IT divergieren. So erhofft sich der Fachbereich vom IT-System in der Regel eine bestmögliche Unterstützung der Abläufe und ihrer Varianten. Die IT hingegen favorisiert eine möglichst standardisierte Unterstützung ohne allzu viele Varianten, damit das IT-System nicht zu komplex wird und der Programmieraufwand überschaubar bleibt. Sie ist außerdem daran interessiert, möglichst früh zu einer stabilen IT-Spezifikation zu kommen. Der Fachbereich hingegen möchte neue Erkenntnisse auch noch im Projektverlauf in das IT-System einbringen.
Auch an anderer Stelle sind die Interessen von Fachbereich und IT im Projektalltag häufig verschieden. So sind die Projektmitarbeiter beim Erstellen und Umsetzen der IT-Spezifikation etwa auf die Expertise der Spezialisten aus den Fachbereichen angewiesen. Deren Einbindung in das Projekt darf aber nicht so weit gehen, dass ihr Wissen im operativen Geschäft fehlt und die Fachbereiche handlungsunfähig werden.
Informationsaustausch zwischen Fachbereichen und IT fördern
Mit den genannten Grundkonflikten kämpfen Fachabteilung und IT beim Erstellen von IT-Spezifikationen immer wieder. Deshalb sollte dieser Prozess nicht mechanisch, sondern dynamisch und interaktiv gestaltet werden. Die Praxis zeigt: Hervorragende Methodenkenntnisse reichen für die IT-Spezifikation nicht aus. Im Gegenteil: Konzentriert man sich zu sehr auf die Methoden statt auf den Prozess, entsteht meist eine Spezifikation, die haarscharf an den eigentlichen Bedürfnissen der Fachseite vorbeigeht.
Unternehmen sollten deshalb einen regelmäßigen Informationsaustausch zwischen Fachabteilung und IT – zum Beispiel in Form von Workshops, in denen die Arbeitsprozesse gemeinsam visualisiert werden – fördern, damit ein wechselseitiges Verständnis entsteht. Sonst besteht die Gefahr, dass die IT nur ahnt, was der Fachbereich zu einer erfolgreichen Arbeit braucht. Und der Fachbereich nicht versteht, wo seine Wunschvorstellungen an informationstechnische Grenzen stoßen.
Fazit
Die unterschiedlichen Sichtweisen sowie Erwartungen früh zu erkennen und zur Sprache zu bringen, ist eine Grundvoraussetzung für eine saubere Auftragsklärung. Nur wenn ein wechselseitiges Verständnis besteht, gelingt es, sich im Dialog darüber zu verständigen:
- Welche Features sind (aus fachlicher Sicht) unverzichtbar?
- Worauf können wir – nach gemeinsamer Kosten-Nutzen-Abwägung – gegebenenfalls verzichten?