IT-WeiterbildungOnline-Seminare und Online-Communities gezielt entwickeln
Für digital gestützte Lehr- und Lernangebote können Sie bewährte Lernplattformen wie die Open-Source-Plattform Moodle oder die imc-Plattform clix sowie Autorensysteme und Multimediasysteme wie lecturnity oder Camtasia Studio nutzen. Und auch das sogenannte Web 2.0 bietet neuartige Lernmöglichkeiten.
Mit diesem Beitrag soll exemplarisch aufgezeigt werden,
- wie digitale Lern- und Kommunikations-Medien in der Weiterbildung von IT-Personal eingesetzt werden können;
- dass E-Learning bzw. Blended-Learning im praktischen Einsatz der IT-Weiterbildung stets didaktisch fundiert und zielgruppenadäquat geplant, durchgeführt und evaluiert werden muss, wenn die gewünschte Kompetenzentwicklung erreicht werden soll;
- dass unterschiedliche Lernszenarien (je nach Herausforderung und Thema) zu entwickeln sind und sich sinnstiftend ergänzen können und den Beteiligten zu hoher Kompetenzentwicklung zu verhelfen.
Grundsätzlich sollte davon ausgegangen werden, dass erfolgreiche Formen digitaler Seminarangebote intensive Vorüberlegungen und Entwicklungsarbeiten erfordern. Eine grundlegende Aufgabe besteht dabei in der Content-Entwicklung. Folgende Varianten bezüglich der bereitzustellenden Lehr- und Lernmaterialien sind verbreitet:
- Lerndokumente, die mit einem Textverarbeitungsprogramm oder einer Präsentationssoftware erstellt werden. Beispiele wären komplexe Lernsituationen und Fallbeispiele.
- Videomaterialien, die insbesondere zur Veranschaulichung und Einführung in neue Themengebiete eingesetzt werden.
- Interaktive Lernsoftware von einer DVD (bzw. CD-ROM) oder aus dem Internet (als Download oder online) mit dem Anspruch, sequenziell Lernschritte bearbeiten und den Lernertrag sichern zu können (Selbsttests, Selbstprüfung, etc.). Lernsoftware ist meist übersichtlich geführt und in Lektionen und Lernschritte mit genauen Lernzielen aufgeteilt.
- Softwareprodukte, mit denen man den Kern des fachlichen Lernens durch aktives Tun beherrschen lernen kann. Beispiele wären in der IT-Weiterbildung das Bereitstellen von Modellierungssoftware, mit denen man die Lösung bestimmter Aufgabenstellungen betreiben kann oder Programmierwerkzeuge.
Weitere Entwicklungsarbeiten betreffen die Konzeption der zielbezogenen didaktischen Einsatzplanung für jedes Lehrgangs- bzw. Seminarangebot. Damit verbunden ist ein durchdachtes Rollenkonzept bezüglich der an der Umsetzung beteiligten Akteure (Medienentwickler, Weiterbildungs-Trainer, Tutoren bzw. Telecoaches etc.). Auch hier sind zunächst Vorbereitungsarbeiten unerlässlich, bevor ein tragfähiges Angebot erfolgen kann.
Wie sieht nun ein mögliches Umsetzungsszenario für ein online gestütztes Weiterbildungsseminar aus? Dies sei an einem praktischen Seminarangebot dargelegt. Es handelt sich um das Beispiel des Online-Kurses "IT-Anforderungsmanagement" auf business-wissen.de, das sich an Fach- und Führungskräfte in der IT richtet. Dieses Online-Seminar soll etwa einen vertiefenden Einblick in Prozesse, Methoden, Instrumente sowie organisatorische Vorgehensweisen geben, die sich bei der Realisierung eines leistungsfähigen IT-Anforderungsmanagements in der Praxis bewährt haben.
Im Beispielfall werden die folgenden sechs Module unterschieden, die in einem Zeitraum von sechs Wochen durchlaufen werden:
- Anforderungsmanagement professionell – Positionsbestimmung, Vorgehenskonzept, Rollenverteilung und Qualitätssicherung
- Anforderungen im Fachbereich erheben – Techniken und Vorgehen
- IT- Anforderungen in einer Anforderungsspezifikation dokumentieren
- IT-Anforderungen analysieren und bewerten
- Lösungswege zur Umsetzung der Anforderungen formulieren (Fachbereichs-Anforderungen zu System-Anforderungen transferieren)
- IT-Anforderungen validieren (Anforderungen testen, Test-Cases Design vereinbaren, Test-Aktivitäten gemäß Design durchführen)
Vorgehensweise im Online-Kurs
Hauptziel dieses Online-Weiterbildungsseminars ist es, aufzuzeigen, wie IT-Anforderungsmanagement für ein Unternehmen professionell etabliert werden kann, indem die Teilnehmer die Kompetenz erwerben, dazu entsprechende Verfahren aufzusetzen. Dazu werden im Rahmen des Online-Seminars die wesentlichen Handlungsfelder bearbeitet, die für eine Realisierung nötig sind. An praktischen Beispielen kann dabei der professionelle Einsatz von ausgewählten Instrumenten aufgezeigt werden, die dann für den Praxisfall des jeweiligen Teilnehmers transferiert und bearbeitet werden.
Insgesamt kann das Beispielseminar in sechs Wochenblöcke gegliedert werden. Folgendes Lernszenario wird implementiert:
- Pro Woche erhalten die Teilnehmer zu jedem Thema eine Einstiegspräsentation (unter Umständen auch als multimediales Video) sowie einen Informationstext (Umfang von rund fünfzehn bis zwanzig Seiten), um sich gezielt in die Thematik der jeweiligen Woche „einzufinden“.
- Im Informationstext finden die Teilnehmer ergänzende Anregungen und Fragen für Ihre Rückmeldung. So lässt sich feststellen, ob die Ausführungen des Textes in der gleichen Weise verstanden wurden.
- Durch eine (kontroverse) Online-Diskussion können die Teilnehmer die Themen aus verschiedenen Sichtweisen erleben und Argumente für die Umsetzung im eigenen Unternehmen lernen. Dazu gibt es im Kursraum ein eigenes Forum, wo Beiträge ausgetauscht werden können.
- In jeder Woche erhalten die Teilnehmer darüber hinaus komplexere Aufgabenstellungen (Lernsituationen) zur Erarbeitung von praktischen Lösungen, die auf Themen aus dem Informationstext bezogen sind und in der Regel eine Umsetzung eines Teilnehmer-orientierten Praxisfalls ermöglichen. Zur Unterstützung der Aufgabenbewältigung werden ggf. Tools und Vorlagen (etwa Checklisten oder andere Arbeitshilfen) online zur Verfügung gestellt.
- Die Ergebnisse stellen die Teilnehmer in einem gemeinsamen Kursverzeichnis ein. Dies gibt dem Tutor die Möglichkeit, die eingehenden Ergebnisse (Handlungsprodukte) zu vergleichen und zu kommentieren. So erhalten die Teilnehmer ggf. Hinweise auf mögliche Verbesserungen. Die Zusammenstellung und Aufbereitung der Ergebnisse erfolgt idealerweise mit einem Textverarbeitungsprogramm (unter Umständen auch mit einem Tool).
- Anregungen, Tipps, Hilfestellung, um Techniken und Methoden zu einem IT-Thema in der eigenen Praxis zu nutzen, werden anhand der im Online-Kurs besprochenen Instrumente gegeben. Damit lernen die Teilnehmer gleich, das erworbene Wissen konkret anzuwenden.
Folgende Vorteile – so zeigen Erfahrungen – können für Online-Seminare in der zuvor skizzierten Form herausgestellt werden:
- Möglichkeiten der anschaulichen Präsentation von Lerninhalten durch Integration von Film, Standbild, Animation, Ton und Text in einem einzigen Medium. Auf diese Weise können beispielsweise emotionale und affektive Aussagen besser transportiert werden.
- Neue Formen der aktiven Auseinandersetzung mit den Lerninhalten (beispielsweise Navigations-Hypertext, Simulationsprogramme) ermöglichen eine hohe kognitive Verarbeitungsintensität beim Lernen.
- Die raum- und zeitunabhängige Bereitstellung von Lerninhalten (Learning-on-Demand) erlaubt eine Individualisierung des Lernprozesses in der IT-Weiterbildung (beispielsweise Ziel- und Inhaltsauswahl, Lerngeschwindigkeit, zeitliche und räumliche Lernorganisation). Sie erhalten eine individuelle Betreuung durch den Kursleiter.
- Die Teilnehmer wenden konkrete Methoden und Instrumente an, die Ihre Praxis unterstützen. Sie lernen ausschließlich praxisorientiert. So werden bereits im Online-Seminar immer wieder Bezüge zu den Bedingungen Ihrer Organisation herauskristallisiert.
Hinweis
Hier finden Sie mehr Informationen zum Online-Kurs:
„IT-Anforderungsmanagement“
Eine Ergänzung des skizzierten Online-Seminars kann in der Etablierung von ganzheitlichen Bildungsportalen durch Bildungsanbieter liegen, die letztlich auch die Realisierung von Community-Lernen gewährleisten. Konkrete Produkte und Bildungsdienstleistungen, die im Portal bzw. für die zu entwickelnde Learning-Community realisiert werden, sind in diesem Zusammenhang:
- Aufbau und Nutzung eines Bildungsportals für IT-Experten und das IT-Management
- Bereitstellung von Angeboten für das Bildungsportal
- Aufbau einer Community (unter Nutzung der Grundfunktionen von Social Software)
- Einrichtung von Competence-Centern in der Community
- Entwicklung und Bereitstellung didaktischer Prototypen in der Community (Wikis etc.)
Web 2.0 und Social Media bieten heute neue Optionen, die auf veränderte und (im Vergleich zu den bisherigen webbasierten Lernplattformen) erweiterte Nutzungsformen bereitstellen. Technologische Optionen wie
- Verknüpfung von Informationen (Mash up),
- Rückmelde- und Annotationsmöglichkeiten,
- Social Tagging oder
- Möglichkeiten zum Abrufen und Herunterladen von Filmsequenzen, Tonbeiträgen oder Texten
eröffnen die Möglichkeit, dass die Bereitstellung von Informationen nicht allein durch ein Sender- und Empfänger-Modell geprägt wird, sondern durch eine partizipative Mediengestaltung charakterisiert ist. So entstehen Wissensräume, die gemeinsam von Individuen gestaltet werden und ein Werkzeug anbieten, die eigene Person und die Beziehungen in sozialen Gruppen darzustellen. Social Media wird in diesem Verständnis über die Nutzungsformen geprägt und weniger über die Potenziale, die die internetbasierten Anwendungen besitzen.
Grundlegende Funktionalitäten sind nachfolgend skizziert und sind bezüglich einer Anwendung in Lernumgebungen für einen integrativen Einsatz in der Weiterbildung von IT-Management bzw. IT-Experten zu prüfen und zu erproben:
Besondere Web-Services: In webgestützten Lernumgebungen können verschiedene Lehr-Lern-Prozesse ablaufen. Es müssen dazu verschiedene grundlegende Web-Services vorhanden sein: die Hochverfügbarkeit, Sicherheit und Integration mit bestehenden Systemen und Anwendungen (etwa zu Textverarbeitung und Mail-Kommunikation). Besondere Services umfassen Benutzerprofilierung, Content Management, Präsentationsdienste, Anwendungsintegration, delegiertes Management und Sicherheit. Im Rahmen der beteiligten Bildungsanbieter müssen die vorhandenen IT-Systeme und Plattformen in der Lage sein, diese Services integriert bereitzustellen, damit die IT-Trainer die Integration weiterhin benötigter IT-Applikationen wie beispielsweise Dokumentenmanagement und E-Mail gewährleistet erhalten.
Kollaborative Communities: Das Wesentliche sozialer Netzwerke liegt darin, dass Benutzer im Web Interessensgemeinschaften mit Gleichgesinnten aufbauen können. Im Weiterbildungsbereich können diese Communities durch Mundpropaganda schnell wachsen und einen über Experten verschiedener Art und geografische Grenzen hinausgehenden Ideen-, Medien- und Gesprächsaustausch zwischen den Akteuren fördern.
Benutzergenerierter Inhalt: Tools wie Wikis und Blogs ermöglichen in kollaborativen Lernumgebungen eine gemeinsame Informationserstellung (etwa Dokumente, audiovisuelle Medien etc.) und stellen die Basis für eine Zusammenarbeit dar. Während Wikis für die kollaborative Erstellung von Inhalt verwendet werden (beispielsweise für das Erstellen eines gemeinsamen Warenkompendiums u. a.), ermöglichen Blogs Gespräche zwischen einer und vielen Personen (1:n). Beide Tools befähigen die Benutzer, ihr persönliches Wissen in den Kontext bestehender Lern- und Arbeitsanforderungen zu stellen und fördern den Informationsaustausch durch Zusammenarbeit.
Social Bookmarking und Tagging: Ausgangpunkt ist die Funktionalität des Web 2.0 und entsprechender Tools, dass die Benutzer der Web-Applikationen Inhalte oder Personen von Interesse anhand von Schlüsselwörtern oder Tags klassifizieren können. Sie entwickeln damit gewissermaßen eine persönliche Taxonomie. Tags werden dabei visuell als Schlagwortwolke (sog. Tag Cloud) dargestellt und können dem Beteiligten einer Community zur Verfügung gestellt werden. Auf diese Weise wird im Bottom-Up-Verfahren eine dynamische Sammlung von Community-Wissen aufgebaut. Für die IT-Branche gilt es beispielsweise zu prüfen, für welche Bereiche solche Sammlungen aufzubauen sind. Anbieten dürften sich sicherlich Themenbereiche wie IT-Governance, IT-Security, IT-Managementinstrumente.
Ein abschließender Hinweis: Die Nutzungsmöglichkeiten, Chancen und Probleme, die IT-Weiterbildung mit Social Software zu gestalten, sind künftig in besonderer Weise zu fokussieren. Konsequenzen für Szenarien von kompetenzorientierten didaktischen Designs mit Web 2.0 und Social Software sollten dabei in der Praxis eine Umsetzung erfahren. Zur erfolgreichen Etablierung von Lernen mit digitalen Medien in der IT-Weiterbildung gilt es, ein Konzept zur dauerhaften Etablierung von Kooperations- und Kommunikationsstrukturen zu entwickeln und umzusetzen.
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