JobchanceUnternehmen suchen Mitarbeiter für den Außendienst
Eigentlich hatte Kevin Ottmar einen guten Job als Anwaltsgehilfe in einer Kanzlei mit festen Arbeitszeiten und einer hohen Arbeitsplatzsicherheit. Doch mit der Zeit langweilte ihn die ewig gleiche Schreibtischarbeit. Zudem waren die Gehaltsaussichten mau. Also suchte Ottmar vor fünf Jahren eine berufliche Alternative. Heute betreut der 27-Jährige als Bezirksleiter Kunden der Bausparkasse Schwäbisch Hall – nicht als Angestellter, sondern als selbstständiger Handelsvertreter. Dieser Status gefällt Ottmar.
„Als Handelsvertreter bin ich Herr über meine Zeit und selbst dafür verantwortlich, wie viel Geld am Monatsende auf meinem Konto ist. Zugleich öffnet mir die Schwäbisch Hall-Visitenkarte viele Türen, die mir als Einzelkämpfer verschlossen blieben.“
Aus ähnlichen Motiven beschließen viele Männer und Frauen: „Ich werde Handelsvertreter“ – so wie 700.000 andere Personen in Deutschland vor ihnen. Denn das Handelsvertreter-Dasein hat Vorzüge. Man benötigt zum Beispiel keine eigene Geschäftsidee, um selbstständig zu werden, denn Handelsvertreter agieren im Auftrag anderer Unternehmen. Für diese suchen, beraten und betreuen sie Kunden und schließen mit ihnen Verträge ab. Und dafür erhalten sie eine Provision.
Ein weiteres Plus: Obwohl Handelsvertreter Selbstständige sind und im Alltag weitgehend eigenständig agieren, sind sie nicht allein. Sie erhalten Unterstützung vom Unternehmen, für das sie arbeiten – zum Beispiel die nötigen Werbe- und Verkaufsinstrumente sowie einen Kundenstamm zum Ausbauen. Sie werden zudem meist regelmäßig geschult.
Handelsvertreter
Handelsvertreter
- sind selbstständige Unternehmer,
- betreuen im Namen eines oder mehrerer Unternehmen deren Kunden (häufig in einer definierten Region) und schließen in deren Namen (Kauf-) Verträge auch mit Neukunden ab,
- bestimmen im Wesentlichen selbst, wie und wann sie arbeiten,
- erhalten für ihre (Akquisitions- und Beratungs-) Tätigkeiten Provisionen, deren Höhe sich meist am Auftragsvolumen orientiert,
- sind im Vertrieb ganz unterschiedlicher Branchen tätig - sowohl für die Konsum- als auch für die Investitionsgüterindustrie,
- haben mit ihren „Auftraggebern“ eine andauernde (meist auf viele Jahre ausgelegte), vertraglich geregelte Geschäftsbeziehung, die häufig einen Gebiets- und Kundenschutz umfasst.
Zum Teil großzügige Einstiegshilfen
Speziell in der Finanzdienstleistungsbranche werden zurzeit Handelsvertreter händeringend gesucht. So möchte zum Beispiel MLP, Wiesloch, seinen Außendienst um 350 neue Berater aufstocken. Die Hamburg-Mannheimer sucht 800 neue Handelsvertreter und die Schwäbisch Hall sogar 1.000. Ähnlich ist die Situation bei sehr vielen Unternehmen – auch außerhalb des Finanzdienstleistungssektors. Während sie im Innendienst vielfach Personal abbauen, bauen sie im Außendienst Personal auf. Entsprechend buhlen die Unternehmen um die Gunst geeigneter Kandidaten und entsprechend großzügig sind sie mit Starthilfen. Für das erste Jahr erhalten zum Beispiel neue Berater von MLP insgesamt 15.000 Euro als Fixum – zusätzlich zu möglichen Vorschüssen und Provisionen. Ähnlich ist es bei den anderen Finanzdienstleistern.
Noch gibt es wenige Handelsvertreterinnen. Dabei wäre das Handelsvertreter-Dasein für Frauen oft ideal – zum Beispiel, wenn sie Teilzeit arbeiten möchten. Oder sich nach der Familienzeit eine neue berufliche Existenz aufbauen wollen. Dr. Christian Kugelmeier, Leiter Personalmarketing und Rekrutierung bei MLP erklärt:
„Viele Frauen stört das Bild vom „knallharten“ Verkäufer, das leider noch weit verbreitet ist. Dabei sind gerade die Eigenschaften, die typischerweise Frauen zugeschrieben werden, im Vertrieb sehr wichtig.“
Als Beispiele nennt Dorothea Stabolewski, Vertriebsleiterin bei Schwäbisch Hall, die Fähigkeit, offen auf Menschen zuzugehen und ihnen das Gefühl zu vermitteln: Ich verstehe Dich und Deine Bedürfnisse.
Eigenverantwortung ist gefragt
Ein Handelsvertreter müsse Spaß am Umgang mit Menschen haben, betont Claudia Mischon. Sie leitet den Bereich Öffentlichkeitsarbeit bei der Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände für Handelsvermittlung und Vertrieb (CDH), Berlin. Klaus Höhn, Leiter Ausbildung und Personalmarketing der Hamburg-Mannheimer sucht zudem „Typen“, die sich beim Kunden authentisch und überzeugend präsentieren können. „Außerdem müsse ein Handelsvertreter wie jeder Selbstständige bereit sein, ein gewisses unternehmerisches Risiko zu tragen, ergänzt Mischon. Er darf auch nicht beim ersten „Nein“ des Kunden die Flinte ins Korn werfen. Er muss sich stets neu motivieren können. Christian Herlan, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal, betont:
„Denn machen wir uns nichts vor, die Aufträge fallen Handelsvertretern nicht in den Schoß. Sie müssen sich diese ebenso wie alle Verkäufer erarbeiten.“
Deshalb sollte, wer Handelsvertreter werden möchte, ein gewisses verkäuferisches Know-how oder zumindest Talent haben. Bei komplexeren Produkten ist zudem Fachwissen gefragt. Warum, erläutert Dorothea Stabolewski von Schwäbisch Hall:
„Nehmen Sie unsere Außendienstmitarbeiter. Die beraten unsere Kunden in Fragen der finanziellen Vorsorge sowie Baufinanzierung. Ohne ein solides Fachwissen geht das nicht.“
Dieses Know-how fällt nicht vom Himmel. Seriöse Unternehmen erwarten von Bewerbern eine Fachausbildung sowie Branchen- und Vertriebserfahrung. Und wenn ein Interessent diese Voraussetzungen nicht erfüllt? Dann muss er häufig zunächst eine auf den Außendienst zugeschnittene Ausbildung durchlaufen. Diese kann bis zu drei Jahren dauern. Ähnlich Anforderungen stellen zumeist die Hersteller von Investitionsgütern an ihre Handelsvertreter. Denn Vertriebsberater Herlan weiß, dass man ohne Berufserfahrung, Branchenkenntnis und häufig auch bereits bestehende Firmenkontakte in der Investitionsgüterindustrie zumeist keine Chance hat.
Verdienst hängt vom Talent und vom Produkt ab
So verschieden wie die Startbedingungen ist das Einkommen der Handelsvertreter. Dies hängt außer vom Produkt auch vom verkäuferischen Talent und Engagement ab. Manche Handelsvertreter verdienen nur ein „Taschengeld“ – wie zum Beispiel viele Kosmetik- und Dessous-Vertreterinnen. Andere können sich einen gehobenen Lebensstil leisten – insbesondere wenn sie die Karriereleiter hinaufklettern und zum Beispiel Bezirksdirektor werden und ein Team von Handelsvertretern betreuen.
Checkliste
Das passende Unternehmen finden
- Sie erwägen, für ein Unternehmen die Handelsvertretung zu übernehmen? Dann sollten Sie folgende Punkte prüfen – um relativ sicher zu sein, dass Ihr Partner seriös ist und zu Ihnen passt.
- Erhalte ich eine ausreichende Schulung oder Ausbildung und die erforderliche Weiterbildung?
- Bekomme ich professionelles Marketing- und Verkaufsmaterial (etwa Broschüren, Preislisten, Muster)?
- Unterstützt mich das Unternehmen im Alltag (zum Beispiel bei der Marktbeobachtung, Terminvereinbarung) zumindest mit Arbeitsmitteln?
- Wie lange ist das Unternehmen schon am Markt? Verfügt es über eine solide finanzielle Basis? Hat es einen guten Ruf?
- Wie bekannt ist die Marke bei der Zielgruppe?
- Sind die Produkte ausgereift und werden sie nachgefragt?
- Ist das Provisionssystem klar und transparent, und berücksichtigt es, in welchem Umfang die Kunden nach Vertragsabschluss betreut werden müssen?
- Investiert auch das Unternehmen in unsere „Geschäftsbeziehung“?
- Muss ich hohe finanzielle Vorleistungen für Musterkollektionen, Vorführgeräte oder Schulungen erbringen (die sich erst nach längerer Zeit auszahlen)?
- Decken sich die vertraglichen Vereinbarungen bezüglich der Arbeitsgestaltung und des zu erzielenden Umsatzes mit meinen Vorstellungen? Lassen Sie mir ausreichend Gestaltungsfreiräume?
- Soll ich primär selbst verkaufen oder möglichst viele weitere Verkäufer anwerben?
- Enthält der Vertrag einen Gebiets- und Kundenschutz?
- Wie sehen die vertraglichen Regelungen bezüglich der Beendigung der Geschäftsbeziehung aus? Ist eine Abfindung für von mir geleistete Vorarbeiten vorgesehen?