KarrieresprungVom Kollegen zum Vorgesetzten

Sie wurden zur Führungskraft befördert und freuen sich auch darüber. Doch der Wechsel aus der Mitarbeiter-Position in die Leitung des Teams ist nicht einfach und birgt einige Stolpersteine.

Rollenwechsel: ein neuer Beruf

Zunächst ist es ein Rollenwechsel, der mit vielen neuen Aufgaben verbunden ist. Meine These ist, dass Sie einen neuen Beruf erlernen müssen, wollen Sie dieser Aufgabe wirklich gerecht werden. Wahrscheinlich sind Sie für die Aufgabe ausgesucht worden, weil Sie eine Fachkraft in Ihrem erlernten Beruf sind und Sie die besten Eindrücke hinterlassen haben. Ihre fachliche Erfahrung hilft Ihnen natürlich auch weiterhin, in den Augen Ihres Teams kompetent und verlässlich zu sein – aber eben zunächst einmal in fachlicher Hinsicht.

Nach meiner Erfahrung ist der Einstieg in eine erste Führungsrolle weiterhin mit einem hohen Prozentsatz der bisherigen Aufgaben verbunden. Das macht den Rollenwechsel besonders anspruchsvoll. In meinen Seminaren kommt es vor, dass Teilnehmer mit bis zu 80 Prozent weiterhin ihr operatives Geschäft machen, und „das bisschen Führungsarbeit“ so nebenher mitmachen müssen. Dies erschwert dann natürlich enorm das Hineinwachsen in die neue Rolle, es fühlt sich im Alltag ja immer noch so an, als wäre alles beim Alten. Nehmen Sie Ihre Aufgabe ernst, kommen ganz neue Aufgaben auf Sie zu.

Neben der fachlichen Arbeit, die Sie selbst zu erledigen haben, kommt die Organisation der Arbeit Ihres Teams hinzu: Ziele festlegen und klar kommunizieren, Prioritäten setzen, delegieren, anweisen, planen.

Für die Mitarbeiter sind Sie nicht nur Ansprechpartner, sondern müssen auch motivieren, anerkennen, kritisieren, weiterentwickeln, korrigieren und auch schützen. Das Team braucht Ihre Unterstützung, um die Zusammenarbeit erfreulich und weitgehend konfliktfrei zu gestalten, Sie müssen auftretende Konflikte managen, den Fluss der Information organisieren, Aufgaben so abgrenzen, dass jeder klare Vorstellungen von Kompetenzen und Grenzen hat. Und Sie sind jetzt auch in Ihrem Arbeitsbereich für den Erfolg des Gesamtunternehmens verantwortlich. Wie können Sie erkennen, was den Erfolg weiterhin garantiert, wo liegen Gefahren, die Sie erkennen können und an wen muss dies unbedingt kommuniziert werden? Wie können Sie Potenziale in Menschen, Produkten und Prozessen ausschöpfen?

Unterstützung durch Ihre Vorgesetzten

Versichern Sie sich der Unterstützung Ihrer Vorgesetzten! Vielleicht haben diese selbst erlebt, dass sie ins kalte Wasser geschmissen wurden, als sie ihre erste Führungsaufgabe übernahmen. Sie können sich hoffentlich daran erinnern, wie das war. Seien Sie sich im Klaren darüber, was an neuen Aufgaben und Herausforderungen auf Sie zukommt und besprechen Sie Punkt für Punkt, was Ihre Vorgesetzten tun können, um Ihnen den Rücken zu stärken. Sehr wahrscheinlich brauchen Sie mehr Zeit, um Ihre Leitungsaufgaben durchzuführen. Klären Sie, dass und wohin Sie operative Aufgaben delegieren können.

Setzen Sie sich regelmäßig mit Ihrer Führungskraft zusammen und lassen Sie sich beraten. Besprechen Sie offen, was an Klarheit und Unterstützung von ihr gebraucht wird. Sie müssen einen anspruchsvollen Job machen, und den wollen Sie gut machen.

Die ersten 100 Tage

Wir kennen das ja von Bundeskanzlern oder Ministern. Die ersten 100 Tage sind eine Schonzeit, in der man sich in der neuen Verantwortung zurechtfinden darf, ohne dass gleich Höchstleistungen erwartet werden. Kritische Punkte sind in dieser Zeit zu berücksichtigen. Einige davon will ich hier anführen.

Generell teilen sich diese Tage in Zeiten der Orientierung und in Zeiten von Veränderungsprojekten. Daraus wird schon klar, dass der Tipp heißt, nicht gleich mit Veränderungen einzusteigen. Selbst wenn Sie die Abläufe sehr gut kennen, können Sie davon ausgehen, dass aus der neuen Rolle heraus einiges ganz anders aussieht als vorher. Nehmen Sie sich die Zeit, so viele Informationen wie möglich zu sammeln:

  • Wie reagieren meine Kollegen auf meinen Rollenwechsel?
  • Wo bekomme ich Unterstützung?
  • Wer oder was macht Schwierigkeiten welcher Art?
  • Was wird genau von mir erwartet?
  • Wie will ich meine Rolle eigentlich konkret ausfüllen?
  • Welche Auswirkungen werden Veränderungen haben, die ich jetzt erst überblicken kann, weil meine Übersicht größer geworden ist?

Erst wenn Sie sich sehr sicher sind, dass Sie eine gute Einschätzung der Situation haben, gehen Sie Veränderungen an. Stellen Sie sich vor, mit gutem Willen wollen Sie etwas besser machen, aber scheitern mit Ihrem ersten Projekt, dass ja eigentlich eine Visitenkarte nach außen und innen sein sollte, dass Sie erfolgreich ein Team führen können. Kein guter Einstand!

Ich empfehle für die Zeit des unmittelbaren Einstiegs, dass Sie darauf bestehen, dass Sie von Vorgesetzten „inthronisiert“ werden. Dadurch wird klar, dass die Führungsetage hinter Ihnen steht, und Sie nicht zufällig zu dem Job gekommen sind.

Dann folgt eine „Regierungserklärung“ durch Sie.

  • Wie wollen Sie in der nächsten Zeit die Arbeit angehen?
  • Was sind Ihre Ziele für das Team?
  • Wie wollen Sie führen?
  • Was ist Ihr Vorgehen, wenn es schwierig wird?
  • Was erwarten Sie von Ihren Leuten?

Überlegen Sie vorher genau, was Ihre Haltung ist, damit Sie authentisch und profiliert auftreten können.

Neues Handwerkszeug

Es gibt viel zu lernen. Sie müssen sich ein erweitertes Repertoire an Handlungskompetenz erwerben:

  • Wie führe ich Kritikgespräche?
  • Wie und was delegiere ich richtig?
  • Was muss ich tun, um mein Team zu entwickeln und die Fähigkeiten jedes Einzelnen zu kennen, zu nutzen und wertzuschätzen?
  • Wie mache ich das?

So wie Sie Ihre fachliche Ausbildung über einige Zeit intensiv betrieben haben, sollten sie sich auch Gelegenheiten schaffen, alle diese neuen, eher „soften“ Handwerkszeuge zu erlernen. Sie sind DER Erfolgsfaktor für Sie, Ihr Team und Ihre Firma. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Karrieresprung – und viel Geduld mit sich selbst bei der Entwicklung neuer Fähigkeiten!

[Bild: Albert Ziganshin - Fotolia.com]

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