KlimaschutzCO2-Management: Nachhaltig wirtschaften

Unternehmen kommen in Zeiten des Klimawandels nicht mehr am Thema „CO2“ vorbei. Auch Investoren und Analysten legen zunehmend Wert auf nachhaltige Indikatoren. Klimaschutz wird zum Bestandteil der strategischen Unternehmensplanung.

Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), brachte es bei der Pressekonferenz zum Auftakt der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) auf den Punkt:

„Diese 62. IAA PKW setzt neue Maßstäbe für die Innovationskraft der Automobilindustrie. In nie gekanntem Umfang werden auf dieser weltweit wichtigsten Mobilitätsmesse erstmals Lösungen gezeigt, wie diese Schlüsselbranche die Effizienz ihrer Fahrzeuge weiter steigert und damit einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz leistet.“

Bei der weltgrößten Automobilmesse, auf der in diesem Jahr 1.081 Aussteller aus über 40 Ländern vertreten sind, steht das Thema „Nachhaltigkeit von Mobilität“ im Vordergrund. „Sehen, was morgen bewegt“, heißt denn auch das treffende Motto der Veranstaltung. Wie wichtig eine umweltverträgliche Produktionsweise und umweltverträgliche Produkte im Autobau geworden sind, zeigt auch die erstmals etablierte politische Talkreihe „Nachhaltigkeitsforum“, bei der das Thema „Biokraftstoffe – Fluch oder Segen?“ diskutiert wurde.

Klimaschutz: Ein Beitrag zum Stakeholder Value

Die Automobilindustrie steht, was die Umweltverträglichkeit ihrer Produkte betrifft, unter einem enormen Druck. Zum einen kommt der aus der Öffentlichkeit beziehungsweise von den Kunden, die Angesichts des Klimawandels immer öfter umweltfreundliche Autos fordern. Zum anderen schreibt die Europäische Union ab 2012 CO2-Emissionswerte von 130 Gramm pro Kilometer vor. Roland Berger Strategy Consultants beschreibt in seiner aktuellen Studie „Das Antriebsproblem lösen“ die Herausforderungen, die auf die Automobilindustrie in Bezug auf Emissionsstandards zukommen und welche Hürden es zu überwinden gilt. Wolfgang Bernhart, Partner im Kompetenzzentrum Automotive bei Roland Berger, spricht von hohen Kosten, die aufgewendet werden müssten, um das Emissionsziel zu erreichen: im Durchschnitt zwischen 500 und 1.000 Euro pro Wagen. Bernhart weiter:

„Das Problem ist, dass Kunden nicht bereit sind, für nachhaltige Produkte auch mehr zu bezahlen. Was zu einem guten Teil auch daran liegt, dass in der Marketingkommunikation und Markenpositionierung der Trend zu nachhaltigerem Verhalten bislang kaum angesprochen wurde. Zu Jahresbeginn hat nur Toyota mit Umweltschutzargumenten für sein Hybridauto geworben, erst deutlich später dann die deutschen Hersteller."

Den meisten Autobauern fehle es auch an firmeninterner Kompetenz, um den neuen Herausforderungen begegnen zu können. Das Motorenportfolio vieler - vor allem deutscher - Hersteller sei zu komplex und binde sehr viele Ressourcen. Weiterhin fehle eine ganzheitliche Betrachtung des Fahrzeugs, die zur Optimierung des Energiemanagements erforderlich ist, so die Autoren der Studie weiter. Strategieberater Bernhart erklärt:

„Die Herausforderungen, mit denen die Autobauer heute konfrontiert sind, haben wenig mit der Entwicklung neuartiger Technologien zu tun. Es geht vielmehr darum, traditionelle Unternehmensstrukturen und Denkweisen aufzubrechen - beispielsweise müsste kein Hersteller mehr selbst einen 4-Zylinder-Motor entwickeln und produzieren, so wie die meisten auch heute schon keine Getriebe mehr bauen."

Soviel zur Autobranche, wo Klimaschutz in die künftige Unternehmensstrategie verankert werden muss. Doch Autobauer sind beileibe nicht die einzigen, für die ein so genanntes C02-Management von Bedeutung ist. Im Prinzip ist jedes Unternehmen vom Klimawandel und seinen Auswirkungen betroffen – direkt oder indirekt. Direkt, wenn der Produktionsstandort beziehungsweise die Produktionsbedingungen etwa durch extreme Wetterphänomene beeinflusst werden, die eine Anpassung erfordern wie zum Beispiel in den Orten mit viel Tourismus. Diese so genannte subjektive Betroffenheit kann aber auch positive Folgen mit sich bringen, wenn wärmere Temperaturen beispielsweise neue Produktionsmöglichkeiten ermöglichen wie etwa im Weinbau.

Der häufigste Fall jedoch ist die indirekte Betroffenheit, das, was nicht unmittelbar vor der Haustür passiert, wird von den Unternehmen in aller Regel verdrängt. Stellt sich die Frage, wie diese Firmen mit der Klimaproblematik umgehen sollten. Beispielfälle wie die Allianz oder die Münchener Rück zeigen, dass sich trotz einer nur indirekten Betroffenheit viele Unternehmen dem Klimaschutz zuwenden. Der Grund: Jedes Unternehmen sieht sich zahlreicher Gruppen, den Stakeholdern, gegenüber und befindet sich mit einem Teil von ihnen auch in mehr oder weniger intensiven Beziehungen.

Staat, Gewerkschaften oder Nichtregierungsorganisationen üben durch unterschiedlichste Kanäle großen Einfluss auf die Privatwirtschaft und damit auch auf das Management eines Unternehmens aus. Auch die Öffentlichkeit an sich gehört dazu. Der Staat bestimmt die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und übt in Form von Gesetzen Einfluss auf die Unternehmen aus. Werden die nicht erfüllt, drohen Sanktionen. Auch die Öffentlichkeit beziehungsweise die Kunden und Verbraucher haben bestimmte Erwartungshaltungen gegenüber Unternehmen. Werde die nicht erfüllt, drohen Proteste, die sich beispielsweise in einem Kaufkraftentzug äußern können. Letztlich droht ein nicht zu verachtender Imageschaden.

Für das Geschäftsjahr 2005 mussten erstmalig nichtfinanzielle Leistungsindikatoren mit Nachhaltigkeitsbezug – so genannte „Sustainable Development Key Performance Indicators“ (SD-KPIs) – in den Lageberichten der Konzerne veröffentlicht werden. Rechtsgrundlage sind die §§ 289 und 315 des Handelsgesetzbuchs (HGB). Kein Wunder also, dass gerade Investoren und Analysten immer größeren Wert auf Nachhaltigkeitsindikatoren legen, die für die Beurteilung des Geschäftsverlaufs oder der weiteren Entwicklung des Unternehmens herangezogen werden. Erst kürzlich legte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte in Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium eine Studie vor, deren Ergebnisse belegen: Messbare Kriterien zu Umwelt- und Sozialleistungen sind für die Bewertung eines Unternehmens wichtig. Die wichtigsten Leistungsindikatoren für die einzelnen in der Studie untersuchten Branchen sind:

  • Automobilindustrie: Flottenverbrauch
  • Banken: Nachhaltige Kreditrisiken und Chancen
  • Chemie: Energie- und Treibhausgasintensität
  • Industriegüter: dito
  • Pharma: Zugangsstrategien zu Arzneimitteln für die arme Mehrheit der Menschheit
  • Information und Kommunikation: Energie- und Treibhausgaseffizienz der Produktion und Produkte
  • Konsumgüter und Einzelhandel: Umwelt- und Sozialstandards der Lieferantenkette
  • Transport und Logistik: Energie- und Treibhausgaseffizienz der Leistungen
  • Versicherungen: Nachhaltigkeitsaspekte im Asset Management, ökologische Prämienanreize und Risikoprüfung
  • Energieversorger: Treibausgasintensität der Energieerzeugung

Nachhaltigkeit in Euro und Cent

Im März diesen Jahres konnten Wissenschaftler vom Berliner Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) und vom schottischen Sustainable Development Research Centre (SDRC) erstmals die Ergebnisse des Projekts „Nachhaltig erfolgreich Wirtschaften“ präsentieren. Die vom Bundesforschungsministerium geförderte Studie beinhaltet einen völlig neuen Ansatz der Unternehmensbewertung in Bezug auf Nachhaltigkeitsleistungen.

Stichwort

Der Ansatz baut auf der Logik der Unternehmensbewertung auf den Finanzmärkten auf. Dadurch wird die Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen in die Sprache von Investoren und Managern übersetzt.

Die Studie betrachtet insgesamt zehn ökonomische, ökologische und soziale Indikatoren, wie beispielsweise den Kapitaleinsatz, die CO2-Emissionen, den Wasserverbrauch, die Gesamtabfallmenge oder die Zahl der Arbeitsunfälle und der Arbeitsplätze. Die Ergebnisse zeigen ein detailliertes Bild der Nachhaltigkeitsleistung der untersuchten deutschen Unternehmen.

Thomas Hahn, Umweltwissenschaftler am IZT, erläutert:

„Ein Unternehmen schafft mit seinen eingesetzten ökonomischen, ökologischen und sozialen Ressourcen dann Wert, wenn es mit diesen Ressourcen mehr Ertrag erzielt als andere Unternehmen."

Eine neue Euro-Kennzahl macht deutlich, wie gut es 28 deutschen Unternehmen gelingt, ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeitsaspekte zu vereinbaren. In Zahlen ausgedrückt heißt das: Deutsche Unternehmen schaffen einen nachhaltigen Mehrwert zwischen plus 15,2 Milliarden Euro und minus 149 Milliarden Euro. Bosch beispielsweise schafft es der Studie zufolge, mit seinen ökonomischen, ökologischen und sozialen Ressourcen viel effizienter zu wirtschaften als die deutsche Volkswirtschaft im Durchschnitt. Dadurch erzielte das Unternehmen im Jahr 2004 einen nachhaltigen Mehrwert von rund 10,4 Milliarden Euro. Bayer setzt seine entsprechenden Ressourcen insgesamt 1,6 Mal effizienter ein als die anderen Chemieunternehmen und liegt sogar um den Faktor 4,5 besser als sein Wettbewerber Celanese.

Die beiden Energieversorger EON und RWE nutzen ihre Ressourcen insgesamt etwa 14 Mal weniger effizient als der volkswirtschaftliche Durchschnitt. Dies ist in erster Linie auf die hohe Kapital- und Umweltintensität dieser Unternehmen zurückzuführen. Im Hinblick auf Arbeitssicherheit und Arbeitsplätze liegt EON aber um den Faktor 6,8 beziehungsweise 2,7 über dem volkswirtschaftlichen Niveau. Thyssen Krupp Steel konnte seine Nachhaltigkeitsleistung zwischen 2002 und 2004 um mehr als 40 Prozent verbessern. DaimlerChrysler erzielt mit rund 15,2 Milliarden Euro den höchsten absoluten nachhaltigen Mehrwert („Sustainable Value") der 28 untersuchten Unternehmen. Das effizienteste der untersuchten Unternehmen ist DaimlerChrylser damit jedoch nicht. Andere Unternehmen wirtschaften effizienter, sind aber kleiner und erzielen deshalb einen niedrigeren absoluten „Sustainable Value“.

Trotz dieser konkreten Ergebnisse gestaltete sich die Analyse aufgrund der zum Teil nicht veröffentlichten Finanz-, Umwelt- und Sozialdaten einiger Unternehmen als schwierig. Andrea Liesen vom IZT sagt:

„Bei allen deutschen Logistikdienstleistern außer der Deutschen Bahn sowie bei Unternehmen wie beispielsweise Siemens, Deutsche Post, Lufthansa oder auch beim drittgrößten deutschen Stromversorger EnBW war eine Bewertung aufgrund unzureichender Daten nicht möglich."

Nächstes Ziel der Wissenschaftler ist es dennoch, ihren neuen Ansatz für die Anwendung im Management nutzbar zu machen und in der unternehmerischen Praxis zu erproben. Schließlich könnten Unternehmen damit Nachhaltigkeitsaspekte wie Treibhausgasemissionen genauso messen und steuern wie den Einsatz von Kapital.

Risikomanagement ist gleich Klimamanagement

Möglichkeiten für Unternehmen, aktiv zum Klima- und Umweltschutz beizutragen, gibt es viele. Das fängt schon bei der Frage an, ob die Büroräume nachts unbedingt beleuchtet sein müssen oder ob der Rasensprenger bei mittäglichen 30 Grad permanent laufen muss.

Seit bereits rund 14 Jahren ist in vielen Unternehmen der USA das Thema „Web-Conferencing“ an der Tagesordnung. Aufgrund der großen Distanzen halten viele Firmen ihre Meetings mit Geschäftspartnern oder Kunden lieber per Computer und Bildschirm ab, als jedes Mal mehrere tausend Kilometer zu reisen. Auch hierzulande gibt es bereits einige Anbieter, die über Online-Portale Web- oder Videokonferenzen anbieten. Die Gründe fürs Online-Seminar sind schnell gefunden: Einsparen von Reisekosten und ein Beitrag zur Nachhaltigkeit. Nicht jeder Termin muss unbedingt „face-to-face“ ablaufen, vieles lässt sich auch einfach vom eigenen Schreibtisch erledigen. Die Anbieter werben teilweise nicht nur mit Kostenersparnissen, die den Unternehmen entstehen würden, sondern auch mit ökologischen Argumenten.

So hat zum Beispiel die Firma cme24 aus Karlsruhe ein so genanntes „Green Meter“ entwickelt. Das Funktionsprinzip: Jedes Mal, wenn Kunden des Unternehmens über das Portal miteinander telefonieren, messen bestimmte Kalkulatoren die Distanz der Teilnehmer zueinander und errechnen einen Durchschnittswert der sonst üblicherweise angefallenen Reisekosten. Als Ergebnis wird eine Zahl ausgespuckt, die die CO2-Einsparungen in Kilogramm angibt. Nach Firmenangaben haben die Kunden von cme24 seit Gründung für eine Einsparung von rund 211.000 Kilogramm CO2 gesorgt

Ob man reist oder lieber doch telefoniert hängt also nicht mehr und nicht weniger von der jeweiligen Unternehmensphilosophie ab. Unabhängig von diesem konkreten Praxisbeispiel können Unternehmen anhand allgemeiner Eckpunkte ein CO2-Management in ihr vorhandenes Risikomanagement einbauen. Folgende Kriterien, die das Handelsblatt in einer mehrteiligen Serie zum nachhaltigen Wirtschaften nennt, können dazu hilfreich sein:

  • Risikostrategie: Integration von Klimarisiken in die Unternehmensstrategie
  • Risikoidentifikation: Konsequenzen des Klimawandels und potenzielle Chancen
  • Risikobewertung: Schadenspotenziale bei Produkten und Prozessen
  • Risikosteuerung: Alternative Lösungen für die jeweiligen Risiken
  • Risikokontrolle: Überprüfung der Implementation des Klimarisikomanagements
  • Risikokommunikation: Information von Interessengruppen (Stakeholder) über Klimarisiken

Dazu im Management-Handbuch

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