Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeiter

Top-Manager müssen den Spagat zwischen Kompetenzdruck und Mitarbeiterbindung meistern. Dafür gibt es Strategien, die miteinander kombiniert werden.

Frau Cohausz, Sie sagen, viele Führungskräfte würden auf ihrer Position vereinsamen, da es keinen echten Austausch mit anderen Führungspersönlichkeiten oder Mitarbeitern gibt. Was läuft hier falsch?
In der Tat befinden sich Top-Manager vielfach in einem Konflikt: Einerseits starker Druck in sich ständig verändernden Märkten, was sehr schnelle Reaktionen und hohe Professionalität in der unternehmerischen Kompetenz erfordert. Auf der anderen Seite Mitarbeiter, die motiviert, mitgenommen, entwickelt und an das Unternehmen gebunden werden wollen. Dies führt zu einer hohen Belastung der Führungskräfte und eigentlich zu dem Erfordernis, sich auf Augenhöhe mit anderen Führungskräften auszutauschen, um gemeinsam den Herausforderungen besser zu begegnen.

Leider ist es aber immer häufiger so, dass dafür dann bei allen Beteiligten wegen dieser hohen Belastung die Zeit fehlt. Hinzu kommt, dass die Zahl der Führungskräfte, mit denen ein Austausch vertraulich möglich ist, mit dem Erklimmen der Karriereleiter immer kleiner wird. Und so finden sich immer mehr Führungskräfte in einer einsamen Position wieder, in der Reflektion und Feedback weniger werden oder ganz fehlen. Und das wirkt sich natürlich auch in erheblichem Maße auf das Unternehmen und die Kommunikation mit den Mitarbeitern aus.

Als Folge dieser Situation kann es passieren, dass Manager falsche Entscheidungen treffen, weil sie ein Zerrbild vom Unternehmen erhalten. Gibt es Beispiele dafür, ohne konkrete Firmennamen zu nennen?
Meines Erachtens ist es gar nicht möglich, richtige und sinnvolle Entscheidungen zu treffen, wenn die Informationsbasis verzerrt oder unzureichend ist. Das erleben Sie in der Praxis immer häufiger, wenn Unternehmen umstrukturiert werden oder Veränderungsprozesse initiiert werden, die insbesondere die Unternehmenskultur und auch operative Erfordernisse unberücksichtigt lassen. Dies kann etwa dazu führen, dass plötzlich ganze Teams von Leistungsträgern ein Haus verlassen oder ein Bereich praktisch nicht mehr funktioniert, da operative Abläufe nicht geregelt wurden.

Viele Mitarbeiter misstrauen ihren Vorgesetzten nach dem Motto „die da oben“. Was können Führungskräfte gegen solche grundsätzlichen Einstellungen tun, wie lässt sich Isolation vermeiden?
Erfolgreiche Führungskräfte arbeiten mit einer Kombination aus mehreren Strategien. Zum einen geht es darum, Vertrauen zu gewinnen und aufzubauen. Dies gelingt nur durch intensive und regelmäßige Kommunikation. Ihr Verhalten muss berechenbar und ihre Entscheidungen müssen nachvollziehbar sein. Zum anderen geht es um Visionen und das Teilen von Zielen. Idealerweise sollte jeder Mitarbeiter im Unternehmen die Ziele und den Weg dorthin kennen – das gibt dem Einzelnen eine klare Orientierung.

Als nächstes sollten Führungskräfte ihre Mitarbeiter ernst nehmen, denn die sind der Motor des Unternehmens. Nur wer zuhört und Anliegen ernst nimmt, kann langfristig eine Bindung und ein gutes Zusammenspiel sicherstellen. Schlussendlich geht es auch darum, Leistungsträger zu fördern und Verantwortung zu teilen. Die Unternehmenskultur und –strategie sollten von der Unternehmensspitze vorgelebt werden, müssen aber gleichzeitig auch in die Unternehmen getragen werden. Das funktioniert nur, wenn die nächsten Ebenen gut eingebunden werden und aktiv Verantwortung übernehmen.

Und welche weiteren Kompetenzen sind von Führungskräften künftig unbedingt gefordert?
Eine Kernkompetenz ist der aktive Umgang mit Veränderungen. Diese werden in Zukunft nicht mehr die Ausnahme, sondern Normalität sein. Daher ist es für Führungskräfte entscheidend, Veränderungen nicht mehr als zusätzliche Belastung, sondern als natürlichen Teil ihrer Aufgabe zu begreifen. Moderne Diagnose- und Coachingtools helfen, diese Kompetenz bewusst zu stärken. Eine noch größere Bedeutung wird das Thema Führung unter den Aspekten Beziehungsmanagement, Motivation und Bindung einnehmen. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist dieser Schwerpunkt mit Blick auf Employer Branding und Mitarbeiterbindung unausweichlich.

Ist mangelnde Nachvollziehbarkeit von Führungsentscheidungen auf nachgelagerten Ebenen nicht immer auch ein Hierarchieproblem nach dem Prinzip: Zu viele Entscheidungsebenen hemmen den Entscheidungsprozess?
In seltenen Fällen ist dies bei einer undurchsichtigen Organisation und Überschneidungen von Zuständigkeiten sicherlich der Fall. In der Regel handelt es sich jedoch ganz klar um ein Kommunikationsproblem, weil der Kontext und damit der Hintergrund für die Entscheidung häufig nicht mit kommuniziert wird. Das passiert meistens dann, wenn sich die Führungsebene so lange und intensiv mit einer Fragestellung auseinandergesetzt hat, dass vergessen wird, an welchem Wissenspunkt die nächste Ebene eigentlich abgeholt werden muss.

Müssten also an manchen Stellen nicht zuerst auch Hierarchien abgebaut werden oder ist das der falsche Weg?Es gibt für Unternehmen grundsätzlich keinen Königsweg und die Organisation muss individuell ausgewählt und gestaltet werden. Nach unseren Beobachtungen haben sich zahlreiche Unternehmen was die Anzahl der Hierarchien anbelangt in den letzten Jahren deutlich verschlankt. Dadurch werden Prozesse beschleunigt und an der einen oder anderen Stelle auch transparenter. Am Ende des Tages ist entscheidend, dass die Kommunikation das ganze Unternehmen erreicht und verstanden wird.

Gerade in großen Unternehmen existieren zahlreiche Hierarchieebenen. Gilt die Erkenntnis der Vereinsamung von Führungskräften also nur für Konzerne oder auch für kleinere Mittelständler?
In Konzernen ist es aufgrund der Größe und der Internationalität alleine mengenmäßig meist einfacher, Sparringspartner auf Augenhöhe zu finden. Schwieriger ist es jedoch, die Vertraulichkeit vor dem Hintergrund politischer und persönlicher Interessen sicher zu stellen. Viele Konzerne fördern inzwischen interne Führungskräfteaustausche, die oft spartenübergreifend organisiert werden und sehr erfolgreich sind. Das Arbeiten in Teams setzt sich im Management immer stärker durch.

Im Mittelstand sind auf der ersten Ebene nicht selten die Eigentümer zu finden, für die der Austausch im eigenen Unternehmen in dieser Funktion oft doppelt schwer ist. Verbände wie „Die Familienunternehmer“ schaffen hier eine geeignete Plattform. Für die zweite Ebene ist die Wahrscheinlichkeit zu vereinsamen aufgrund des fehlenden Austausches in einer schlankeren Organisation deutlich höher.

Was sollten Führungskräfte tun, die merken, dass sie in die Isolationsfalle geraten sind?
So schnell wie möglich Unterstützung suchen. Im ersten Schritt muss gekärt werden, welchen Anteil die Führungskraft selbst daran hat und ob eine Verhaltensänderung erforderlich ist. Anschließend geht es darum herauszufinden, welche internen Möglichkeiten es gibt. Gegebenenfalls muss dann der Austausch auch extern, wie etwa in Form eines Gruppencoachings für Führungskräfte, gesucht werden.

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