KonfliktmanagementOhne Konflikte effizienter und effektiver arbeiten
Der Nutzen modernen Konfliktmanagements, insbesondere der Mediation, ist in deutschen Unternehmen bekannt: Schon in der ersten PwC/Viadrina-Studie von 2005 wurde Mediation – bei zunächst gescheiterten direkten Gesprächen – als bevorzugte Methode der Streitbeilegung genannt, weit vor der gerichtlichen Auseinandersetzung oder Schlichtung. Konfliktmanagement meint dabei einen systematischen Umgang mit Konflikten, der effizient zur Konfliktlösung und zu sachangemessenen Ergebnissen führt und dabei gleichzeitig gesichtswahrend und wertschätzend gegenüber den Beteiligten ist, sodass deren Motivation, Ideen und Schaffenskraft dem Unternehmen weiterhin zur Verfügung stehen.
Wie lässt sich das in einem Unternehmen umsetzen? Aus denjenigen Unternehmen, die bereits ein systematisches Konfliktmanagement eingeführt oder den Etablierungsprozess gestartet haben, wurden zentrale Akteure für diese Studie interviewt. Eines ihrer Ergebnisse lautet, dass für ein erfolgreiches Konfliktmanagement die Interaktion der verschiedenen möglichen Komponenten wichtig ist, auch wenn zunächst einzelne Elemente eingeführt werden.
Die Komponenten eines Konfliktmanagementsystems
Ein umfassendes Konfliktmanagementsystem umfasst in der Systematisierung der aktuellen Studie sechs Komponenten plus deren zentraler Steuerung. Für die sechs Komponenten stellt die Studie jeweils Informationen und Beispiele bereit.
„Was soll ich jetzt tun?“ Hilflosigkeit und Stress sind bei Betroffenen oft das vorrangige Gefühl, das eine produktive Arbeit erschwert. Erste Hilfe bietet hier eine Anlaufstelle für Konflikte. Wer dafür den Büronachbarn oder die Vorgesetzte nicht ansprechen mag, wird dankbar sein für einen zentralen Ansprechpartner: eine externe Konflikthotline, der betriebliche Mobbingbeauftragte oder beispielsweise eine Ombudspersonen.
Ombudspersonen
- sind vertrauenswürdige Ansprechpartner im Konflikt, wenn sie vertraulich, neutral und unabhängig von der Unternehmensleitung arbeiten,
- können vielfach dem Betroffenen selbst helfen, wenn sie in mediativer Gesprächsführung erfahren sind, und
- übernehmen das Fallmanagement, wenn weitere Schritte sinnvoll erscheinen.
Als Verfahren stehen eine Fülle von Möglichkeiten zur Wahl – von der Verhandlung über Mediation und Schlichtungsstellen bis hin zum Gerichtsverfahren. Die Entscheidung für ein Verfahren kann einerseits fallweise durch zum Beispiel die Ombudspersonen geschehen, oder auch durch ein systematisches Fallmanagement, wie es etwa Bombardier Transportation für externe Konflikte nutzt. Dieses computergestützte Claim-Management-System basiert auf einer für das Unternehmen maßgeschneiderten Scorecard, der Dispute Resolution Recommendation Matrix, und empfiehlt in Abhängigkeit von verschiedenen Parametern eines von fünf vorgesehenen Verfahren.
Als eigentliche Konfliktbearbeiter bieten sich – wenn eine interessenorientierte, selbst verantwortete Lösung angestrebt wird – Mediatoren an. Dabei kann auf externe Mediatoren zurückgegriffen werden oder ein eigener Mediatorenpool aufgebaut werden, der zusätzlich die dann ausgebildeten Mitarbeiter befähigt, auch informell auf entstehende Konflikte positiv einzuwirken. Fünf Beispiele für Arbeitsweise und Organisationsform von Mediatorenpools – und damit auch für Verfahrensstandards – werden in der Studie genannt.
Wichtig für Akzeptanz und Weiterentwicklung von Konfliktmanagement ist deren Controlling, das zentraler Punkt der vierten PwC/Viadrina-Studie sein wird. Zunächst werden in der vorliegenden Studie die notwendigen Anforderungen zusammengetragen. Denen muss sich eine betriebswirtschaftliche Überprüfung mediativen Konfliktmanagements stellen, von der Falldokumentation bis zu qualitativen und quantitativen Indikatoren.
Vielleicht der wichtigste Punkt bei der Etablierung von Konfliktmanagement in Unternehmen ist die Kommunikation der Konfliktlösungsmechanismen an die Mitarbeiter. Nur, wenn sie von ihm überzeugt sind, werden sie es bei Konflikten frühzeitig in Anspruch nehmen, sodass der maximale Mehrwert für das Unternehmen erreicht werden kann. Damit ist die Werbung für das Konfliktmanagement auch zentrales Element aller Etablierungsbemühungen.
Etablierung von Konfliktmanagement
Wie haben Unternehmen, die über ein Konfliktmanagement verfügen, dieses eingeführt? Die Studie fokussiert zu dieser Frage auf die Rolle hochaktiver Akteure, sogenannter Promotoren, und ihre spezifischen Funktionen:
- Fachpromotoren aus den unteren oder mittleren Hierarchieebenen bringen ihr fachliches Wissen über Mediation und Konfliktmanagement ein,
- Prozesspromotoren aus dem mittleren Management werden wegen ihrer Kenntnisse über Prozesse und Strukturen im Unternehmen und ihrer Kontakte in verschiedene Zweige des Unternehmens gebraucht, und
- Machtpromotoren verfügen über die Entscheidungsmacht, den Etablierungsprozess von Konfliktmanagement zu starten, oder Zugang zu solchen Entscheidern.
Alle drei Promotorentypen müssen zusammentreffen, um die festgestellten fünf Phasen des Etablierungsprozesses zu durchlaufen: Der Impuls, das Konzept-Design, die Erarbeitung von Unterstützung im Unternehmen, die Entscheidung durch die Unternehmensführung und schließlich die Bewerbung im Unternehmen werden von den Promotoren mit unterschiedlichen Funktionen vorangetrieben bzw. unterstützt.
Tabelle: Funktionen der Promotoren in den Phasen der Etablierung
Die PwC/Viadrina-Studie III beruht in diesem Abschnitt auf einer größeren wissenschaftlichen Studie zur Etablierung von Konfliktmanagement in Unternehmen, die drei zentrale Vorschläge für die Wirksamkeit der Promotoren macht (von Oertzen 2010):
- Tue Dich mit anderen überzeugten Akteuren zusammen bzw. überzeuge sie, sodass Ihr zusammen alle drei Typen von Promotoren abbildet!
- Beachte die spezifischen Rahmenbedingungen deines Unternehmens!
- Warte den richtigen Moment ab, um einen Grundsatzbeschluss der Unternehmensleitung herbeizuführen und den Etablierungsprozess zu starten!
Zehn praxisrelevante Empfehlungen
Was sind die Schlussfolgerungen aus diesen aufwendigen empirischen Untersuchungen und theoretischen Überlegungen? Die Herausgeber der Studie fassen sie in zehn Empfehlungen zusammen, die wir hier gekürzt wiedergeben:
- Auch die Einführung von einzelnen Elementen von Konfliktmanagement ist sinnvoll.
- Ein Akteur im Unternehmen sollte den Blick auf ein mögliches Gesamtsystem haben.
- Ein umfassendes Mapping der bereits existenten Elemente von Konfliktbearbeitung ist Voraussetzung der Systematisierung.
- Ein klares Bekenntnis der Unternehmensleitung hat hohe symbolische Bedeutung.
- Mit einer langfristigen Ressourcenausstattung kann das Konfliktmanagement dauerhaft wirkungsvoll werden.
- Die tragenden Akteure sollen mit eindeutigen Rollen ausgestattet werden, um Vertrauen zu ermöglichen.
- Die Funktionen von Pionierpersönlichkeiten müssen langfristig durch die Etablierung entsprechender Rollen und Strukturen verstetigt werden.
- Synergieeffekte innerhalb des Unternehmens werden durch die Vernetzung der relevanten Akteure erreicht.
- Controlling und Qualitätssicherung des Konfliktmanagements auf Basis klarer Zielvorgaben sind für eine dauerhafte Akzeptanz erforderlich.
- Austausch mit anderen Unternehmen und Experten stärkt die Kompetenz und Motivation der Akteure im Unternehmen.
Wenn diese Empfehlungen beachtet werden, ist ein guter Grundstock gelegt, um mithilfe eines systematischen Konfliktmanagements an einer Unternehmenskultur zu arbeiten, in der effizienter und effektiver durch besser motivierte Mitarbeiter gearbeitet wird.
Quellen
PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) (Hrsg.) 2011: Konfliktmanagement: Von den Elementen zum System, Januar 2011
von Oertzen, Jürgen 2010: Wer macht’s? Die Rollen von Promotoren bei der Etablierung von Konfliktmanagement(systemen) in Unternehmen